Crimetime Vorschau – Titelfoto © ARD Degeto / ORF / KGP, Sarah Meister
Finden Sie nicht auch, dass Bibi und Moritz auf dem Bild gucken, als wenn schon Krieg wär? Der Film wurde aber schon im September und Oktober 2021 gedreht. 30 Tage hat’s gedauert, vom 6. September bis zum 5. Oktober 2021, was nebenbei belegt, dass die Österreicher sich auch etwas mehr Zeit für die Erstellung eines Tatorts lassen. In Deutschland liegt der Durchschnitt für einen Dreh mittlerweile nur noch bei ca. 23 Tagen.
Hierzulande wird eben alles hirnlos kaputtgespart, was gut ist und daher nicht urbillig sein kann. Aber der Rechtsstaat ist überall in Gefahr und beim ORF wird das oft auch recht deutlich gezeigt. Handelt es sich hier um einen von jenen Krimis, in denen der Rechtsstaat es schon gegen die Politik schwer hat, oder doch gegen die Justiz?
„Wie ist es in einem Rechtstaat möglich, dass ein geständiger Mörder freigesprochen wird? Stefan Weingartner hat seine Frau und deren beste Freundin auf dem Gewissen, doch dank seines gewieften Verteidigers Thomas Hafner muss er für diese Tat nicht ins Gefängnis. Als der umstrittene Staranwalt kurz darauf selbst tot aufgefunden wird, ist die Ratlosigkeit bei Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) noch größer (…).“ – Tatort Fans, Redaktion
Als wir letzte Woche die Kölner so gehypt haben, dürfen wir heute nicht vergessen, dass für uns der Eisner und die Fellner knapp dahinter kommen, wenn es rein darum geht, wen würden wir am meisten vermissen, wenn das Team Schluss machen würde? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Österreicher:innen der nächsten Generation noch diesen grantigen Charme haben wie die beiden. Naja, in Wean wean’s schon welche finden, die sich nicht ins paneuropäische Einheitsprofil des konturlos-scheinfreundlichen Jasagers haben einfinden können. Aber noch sind sie da, die zwei Unverwechselbaren, und wie kommen sie durch den neuesten Fall?
„Ein Biedermann als Mörder, der um seine gerechte Strafe geradezu bettelt, die ihm von einem gerissenen Anwalt verwehrt wird, der schließlich selbst zum Mordopfer wird – das Setting dieses Tatorts ist durchaus reizvoll, und der von morbidem Charme geprägte Auftakt weckt hohe Erwartungen. Doch so recht will der Funke nicht überspringen. (…) Natürlich menschelt es zwischen den beiden mal wieder sehr, und der ganze Film wird zu einem guten Teil von der Dreiecksbeziehung zwischen Eisner, Fellner und Inkasso Heinzi getragen, aber das fehlende Spannungsmoment können auch sie nicht ausgleichen. Insgesamt ein solider Durchschnittskrimi, aber eigentlich erwartet man mehr aus Wien.“ – Tatort-Fans, a. a. O.
Dass man von den beiden mehr erwartet, hat auch mit den Spitzenkrimis ihrer gemeinsamen Anfangszeit wie „Kein Entkommen“ zu tun. Und vielleicht damit, dass es in den letzten Jahren zu einigen respektablen Filmen und vielleicht sogar zu Weiterentwicklungen des Formats gekommen ist. So genau weiß ich das nicht, wir haben ja immer noch einen profunden Rückstand, seit Sommer 2020, obwohl wir mittlerweile wieder direkt nach der Premiere rezensieren, also, bevor dann wieder die nächste Premiere stattfindet. Gehen wir die Meinung der üblichen Verdächtigen weiter durch:
„Wenn beim Fremdgehen was schief geht, kann schon mal ein Mord bei rumkommen. Der Tatort Wien könnte schnell aufgeklärt sein, wenn nicht zufällig …“
Ja, was?
„Das alles ist echt eine Herausforderung, selbst für mich, der die Tatorte aus Österreich sehr gerne mag. Zur komplexen Geschichte kommt ein krasser österreichischer Dialekt oben drauf, gemischt mit Kungelei und Justizskandalen, wie das oft so ist im Österreichischen Krimi. Aber: Wenn man wirklich gut genug aufpasst, ist der Tatort sogar recht spannend. Für eine gute Bewertung ist das leider zu wenig. Als Zuschauer und als kleiner Fan der beiden Hauptdarsteller fühle ich mich zu sehr abgehängt.“ – SWR3-Check, Stefan Scheurer
Obwohl man doch gut aufpassen könnte, reicht es nur zu zwei von fünf Elchen (letzte Woche gab es für den Köln-Tatort „Hubertys Rache“ vier). Dabei gibt es sie ja wieder, diese Geschichte vom unsauberen Staat. Wir haben dann 8/10 vergeben und ich hoffe, es gibt dieses Mal nicht die Hälfte. Das kommt aber sehr selten vor, wir gehen nicht linear nach unten. Ich müsste mal nachschauen, aber ich glaube, 5,5/10 waren unser bisher schwächstes Ergebnis für die Wiener.
Das Beste vorweg: Inkasso Heinzi ist wieder da! Der Wiener Stritzi kehrt nach vier Jahren Pause zurück. Im „Tatort – Alles was Recht ist“ (ORF / KGP Filmproduktion) sitzt er im Knast, ist aber in gewisser Weise mit dem aktuellen Fall von Bibi Fellner und Moritz Eisner verknüpft. (…) Ein scheinbar glasklarer Fall bekommt bereits nach kurzer Zeit eine völlig überraschende Wendung: Der geständige Mörder wird von einem gefürchteten Staranwalt verteidigt und freigesprochen. Wenig später wird der Anwalt erschossen und der Freigesprochene ist spurlos verschwunden. Weitere überraschende Wendungen folgen. Das 28. Krassnitzer-Neuhauser-Doppel ist ein packender und bildstarker Krimi mit fein dosiertem Witz und Tiefgang. – Tittelbach-TV, Volker Bergmeister
Da schau her, 28 Filme haben die beiden zusammen schon gemacht. Für Eisner sind schon 51, da haben wir also beim letzten Mal wohl das Gratulieren verpasst? „Nie wieder Oper“ hieß der erste Tatort mit ihm, das ist schon weit über 20 Jahre her.
Inkasso-Heinzi ist zurück. Wien liebt seine Luden und Leichen: Im neuen »Tatort« werden die Toten mal wieder besonders schön drapiert. Mittendrin im nekromanen Treiben: der sympathische Strizzi Inkasso-Heinzi.
Wieso nennen alle den Strizzi? Der Titel ist für die Verhältnisse von Christian Buß heute ziemlich schlicht geraten, hoffen wir mal, dass das nicht schon auf eine gewisse Lustlosigkeit und damit auf eine schwache Bewertung hinweist. Das wäre jedenfalls eine Fehlinterpretation:
„Ein Zuhälter als komischer, herzerwärmender Sidekick – eine solche Wendung gelingt auch nur im Wien-»Tatort«, der in seinen besseren Momenten ja wie ein sarkastischer Seiltanz daherkommt. Funktioniert auch diesmal wieder ohne größere Abstürze.“ – Der Spiegel, Christian Buß
Und es gibt 8/10 dafür, dass kein größerer Absturz zu verzeichnen ist. Das hätten wir wieder mal geschafft. Nicht mit so einem unguten Gefühl an den neuen Wien-Tatort heranzugehen, als sei der vielleicht nicht super. Wir werden ihn morgen zumindest aufzeichnen und die Rezension kommt in den nächsten Tagen.
TH
Handlung, Besetzung, Stab
Eisner und Fellner werden zu einem glasklaren Fall gerufen: zwei Leichen und ein Täter, der selbst die Polizei alarmiert und am Tatort auf die Ermittler wartet. Tatwaffe, Motiv und Tatsachengeständnis inklusive. Mord aus Eifersucht, ein vorgeführter Ehemann, der die Nerven verlor. Alles könnte so „gschmeidig“ laufen, hätte nicht ausgerechnet der gerissenste Anwalt des Landes die Verteidigung des Angeklagten übernommen und einen Freispruch erwirkt.
Kurz darauf landet der Anwalt selbst auf dem Obduktionstisch – und der Freigesprochene verschwindet spurlos. Zu allem Überdruss taucht auch noch Inkasso Heinzi, ein alter Bekannter von Moritz und Bibi, auf, um die Freundschaft der beiden wieder einmal auf eine harte Probe zu stellen.
Moritz Eisner | Harald Krassnitzer |
Bibi Fellner | Adele Neuhauser |
Meret Schande | Christina Scherrer |
Dr. Kreindl | Günter Franzmeier |
Ernst Rauter | Hubert Kramar |
Inkasso Heinzi | Simon Schwarz |
Maria Gavric | Ines Miro |
Stefan Weingartner | Johannes Zeiler |
Johanna Weingartner | Noemi Krausz |
Helene Schmiedinger | Marion Mitterhammer |
Irene Weingartner | Eva Maria Marold |
Paul Tuxer | Morteza Tavakoli |
Thomas Hafner | Julian Loidl |
Katja Berger | Doris Schretzmayer |
Hubert Novotny | Deniz Cooper |
Willibald Lehner | Alexander Lutz |
Jelica Gavric | Anja Struc |
Bojana Antic | Caro Scheicher |
Funktionsbereich | Name des Stabmitglieds |
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Musik: | Markus Taxacher |
Kamera: | Gero Lasnig |
Buch: | Karin Lomot |
Robert Buchschwenter | |
Regie: | Gerald Liegel |