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Liebe Leser:innen,
er hat es schon wieder getan. Oskar Lafontaine hat die Linkspartei verlassen. 2007 hatte er seine westdeutsche SPD-Abspaltung „WASG“ (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit) mit der Ost-PDS zur heutigen Partei „Die Linke“ vereinigt und bei der Bundestagswahl 2009 als Doppelspitze mit Gregor Gysi das bisher beste Ergebnis in Höhe von 11,9 Prozent für die Linke erzielt.
1999 hatte Lafontaine seine damaligen Ämter als Parteivorsitzender der SPD und Finanzminister der rot-grünen Koalition niedergelegt, 2005 war er aus der SPD ausgetreten. 12 Jahre später bereute er diesen Schritt erstmals öffentlich.
Wie wär’s mit einem Wiedereintritt in die alte Tante, Oskar? Ein höheres Amt sollte er mit 78 Jahren allerdings nicht mehr erwarten, obwohl sein alter Widersacher Gerhard Schröder in der Partei mit der roten Rose auch nicht mehr wohlgelitten ist.
Und was ist mit Lafontaines Frau Sahra Wagenknecht, die für Die Linke weiterhin ein Bundestagsmandat hält? Wir sind gespannt, ob sie ihrem Mann ins parteipolitische Exil folgen wird. Angesichts der Tatsache, dass ihr angesichts der Verhältnisse in der Linken der Zugang zu einer weiteren Karriere versperrt ist, wäre dies nur folgerichtig. Wir hatten schon anlässlich ihrer Initiierung der „Bewegung von oben“ namens „Aufstehen“ (2018) geschrieben, dass diese Idee im Grunde nur dann etwas bringt, wenn diese Gruppierung als „Liste Wagenknecht“ wählbar ist. Diesen Schritt wollte die damalige Co-Fraktionsvorsitzende der Linken aber nicht gehen.
Lafontaines Abgang ist keine komplette Überraschung, denn schon während des Wahlkampfs 2021 hatte er dazu aufgerufen, die Linke im Saarland nicht zu wählen. Ursache dafür war ein Streit zwischen Landesverband und Fraktion über parteiinterne Vorgänge. Auch die Entwicklung der Bundespartei und das Schicksal seiner Frau in der Partei konnten ihn nicht zufriedenstellen.
Nachtrag: Eine Art Mini-Würdigung von Oskar Lafontaine ist gerade hier erschienen. Der darin enthaltenen Zusammenfassung der Kernpunkte seiner gestrigen Anti-Kriegsrede im saarländischen Landtag stimmen wir inhaltlich zu, nicht hingegen billigen wir Lafontaines und Wagenknechts zu große Nähe zu Wladimir Putin, der gemäß den in der Kurzzusammenfassung enthaltenen Inhalten dieser Rede, aber auch gemäß jeder ehrlichen und logischen Definition von Antiimperialismus ein Imperialist ist, welcher auf der Welt unnötiges Leid verursacht.
Wir hatten uns nach der Bundestagswahl 2021, bei der die Linke ihr Ergebnis von 2017 beinahe halbiert hatte, an eine Analyse dieses Desasters gesetzt, doch die Corona-Lage, dann der Ukraine-Krieg – nun ja, es gibt Zielführenderes und derzeit auch Wichtigeres, als den Niedergang einer poltischen Kraft ausführlich zu beschreiben und mögliche Konsequenzen aufzuzeigen, durch die man das Blatt wenden könnte, wenn das Ergebnis der Betrachtung nach dem aktuellen Stand der Dinge sein wird, dass die führenden Köpfe dieser Partei nicht lernfähig sind. Wenn wir mal sonst nichts mehr zu tun haben, widmen wir uns wieder diesem Thema. Man kann oder sollte es nur beackern kann, wenn man politisch und allgemein sehr resilient ist und wenn man sich nicht darauf ausgerichtet hat, selbst etwas bewirken und bewegen zu wollen.
TH