UPDATE: Ländersubventionen +++ Agrardiesel und andere Subventionen für die Landwirtschaft: Statistik (Statista + Kurzkommentar) | Briefing 404 Update | Wirtschaft | Gesellschaft

Briefing 404-UD Wirtschaft, Landwirtschaft, Agrarsubventionen, Agrardiesel, Kfz-Steuer, Bund und Länder, Subventionen

Vor drei Tagen haben wir uns aus aktuellem Anlass statistisch mit den Subventionen für die Landwirtschaft befasst – heute ergänzen wir den Artikel und zeigen die Subventionen der Länder: jene für das Agrarwesen, aber auch für andere Bereiche der Wirtschaft.  Auf das Gesamtbild, das sich daraus ergibt, gehen wir anschließend kurz ein.

Subventionen der Länder: Das geht an die Landwirtschaft

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Die Bundesländer subventionierten den Wirtschaftsbereich Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Jahr 2023 mit 3,3 Milliarden Euro. Damit liegt dieses Segment an Position zwei der Bereiche, die von den Ländern Finanzhilfen erhalten – vor dem Verkehr, dem Städtebau und dem Wohnungswesen. An erster Stelle liegt die gewerbliche Wirtschaft. Quelle der Daten ist der Subventionsbericht des Bundesfinanzministeriums (PDF-Download).

Auch vom Bund wird der Bereich Ernährung und Landwirtschaft (und Verbraucherschutz) direkt und indirekt unterstützt: Direkt durch Finanzhilfen und indirekt über Steuervergünstigungen. Bei den Finanzhilfen liegen mit großem Abstand allerdings die gewerbliche Wirtschaft und das Wohnungswesen vorne. Bei den Steuervergünstigungen liegen die gewerbliche Wirtschaft und der Verkehr vorne, Ernährung und Landwirtschaft folgen an Position drei.

In Deutschland demonstrieren derzeit Landwirte gegen die Pläne der Bundesregierung, Subventionen in der Landwirtschaft zu streichen. Das ursprüngliche Vorhaben der Regierung: Die Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft sollte gestrichen werden, ebenso die Steuerbegünstigung bei Agrardiesel.

Die Proteste sollen Medienberichten zufolge die ganze Woche andauern. Die Landwirte bilden unter anderem Konvois mit Traktoren und planen Kundgebungen, um gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. Ein Schwerpunkt sind Autobahnauffahrten, die blockiert werden.

Subventionen (von lat. subvenire = zu Hilfe kommen) sind finanzielle staatliche Zuschüsse, die nicht an eine direkte Gegenleistung gebunden sind. Empfänger von Subventionen können Staaten, Unternehmen oder private Haushalte sein. Subventionen fließen direkt (Finanzhilfen) oder indirekt (Steuervergünstigungen).

Die Definition am Ende des Statista-Textes finden wir wichtig, denn es ist schon grundsätzlich deshalb nicht einfach, sich ein Gesamtbild zu machen, weil Subventionen auf nicht weniger als vier Ebenen fließen können: Seitens der EU, seitens des Bundes, durch die Länder und auch die Kommunen können an bestimmten Schrauben drehen, um die Gewerbeansiedlung zu fördern. Wir nähern uns also schrittweise den Subventionen für die Landwirtschaft:

2,4 Milliarden vom Bund (siehe Ausgangsartikel unten) und 3,3 Milliarden durch die Länder. Gar nicht so wenig, oder? Jedenfalls in Relation zur  Wertschöpfung auf Landesebene mehr als für die gewerbliche Wirtschaft. In dem Bereich waren wir eher erstaunt, dass die Subventionen so gering sind. 7,7 Milliarden sind wenig? Ja, sind sie, nämlich nicht einmal 0,2 Promille des jährlichen BIP.  Sie zeigen aber auch nicht alles. Steuervergünstigen oder niedrige Versorgungsleistungstarife sind nur eine Seite, die grundsätzlichen Möglichkeiten für Unternehmen, steuerlich sehr günstig zu operieren, eine andere. 

Niemand würde die Wichtigkeit der Landwirtschaft bestreiten wollen, obwohl dieser Sektor in Deutschland der kleinste ist und in ihm die wenigsten Menschen beschäftigt sind (im Vergleich zum primären und sekundären Industriesektor, zu Dienstleistungen, sogar zum Staat). Die Bauernproteste und wie sie teilweise ausgeführt werden, kommentieren wir an dieser Stelle nicht inhaltlich. Wir weisen aber darauf hin, dass in Deutschland mal wieder typischerweise jede betroffene Interessengruppe für sich unterwegs ist, als dass legale, aber durch ihre Breite mächtige Proteste entstehen, in denen die Interessen vieler Gruppen koordiniert werden. Dadurch kommt es zu dem Eindruck, dass nur diejenigen Gehör finden, die mit großen Treckern den Verkehr lahmlegen können, aber nicht diejenigen, die in den betroffenen Städten systemrelevante Arbeit verrichten und dorthin mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad unterwegs sind, also sich nicht physisch so eindrucksvoll aufbauen können.

TH

Wenn die Bauern protestieren, dann wackelt die Regierung – und knickt ein. Viele andere können sich still und verbissen über lange Zeit hinweg für Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen oder Bezüge einsetzen, ohne dass dies großen medialen Widerhall findet. Aber diese Schlangen von riesigen Traktoren sind ja auch pittoresk, wenn sie mitten in der Hauptstadt auffahren. Wie sieht es nun wirklich mit den Agrarsubventionen in Deutschland aus? Dazu die folgende Grafik:

Infografik: Wie hoch sind die Subventionen für Agrardiesel? | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

Nach anhaltenden Protesten und Demonstrationen von Bäuer:innen aufgrund der geplanten Streichung von Agrarsubventionen hat die Bundesregierung am vergangenen Donnerstag eingelenkt. Die Vergünstigung für Agrardiesel soll jetzt schrittweise abgeschafft werden, die Befreiung von der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge bleibt erhalten. Wie unsere Grafik auf Basis von Daten des Bundesfinanzministeriums zeigt, machen diese beiden Beihilfen mit die größten Posten im landwirtschaftlichen Subventionspaket des Bundes aus.

Nach den vorläufigen Haushaltsplänen für 2024 vom 30. August 2023 sollten dieses Jahr rund 925 Millionen Euro der insgesamt 2,4 Milliarden Euro für vergünstigten Kraftstoff und die Kfz-Steuer aufgewendet werden. Eine ähnlich hohe Summe wurde lediglich für die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes angesetzt. Dieser Posten bezeichnet ein Förderprogramm, das auf die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im EU-Vergleich, der Zukunftsausrichtung landwirtschaftlicher Produktion und eine Etablierung nachhaltigerer Leistungsfähigkeit ländlicher Gebiete unter den Aspekten des Ressourcen- und Umweltschutzes ausgerichtet ist. Auch Maßnahmen zu Hochwasser- und Küstenschutz sollen durch diese Subvention bezuschusst werden.

Bislang betrug die Kraftstoffrückvergütung laut Angaben des Vereins information.medien.agrar etwa 21,5 Cent pro Liter Diesel. Statt der regulären Dieselsteuer von knapp 47 Cent werden im Falle landwirtschaftlicher Nutzung also nur rund 25,5 Cent fällig. Der auf den ersten Blick große Posten schlägt sich im Mittel allerdings kaum auf Betriebsebene nieder. Laut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft erhielt jeder Betrieb im Wirtschaftsjahr 2020/2021 im Schnitt rund 3.000 Euro pro Jahr aus dem Topf für Agrardieselsubventionen. Der Unternehmensgewinn bei Hauptbetrieben lag im selben Betrachtungszeitraum im Schnitt bei etwa 55.000 Euro, wobei kleinere Betriebe durchschnittlich 25.000 Euro und größere Betriebe rund 80.000 Euro Jahresgewinn aufwiesen.

Im europäischen Vergleich zeigt sich bei den Subventionen für Kraftstoffe kein einheitliches Bild. In Österreich gibt es beispielsweise keine reguläre Vergünstigung, der Liter Diesel ist hier mit 39,7 Cent besteuert. In einer Entlastungsmaßnahme für hohe Betriebsmittelkosten wurde österreichischen Landwirtschaftsbetrieben im August 2023 sieben Cent pro Liter Diesel, ingesamt rund 1,8 Millionen Euro, zurückerstattet. Schweizer Landwirt:innen zahlen zunächst die vollen 85 Cent pro Liter, erhalten allerdings eine Rückerstattung, die anhand des Treibstoffverbrauchs für die Bewirtung eines Hektars errechnet wird. Auch in Polen, Frankreich und den Niederlanden entfallen teilweise deutlich mehr Steuern auf den Treibstoff für landwirtschaftliche Maschinen als in Deutschland.

Im Vergleich zu anderen Ausgabenposten wirken die gesamten Agrarsubventionen nicht so riesig, woraus man zweierlei ableiten kann: Es ist schon beinahe kindisch von der Bundesregierung, daran  noch rumquetschen zu wollen, nur um kurzfristig ein Haushaltsloch zu stopfen. Oder aber: Was für ein Bauernaufstand wegen dieser vergleichsweise geringen Summen.

Da früher so viel von Stilllegungspärmien die Rede war, die in obigen Subventionen nicht aufgeführt zu sein scheinen, hier eine Info von ChatGPT dazu:

Ja, es gibt immer noch eine Agrarflächen-Stilllegungsprämie. Die Mindeststilllegungsfläche beträgt 4% der Ackerfläche eines Betriebs 1. Diese Flächen müssen unmittelbar nach der Ernte der Hauptkultur im Vorjahr der Selbstbegrünung zu überlassen oder aktiv zu begrünen. Eine Reinsaat aus landwirtschaftlichen Kulturen ist als aktive Begrünung nicht zulässig, möglich ist eine Ansaat von Kleegrasmischungen 1. Die Bodenbearbeitung sowie der Dünge- und Pflanzenschutzeinsatz sind auf diesen Flächen verboten. Ein Mahd- und Mulchverbot gilt vom 1.4. bis 15.81.

Eine obligatorische Stilllegung gibt es allerdings schon seit etwa 15 Jahren nicht mehr Flächenstilllegung – Wikipedia und über die Höhe der Prämien in Deutschland haben wir in einem ersten Recherchelauf nichts gefunden.

TH

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