„Es gibt nur eine moralisch, rechtlich und strategisch vertretbare Antwort: ein Waffenembargo“ (Verfassungsblog + Kommentar)

Briefing Geopolitik, Gesellschaft, Völkerrecht, Waffenlieferungen, Waffenembargo, Gazakrieg, Nahostkonflikt, Israel, Gaza, Libanon, Sekundärverantwortung aus dem Völkerrecht

Liebe Leser:innen, wie Sie wissen, ist der Samstag unser „Tag des Rechts“. Wir haben an diesem Tag ein wenig mehr Zeit, uns mit den Grundlagen des deutschen Verfassungsrechts und auch mit einer rechtebasierten Weltordnung zu befassen  (1). Das Grundgesetz und das Völkerrecht, sie stehen beide unter Druck, daran kann kein Zweifel bestehen. Umso wichtiger ist es, mit der Sprache des Rechts und nicht propagandistisch in der Diktion mit Rechtsfragen umzugehen, zumal jeder politische Vorgang auch einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist.

Bei Artikeln, die sich mit dem Nahostkonflikt befassen, schauen wir immer besonders genau hin, bevor wir uns zu einer Besprechung entschließen oder sie sogar republizieren, wie das beim folgenden Artikel aufgrund seiner Lizensierung erlaubt ist. Im Anschluss kommentieren wir, wie immer, dieses Mal aber in kurzer Form. Das aktuelle Editorial des Verfassungsblogs befasst sich mit der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für Elemente des Gazakrieges und kommt zu dem Schluss, dass eine Regierung, die sich mit einer Spezialklausel davon freizeichnen will, dass von ihr gelieferte Waffen gegen das Völkerrecht eingesetzt werden könnten, diese Waffen nicht liefern dürfte.

***

„Es gibt nur eine moralisch, rechtlich und strategisch vertretbare Antwort: ein Waffenembargo“

Fünf Fragen an Janina Dill

Der Krieg in Gaza spitzt sich dramatisch zu. Hunderttausende notleidende Zivilist:innen im Norden von Gaza rücken Fragen des humanitären Völkerrechts zurück in den Fokus. Die Kritik an Waffenlieferungen wird in Europa immer lauter – auch in Deutschland. Wir haben Janina Dill, Professorin für Globale Sicherheit an der Universität Oxford, gefragt, welche Rolle das Völkerrecht im Gaza-Krieg spielt, wo es unter Druck gerät, und welche völkerrechtliche Verantwortlichkeit die Bundesrepublik trifft.

  1. Diese Woche erreichen uns erneut schreckliche Bilder aus dem Norden des Gazastreifens. Hunderttausende Zivilisten stecken in Jabalia fest, viele von ihnen sind nicht in der Lage, den Evakuierungsanordnungen der israelischen Armee Folge zu leisten. Gleichzeitig berichtenMedien darüber, dass die israelische Regierung erneut Pläne diskutiert, Menschen, die im Norden verbleiben, von Nahrung und Wasser abzuschneiden. Welchen völkerrechtlichen Schutz genießen Zivilist:innen, die den Norden von Gaza nicht verlassen haben?

Das humanitäre Völkerrecht fordert, dass Angriffen, die die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft ziehen können, eine wirksame Warnung vorausgehen muss (es sei denn, die Umstände erlauben dies nicht). Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine der am meisten missverstandenen Regelungen der Kriegsführung – das zeigen sowohl der öffentliche als auch der mediale Diskurs über die wiederholten und verheerenden Angriffe auf Jabalia.

Erstens zählt nicht jede Äußerung, die einen bevorstehenden Angriff oder eine Militäroperation ankündigt, als Warnung. Eine wirksame Warnung muss dazu dienen, dass Zivilist:innen sich besser schützen können. Das bedeutet zwar nicht, dass ein Angreifer garantieren kann oder muss, dass Zivilist:innen in Sicherheit gelangen. Aber wenn Warnungen wiederholt zu spät oder zu ungenau ergehen, oder die Vertreibung selbst ein erhebliches Risiko für Zivilist:innen darstellt, dann ist eine Ankündigung eines Angriffs, wie auch immer sie im Einzelfall ausfällt, keine wirksame Warnung im Sinne des humanitären Völkerrechts.

Das zweite Missverständnis besteht darin, dass sich eine Warnung oder Evakuierungsanordnung auf den Status von Zivilist:innen auswirkt, die der Anordnung nicht Folge leisten. Hier gilt unmissverständlich: Steht schon vor der Warnung zu erwarten, dass der Angriff unverhältnismäßig ist, und kommen Zivilist:innen den Anweisungen des Angreifers nicht nach, bleibt der Angriff unverhältnismäßig und völkerrechtswidrig. Zivilist:innen „wiegen nicht weniger“ in der Verhältnismäßigkeitsabwägung, weil sie vorher gewarnt wurden.

Auch das absichtliche Aushungern einer umzingelten Zivilbevölkerung, um darunter befindliche Kämpfer auszuhungern, bleibt verboten und potenziell strafbar – daran ändert sich nichts, wenn die Zivilbevölkerung vorher zur Evakuierung aufgefordert wurde. Wer nicht aus seinem Zuhause flieht, gilt dadurch nicht als direkt an Kampfhandlungen beteiligt. Das aber wäre die Voraussetzung dafür, dass der Schutz, den das humanitäre Völkerrecht Zivilist:innen gewährt, abgeschwächt wird.

  1. Sie schreiben in einem aktuellen Aufsatzmit Tom Dannenbaum, dass durch den Krieg in Gaza bestimmte Konzepte und Prozesse des Völkerrechts unter Druck geraten. Was meinen Sie damit?

Das Ungewöhnliche, vielleicht sogar Einzigartige an diesem Konflikt ist, wie auf der einen Seite das katastrophale Leid der Zivilbevölkerung – nach einigen Maßstäben, etwa der Zahl getöteter Kinder pro Kriegstag, ist dieser Konflikt tödlicher als andere jüngere Kriege – mit der Behauptung Israels, das Völkerrecht einzuhalten, zusammentrifft. Dass Kriegsparteien zunächst wenig plausibel und pro forma behaupten, sich an das Völkerrecht zu halten, ist nicht ungewöhnlich. Aber Israel ist in dieser Hinsicht proaktiv und untermauert seine Behauptung detailliert und mit Unterstützung einiger Rechtsexpert:innen.

Das führt wiederum dazu, dass das Völkerrecht enorme öffentliche Aufmerksamkeit erfährt und viele Menschen sich fragen, ob das Völkerrecht überhaupt einen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung leistet. Mit anderen Worten: Das Völkerrecht scheint zugleich relevant und ineffektiv zu sein. Tom Dannenbaum und ich zeigen, dass hierdurch Druck auf dogmatische Konzepte entsteht, die entscheidend dafür sind, um Kampfhandlungen „in Echtzeit“ zu beurteilen, also während der Krieg noch im Gange ist.

Die hohe Polarisierung in der Bewertung von Israels Vorgehen in Gaza ist zum Beispiel teilweise darauf zurückzuführen, dass es Unklarheiten in Bezug auf Vorsatzerfordernisse gibt, insbesondere beim Verbot direkter Angriffe auf Zivilist:innen und zivile Objekte und in Hinblick auf das Aushungern als Kriegsmethode. Keines dieser Verbote – so eines unserer Argumente – erfordert aber, dass die rechtswidrigen Folgen, also tote oder verhungerte Zivilist:innen, der Zweck der verbotenen Handlung ist, was nur äußerst schwierig aus den Umständen abgeleitet werden kann. Unterscheidet man den verbotenen Vorsatz des humanitären Völkerrechts, hier geht es vor allem um Kenntnis der Tatumstände, vom Vorsatz wie wir ihn aus dem Völkerstrafrecht kennen, ist es möglich, bereits jetzt – also während die Kampfhandlungen noch andauern – festzustellen, dass Israel grundlegende Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts verletzt. Den Vorsatz zu spezifizieren ist daher entscheidend, um auch gegenwärtige Kampfhandlungen beurteilen zu können und dem humanitären Völkerrecht zu seiner Wirksamkeit zu verhelfen.

  1. Der Gaza-Krieg setzt nicht nur die humanitär-völkerrechtliche Dogmatik unter Druck, sondern rückt auch die Rolle internationaler Gerichte wieder in den Fokus. Normalerweise urteilen internationale Gerichte erst viele Jahre nachdem bestimmte Kriegshandlungen begangen wurden. In den letzten Monaten konnten wir aber beobachten, wie vorläufige Anordnungen, die parallel zum Kriegsgeschehen ergingen, immer mehr Aufmerksamkeit bekamen. Sind Gerichte für diese Art von Echtzeitbegleitung gerüstet?

Der Internationale Gerichtshof (IGH) wurde zunächst nicht dafür geschaffen, um gegenwärtig andauernde Kampfhandlungen zu begrenzen oder in Echtzeit zu evaluieren. Er muss dieser Herausforderung aber gewachsen sein. Vorläufige Anordnungen von Gerichten sind ein wichtiges Werkzeug, das Dritten dabei hilft, laufende Kampfhandlungen rechtlich zu bewerten und ihre Antworten darauf entsprechend anzupassen. Tom Dannenbaum und ich argumentieren in unserem Aufsatz, dass der IGH die Autorität hat, aufzuzeigen, wie das Völkerrecht in einem spezifischen Kontext anzuwenden ist und damit gleichzeitig auf das epistemische Umfeld einzuwirken, innerhalb dessen Dritte – diejenigen, die nicht direkt an eine Anordnung oder ein Urteil des IGH gebunden sind – ihre eigenen Verpflichtungen erfüllen müssen.

Die Bundesrepublik hätte die vorläufigen Anordnungen des IGH im Fall Südafrika gegen Israel etwa als Hinweis verstehen sollen, dass die fortgesetzte materielle Unterstützung Israels das Risiko birgt, dass Deutschland seinerseits gegen rechtliche Verpflichtungen verstößt.

  1. Ihr letzter Punkt scheint derzeit vor allem für die Frage von Waffenlieferung relevant zu sein, die nun wieder verstärkt diskutiert wird, etwa in Frankreich oder Deutschland. Wenn nun vieles darauf hindeutet, dass Israel gegen die vorläufigen Anordnungen des IGH verstoßen hat: Welche Verpflichtungen ergeben sich aus diesen vorläufigen Maßnahmen für Dritte?

Verstößt Israel gegen die vorläufigen Anordnungen des IGH, ist Israel für eine völkerrechtswidrige Handlung verantwortlich. Grundsätzlich könnte Frankreich oder Deutschland, wenn sie materielle Unterstützung für einen solchen Verstoß leisten – beispielsweise Waffenlieferungen für Militäroperationen in Rafah unter Verstoß gegen die dritte vorläufige Anordnung – eine Sekundärverantwortung wegen Beihilfe zu völkerrechtswidrigen Handlungen treffen.

Dabei muss man jedoch auch beachten, dass es rechtliche Fragen gibt, die mehr als eine plausible Antwort haben; Tom und ich beschreiben das als doctrinal contingencies. Die Frage der völkerrechtlichen Sekundärverantwortung hängt in diesen Fällen davon ab, um welche Antwort herum Konsens entsteht. Das führt wiederum dazu, dass die handlungsleitende Dimension vorläufiger Maßnahmen abgeschwächt wird.

In unserem Aufsatz weisen wir daher darauf hin, dass es dogmatisch klarer ist, dass materielle Unterstützung für Israels Offensivoperationen im Gazastreifen die Primärverpflichtungen der unterstützenden Staaten gemäß des gemeinsamen Artikels 1 der Genfer Konventionen und, falls sie Mitglieder sind, des Arms Trade Treaty verletzen.

  1. Vor einigen Tagen wurde darüber berichtet, dass die Bundesrepublik von Israel nun verlangt, eine Klausel zu unterschreiben, der zufolge mit aus Deutschland gelieferten Waffen kein Völkermord begangen werde. Kann sich die Bundesrepublik damit ihrer völkerrechtlichen Verantwortung entziehen?

Wir wissen zwar nicht, was diese Klausel genau besagt, aber ich finde bereits die bloße Idee einer solchen Klausel alarmierend. Jeder Krieg birgt ein gewisses Risiko von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht. Enthalten Waffenhandelsabkommen Klauseln, die versuchen, das Haftungsrisiko für den liefernden Staat zu verringern, ist das erst einmal nicht überraschend – auch wenn es eine Schwelle geben sollte, ab der das Risiko von Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht zu einem Waffenembargo führt, anstatt lediglich zu einer Freistellungsklausel.

Es ist aber sehr wichtig, sich klarzumachen, dass nicht jeder Krieg das Risiko eines Völkermords birgt. Die Bundesrepublik hat eine Pflicht zur Verhinderung von Völkermord, die ausgelöst wird, sobald sie „Kenntnis von der ernsthaften Gefahr hatte, dass Völkermordhandlungen begangen werden könnten.“

Auch Handlungen, die das Risiko eines Völkermords in sich tragen, selbst wenn sie später nicht als solcher eingestuft werden (etwa von einem Strafgericht), sind sehr wahrscheinlich dennoch rechtswidrig und möglicherweise sogar als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafbar.

Wenn die Bundesregierung ein Risiko dafür sieht, dass Israels Verhalten gegen die Völkermordkonvention verstößt, gibt es nur eine moralisch, rechtlich und strategisch vertretbare Antwort: ein Waffenembargo.

Das Interview wurde auf Englisch geführt. Vielen Dank an Rosa-Lena Lauterbach für wertvolle Hinweise zu der deutschen Übersetzung.

*

Dieser Beitrag wurde unter einer Lizenz CC BY-SA 4.0 Legal Code | Attribution-ShareAlike 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben ihn gemäß den Vorgaben der Lizenz unter gleichen Bedingungen weiter. Wir stellen die von uns verfassten Textteile unter dasselbe Recht.

***

Kommentar

Falls Sie auch den Eindruck haben, dass Deutschland immer mittendrin ist, wenn es um Weltkonflikte geht, dann ist das in der aktuellen Situation verständlich, wenn auch nicht richtig. Es gibt viele Kriege, es gibt Terror und Menschenrechtsverletzungen, über die hierzulande kaum berichtet wird und an denen Deutschland weder beteiligt oder in denen in denen die Bundesregierung wenigstens diplomatisch aktiv zu sein scheint. Bezüglich des Ukrainekriegs und im Gaza-Libanon-Krieg, wie man ihn jetzt bezeichnen muss, ist das anders. Die Verstrickung Deutschlands könnte kaum größer sein. Nur eine Steigerungsmöglichkeit gäbe es noch: den direkten Einsatz von Truppen. Erste Ideen dazu gab es bereits und damit zu unserer ersten Warnung: Niemals dürften deutsche Truppen zu Kampfeinsätzen geschickt werden, die dermaßen ethisch fragwürdig sind wie die gegenwärtige Ausformung des Gaza-Libanon-Krieges.

Das vorausgehende Editorial des Verfassungsblogs war sozusagen ein Meta-Artikel und beinahe so etwas wie eine Freizeichnung, um den in der Einleitung erwähnten Begriff wieder aufzunehmen. Oder der Versuch einer solchen: Mit der Sprache des Rechts soll bei der Beschreibung und Bewertung von Konflikten Kurs gewahrt und jeder populistische oder, in diesem Fall, antisemitische Ansatz vermieden werden. Wir haben auch einen Artikel im Kopf, zu dem wir bereits einen Besprechungsentwurf gefertigt hatten und der sich nun im Zusammenhang mit den Vorgängen um die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz zeigt, die allerdings auch eine besondere Verantwortung dafür hat, was sie schreibt oder teilt. Diese haben liberale Juden, die hat der Verfassungsblog und die haben auch wir selbstverständlich nicht. 

Die Sprache des Rechts hat hingegen den Vorteil, dass es nur um rationale Argumente und Gegenargumente geht, so ist es gewollt, und so schwierig ist es, diese Vereinbarung immer einzuhalten, denn selbstverständlich steht hinter jeder rechtlichen Einordnung bei aktuellen Konflikten auch eine politische Bewertung. Wenn jemand schreibt, nach völkerrechtlichen Gesichtspunkten dürfte die Bundesregierung keine Waffen mehr an Israel liefern, geht es ganz schnell auf eine viel banalere und jedem Angriff zugängliche Ebene, ohne dass derjenige, der sich rein rechtlich geäußert hat, dagegen etwas unternehmen kann. Deswegen sind wir skeptisch gegenüber der Idee, den Diskurs auf rechtlicher Ebene abschirmen zu können. Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass gerade Verfassungsrecht und Völkerrecht hochpolitisch sind und diejenigen, die bekannt sind für ihre populistische Stimmungsmache, diese rechtlichen Einlassungen selbstverständlich zu lesen und in ihrem Sinne zu markieren in der Lage sind.

Wir sehen immer wieder, wie auch Gerichtsurteile in der Diskussion stehen, weil sie bestimmte Haltungen und Einlassungen als zulässig, als rechtens erachten, oder eben nicht. Nichts anderes, abzüglich der Wirkung in der Realität natürlich, kann für an der Theorie orientierte Rechtstexte gelten, zumal, wenn sie politische Einschätzungen beinhalten, die sich auf konkrete Vorgänge wie die Waffenlieferungen beziehen, wie das hier der Fall ist.

Trotzdem oder gerade deswegen ist es wichtig, den Diskurs auf eine sachlich begründete Ebene zu heben. Das schützt nicht in jeder Hinsicht, aber die Versachlichung trägt dazu bei, ein Niveau zu wahren, das zumindest gerichtsfest sein dürfte insofern, als daraus keine unzulässige Form der Meinungsäußerung abgeleitet werden kann, und das ist ja in diesen aufgeheizten Zeiten nicht unwichtig. Deswegen folgen wir derzeit besonders intensiv den Spuren des Verfassungsblogs, in dem es über die zentralen Konflikte dieser Tage, aber auch über viele weniger in der Presse vertretene Themen sehr viel Instruktives zu lesen gibt.

Wir bleiben heute auch bei diesem Fall und bei der deutschen Situation, obwohl sich anhand des Artikels ein Vergleich mit einem anderen Land anbieten würde, das zwar rhetorisch auf Deeskalation und Warnungen setzt, aber faktisch genau das Gegenteil tut, nämlich den Konflikt mit immer massiveren Waffenlieferungen anheizt. Insofern lässt sich die obige Argumentation auf ein Land übertragen, das mehr Einfluss hat als Deutschland, wenn es um die Beendigung, Perpetuierung, Eskalierung oder gar Inszenierung von Kriegen geht. Weniger Einfluss ist aber keine Entschuldigung für falsche Politik, und es kann keine Staatsräson geben, die gegen das Völkerrecht gerichtet ist. Wohlverstanden: man muss, um eine Sekundärverantwortung der Bundesregierung festzustellen, mithin eine Verletzung der Verantwortungserfordernisse, dieser Argumentationslinie oder jedweder anderen rechtebasierten Erwägung, die zum gleichen Ergebnis gelangt, folgen. Wir schätzen das hier für uns nicht ein, aber uns besorgt natürlich die Situation immer mehr, die sich seit dem 7. Oktober 2023 im Nahen Osten ergeben hat.

TH

(1) Unsere bisherigen Artikel mit internationalem Bezug, die als Besprechungen von Beiträgen des Verfassungsblogs angelegt sind. Der vor dem heutigen einzige dieser Beiträge, der sich mit dem deutsch-israelischen Verhältnis befasst hat, war der allererste in der Liste, geschrieben ein halbes Jahr vor dem Beginn des Gazakriegs. Mehrere geplante Veröffentlichungen haben wir infrage gestellt oder zurückgestellt. Angesichts der jüngsten Eskalation des Nahostkonflikts werden wir diese sehr abwägende oder auch defensive Haltung einer erneuten Prüfung unterziehen.


Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar