Newsroom | Gesellschaft | Umfrage: „Hitzefrei“
In der Schule war es bei uns so: Erreichte die Außentemperatur um 10 Uhr am Morgen bereits den Wert von 25 Grad, gab es „hitzefrei“. Der Tageshöchstwert lag dann in der Regel bei 30 Grad oder darüber.
Aber wie oft kam das vor? Zwei- oder dreimal im Jahr? Heute hat man den Eindruck, wenn man diese Maßstäbe anlegen würde, könnte man die Schulen im Sommer gleich geschlossen halten. So groß sind die Unterschiede natürlich nicht. Außerdem sind heute manche Schulgebäude und viele Arbeitsplätze klimatisiert.
Zu guter Letzt: Der Begriff „hitzefrei“ in Anlehnung an das, was Schüler:innen lieben, führt in die Irre, denn es geht nicht darum, einfach freizubekommen. Die aufgrund hoher Temperaturen ausgefallene Arbeitszeit wird wohl nachgeholt werden müssen, wenn es tatsächlich zu einer Regelung kommen sollte, die eine Verkürzung bei hohen Temperaturen erlaubt. Das ist in der Schule anders, wenn der Unterricht wegen hoher Temperaturen eingestellt wird. Vermutlich auch deshalb sind fast 30 Prozent der Abstimmenden derzeit dagegen, dass es eine solche Regelung gibt: Wegen des Missverständnisses, das durch den Begriff gefördert wird. Und hier die Umfrage, die „Langversion“ enthält auch den Terminus „hitzefrei“ nicht:
Hier der Begleittext von Civey:
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert „hitzefrei“ und längere Pausen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen angesichts der derzeit hohen Temperaturen. Auch ohne rechtlichen Anspruch sollten Regelungen mit dem Betriebsrat getroffen werden, wann ausgefallene Arbeitszeiten ggf. nachgeholt werden können. Dies sagte Norbert Reuter, Leiter der tarifpolitischen Grundsatzabteilung bei Verdi, im RND.
Viele Teile Europas sind momentan von einer Hitzewelle mit teils massiven Auswirkungen betroffen. Länder wie Spanien, Portugal und Frankreich leiden aufgrund dessen bereits seit Tagen unter zahlreichen Waldbränden. Laut SZ wurden in London am Dienstag Rekordwerte von über 40 Grad gemessen. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war es gestern hierzulande in Duisburg mit 39,5 Grad am wärmsten.
Beschäftigte haben derzeit keinen Anspruch auf „hitzefrei”. Der Arbeitgeber könnte laut BR24 zwar einen früheren Feierabend bei hohen Temperaturen geben, verpflichtend ist dies aber nicht. Derweil fordern Sozialverbände wie der VdK von der Bundesregierung einen nationalen Hitzeschutzplan und eine Hitze-Aufklärungskampagne. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums sei das aber aktuell v. a. Aufgabe der Kommunen.
Heute ist es ja wieder „normal“, zumindest bei uns in Berlin (23 Grad aktuell). Wir können als mit kühlem Kopf über Hitzeschutz nachdenken. Wir haben allerdings auch Freund:innen dort, wo es am Dienstag oder Mittwoch fast 40 Grad hatte (bei uns 36-37 Grad). Diese hatten vor allem von Sorgen wegen ihrer Haustiere berichtet.
Selbstverständlich haben wir für die Möglichkeit gestimmt, die Arbeitszeit bei sehr hohen Temperaturen verkürzen zu dürfen bzw. einen Anspruch darauf zu haben. Problem: Es gibt Berufe, in denen das nicht ohne Weiteres möglich ist, wo Schichtpläne oder schlicht Personalmangel eine flexible Handhabung der Arbeitszeiten verhindern. Gerade diese Arbeitsplätze, die eng an feste Zeiten gebunden sind, sind auch mittlerweile oft klimatisiert, etwa im Einzelhandel, bei Berufen, die auf dem Führen von Fahrzeugen basieren etc., im Gesundheitswesen. Kraftfahrer:innen haben allerdings, wenn sie häufige Lieferstopps durchführen müssen, das Problem der dann ebenfalls häufigen und abrupt auftretenden großen Unterschiede zwischen „drinnen“ und „draußen“, was stark erkältungsfördernd ist.
Ältere Menschen, die bei aktuellen Temperaturen ein erhöhtes Risiko für Kreislaufzusammenbrüche und sogar ein erhöhtes Sterberisiko aufweisen, können leider durch Schutz am Arbeitsplatz nicht erreicht werden, da die meisten von ihnen nicht mehr in Arbeitsverhältnissen stehen. An sie und an die enorme Hitze im Süden Europas mit den verheerenden Waldbränden, die damit einhergehen, denken wir im Moment besonders.
TH