Briefing Recht Politik, Grundgesetz, Verfassungsänderung, Resilienzgesetz, Zweidrittelmehrheit, BVerfG, Bundesverfassungsgericht
Der Bundestag hat am 19. Dezember 2024 eine bedeutende Reform beschlossen, die darauf abzielt, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) besser vor extremistischen und verfassungsfeindlichen Kräften zu schützen. Hier sind die Hauptpunkte der Reform:
## Zustimmung und Opposition
– Die Reform erhielt die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag, mit 600 Ja-Stimmen gegen 69 Nein-Stimmen. Die Parteien SPD, Union, Grüne, FDP und Linke stimmten für die Reform, während nur die AfD und das Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz (BSW) dagegen stimmten[1].
## Schutzmechanismen
– Die Reform sieht vor, zentrale Vorgaben zur Struktur und Arbeitsweise des BVerfG im Grundgesetz zu verankern. Dazu gehören die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl, die Altersgrenze von 68 Jahren und die Festlegung auf 16 Richter in zwei Senaten. Diese Vorgaben waren bisher im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) geregelt, das mit einer einfachen Mehrheit geändert werden kann[1].
## Geschäftsordnungsautonomie
– Die Geschäftsordnungsautonomie des BVerfG soll zukünftig ebenfalls im Grundgesetz geregelt werden, um die Unabhängigkeit des Gerichts zu stärken[1].
## Ersatzwahlmechanismus
– Ein neuer Ersatzwahlmechanismus für die Wahl der Richter soll eingeführt werden, um dauerhafte Blockaden durch verfassungsfeindliche Parteien zu verhindern[1].
## Hintergrund und Begründung
– Die Reform wird als notwendig angesehen, um zu verhindern, dass das BVerfG, ähnlich wie in Ländern wie Polen und Ungarn, zur Zielscheibe politischer Einflussnahme wird. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesjustizminister Volker Wissing betonten, dass die Reform erforderlich sei, um die Demokratie und den Rechtsstaat zu schützen und zu verhindern, dass Erzfeinde der Demokratie Einfluss gewinnen[1].
## Stellungnahmen
– Faeser verwies auf das Scheitern der Weimarer Demokratie und betonte, dass die Demokratie robust gegen Angriffe aufgestellt werden muss. Wissing hob hervor, dass die breite Mehrheit für die Reform ein Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung für die Zukunft des demokratischen Rechtsstaats sei[1].
## BSW und AfD
– Während die AfD ihre Ablehnung der Reform mit der Kritik an einem „Altparteienkartell“ begründete, gibt der Artikel keine spezifischen Gründe für die Ablehnung durch das BSW an. Es ist jedoch anzunehmen, dass das BSW ähnliche Bedenken hinsichtlich der Einschränkung von politischer Einflussnahme oder der Veränderung bestehender Verfahren haben könnte.
## Weitere Schritte
– Die Zustimmung des Bundesrats ist noch erforderlich, wobei mit einer breiten Mehrheit gerechnet wird[1].
Diese Reform zielt darauf ab, die Unabhängigkeit und Stabilität des BVerfG zu stärken und es vor politischen Manipulationen zu schützen, was als entscheidend für den Erhalt der demokratischen Ordnung in Deutschland angesehen wird.
(Quellenzitat. Ausschließlich dieser bezogene Artikel: Bundestag beschließt Resilienzpläne fürs BVerfG).
Kommentar
Zum ersten Mal haben wir auch die Einleitung von der KI schreiben lassen, die wir beauftragt haben, um eine Zusammenfassung zu erstellen. Wir werden noch die Einlassungen des Verfassungsblog am kommenden Samstag abwarten, aber wir meinen, grundsätzlich ist dies ein guter Tag für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit gewesen, zumal es eine weitere wichtige Entscheidung, dieses Mal vom EuGH, zu vermelden gibt: Deutsche Anwaltskanzleien werden weiterhin vor dem Einstieg von Finanzinvestoren geschützt, die bisherige deutsche Regelung ist also als zulässig erachtet worden.
Die Unabhängigkeit der Justiz, die Unabhängigkeit der Anwaltschaft, beides sind Säulen des Rechtsstaats und dass man in Deutschland tatsächlich Lehren aus negativen Vorgängen in anderen Ländern gezogen hat und dafür fast alle Parteien zusammengearbeitet haben, ist grundstäzlich richtig. Trotzdem bedarf es einer genaueren Analyse, denn es gab Kritik daran, dass der Schutz nicht weit genug geht.
Außerdem wurde auch bisher bei der Besetzung von Richter:innen-Posten am BVerfG sehr wohl politisch Einfluss genommen, wie einige spektakuläre Diskussionen um Einzelpersonen zeigen, die trotz der Kritik in die rote Robe schlüpfen dürfen. Die CDU versucht seit Langem, das Gericht konservativer zu machen, und die langen Regierungszeiten und Mehrheiten, die sie oft hat, helfen ihr dabei. Die Früchte sehen wir daran, dass das Gericht es schafft, Sozialstaats-Standards immer wieder zu unterfahren und generell sehr kapitalfreundlich urteilt. Das Grundgesetz wird schon lange so weit wie möglich in Richtung Neoliberalismus ausgelegt, die Staatsprinzipien werden immer ungleicher gewichtet.
Das belegt, dass man von Idealisierungen absehen muss, aber auch, dass es umso wichtiger ist, formale Haltepunkte zu setzen gegen jene, denen das Gericht weiterhin als ihren Interessen nicht dienlich genug erscheint.
Wir gehen davon aus, dass der Bundesrat den Grundgesetzänderungen zustimmen wird, denn bis auf die neuen Bundesländer Sachsen, wo es nur eine Minderheitsregierung gibt, Thüringen und Brandenburg, wo das BSW beteiligt ist, regieren die Parteien, die heute im Bundestag für die Änderung des Grundgesetzes gestimmt haben. Warum nicht nur die AfD, sondern auch das BSW dagegen gestimmt hat, die Linke hingegen dafür, haben wir noch nicht herausfinden können. Wir werden das aber noch häufiger sehen, denn beim BSW haben viele eine spezielle Auffassung von Rechtsstaatlichkeit, einhergehend mit einer sehr affinen Haltung Autokratien gegenüber. Die Entschuldigung liefern wir gleich mit, falls die Ablehnung sich auf ausgesprochen demokratiefreundliche Überlegungen stützen sollte.
Es gab aber weitere Möglichkeiten, die Recherche zu vertiefen:
Die Reform, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) besser vor politischer Einflussnahme und extremistischen Kräften schützen soll, könnte die Unabhängigkeit des BVerfG auf mehrere Arten beeinflussen:
## Verankerung in das Grundgesetz
– Durch die Verankerung zentraler Vorgaben zur Struktur und Arbeitsweise des BVerfG im Grundgesetz, wie die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl und die Altersgrenze von 68 Jahren, wird sichergestellt, dass diese Regelungen nicht mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag geändert werden können. Dies stärkt die Unabhängigkeit, da Änderungen nur mit einer Zweidrittelmehrheit möglich sind, was einen breiten politischen Konsens erfordert[1][4][7].
## Geschäftsordnungsautonomie
– Die Reform sieht vor, die Geschäftsordnungsautonomie des BVerfG im Grundgesetz zu verankern. Dies bedeutet, dass das Gericht seine inneren Angelegenheiten, wie die Reihenfolge der Aktenbearbeitung, selbst regeln kann, ohne dass politische Einflüsse hierauf einwirken können. Dies stärkt die Unabhängigkeit und Autonomie des Gerichts[1][4][7].
## Ersatzwahlmechanismus
– Der Einführung eines Ersatzwahlmechanismus für die Wahl der Richter soll verhindern, dass verfassungsfeindliche Parteien durch Sperrminoritäten dauerhafte Blockaden herbeiführen können. Dies sichert die kontinuierliche Funktionsfähigkeit des Gerichts und schützt es vor politischen Manipulationen[1][6].
## Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate
– Die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate im Grundgesetz verhindert, dass durch politische Entscheidungen neue Verfassungsrichterstellen geschaffen oder bestehende Strukturen verändert werden, um das Gericht zu beeinflussen. Dies sichert die Stabilität und Unabhängigkeit der Gerichtsstruktur[1][4][7].
## Schutz vor politischer Instrumentalisierung
– Die Reform ist auch als Reaktion auf Erfahrungen aus Ländern wie Polen und Ungarn konzipiert, wo Verfassungsgerichte durch politische Einflussnahme geschwächt wurden. Durch die Verankerung der Regelungen im Grundgesetz wird sichergestellt, dass das BVerfG auch in politisch stürmischen Zeiten seine Unabhängigkeit bewahren kann[2][6].
Insgesamt zielt die Reform darauf ab, die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des BVerfG zu stärken, indem sie politische Einflussnahmen und Manipulationen erschwert und die bestehenden Strukturen und Verfahren des Gerichts auf einer höheren rechtlichen Ebene absichert./[1]
Kommentar 2
Einer Illusion darf man sich nicht hingeben: Dass die neuen Regelungen einen Durchgriff von Antidemokraten verunmöglichen. Würde zum Beispiel die Verfassung in einem Handstreich abgeschafft, wäre es nicht mehr relevant, ob man zuvor die Stärkung der Institutionen verbessert hat, welche die Verfassung schützen sollen. Die Situation in Ungarn und Polen war auch dadurch geprägt, dass man einen demokratischen Anstrich wahren wollte, weil man in der EU keine dauerhafte Sperrung von Strukturhilfen riskieren wollte. Es war schon oft kritisch, aber nicht zu vergleichen damit, dass das Gericht im Sinne einer sofortigen und vollständigen Machtübernahme durch eine Nazi-Partei von seinen Aufgaben schlicht entbunden und aufgelöst wird.
Letztlich sind Institutionen nur so stark wie die demokratische Gesinnung der Menschen, welche die Macht in einem Land ausüben.
TH
[1] Quellen zum Infoblock 2
[1] https://www.lto.de/recht/justiz/j/bundestag-resilienz-bverfg-grundgesetz-aenderung-beschlossen
[2] https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bverfg-schutz-resilienz-ampel-plaene-konsens
[3] https://www.deutschlandfunk.de/bundesverfassungsgericht-grundgesetz-bvg-schutz-buschmann-100.html
[4] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundesverfassungsgericht-bundestag-100.html
[6] https://www.dw.com/de/mehr-schutz-f%C3%BCr-das-bundesverfassungsgericht/a-71106544
[7] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bundestag-verfassungsgericht-schutz-100.html
Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

