„Prüft ein AfD Verbot!“ (Petition + Kommentar) | Aufruf, Aktion, Demokratie in Gefahr (DiG)

Aufruf, Aktion, Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht

Für einen Montag etwas ungewöhnlich, in letzter Zeit selten vorgekommen, aber der Aktualität geschuldet: Wir empfehlen eine Petition und kommentieren im Anschluss ein paar Sätze dazu:

Prüft ein AfD Verbot! | innn.it

Wir fordern den Bundesrat, die Prüfung eines Verbots der AfD beim zuständigen Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Weder der Politik noch der Öffentlichkeit steht es zu, über ein Parteiverbot zu entscheiden. Das ist laut Grundgesetz die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Das Verfassungsgericht muss mit der Prüfung beauftragt werden. 

Die Anzeichen sind erdrückend: Die AfD zeigt starke Tendenzen, unsere Demokratie zu untergraben und gegen unsere Verfassung zu handeln. Verschiedene Medien und unabhängige Faktenchecker, darunter auch wir vom „Volksverpetzer“, haben wiederholt auf potenziell verfassungsfeindliche Aussagen und Verhaltensweisen innerhalb der Partei hingewiesen. Und dafür liefert nicht zuletzt der Verfassungsschutz auch etliche Hinweise. 

Eines der Werkzeuge einer wehrhaften Demokratie ist das Parteienverbot. Wenn eine Partei bestrebt ist, die Demokratie abzuschaffen, ist es demokratisch, diese Partei zu verbieten, so wie das in der Vergangenheit mit einer Nachfolgeorganisation der NSDAP oder der kommunistischen KPD geschehen ist.  

Wenn es wie bei der Alternative für Deutschland viele Anzeichen für einen Mangel an Verfassungstreue gibt, dann sollte das offiziell vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden. Das Verfassungsgericht entscheidet dann, ob ggf. ein Parteiverbot oder ein milderes, geeignetes Mittel ausgesprochen werden kann. Mildere Mittel könnten sein: der Entzug der Parteienfinanzierung oder das Verbot einzelner, gesicherter rechtsextremer Landesverbände wie z.B. der von Björn Höcke in Thüringen.

Ein aktuelles Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Menschenrechte kommt zu dem Schluss, dass die AfD die Kriterien für ein Verbot erfüllt. Man muss nicht ein Verbot der AfD befürworten, um diese Petition zu unterstützen. Jeder, der die Demokratie wertschätzt, sollte sich dafür einsetzen, alle demokratischen Mittel zu ihrer Verteidigung in Erwägung zu ziehen. Auch Bundespräsident Steinmeier hat jüngst darauf hingewiesen: „Eine Demokratie muss wehrhaft sein gegenüber ihren Feinden.”

Stellt sich heraus, dass die AfD unsere Demokratie bedroht, dann muss sie verboten werden. Eine solche Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht würde Klarheit schaffen. Wenn die Voraussetzungen wirklich nicht erfüllt sein sollten, dann können wir alle erleichtert sein wegen dieser Bestätigung. Falls die AfD wirklich hinter unserer Verfassung steht, sollte sie einer solchen Prüfung gelassen entgegensehen. 

Wir fordern deshalb den Bundesrat auf, dieser Angelegenheit die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken und alle notwendigen Schritte einzuleiten, um die Verfassungstreue der AfD gründlich zu prüfen und ein entsprechendes Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu starten.

Wir haben gerade eben unterzeichnet.

Hallo, Danke, dass Du die Petition Prüft ein AfD Verbot! unterschrieben hast, Deine Unterschrift wurde hinzugefügt! Teile jetzt die Petition, um dem Thema noch mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen:

Wir haben auch verdammt gute Gründe, diese Petition zu unterstützen und tun das auf unsere Weise durch die Einbettung in einen Artikel. Wir haben uns nämlich zuletzt so ausführlich mit der AfD auseinandergesetzt, dass der Verdacht entstehen könnte, wir finden sie einfach auch spannend. Ja, natürlich ist hier eine Umbruchsituation festzustellen, vor allem im Osten Deutschlands, aber eben nicht nur dort.

Wir haben viel über die Folgen eines AfD-Verbots nachgedacht und festgehalten, dass egal, ob sie verboten wird oder weiter Politik von rechts machen darf, der Schaden für die Demokratie jetzt schon groß ist – weil man sie hat groß werden lassen und jetzt mit Umfragewerten konfrontiert ist, die ein Verbot als Beseitigung gefährlicher Konkurrenz wirken lassen könnten. Weil man die AfD sich hat etablieren lassen, einige erste Erfolge auf kommunaler und regionaler Ebene in Ostdeutschland betreffend. Weil man sie nicht politisch bekämpfen konnte. Weil man zu wenige gute Angebote gemacht hat. Daran führt nichts vorbei.

Was schon geschehen ist, kann man auch durch ein Verbot nicht revidiert werden, zumal die Mandatsträger sich eine andere Partei suchen könnten. Wer ein wenig in die Studien über die Mentalität der Menschen im Osten hineingeschaut oder auch nur die mediale Kommentierung dazu gelesen hat, der kann sich vorstellen, was es für die Legitimation der Demokratie bei den vielen Demokratieskeptikern dort bedeutet, eine Partei zu verbieten, die bei den kommenden Landtagswahlen 2024 vielleicht die stärkste Kraft im Osten werden wird. Selbst viele, welche die AfD gar nicht wählen, werden damit nicht einverstanden sein. Mit diesem noch recht aktuellen Artikel von uns, der sich wiederum auf andere Beiträge bezieht, können Sie nachvollziehen, warum wir uns wirklich Sorgen machen, egal, wie ein Verbotsverfahren ausgehen wird:

UPDATE: Neue Diskussion um ein AfD-Verbot (Umfrage) +++ Die Sonntagsfrage mit Wagenknecht-Partei: AfD und Union würden am meisten verlieren +++ AfD-Erfolg wegen Ampel oder (übriger) Opposition (im Bundestag)? +++ Ausgrenzen! +++ Ausgrenzungswillige werden weniger (Umfrage + Kommentar) #Briefing 267 | PPP (Politik, Personen, Parteien) – DER WAHLBERLINER

Um endlich zu lernen, müsste die herrschende Politik das nun aushalten, was sie in weiten Teilen selbst angerichtet hat. Aber da ist noch etwas anderes, dem wir uns sehr verpflichtet fühlen. Das Grundgesetz. Die seit der Wiedervereinigung unbegrenzt gültige Verfassung Deutschlands. Eine Verfassung, die einige ihrer Kernnormen mit der sogenannten Ewigkeitsgarantie versehen hat, etwa Art. 1 GG (Menschenwürde) oder die Staatsprinzipien von Art. 20 GG. Keine parlamentarische Mehrheit kann diese Normen abschaffen. Das ist bisher gar nicht diskutabel gewesen, aber wir wissen, dass Verfassungen auch faktisch tropediert und ausgehöhlt werden können, wenn sich der Autoritarismus durchsetzt. Wir wissen und erleben es in mehreren Ländern gerade, dass Hüter der Verfassung oder des Rechtsstaats wie das BVerfG politisch ausgehebelt werden können. Damit hätte die Verfassung im Ernstfall keinen institutionellen Schutz mehr durch die Justiz. So weit darf es niemals kommen, deswegen ist eine Adressierung an die Politik, das BVerfG mit einem Prüfverfahren zu beauftragen, auch ein Schutz für das BVerfG und letztlich für diese Politik selbst.

Wir können gut verstehen, dass niemand gerne diesen schweren Stein aufheben und werfen will, aber es ist in diesem Fall anders als in der Bibel: Nicht, wer ohne Sünde ist, muss ihn werfen, denn wer ist das schon, gerade im Politikbetrieb? Sondern jemand, der den Mut dazu hat, damit etwas ins Rollen zu bringen, was überfällig ist, denn die AfD begeht keine Sünden, die  nur die Personen betreffen, die sie begehen, sondern einige ihrer Politiker untergraben strategisch das Fundament, auf dem die Demokratie steht und damit wir alle. Das Chaos im Anschluss an ein AfD-Verbot mögen wir uns nicht wirklich vorstellen, aber wie es aussieht, wenn man die Partei sich immer weiter radikalisieren lässt, kann man an den neuesten Aussagen von Herrn Höcke ablesen. Das ist Nazi-Jargon, dazu gibt es keine zwei Meinungen. Und wer die AfD wählt, wählt diese Aussagen mit. Das muss allen bewusst sein, die ihr Kreuz bei dieser Partei machen.

Und es wird auch der einzige halbwegs gangbare Weg aus dem Desaster sein: Alle Demokrat:innen müssen betonen, dass man der Radikalisierung der AfD lange genug zugesehen hat und die Notbremse wirklich erst gezogen hat, als der Verdacht auf Verfassungsfeindlichkeit  in hohem Maße gegeben war. Deswegen kann, was politisch wirkt, als sei es viel zu spät geschehen, im Sinne der Justiz richtig sein: Nämlich ein Verbotsverfahren erst zu starten, wenn die Verfasssungsfeindlichkeit relevanter AfD-Politiker klar nachweisbar ist. Dafür musste man sammeln, das ging nicht von heute auf morgen.

Aber wir sind auch der Meinung, der Point of no Return ist erreicht. Gerade die jüngsten Einlassungen es wohl mittlerweile wichtigsten AfD-Politikers aus dem Osten, Björn Höcke, können so nicht stehen bleiben, können nicht als Basis für weitere Provokationen dienen und damit die vermeintliche Schwäche der „Altparteien“ offenlegen. Wenn es eine Petition aus der Bevölkerung heraus sein soll, die den Stein des Verfahrens ins Rollen bringt, ist das vielleicht sogar besser, als wenn die Initiative von einer Partei ausgegangen wäre. Denn das Volk sind auch wir, nicht nur die AfD-Wähler:innen.

Der Tenor der Petition wirkt ergebnisoffen, aber natürlich möchten die Initiatoren ein AfD-Verbot und auch alle, die unterschreiben, werden wohl dafür sein. Niemand wird unterschreiben, weil er nach dem Verfahren mit dem Ergebnis dastehen will, dass die AfD eventuell doch nicht verfassungsfeindlich ist.

Wir glauben, das wird noch sehr interessant werden, denn was zählt eigentlich bei einem Verbot, wenn es um eine Partei geht, die immer noch ein recht breites Meinungsspektrum umfasst, aller Ausschlüsse zur Mitte hin zum Trotz? Zählt der Durchschnitt oder die am meisten an den Nazis orientierte Meinung? Und könnte es eine Art Weiterbetriebserlaubnis unter Auflagen geben, etwa, dass die Partei sich von einigen ihrer Organisationen, Supporter, Connections und Politiker trennen muss, um einem Verbot zu entgehen? Könnte man Personen wie Höcke damit aus dem legalen Politikbetrieb nehmen und der Radikalisierung der AfD Grenzen setzen? Das wäre ein bisher einmaliger Fall, die bisherigen beiden Verbote (SRP, KPD) betrafen Parteien, die insgesamt zu klein waren, um so ausdifferenziert werden zu können oder zu müssen, weil ihre Repräsentanten in toto die Verfassung ablehnten. Im Fall NPD wurde zuletzt gar trotz klarer Verfassungsfeindlichkeit kein Verbot ausgesprochen. Ein schwieriges Urteil, wie wir finden, das sich bei einer größeren Partei wie der AfD gerade dadurch in Frage stellt, dass die Relevanzfrage hier anders zu beantworten ist, die u. E. niemals hätte eine Rolle spielen dürfen.

Wie auch immer die weitere Entwicklung verlaufen wird, die Risiken für die Demokratie sind groß. Aber man kann nicht sehenden Auges die immer deutlicheren Provokationen rechter AfD-Politiker hinnehmen, als sei nichts geschehen. Wir finden die Reaktionen der anderen Parteien auf Höckes jüngste Angriffe wie jenen auf das Recht auf Inklusion ohnehin merkwürdig verhalten, als habe man Angst, weitere Wähler:innen, die auf der Kippe stehen, an die AfD zu verlieren.

Genau das macht die AfD aber stark und es gehört zu den Fehlern, den andere Parteien schon lange machen, neben ihrer leider oftmals bürger:innenfernen Art des Regierens. Deswegen ist es nun auch eine Aufgabe der Zivilgesellschaft, ein Zeichen dafür zu setzen, dass man sich mindestens wünscht, dass die einzige dafür zuständige Institution, das BVerfG, die Verfassungsmäßigkeit oder -feindlichkeit der AfD feststellt. Mit allen Konsequenzen oder auch mit einem neuartigen Kompromiss, wie wir ihn oben angerissen haben. Ob ein solcher juristisch gangbar ist, haben wir jetzt nicht überprüft, das ist auch gar nicht möglich, weil das BVerfG wie kein anderes Gericht neue Wege gehen kann, wenn es nur dem Schutz der Verfassung und nicht niederrangigerem Recht verpflichtet ist, das möglicherweise auch zum Schutz der Verfassung korrigiert werden muss. Wir haben nur – erneut – darüber nachgedacht, wie man den Schaden für die Demokratie so klein wie möglich halten könnte.

Aber die Prüfung muss nun sein, der Meinung schließen wir uns an. Das, was von  Höcke zuletzt kam, ist auf jedwede Gruppe, die ihm nicht in den Kram passt, ist inhaltlich und bezüglich realer politischer Handhabe im Fall weiterer AfD-Erfolge erweiterungsfähig. Daher bitten wir auch Sie, die Petition zu unterzeichnen.

TH

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