Newsroom | Wirtschaft, Verkehr | Uber in Deutschland und anderen europäischen Ländern
Unser heutiger Info-Artikel befasst sich zur Abwechslung wieder mit der Verkehrswende. Dazu gehören auch die Fahrdienste ,oder: Wie kommt jemand voran, der schnell und komfortabel ohne eigenes Auto und ohne Kenntnis der ÖPNV-Gegebenheiten irgendwohin möchte? Es gibt durchaus gute Gründe, Fahrdienste in Anspruch zu nehmen. Man kannte solche Angebote lange Zeit nur in Form der klassischen Taxis, die bei uns immer noch in Beige daherkommen. Aber wo ein Markt, da ein Startup und wo eigentlich kein Markt, ebenfalls.
Nie hätten wir es für möglich gehalten, dass der Frontalangriff auf ein Gewerbe, das schon viele beinahe gescheiterte Existenzen gerettet hat, durch eine „private App“ möglich ist. Doch es gibt nichts, was nicht verrückt genug ist, um sich in einer nicht etwa fair marktwirtschaftlichen, sondern chaotischen und um die letzte Finanzialisierung des letzten Zipfels Leben ringende Unordnung nicht zumindest zu zeigen. So auch bei den Fahrdiensten. Warum wir nicht mit einer Firma wie Uber gerechnet hätten? Weil die Lizenz zur Personenbeförderung aus guten Gründen mit Auflagen verbunden ist, die etwas über den normalen Kfz-Führerschein hinausgeht. Wir sind also davon ausgegangen, dass Uber in Deutschland gar nicht legal wird arbeiten dürfen. Und doch ist es passiert, dank der Ultra-Neoliberalen in diesem letzten Land, in dem die Politik noch nicht versteht, dass es so nicht weitergehen kann. Wie sieht es nun heute aus, acht Jahre nach dem Start von Uber in Europa? Unterschiedlich.
Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0 erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Als Uber 2014 auf den Markt drängte, traf das Tech-Unternehmen auf starken Widerstand. Dazu tagesschau.de: „Deutsche Gerichte sehen in Uber nicht nur ein digitales Start-up, das lediglich eine App zur Verfügung stellt, sondern vielmehr einen Fahrdienst, der deshalb, ebenso wie Taxis, eine Lizenz benötige und dafür auch örtliche Niederlassungen gründen müsste.“ Geleakte Daten zeigen, nun das Uber „in der Folge alles daran setzte, die bestehende Gesetzeslage sowie die öffentliche Meinung in Deutschland zum eigenen Vorteil zu beeinflussen.“ Allerdings hält sich der Ertrag in Grenzen, wie Statista-Daten zeigen. Denen zufolge spielt der US-Konzern in Deutschland derzeit kaum eine Rolle. Nur drei Prozent der in Deutschland befragten Menschen gaben an, Uber in den letzten zwölf Monaten genutzt zu haben. Etwas erfolgreicher waren die Lobbyisten offenbar in Frankreich, wie der Blick auf die Grafik zeigt. Dort setzte sich der damalige Wirtschaftsminister und heutige Präsident Macron für Uber ein.
Und noch etwas: Wo jemand Zerstörungswerk im Sinn hat, gibt es auch Lobbyisten, die es promoten. Sehr erfreulich, dass die Uberisierung Deutschlands bisher nicht stattgefunden hat. Und seltsam. Denn wir kennen die weit überwiegende Mehrzahl der hiesigen Konsument:innen nicht so, dass sie tiefergehend über die Folgen ihres Verhaltens nachdenken. Immer, wenn wir im ÖPNV Menschen mit fetten Primark-Tüten sehen, wird uns wieder gezeigt, wo wir tatsächlich stehen, selbst, wenn die Tüten mittlerweile aus Papier sind.
Dass es in Großbritannien ganz anders läuft, ist nicht so überraschend, die Briten haben ja auch Boris Johnson zum Regierungschef gemacht. Wie wenig muss man in der Birne haben, um das zu tun? Nun wollen wir es aber auch nicht übertreiben. Städte wie London sind nämlich verkehrstechnich wesentlich weiter als Alt-Berlin, das immer noch in der Gedankenwelt des 20. Jahrhunderts feststeckt und in dem die Verkehrswende im Schneckentempo vorankommt. Sinnbildlich eine Regierende Bürgermeisterin, die aus der Zeit gefallen wirkt. Abzüglich ihrer Neigung zum Schummeln, der liegt ganz im Trend. In britischen Großstädten ist zudem alles noch teurer als bei uns. Heißt, wer von einem Ende zum anderen von London per Taxi fahren will oder gar muss, was vorkommen soll, und trotzdem noch Geld fürs Wohnen übrig haben möchte, der muss erst einmal das Sparschwein schlachten.
Er muss vermutlich eine Summe zahlen, die auch die Nutzung dieser fancy schwarzen Taxi berücksichtigt und überhaupt für Mittelständler hiesiger Prägung kaum erschwinglich ist. Es gibt dort also wohl eine andere Marktsituation, in der Tat. Und: Man müsste Einsicht nehmen in einen weiteren wichtigen Datensatz, um die Uber-Nutzung wirklich beurteilen zu können. Wie oft nehmen die Befragten überhaupt Fahrdienste in Anspruch? In deutschen Städten sind das vielleicht vergleichsweise wenige, weil sie meist mit dem eigenen Auto noch gut befahrbar sind. Demnach könnte es sein, dass sie diese Dienste seltener in Anspruch nehmen als in anderen Ländern. Die ausländischen Touristen hingegen wird man vermutlich nicht gefragt haben, die z. B. in Berlin viel zum Taxigeschäft beitragen. Es gibt hier aber etwas anderes, was den Taxis zu schaffen machen dürfte: Die vielen Angebote von Drive Now und ähnlichen Dienstleistern, die nicht alle Arten von Taxiverwendung, aber doch einige ersetzen dürften. So unkompliziert und günstig wie heute kam man nie zuvor an einen Mietwagen für kurzfristige, oft nur stundenweise Benutzung heran. Von der Pest namens E-Roller reden wir gar nicht erst. Im Grunde ist es so: Kaum wird mal ein richtiger Schritt in Richtung Verkehrswende gemacht, folgen zwei falsche auf dem Fuß.
TH