Das sind die (un-)beliebtesten Fernsehformate (Statista + Infos von uns: Dauerbrenner, Fernseh-Legenden + Kommentar | Kultur | Filmfest zu Hause Special

Kultur Filmfest zu Hause Special, am längsten laufende Fernsehformate und -produktionen

Schauen Sie fern? Wenn ja, was und wie viele Stunden am Tag? Sind Sie mehr Fan von Krimis oder von Gameshows? Wie viele Menschen haben die gleichen Vorlieben wie Sie? Dazu folgende Statistik:

Infografik: Das sind die (un-)beliebtesten Fernsehformate | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen ist Fernsehen. 213 Minuten betrug die durchschnittliche tägliche Fernsehdauer im Jahr 2021. Wie die Infografik von Statista zeigt, schalten die Bundesbürger insbesondere bei Dokumentationen und Komödien gerne ein: Rund 57 Prozent der im Rahmen der Statista Consumer Insights Befragten Personen geben an, diese Formate zu konsumieren. Auch Nachrichten, Thriller und Sportsendungen erfreuen sich einer größeren Beliebtheit. Spielshows werden hingegen nur von einem Fünftel der Befragten genannt. Soap Operas bzw. Telenovelas sind noch unbeliebter und am Ende der Rangfolge stehen religiöse Formate.

Das Fernsehprogramm im Jahr 2022 wurde insbesondere von den zwei großen Fußball-Turnieren der Europameisterschaft der Frauen in England und der Weltmeisterschaft der Männer in Katar geprägt. Das EM-Finale der Frauen zwischen England und Deutschland erreichte eine Fernsehzuschauerzahl von rund 17,95 Millionen in Deutschland. Damit war es die Einzelsendungen mit der höchsten TV-Reichweite in Deutschland 2022, dahinter folgt das WM-Spiel der Männer zwischen Costa Rica und Deutschland. Auch das Krimi-Format „Tatort“ in der ARD zählt zu den erfolgreichsten Sendungen im deutschen TV. Die Tagesschau ist mit deutlichem Abstand die Nachrichtensendung mit der höchsten Reichweite in Deutschland – im Jahr 2022 schalteten durchschnittlich mehr als zehn Millionen Menschen pro Sendung ein.

Was Dokumentationen angeht, gehen wir mit, wobei wir den Verdacht haben, dass das Format sehr weit gefasst wird, dass Krimis offenbar unter „Thriller“ subsumiert werden, obwohl sie das Obergenre sind, das Thriller und andere notabene Crime-Handlungsmuster umfasst. Aber zum Beispiel religiöse Formate? Wir kennen da in den Hauptsendern nur das Wort zum Sonntag, und das ist ziemlich kurz.  Sollte also auch eine zeitliche Komponente in die Befragung eingeflossen sein, kann diesbezüglich nicht viel mehr herauskommen, als wir in der Grafik sehen. Allerdings wissen wir nicht, ob von diesem Format auch ausländische Angebote z. B. für religiöse Muslime eingeschlossen wurden. Der geringe prozentuale Zuspruch für einige Formate sagt aber nichts über deren Nutzung aus.

Es gibt eine große Anzahl von Menschen, die bestimmte Formate wie Reality-TV grundsätzlich ablehnen, weil es sich dabei um eine auf die eine oder andere Weise vorgegaukelte, manipulierte / manipulative oder exploitative Darstellung der Realität handelt, dazu rechnen wir uns. Andere schwören darauf, sie stellen eine  Minderheit dar, die sich oft sehr viele  dieser Sendungen anschaut und damit eine hohe Quote sichern.

Wir können hingegen nicht die Zeit aufwenden, zum Beispiel alle Krimis oder Dokumentationen zu sichten, die neu herauskommen, geschweige denn, ältere Filme nachzuholen. In Wirklichkeit ist es ein Mix aus beidem, wie zum Beispiel während des Corona-Homeoffice, als wir die Reihe Polizeiruf 110 in hohem Tempo historisch aufbereitet haben, um neben den alten West-Tatorten ab 1970 auch die Krimigeschichte des Ostens näher kennenzulernen. Bei uns hat Fernsehen mehr Projektcharakter, auch wenn es sich um Spielfilme handelt. Wir versuchen hingegen nicht, beim Mainstream-Kino immer komplett auf dem Laufenden zu sein. Spielfilme, also Kinofilme und auch Fernseh-Spielfilme, die nicht Thriller sind, tauchen interessanterweise gar nicht in der Grafik auf. Wir meinen aber, Spielfilme insgesamt sollten zu den beliebteren Formaten zählen – sofern man sie als Format bezeichnet, was sie streng genommen nicht sind. Sie müssten aber inkludiert werden, um die gesamte Fernsehnutzung abzubilden. Vielleicht werden sie mehrheitlich den Thrillern oder Komödien zugeschlagen.

Nachrichten schauen wir im Fernsehen so gut wie gar nicht mehr, selten Talkshows. Das Wichtigste wird sowieso von den Medien am Folgetag zusammengefasst. Ein gemäß der Balkengrafik unbeliebtes Format, über das aber so viel diskutiert wird, wie über kein anderes, die Reaktion in sozialen Netzwerken auf das, was bei Will, Maischberger, Lanz & Co. läuft, ist enorm. Dieses Format ist einflussreicher, als seine relative Unbeliebtheit vermuten lässt. Zunächst nur bei jenen, die generell über Politik diskutieren, also wiederum einer Minderheit, aber aus den Reaktionen darauf gestaltet  sich auch die politische Wirklichkeit. Deshalb ist uns klar, dass wir vielleicht etwas häufiger zuschauen und selbst für den Wahlberliner Zusammenfassungen schreiben sollten. Es wäre aber mit hohem Zeitaufwand, bei relativ geringem Erkenntniswert verbunden. Bahnbrechend Neues wird dort selten kundgetan, und wenn, dann eher von Personen, die nicht dem deutschen Parteienbetrieb angehören. Darin liegt auch eine Logik; sie hier zu erklären, würde zu weit führen.

Bei den fiktionalen Formaten werden Telenovelas und Soaps zusammengefasst, obwohl Erstere eher Fernsehspielfilme mit abgeschlossener, wenn auch oft mehrteiliger Handlung sind, während Letztere auf möglichst lange während Fortsetzung angelegt sind. 

Einige Rekordhalter und Fernsehlegennden in den verschiedenen Formaten:

  • Crime: Tatort, seit 1970 (53 Jahre), bisher 1.250 Episoden, kein Ende in Sicht, da weiterhin beliebteste Krimireihe in Deutschland; oben vermutlich unter „Thriller“ eingeordnet, obwohl nicht alle Tatorte Thriller sind, ursprünglich war der Rätselkrimi das weit überwiegende Handlungsmuster. Knapp dahinter: Polizeiruf 110, seit 1971, bisher 410 Episoden.
  • Daily Soap: Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Die erste dieser Soaps in Deutschland, wo das Format sehr spät Fuß fasste, lief im Mai 1992, mittlerweile gibt es daher über 7.000 Folgen, ein Ende ist nicht in Sicht. Das Format hat, wie der Tatort, einen gewissen Kultcharakter und wird gerne „GZSZ“ abgekürzt, in Anspielung auf das stilprägende Spielfilm-Melodram „Gone With the Wind“ („GWTW“). Dass dieses Format so spät hierherkam, ist wohl in erster Linie der Tatsache des hohen Produktionsaufwands geschuldet, die Darsteller:innen erheblich fordert und natürlich merkt man an der Qualität der Darstellungen, dass nicht viel Zeit zum Ausfeilen und Proben ist. Für dieses Format gab es in Deutschland lange Zeit gar keine geeigneten Schauspieler:innen und erst das Privatfernsehen traute sich auf der Suche nach Nischen an diese Art von Produktionen heran. Das war insgesamt eine gute Idee, auch wenn die meisten der Daily Soaps längst Geschichte sind, denn bei den klassischen fiktionalen Formaten sind die Öffentlich-Rechtlichen nach wie vor weit vorne. 
  • Daily Soap, international: Die wahren Rekordhalter in dem Bereich kommen natürlich aus den USA, ganz vorne immer noch die „Springfield Story“ (fast 16.000 Folgen, von 1952 bis 2009), auch der älteste noch aktive Dauerbrenner „General Hospital“ (seit 1963, über 14.700 Folgen) ist eine US-Produktion.
  • Wöchentliche Soap bzw. Serie: Nicht, wie man denken könnte und nach dem Abschied der „Lindenstraße“ im Jahr 2020 „In aller Freundschaft“, sondern das SWR-Format „Die Fallers“, das seit 1994 läuft, „In aller Freundschaft“ gibt es seit 1998. Die Lindenstraße wird noch für einige Zeit den Rekord aller Soaps in Deutschland halten, sie lief von 1985 bis 2020.
  • Spielshows: Die erste Spiel-  und Quizshow im deutschen Fernsehen war „EWG“, „Einer wird gewinnen“, die in der Tat für hiesige Verhältnisse spektakulär war und zur Legende wurde, weil „EWG“ auch für die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft stand und Kandidaten aus allen Ländern dieser Gemeinschaft aubieten konnte. Sie traten an unter der häufig übergriffigen, aber damals und natürlich speziell in Deutschland als unterhaltsam empfundenen Moderation von Hans-Joachim Kulenkampff. Die trotz einer mehrjährigen Unterbrechung am längsten laufende Spielshow in Deutschland ist natürlich „Wetten, dass …“ (1981 bis 2014, seit 2021). Ein Ende scheint allerdings wieder in Sicht zu sein, zumindest möchte der reaktivierte Moderator Thomas Gottschalk aufhören).
  • Quizshows: Eigentlich ein Untergenre der Spielshow, aber wir listen sie hier getrennt auf. Die am längsten laufende Show dieser Art in Deutschland ist mittlerweile „Wer wird Millionär“ mit Günther Jauch (seit 1999). Insgesamt länger liefen „Alles oder nichts“ (1958–1988)  und „Was bin ich“ (1958–1989). Letztere wurde der legendären Show „What’s My Line“ nachgebildet (1950–1967), in der wohl mehr verschiedene Personen auftraten, die man heute als AAA-Promis bezeichnen müsste (um sich erraten zu lassen), als in jeder anderen Show der Welt. Dieses Format funktioniert nur mit sehr bekannten Menschen.
  • Aber welche könnte die älteste noch laufende Fernsehserie der Welt sein? Sie werden es nicht glauben, sie kommt aus Deutschland und ist eine der gemäß Grafik nicht so beliebten Kindersendungen. Es handelt sich um „Unser Sandmännchen“.  Nicht weniger als 22.000-mal, Tag für Tag seit 1959, erschien es bisher auf dem Bildschirm, um den Kindern in Ost und West eine gute Nacht zu wünschen. Es war ein richtiges Babyboomer-Format und hat die Gen X, die Gen Y (Millennials), die Gen Z und die aktuellen Kinder, die noch keine Generationsbezeichnung haben, begleitet. Wir haben als Kinder auch zugeschaut, wie es aus dem Hubschrauber winkte und entflog und natürlich  mit dem westdeutschen Titelsong „Abend will es wieder werden“, der auffällig getragener war, als die heute weiterverwendete DDR-Version (inklusive DDR-Optik des Sandmännchens), und finden es großartig, dass diese Figur jeden Wandel  überlebt hat – wenn auch in etwas veränderter Form, im Vergleich zu seiner Gestaltung in unserer Kindheit.  In diesen wieder wechselhaften und unsicheren Zeiten geradezu ein Trost. Auf die nächsten 64 Jahre!
  • Es gibt eine Sendung in Deutschland, die keine Serie ist, die ebenfalls täglich erscheint, sogar mehrfach, und die noch länger läuft: Gemeint ist natürlich die „Tagesschau“. Sie wird seit 1952 ununterbrochen ausgestrahlt und erreicht mit ihrer Hauptausgabe bis zu 16 Millionen Zuschauer:innen. Das sind mehr als bei jedem anderen Format, von Sport-Großereignissen abgesehen. Seit 1959 gibt es die Tagesschau in der heutigen Form der „illustrierten“, also von einem Sprecher vorgetragenen und mit Bildern und teilweise wiederum darin eingesprochenen Sätzen versehenenen Nachrichten. Der erste Sprecher war Karl-Heinz Köpcke („Mr. Tagesschau“), der 23 Jahre lang als Chefsprecher fungierte. Aktueller Chefsprecher ist Jens Riewa.

Die wohl stärkste Veränderung seit seiner Gründung hat das Fernsehen, wie wir jetzt wissen, nicht durch die Erfindung des Internets, sondern durch die Einführung der Streamingdienste erfahren. Viele Filme werden mittlerweile schon zum Streamen bereitgestellt, noch bevor sie linear augestrahlt werden, bzw. findet Letzteres gar nicht statt, weil Dienste von Beginn an als Nur-Streaming-Angebote eingerichtet waren. Dadurch wird es unter anderem schwieriger, Fernsehquoten aufrechtzuerhalten bzw. die wirklichen Quoten zu ermitteln,in die auch Streaming-Ergebnisse einbezogen müssen, um ein realistisches Bild von der Beliebtheit einer Produktion zu vermitteln. Diese Dualität besteht freilich nur bei den Anbietern, die ursprünglich klassische TV-Sender waren. Wie sich dadurch Angebote verändern werden, die sachnotwendig das Anschauen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder doch zeitnah erfordern, damit es Sinn ergibt, etwa aktuelle Nachrichtensendungen und Events aller Art, wird sich zeigen. 

TH

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