Das Riesenrad (DE 1961) #Filmfest 912

Filmfest 912 Cinema

Das Riesenrad ist ein Filmmelodram im Stil einer Familien- und Zeitchronik aus dem Jahre 1961. Unter der Regie von Géza von Radványi stand das Traumpaar des deutschen Films der frühen 1950er Jahre, Maria Schell und O. W. Fischer, nach acht Jahren erstmals wieder gemeinsam vor der Kamera. Dem Film lag das Theaterstück „The Fourposter“ von Jan de Hartog zugrunde.

 

„Das Riesenrad“ ist  ziemlich ausführlich besprochen worden und immerhin hat Géza von Radványi Regie geführt, der mit Romy Schneider eine respektable Neuverfilmung von „Mädchen in Uniform“ zustandebrachte (1958). Alle ungarischen Regisseure mit dem adeligen Zusatz zwischen den Namensteilen müssen in den 1930ern bis 1950ern nach Deutschland emigriert sein, vor allem, wenn sie auch noch Géza heißen (G. von Cziffra, G. von Bolvary G. von Cziffra und G. von Radvanyi sind diejenigen, die mir sofort einfallen). 

Die Hauptschuld an dem, was Sie gleich nachlesen können, hat die Kritik aber nicht dem Regisseur, sondern dem Drehbuchautor, den Darsteller:innen und dem Produzenten gegeben. In der Tat hatte Atze Brauner eine sehr große qualitative Bandbreite in seinen „CCC“-Filmen vorzuweisen, um es mal so auszudrücken. Von guten und wichtigen Filmen über welche, die wie dem Trend nacheilend wirken bis zu solchen, die aus unterschiedlichen Gründen als schwach oder als ambitioniert, aber missglückt angesehen werden können. Wie eben bei fast jeder größeren Produktion, die viel von allem gemacht hat, auch in Hollywood. Dort waren allerdings die großen Epen damals groß in Mode und natürlich haben Produzenten aus anderen Ländern immer etwas neidisch dorthin geschaut.

Es ist aber bezeichnend, dass die frühen 1960er auch in diesem Genre schon davon gekennzeichnet waren, dass Deutschland den Anschluss verloren hatte. Das ist mehr schade, als man so denken mag, denn wir haben mittlerweile viele frühe Nachkriegsfilme gesichtet und werden uns weitere anschauen: Da wäre mit dem Neuanfang etwas drin gewesen, eine eigene Stimme, die diesen riesigen Bruch reflektiert, anstatt die Politik so panorama-artig abzuhandeln, wie das in US-Vorbildern ebenfalls oft nebenbei getan wurde, aber viel geschickter und schauspielerisch einwandfrei. Aber die Geschichte der vorausgehenden Jahrzehnte war ja auch eine andere und man konnte viel progressiver mit ihr umgehen.

Da wir vermutlich nicht dazu kommen werden, diesem Film eine neue Rezension zu widmen, unter anderem abgeschreckt durch die folgenden Rezensionen, sind wir so frei, ebendiese aus der Wikipedia zu übernehmen:

Das Lexikon des Internationalen Films schrieb: „Ein in Dialog und Darstellung gepflegter Starfilm von großer Publikumswirksamkeit.“[4]

Der Spiegel befand in seiner 39. Ausgabe vom 20. September 1961 auf Seite 91: „Filmautor Ladislas Fodor verlegte den Ort der Handlung aus dem amerikanischen Schlafgemach in mancherlei Wiener Behausungen und erweiterte das Bühnenstück durch konventionelle Späße und langweilige Rührseligkeiten. In den tränenfreien Filmpassagen kichert und albert Maria Schell bis zu ihrem Film-Tod durch Blutkrebs; O. W. Fischer als Film-Gatte überschreitet die Grenze des Erträglichen erst in der letzten Szene: Mit eisgrauem Schnurrbart und Silberhaar verscheidet er erinnerungstrunken im Riesenrad des Wiener Praters.“[5]

Herbert Spaich schreibt in seiner Biografie über Maria Schell „bundesdeutsche Produzenten“ hätten „in völliger Verkennung der gewandelten Rolle des Films mit schwerfälligem Pomp à la Schinderhannes oder dramaturgischen Rezepten von vorgestern der drohenden Pleite zu entgehen“ versucht. Ein „klassisches Beispiel dafür“ sei Das Riesenrad, „ein plüschiges Filmmonster, mit dem das einstige ‚Film-Traum-Paar‘ O. W. Fischer und Maria Schell von Arthur Brauner in Verbindung mit dem »Gloria«-Filmverleih wiederbelebt werden sollte“. Aus der „gepflegten Harmlosigkeit der Vorlage“ habe Regisseur Geza Radvanyi „einen Flickerlteppich aus fünfzig Jahren deutsch-österreichischer Geschichte, Eheglück, Eheleid und den kleinen Sorgen vor dem Hintergrund unheimlich großer Politik“ gemacht. Spaich verwies darauf, dass ein Kritiker das Werk damals „Ben Hur des schlechten Geschmacks“ genannt habe. Maria Schell sei „vom Drehbuch, einer umständlichen Regie und einem eitlen Partner eingezwängt“ worden, da sei „keinerlei Möglichkeit zu künstlerischer Entfaltung“ geblieben. Sie habe „in jeder Szene eine schwer erträgliche Mischung aus wienerischem Charme und Gefühlsseligkeit zu verströmen“ gehabt.[6]

Auch die Biografin von O. W. Fischer ,Dorin Popa, sprach von einem „plüschigen Familienepos“ und verwies auf die seinerzeit wenig begeisterten Kritiken. Jan de Hartogs Zweipersonenstück werde „in Atze Brauners Produzentenhand zum übersüßten Filmmonster aufgeblasen, in dem O. W. Fischer mit aufdringlichem Weaner Charme und Maria Schell, ganz Seelchen, ihr stilles Glück in fünfzig Jahren österreichischer Geschichte aufrechterhalten“. O. W. Fischer bereitete auch in diesem Film die üblichen Schwierigkeiten, indem er darauf pochte, er sei schließlich O. W. Fischer, worauf Radványi erwiderte: „Das bist du in Deutschland, Otto. Aber wos bis du im Ausland? Do hält man dich für eine Zahnpasta.“[1]

Der Kritiker Klaus Hebecker stellte in seinem Filmtelegramm fest: „Es besteht Anlaß, sehr ärgerlich zu sein. So viel Ungeschmack in einem einzigen, auch noch ambitionierten Film ist überhaupt nicht zu begreifen und mit keiner Silbe zu entschuldigen. Wer Film ein wenig liebt, ein ganz kleines bißchen auch nur, dem müssen hier die Haare zornig zu Berge stehen. Man sage uns bitte nicht, dieser Film ziele ›nur‹ auf Unterhaltung. So miserabel darf nicht einmal die primitivste Zerstreuung auf die Leinwand kommen, so ruchlos die Kintoppträne niemals quillen.“[6]

Der Evangelische Film-Beobachter zog folgendes Fazit: „Das Zeit- und Menschenbild stellt sich zu elegant und oberflächlich dar, um überzeugend und wahrhaftig zu wirken.“[7]

© 2023, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Regie Géza von Radványi
Drehbuch Ladislas Fodor
Produktion Artur Brauner
Musik Hans-Martin Majewski
Kamera Friedl Behn-Grund
Schnitt Jutta Hering
Besetzung

 

 

 


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