Pepe, der Paukerschreck (DE 1969) #Filmfest 1009

Filmfest 1009 Cinema

Pepe, der Paukerschreck ist eine deutsche Filmkomödie, die 1969 unter der Regie von Harald Reinl in Baden-BadenBad Homburg vor der Höhe und München gedreht wurde. Die Hauptrollen sind mit Hansi KrausUschi GlasHannelore ElsnerTheo Lingen sowie Gustav KnuthHans Clarin und Ruth Stephan besetzt.

Der Film wurde im Auftrag des Constantin-Filmverleihs von Franz Seitz produziert, der unter dem Pseudonym Georg Laforet auch das Drehbuch verfasste. Der bundesweite Massenstart und die Premiere in Westerland auf Sylt erfolgten am 27. Juni 1969. Der Film hatte während seiner Erstaufführungszeit etwa 2,5 Millionen Kinobesucher.[2]

Zum Vergleich: Die Spitzen-Einspielzahlen für Filme der Edgar-Wallace-Reihe, erzielt in den frühen 1960ern, als das Kino in Deutschland noch wesentlich höhere Besucherzahlen hatte als am Ende des Jahrzehnts, beliefen sich auf 3,5 bis 3,6 Millionen verkaufte Karten, bei den Karl-May-Filmen waren es allerdings teilweise doppelt so viele.

Zu beiden Reihen hatte der frühere Heimatfilm-Regisseur Harald Reinl Beiträge geliefert, u. a.  zum letzten Film der Karl-May-Reihe im Vorjahr, „Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten“, den wir als höchstens mittelmäßig bewertet hatten. Kein Vergleich aber zu „Pepe“, der mit 2/10 wohl das Schlusslicht unter den deutschen Filmen bildet, die wir im Filmverzeichnis Nr. 8 besprochen hatten. Vielleicht sind wir einfach keine Fans von Schulfilmen – wait! Und was ist mit „Die Feuerzangenbowle?“, dem größten Pauker-Ulk bis heute? Dem Vorbild für alle Paukerfilme inklusive dem vorliegenden?

Hat auch ein paar Momente, die ich nicht perfekt finde, ist im Ganzen aber ein Ausnahmefilm des „Genres“. Das Beste aus diesem Bereich ist aber „Das fliegende Klassenzimmer“ von Erich Kästner, das eine ganz undeutsche Mischung aus Humor und Empathie mit einem guten Schuss damals noch typischer deutscher Tiefgründigkeit zeigt, geschrieben in den frühen 1930ern, von Starregisseur Kurt Hoffmann 1954 recht ansprechend verfilmt. Die bekanntere Verfilmung aus dem Jahr 1973, die zu deutlich vom Pauker-Klamauk à la „Lümmel“ beeinflusst war und bei der man die unfassbare Tat beging, eine so atmosphärische Winter-Weihnachtsgeschichte in den Sommer zu verlegen, sowie noch neuere Adaptionen, lassen wir außen vor.

„Auch im dritten Teil erfinden die Lümmel von der ersten Bank immer neue Streiche, um ihre Pauker ‚auf die Palme‘ zu bringen. Mit Rauchbomben, fingierten Briefen und weiblichen Tricks reiten die ‚Leinwandhelden‘ scharfe Attacken auf das Zwerchfell der Zuschauer. Die übermütigen Pennäler dürfen alles das, was dem Kinopublikum in seiner Schulzeit nie gelang. Ein herrlicher Spaß mit beliebten Darstellern für Leute, die diese Art des Klamauks mögen.“ – Hamburger Abendblatt, 19. Juli 1969[6]

„Dieser neue Aufguß einer überraschend kassenträchtigen Serie enttäuscht auf der ganzen Linie: er knüpft leider nicht an den einigermaßen akzeptablen zweiten Teil […] an, sondern unterschreitet auch noch den mehr als mäßigen ersten […]. Nicht die geringste Empfehlung für diesen geradezu schwachsinnigen, gar nicht komischen, streckenweise mehr als peinlichen, oft sogar frivolen Farbfilm aus dem Schülermilieu […].“ – Evangelischer Filmbeobachter[7]

„Klamotte […] Schülerstreiche von vorgestern. (Wertung: mäßig)“ – Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz im Lexikon Filme im Fernsehen, 1990[8]

„Vorsicht, deutscher ‚Humor‘!“ – Lexikon des internationalen Films[9]

Das Filmlexikon war ganz sicher die Stelle, die am besten bewerten konnte, wo es beim deutschen Humor klemmt, aber dass der Film gar frivol war, ging nun gar nicht (Ev. Filmbeobachter). Vermutlich habe ich damals aber vor allem das empfunden, was die Kritiken auch spiegeln: einfach peinlich, und ich rechne mir tatsächlich ein gewisses Gespür fürs Fremdschämen zu, weshalb ich in der heutigen, noch frivoleren Zeit ständig mit rotem Kopf herumlaufe.  Die IMDb-Durchschnittswertung liegt bei 5,4/10. Das hätte noch schlimmer kommen können. Vielleicht hatte ich aber auch kurz nach dem Abi noch ein Schultrauma und hatte deshalb bei der Punktevergabe besonders niedrig gegriffen.

Deswegen ist dies wohl auch der einzige Film der Reihe, der damals schon Eingang in unsere Betrachtung der eher wüsten als wildromantischen deutschen Kinolandschaft gefunden hat. Mittlerweile arbeiten wir dies alles ja gründlicher auf, indem wir zum Beispiel 37 von 38 Edgar-Wallace-Filmen, die von 1959 bis 1972 entstanden sind, in unserer allerersten Werkschau innerhalb des Filmfests ausführlich besprochen haben.

Gut besetzt waren diese Filme ja eigentlich immer und  Harald Reinl, was immer man von seinen Produkten hält, war lange Zeit einer der Trendsetter-Regisseure im deutschen Unterhaltungsfilm, aber Ende der 1960er war das westdeutsche Altkino tatsächlich am Ende. Die bewährten Kräfte mussten, um Rollen und Gagen zu bekommen, auch – sic! – Peinliches über sich ergehen lassen.

Die Sexfilmwelle startete ebenfalls zu dieser Zeit und die allgemeine Verflachung erreichte just einen Höhepunkt, als der Wendepunkt in der Geschichte der BRD sich, aus heutiger Perspektive, abzeichnete, nämlich um 1970-1973. Ein weiteres Beispiel dafür sind die letzten Heinz-Erhardt-Filme aus dieser Zeit. Deshalb interessant, weil sie die Entwicklung der westdeutschen Filmkomödie von 1957 bis 1971 recht gut illustrieren.  

© 2023, 1989 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Regie Harald Reinl
Drehbuch Georg Laforet
Produktion Franz Seitz
Musik Rolf Wilhelm
Kamera Franz X. Lederle
Schnitt Gisela Haller
Besetzung

 

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