Unser Willi ist der Beste (DE 1971) #Filmfest 1246

Filmfest 1246 Cinema

Der Kuckuck und der Mümmelmann machen sich an den Winzig ran

Unser Willi ist der Beste ist ein deutscher Film aus dem Jahr 1971 mit Heinz Erhardt in der Hauptrolle. Regie bei dem Film führte Werner Jacobs

Was bin ich wieder für ein Schelm. So lautete der Titel einer Doppel-LP mit Sketchen, Gedichten und Liedern von Heinz Erhardt, die 1972 erschien und sich auch in unserem elterlichen Haushalt fand. Wir wurden mit Heinz Erhardt durch dieses Vinyl-Album vertraut, lange bevor wir im Fernsehen mehr schauen durften als die Sendung mit der Maus. Die weitere Erschließung von Heinz Erhardt durch seine Filme ist sehr spannend, zumal diese Filme zwar allesamt Komödien sind, aber einander nicht so ähnlich, wie man meinen sollte. Sicher, je mehr man in ein Thema einsteigt, desto mehr nimmt man Unterschiede und Nuancen wahr. Mittlerweile haben wir etwa die Hälfte seiner bekannteren Filme gesehenund können daher „Unser Willi ist der Beste“ ein wenig einordnen. Auch in Relation zum direkten Vorgänger „Das kann doch unsren Willi nicht erschüttern“ (1970). 

Handlung (1)

Der liebenswerte Finanzbeamte Willi Winzig wird in Pension geschickt. Um die schmale Haushaltskasse ein wenig aufzubessern, sucht Willi nun nach einer Nebenbeschäftigung – zumal völlig unverhofft seine Schwester Heidelinde samt Opa, Tochter Biggi, zwei Zwillingsjungen und einem Papagei wegen Geldmangels bei ihm eingezogen sind.

Sein alter Freund Mümmelmann vermittelt Willi einen Job als Vertreter für Haushaltsgeräte bei der Firma ‚Star Elektrik‘. Allerdings lässt bereits die Schulungsstunde erahnen, dass der tollpatschige Willi nicht wirklich für diesen Beruf geboren ist. Seinen Fahrrad-Anhänger vollgepackt mit Haushaltsgeräten zieht der Finanzbeamte a.D. schließlich los.

Zunächst scheint Willi sich wider Erwarten als echte Verkaufskanone zu entpuppen. Die Sache hat nur einen Haken: Die alte Dame, die ihm reihenweise Geräte abkauft, ist nicht zurechnungsfähig. Und seiner nächsten Kundin räumt der gutmütige Vertreter eine Ratenzahlung über 12 Jahre ein – für ‚Star Elektrik‘ kaum ein lukratives Geschäft. Nachdem er zu allem Überfluss einem armen kleinen Jungen auch noch eines seiner Geräte schenkt, wird Willi gefeuert.  (1)

Rezension 

In den 1950ern war Erhardt neben Heinz Rühmann wohl die beste Verkörperung des im Grunde braven Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, des Bundesbürgers an sich, wobei die beiden sich erheblich durch ihre Vergangenheit unterschieden und selbstverständlich durch die Art ihrer Komik. Trotzdem war gerade Erhardt mehr formal als inhaltlich ein Durchschnittsbürger – in seinen Rollen.

Das kleine Glück in normalen Verhältnissen war im Grunde gar nicht sein Thema, sondern der in der Tat schelmische Umgang mit der Wirklichkeit, die man auf seine Weise nur im Film bestehen kann. Die Melancholie und das manchmal allzu Bescheidene von Rühmann in Filmen wie „Wenn der Vater mit dem Sohne“, „Der Lügner“ oder „Max, der Taschendieb“, die in den Jahren entstanden, als auch Heinz Erhardt immer populärer wurde, sind etwas hochwertiger oder anspruchsvoller als die Erhardt-Filme, aber sie gewinnen der Wirklichkeit nicht diese satirische Note ab, die man in den Filmen des Heinz Nr. 2 gut beobachten kann. Man kann sogar sagen, sie sind nicht so treffend.

Denn welche Rolle er auch spielt, Erhardt ist zwar gutmütig, aber auch frech und hinter seinen vielen Wortspielen stecken kleine oder mitlere Bosheiten, die zwar nicht das System infrage stellen,  deren Ähnlichkeit zur eigenen Tätigkeit ein politischer Kabarettist wohl von sich weisen würde, aber niemand sonst hat in seinen Filmen den Alltag der Wirtschaftswunderzeit so treffend verdichtet wie Heinz Erhardt – und dazu durfte er kein Anarcho-Komiker sein, sondern hatte im Gewand eines Otto Normalverbrauchers aufzutreten, der durchaus subversive Momente generieren konnte.

1971, als „Unser Will ist der Beste“ entstand, war die Zeit schon etwas an Erhardt vorbeigesaust, was man daran merkt, dass die Figuren der jungen Leute, die ihn umgeben, schon vergleichsweise modern sind, an seiner Darstellung aber hat sich nicht viel geändert. Allerdings hat er moderne Erscheinungsformen der Wirtschaft in „Unser Willi ist der Beste“ gut aufs Korn genommen und der Film ist weitaus gelungener als der furchtbare Absturz namens „Das kann doch unseren Willi nicht erschüttern“, in dem er auch nicht die Figur des (Ex-) Finanzbeamten Willi Winzig spielt. Diesen Willi-im-Italien-Urlaub-Film, der beinahe nur aus dümmlichen Klischees besteht, haben wir nicht nur innerhalb der Werke von bzw. mit Heinz Erhardt als einen Tiefpunkt identifiziert.

Aber als Haustürvertreter für die im Stil der Zeit treffend gestalteten, quietschorangenen Plastik-Produkte von „Star-Elektrik“, die alles für die Küche liefern, kreiert Erhardt noch einmal einen späten Höhepunkt seiner Karriere. Wenn man sich auf den Film eingerichtet hat, kann man sich wegschütten vor Lachen, auch, weil die Gagdichte überragend hoch ist – seltsamerweise, ohne zu ermüden, ein Zustand, der uns bei allzu übertriebenen Filmen, unsere Leser wissen das, immer mal wieder ereilt. So, wie jüngst bei Billy Wilders „Eins, zwei, drei“, von dem niemand es wagen würde zu sagen, er sei schlechter als ein Heinz Erhardt-Film. Ist er aus vielen Gründen auch nicht. Aber auch anstrengend. Das Prinzip der permanenten Steigerung im amerikanischen Film stößt eben auch irgendwann an seine Grenzen.

Erhardt kann in „Unser Willi ist der Beste“ neue Ideen und viele bekannte Sprüche zu einem Mix verquirlen, der seinem offenbar schmackhaften, in der Küchenmaschine flambierten Hasen nach makedonischer und Winzig-Art nicht nachsteht. Die Fernsehkoch-Szene ist furios und karikiert bereits die Inflation an solchen Sendungen, die immer noch anhält, inklusive Promikoch, der im Fernsehen seine Künste zur Schau stellt, um für das Medium, für die Bildung des kochenden Publikums und für sich selbst etwas zu tun.

Auch der Haustürverkauf und das moderne Marketing und die Unternehmer bekommen ihr Fett weg, und es sagt uns durchaus etwas, dass ein Pensionär die Kasse durch diese im Grunde entwürdigende Tätigkeit aufbessern muss. Aber Heinz Erhardt macht daraus mit seinem sonnigen Gemüt ein Fest für seine Fans, und dadurch entstehe eine saure Note. Niemand konnte 1971 absehen, was heute ein Thema ist: Altersarmut. Und sicher wird die nicht unter Ex-Beamten herrschen, die sich bezüglich ihrer Altersversorgung immer mehr von der nicht verbeamteten Bevölkerung absetzen können, die über viele Arbeitsjahre hinweg den Laden am Laufen gehalten hat, aber dass Leute Jobs annehmen, für die sie ungeeignet sind und die sie zerstören, die zudem nicht einmal auskömmlich sind, ist mittlerweile ein Massenphänomen.

Gute, alte Bundesrepublik. Auch an dich denken wir gerne, wenn wir über Erhardt schreiben, egal, ob es damals etwas spießiger zuging, als das heute der Fall ist – wovon wir ohnehin nicht ganz überzeugt sind, denn Gesamtdeutschland ist kein Land der Weltbürger geworden, nur, weil man die Hauptstadt von Bonn nach Berlin verlegt  har. Vor allem die Wiedervereinigung hat den Prozess der ökonomischen und kulturellen Weiterentwicklung gestört, und das mit beachtlicher Langzeitwirkung.

Trotzdem meinen wir, auch heute könnte ein Komiker und Entertainer wie Heinz Erhardt Erfolg haben. Zu lachen gibt es immer etwas, und wenn der Grund noch so bitter ist.

Anmerkung anlässlich der Veröffentlichung des Textes im Jahr 2025: Die beiden obigen Absätze haben wir nicht hinzugefügt oder verändert, sie sind als knapp zehn Jahre alt und insofern prophetisch.

Finale

Im Film sieht man auch Jutta Speidel als fesche Nichte von Willi Winzig, die Schauspielerin werden will. Von ihrem künftigen Film-Ehemann wird ihr eine Karriere vorhergesagt, und die hat sie ja dann auch gemacht. „Unser Willi ist der Beste“ ist wieder ein toller Film für Menschen, welche die frühen 1970er live und kaum verstellt erleben wollen, und für moderate Heinz Erhardt-Fans, die auch mal einen schlechten Film auslassen können, gilt: dieser gehört aber zum Kanon. Er ist der vorletzte Heinz-Erhardt-Film, in unserer Sammlung fehlen bisher die „Willi-Filme“ „Was ist denn bloß mit Willy los“, der erste von vieren, und der allerletzte, „Willi wird das Kind schon schaukeln“. Vor den Willy-Filmen spielte Erhardt in „Die Herren mit der weißen Weste“ mit, einer der besten bundesrepublikanischen Kriminalkomödien. 

Dem Film kommt auch eine Ansammlung von Beteiligten zugute, die das Kino der 1960er prägten: Der Unterhaltungsfilm-Routinier Werner Jacobs führte Regie, Horst Wendlandt, der die Edgar-Wallace-Reihe und damit auch den Grusel-Humor im deutschen Krimi sowie die Karl-May-Westernfilme aus der Taufe hob, leitete die Produktion, Peter Thomas, der u. a. die prägenden Filmmusiken für die Wallace-Reihe schrieb, zeichnete auch hier für die Musik verantwortlich.

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© 2025 Der Wahberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2015)

(1), kursiv, tabellarisch: Wikipedia

Regie Werner Jacobs
Drehbuch Reinhold Brandes,
Rolf Ulrich
Produktion Horst Wendlandt
Musik Peter Thomas
Kamera Karl Löb
Schnitt Alfred Srp
Besetzung

(1) Restliche Handlung aus der Wikipedia: Nun steht er ohne Job da, aber mit einem Haufen Schulden bei Star Elektrik. In dieser Notsituation hat Willi eine rettende Idee: Er wird den zahllosen Sekretärinnen im örtlichen Finanzamt reihenweise Kaffeemaschinen verkaufen! Und obwohl im Finanzamt fast nur noch Computer die Arbeit der Beamten erledigen, gelingt es dem cleveren Willi, eine riesige Bestellung zu landen. Ab diesem Moment ist er der neue Star-Vertreter der Star Elektrik. Allerdings nicht lange. Denn als er versehentlich in die Fernsehsendung der Fernsehköchin Elsetraut Knöpcke gerät und eine seiner Maschinen vor Millionen Zuschauern zum Explodieren bringt, wird er abermals gefeuert.

Da nützt es nichts, dass sich der sympathische Sohn seines Chefs zwischenzeitlich in Willis hübsche Nichte Biggi verliebt hat. Trotzdem hat Willi diesmal Glück im Unglück: Sein skurriler Fernsehauftritt hat das Publikum derart begeistert, dass man ihn für weitere Kochsendungen engagiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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