Frontpage & Filmfest | Science-Fiction als eines der erfolgreichsten Film- und Fernsehgenres
Auch an Tagen wie diesen wollen wir Ihnen, liebe Leser:innen, ab und zu mal etwas anderes präsentieren als Krieg und Corona. Dafür gibt es u. a. die Kulturreihe „Filmfest“ mit unseren Rezension. Und es gibt Querschnittsthemen, zum Beispiel die wirtschaftliche Bedeutung von Filmen bestimmter Genres. Dieses Mal stellen wir aus Gründen der besseren Informationsdarbietung die übliche Vorgehensweise auf den Kopf und präsentieren erst den Begleittext von Statista, bevor wir mit der Grafik rausrücken. Im Weltraum ist es sowieso egal, ob nach irdischen Maßstäben alles Kopf steht und wer würde behaupten wollen, diese Welt stünde nicht selbst Kopf? Da bietet sich das Ausweichen in ferne Galaxien an, obwohl der Krieg der Sterne auch bei uns technisch näherrückt, sofern man ihn als Krieg von Sternfahrer:innen interpretiert, die von einem einzigen hochgerüsteten Planeten stammen. Der Erde:
STAR WARS DAY
von Mathias Brandt,27.04.2022
Kommenden Mittwoch heißt es für Star Wars Fans auf der ganzen Welt „May the 4th be with you“. Passend zum Star Wars Day wirft Statista mit Daten des Global Consumer Surveys einen Blick auf das Thema Science Fiction und Fantasy in Filmen und Serien. 45 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen aus Deutschland sehen sich Videocontent (TV- und Streaminganbieter) aus diesem Bereich an – beliebter sind nur noch die Kategorien Komödien, Dokumentationen und Thriller/Mystery/Crime.
Ähnlich groß ist die SF&F-Gemeinde in Österreich und der Schweiz. Das ist aber noch gar nichts im Vergleich mit Brasilien oder Indien, wie der Blick auf die Grafik zeigt. Im Vergleich dazu ist das Genre im Star Wars-Mutterland geradezu unbeliebt. Der bislang kommerziell erfolgreichste Teil war mit über zwei Milliarden US-Dollar Kinoumsatz Epsiode VII „Das Erwachen der Macht“. Anders sieht das Bild dagegen inflationsbereinigt aus. Dann werden aus unbereinigten 775 Millionen US-Dollar Einspielergebnis für Episode IV „Eine neue Hoffnung“ über drei Milliarden US-Dollar Umsatz.

Welches ist Ihr Lieblingsgenre in Sachen Film / TV? Als Filmrezensierende arbeiten wir natürlich mit allen Filmen, sogar den „Genrelosen“, obwohl es die, wie in der Literatur, eigentlich nicht gibt. Wir würden SF nicht unbedingt herausheben wollen, aber faszinierend sind die Kinostücke, die meist eben doch in der Zukunft spielen, anders, als der Titel es vermuten lässt. Technische Möglichkeiten werden vorausgedacht und da ist so viel Raum für Fantasie. Dieser wird von den Machern vielleicht gar nicht konsequent genutzt.
Man geht nach wie vor davon aus, dass der Weltraum, dass andere Intelligenzen, ähnlich funktionieren wie wir und sogar ähnliche Wertvorstellungen haben, auch mal gerne ins Negative gedreht. Das Maximum an Diversität ist, dass auch die Angehörigen anderer Sternenvölker sehr fantasievoll bezüglich ihrer Oberflächenoptik gestaltet werden. Man glaubt aber sehr wohl, dass die Evolution immer mehr oder weniger zu ähnlichen Ergebnissen führen muss: Eine Intelligenz, die nicht 2 x 2 Gliedmaßen hat und nicht von oben herab geradeausguckt, war noch nie en Vogue und wird es wohl nie sein, obwohl die CGI bei Weitem die Möglichkeit hätte, jetzt viele interessante Schritte zu gehen. Was wir sehen, ist aber Anthropozentrismus als erweiterter Nationalismus. Die seinerzeit hochgradig progressive Serie Star Treck war diesbezüglich schon viel weiter, als heutige Filme es sind, in ihr wurden tatsächlich Überlegungen angestellt, die dieses Muster durchbrechen. Viele große Filme des Genres, besonders die Star-Wars-Reihe, spielen denn auch ganz irdische Konstellationen durch: Individualismus und Freiheit gegen Faschismus und Gleichordnung, beispielsweise. Dabei entstehen unzählige kulturelle Referenzen, die auch wunderbar analysiert wurden. Und ähnlich wie im Western kann man aktuelle Zwänge fast ganz abstreifen, um sich in einem erdachten Raum zu bewegen, in dem das Grundsätzliche sehr plastisch dargestellt werden kann.
Was die oben gezeigte Länderabfolge angeht, gab es für uns erwartete Ergebnisse, aber auch überraschende. Brasilien beispielsweise ist das absolute Fernsehjunkie-Land auf diesem Planeten, oft dient ein einziges TV-Gerät auch als Internet-Portal und überhaupt als Verbindung mit der Welt, die sich, vor allem außerhalb der eigenen Favela, gestaltet wie eine Telenovela und natürlich auch wie ein Märchen vom anderen Stern. Vermutlich schauen sich Menschen in diesem Land fast jedes Genre mit Hingabe an und je melodramatischer, desto besser. Überrascht hat uns hingegen, dass nur 38 Prozent der US-Amerikaner:innen eine Schwäche für SF haben. Schließlich stammen fast alle Filme des Genres dorther, noch mehr als zum Beispiel im Crime-Bereich, wo auch andere Länder immer wieder interessante Werke hervorbringen. Vielleicht ist das Ganze dort aber auch gerade etwas ausgelutscht, nach so vielen Jahren mit immer neuen SF- und Fantasyfilmen und -serien. Es ist schwierig geworden, noch etwas grundsätzlich neu wirkendes zu erzählen. Auch bei den Superheldenfilmen, die ebenfalls das Genre SF zumindest berühren, wird sich irgendwann einmal ein Abnutzungseffekt einstellen. Sogar bei den Amerikanern, die gar nicht genug von Übermenschen und den zugehörigen faschistoiden Botschaften, die solche Filme aussenden, kriegen können.
Eines aber zeichnet sich bei allem technischen Fortschritt überhaupt nicht ab: Dass die Grenzen der Physik bisher falsch eingeschätzt wurden. Mithin, dass interstellare Raumfahrt tatsächlich möglich wäre, besonders, wenn man sie als das Verlassen des hiesigen Sonnensystems ansieht. Das sollte uns darauf hinweisen, dass wir mit der Erde endlich vorsichtiger umgehen müssen, denn es gibt für uns keinen Planet B, den wir in einem einigermaßen vertretbaren Reisezeitraum erreichen könnten.
TH