Das Wunderkind – Tatort 1260 #Crimetime Vorschau ARD 04.02.2024, 20:15 Uhr #Tatort #München #Batic #Leitmayr #BR #Wunderkind #Abschied bekanntgegeben

Crimetime Vorschau – Titelfoto © BR / Sappralot Productions GmbH, Hendrik Heiden

Das Wunderkind ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der vom Bayerischen Rundfunk produzierte Beitrag ist die 1260. Tatort-Episode und soll am 4. Februar 2024 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Das Münchner Ermittlerduo Batic und Leitmayr ermittelt in seinem 95. Fall.[1]

Ist es nur mein Eindruck, dass die Münchener alles daransetzen, das Hundert endlich vollzumachen? Ohne es an die große Glocke zu hängen, hat der BR die Frequenz der beiden tatsächlich gesteigert, auf mittlerweile vier Filme pro Jahr, über deren ganze Fernseh-Dienstzeit von nunmehr 32 Jahren hinweg (das laufende Jahr nicht mitgezählt) liegt der Durchschnitt knapp unter 3 Episoden, die jährlich Premiere feiern. Wir müssen nicht jedes Mal wiederholen, wie besonders dieses Team sein muss, wenn man es geschafft hat, es über einen so langen Zeitraum hinweg aktuell zu halten und dabei auch die Alterung der beiden Darsteller gut zu integrieren. Es ist freilich eine Spekulation, aber offenbar versucht man, sie bezüglich der Zahl der Filme vor den Kölnern Ballauf und Schenk zu halten, die ihnen über die Jahre immer nähergekommen sind, obwohl sie erst 1997 starteten – die Frequenz beim WDR war über einen längeren Zeitraum hinweg höher (aktuell 3,22 Filme pro Jahr).

Das wird sicher noch spannend, besonders, wenn die Münchener in den nächsten Jahren aufhören sollten und die Kölner erst einmal weitermachen, die gegenwärtig bei 87 Fällen stehen. Bezüglich der Dienstzeit ist Lena Odenthal aus Ludwigshafen fast uneinholbar vorne, obwohl sie nur zwei Jahre vor Batic und Leitmayr startete (1989 gegenüber 1991). Fast uneinholbar deshalb, weil sie vor einiger Zeit erklärt hat, solange weitermachen zu wollen, wie sie eine Pistole halten und laufen kann. Sie hat aber „erst“ 79 Fälle zu Buche stehen (Frequenz 2,25 pro Jahr) und kann die Münchener oder Kölner vorerst nicht einholen, daher ist der Dienstzeitrekord für sie besonders wichtig.

Stand es in den Sternen, dass es in München zu einer solchen Erfolgsgeschichte kommen sollte? Eine gewisse Kontinuität war in der Regel gegeben. Batic und Leitmayr sind tatsächlich erst das dritte Team, das dort tätig längerfristig tätig ist. Lediglich Mitte der 1980er, noch während der Zeit des Melchior-Veigl-Nachfolgers Ludwig Lenz kam es zu einigen Kurzzeit-Einsätzen und einem Jahr Pause, während man Batic und Leitmayr „entwickelte“. Ganz sicher ein Glücksgriff, die beiden Figuren, deren Darsteller Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl damals noch recht jung waren. Aber nicht nur. Vor allem bei Batic-Darsteller Udo Wachtveitl wirkten die ersten Auftritte noch ein wenig unbeholfen. Die Produzentin Silvia Koller, die die beiden „erfunden“ und bis 2010 begleitet hat, hielt aber an ihnen fest und war maßgeblich daran beteiligt, sie nicht zu Schauspielgenies formen zu wollen, sondern sie als Typen zu präsentieren, die sehr alltagsnah sind und eine besondere Form von Humor entwickeln konnten. Der beste Schauspieler am Set war im Grunde Michael Fitz, der das Team als Carlo Menzinger verstärkte und den speziellen Humor der Münchener etablieren half.

Im Grunde werden die meisten moderneren Ermittler:innen aber in einem ähnlichen Stil gespielt wie Batic und Leitmyr. Aktuelle Ausnahmen sind vor allem Ulrich Tukur als Felix Murot, Träger der „LKA-Hessen-Schiene“,  und Jan Josef Liefers als Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne im Münster-Tatort.

Das Besondere am 95. Fall für Batic und Leitmayr ist das Gefängnis-Setting. Nicht ganz neu, es kam in Tatorten bereits häufiger vor und man kann sehr packende Spielfilme daraus machen, die dann aber aus der Sicht von Gefangenen inszeniert werden, nicht aus jener der Staatsmacht, und meistens geht es um Aufruhr und Ausbruch.

Ihr 95. Fall führt die Münchner Ermittler Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) in den Mikrokosmos Gefängnis, wo sie einen Mord aufklären müssen. Tatsächlich ist der Tatort „Das Wunderkind“ zu großen Teilen – mit Beratung und Unterstützung von Experten – in der Justizvollzugsanstalt Landshut gedreht worden, und zwar bei laufendem Betrieb. Regisseur und Autor Thomas Stiller sagt zur besonderen Location: „Ein Gefängnis ist eine geschlossene Welt in sich, eine Welt, die ihre eigenen Spielregeln hat. Hier haben die Kommissare nicht die Hoheit, die sie draußen in der Freiheit haben – und genau diese Form von Ohnmacht, Mauer, die es für die Kommissare zu überwinden gilt, war für mich der Reiz an der Geschichte. […] [D]iese Welt realistisch, glaubwürdig und in ihrer Härte zu zeigen, war mir wichtig.“[2]

Gleich noch die Meinung von dieser Seite, womit wir in die Ansichten der Kritiker:innen zum 1260. Tatort einsteigen:

Gewalt gebiert Gewalt – das zeigt dieser Tatort auf bedrückende Weise. Auch die Darstellungen des harten Gefängnisalltags wirken ungeschönt, realistisch, authentisch. Danke an alle Verantwortlichen, die diesen ungewöhnlichen Drehort ermöglicht haben. Die Geschichte selbst bezieht ihren Reiz vor allem aus dem Kontrast zwischen der abgeschotteten, brutalen Gefängniswelt mit ihren eigenen Regeln und der scheinbar bürgerlichen Idylle „draußen“. Allein das beklemmende Familiendrama um Dieter Scholz und sein „Wunderkind“ hätten 90 Minuten gut ausgefüllt – so wirkt der Film inhaltlich beinahe überladen, zumal die Rivalitäten und Gruppendynamiken zwischen den Häftlingen nur ansatzweise herausgearbeitet werden und größtenteils im Ungefähren bleiben. Dennoch ein absolut sehenswerter Fernsehkrimi mit herausragender Besetzung.

Um ein wenig beim Bild der letzten Wochen zu gehen. Es ist ja meist so, dass die Bayern in Führung liegen, aber meist bleibt es auch dabei. In der zweiten Kritik werden Sie eine faustdicke Überraschung lesen, die eigentlich gar keine ist.

Es ist kein brillanter Tatort, etwas traurig und hoffnungslos, eher deprimierend unterhaltsam. Für Fans der Münchner Kommissare Batic & Leitmayr bleibt er sicher sehenswert, obwohl wir keine grandiosen Überraschungen erleben. Weil das Münchner Tatort-Team Krimis eigentlich viel, viel besser kann, gibts nur 3 von 5 Elchen. Die Jungs müssen dann nochmal Gas geben, denn nach 100 Folgen, etwa 2026 hören sie auf.[3]

Das könnte bei der Frequenz, die wir oben besprochen haben, tatsächlich im ersten Halbjahr 2026 der Fall sein, vielleicht sogar schon Ende 2025. Tja. Es ist das erste Mal, dass wir das lesen. Es ist so konsequent, diese Wahnsinnszahl noch zu erreichen und dann in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, zumindest die Figuren der beiden wurden ja auch schon von dem einen oder anderen Zipperlein geplagt. Die beiden Schauspieler Miroslav Nemec und U do Wachtveitl haben das Aus schon Mitte Januar bekanntgegeben, aber wir schauen in der Regel in die Tatort-Nachrichten, wenn es zu einem Team einen neuen Film gibt, deswegen verbreiten wir die Meldung erst heute weiter.

Ein besonderer Platz in der Tatortgeschichte mit vielen preisgekrönten Filmen wird den beiden sowieso sicher sein. Als die Rangliste „Tatort-Fundus“ ihre Toren schloss, standen unter den ersten zehn Filmen in dieser Liste mindestens drei der Münchener, darunter die unangefochtene Nummer eins, „Nie wieder frei sein“ aus dem Jahr 2010, Grimmepreisträger 2011. Im Grunde ist es nach der obigen Information schon fast egal, ob die Kritik nun positiv oder negativ ist. Sie liest sich eher nach zwei als nach drei Elchen, mit drei ist sie aber mittig, da es von eins bis fünf geht, nicht von null bis fünf.

Mit neutralem Interesse, aber Respekt für seine Figuren beobachtet „Das Wunderkind“ vielmehr, was passiert, wenn Männer mit problembehafteten Biografien auf engem Raum und unter ständigem Druck zusammenleben müssen. Ruhig und zugleich packend erzählt der Film von der Spirale aus Aggressionen und Gewalt, von Strategien, sich ihr zu entziehen – und von vergeblichen Versuchen, dem tödlichen Hahnenkampf zu entfliehen.[4]

Von dieser uns deshalb vertrauten Stelle, weil Web.de unser Mailprovider ist, haben wir bisher noch keine wirklich negative Kritik gelesen, offenbar versucht man ein wenig, sich einzu… hochzuschreiben. Nun gut, eine Bewertung gibt es nicht, aber bisher ist das Bild insgesamt positiv.

Wenn Kommissare aus ihrer Ermittlerroutine gerissen werden, ist das eine willkommene Abwechslung auch für den Zuschauer. In „Das Wunderkind“ (BR / Sappralot Productions), dem 95. „Tatort“-Einsatz von Batic/Leitmayr, müssen die beiden ihr Quartier in einem Gefängnis aufschlagen. Sie haben keinerlei Handhabe gegen die selbstbewussten Inhaftierten. Und so wird der Krimiplot zwischenzeitlich ausgesetzt zugunsten eines berührenden Sorgerechts-Dramas, das am Ende mit dem Mord im Knast kurzgeschlossen wird. Das testosterongeschwängerte Milieu färbt nicht unerwartet auf den Plot und die Dramaturgie ab. Von einem Gefängniskrimi ist nun mal kein psychologisch diffiziles Kammerspiel zu erwarten. Auch inszenatorisch hat Autor-Regisseur Thomas Stiller schon feinsinniger gearbeitet. Auch wenn es ihm wichtig war, „diese Welt realistisch, glaubwürdig und in ihrer Härte zu zeigen“, so ist dieser „Tatort“ doch in erster Linie ein nie langweilender Genre-Krimi, der hoffentlich wenig mit dem deutschen Strafvollzug zu tun hat.[5]

Warum sollte ein Gefängniskrimi kein psychologisch diffiziles bzw. subtiles Kammerspiel sein können? Die Antwort haben wir oben schon gegeben: Wenn die Außensicht der Ausgangspunkt ist, ist das schwierig, noch schwieriger wird es, wenn es einen weiteren Handlungsstrang gibt, der gar nicht im Gefängnis spielt. Rainer Tittelbach selbst hat zur Feder gegriffen und, wie immer, bei dieser Publikation muss man etwas um die Ecke denken, wenn man Negatives im Text kriminalistisch ermitteln will. Zum Beispiel kann man aus dem Satz, der von der Abwesenheit von Subtilität spricht, auch herauslesen, dass man die Erwartungen ja auch mal übertreffen könnte, in dem man genau ein solches Kammerspiel inszeniert. Die Bewertung ist hie immer das Entscheidende, und die geht auf 4,5/6, das ist im Rahmen dessen, was Tittelbach-TV für Tatorte innerhalb der Gesamtskala einsetzt (ab etwa 3/6), eine mittlere Punkte- bzw. Sternezahl.

Verstörende Gewaltspirale mit Kammerspielcharakter. Mikrokosmos Knast mit eigenen Regeln, getaucht in kalte, triste Bilder. Batic steckt ein, Leitmayr traut dem philosophierenden Musterhäftling Scholz nicht über den Weg, Jule Ronstedt gibt sich als Vollzugsbeamtin uneitel, und Ralph Herforth spielt die Leiche.“[6]

Dann ist es eben kein diffiziles, sondern ein hartes Kammerspiel, wir sind da relativ flexibel, solange ich den Film noch nicht selbst gesehen habe. Der Daumen geht von dieser Seite übrigens nach oben. Was aber bei Tatorten auch häufiger vorkommt als zur Seite oder gar nach unten. Wissen wir jetzt Bescheid? Auf jeden Fall wissen wir, dass Batic und Leitmayr nur noch in fünf weiteren Episoden von Deutschlands beliebtester Krimireihe zu sehen sein werden, die gleichzeitig die weltweit durabelste ist. Nirgendwo sonst, nicht einmal in den USA, in denen die meisten Fernsehrekorde aufgestellt werden, läuft ein Format dieses Genres schon im 54. Jahr. Vielleicht ist der Tatort so beständig wegen der Genrefilme.

TH

Handlung

ach dem Mord an einem Insassen in der Justizvollzugsanstalt müssen die Kommissare Leitmayr und Batic ihr Büro mit Hilfe des unlängst zum Oberkommissar beförderten Kalli Hammermann in die JVA verlegen, um von dort mit Unterstützung des Vollzugsbeamten Claussen zwischen den Fronten zweier verfeindeter Gefängnisgruppen zu ermitteln. Deren Anführer sind getrieben durch Machtspiele, Selbstjustiz und korrupte Geschäfte und erschweren den Polizisten die Aufklärung des Mordes massiv. Als der zeitgleich freikommende Musterhäftling Scholz, der endlich wieder mit seinem musisch hochbegabten Sohn Ferdinand zusammenleben möchte, ins Visier der Ermittler gerät, überschlagen sich die Ereignisse für Leitmayr und Batic. Ist der Junge in Gefahr?[7]

Besetzung und Stab

Hauptkommissar Franz Leitmayr – Udo Wachtveitl
Hauptkommissar Ivo Batic – Miroslav Nemec
Oberkommissar Kalli Hammermann – Ferdinand Hofer
Anja Bremmer, JVA-Beamtin – Jule Ronstedt
Stefan Claussen, JVA-Beamter – Felix Hellmann
Dieter Scholz, Häftling – Carlo Ljubek
Ferdinand, Sohn von Dieter Scholz – Phileas Heyblom
Viola Seiffert, Ferdinands Pflegemutter – Sarah Bauerett
Georg Seiffert, Ferdinands Pflegevater – Lasse Myhr
Kevin Schneider, Häftling – Alexander Martschewski
Ahmet Yilmaz, Häftling – Yasin Boynuince
Birol Yilmaz, Ahmets Bruder – Samy Abdel Fattah
Nabil Yilmaz, Ahmets Vater – Mohammed-Ali Behboudi
Roland Gumbert, Häftling – Ralph Herforth
Martin Liebeck, Häftling – Merlin Leonhardt
Heiner Berger, Häftling – Thomas Darchinger
Metin Demir, Häftling – Kailas Mahadevan
Gefängnisdirektor – Thomas Huber
u. v. a.

Drehbuch – Thomas Stiller
Regie – Thomas Stiller
Kamera – Marc Liesendahl
Musik – Fabian Römer

 

 

[1] Tatort: Das Wunderkind – Wikipedia

[2] Tatort Folge 1260: Das Wunderkind – Tatort Fans (tatort-fans.de)

[3] Tatort aus München: Kritik zu „Das Wunderkind“ (4.2.) (swr3.de)

[4] „Das Wunderkind“: Ein packender „Tatort“ über die Welt hinter Gittern | WEB.DE

[5] https://www.tittelbach.tv/programm/reihe/artikel-6509.html

[6] Tatort: Das Wunderkind im TV – Sendung – TV SPIELFILM

[7] Das Wunderkind – Tatort – ARD | Das Erste

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