Der Frosch mit der Maske (D / DK 1959) #Filmfest 61 #EdgarWallace

Filmfest 61 A "Special Edgar Wallace" (1)

Die Überraschung zum Schluss: ein guter Bekannter

Die Handlung in einem Satz, ohne Auflösung: Eine Einbrecherbande unter Führung eines als Frosch maskierten Mannes treibt ihr Unwesen in London und Umgebung und führt die Polizei in Person von Inspektor Elk an der Nase herum, die Lage spitzt sich zu, als der Oberfrosch Gefallen an einer jungen Frau findet und, um sie in seine Gewalt zu bekommen, ihren Bruder auf Abwege führt, doch zusammen mit Richard Gordon, dem Neffen des Polizeichefs Sir Archibald, kommt die Polizei dem Frosch auf die Spur.

Erstmalig standardisieren wir Rezensionen optisch und inhaltlich – alle Edgar Wallace-Filme, die wir uns für den Wahlberliner angeschaut haben, werden wir nach dem nachfolgenden Schema rezensieren. Die Rezensionsfolge entsprach zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht der Drehfolge der Filme, aber da wir die Veröffentlichung nicht sofort vorgenommen haben, konnten wir nach Abschluss der Kritken für die Wallace-Filme der Jahre 1959-1972 (Schwerpunkt: bis 1965) die Chronologie nachträglich herstellen.

„Der Frosch mit der Maske“ ist eine Legende des deutschen Nachkriegsfilms, über den man sich so trefflich streiten kann wie über das ganze Unterhaltungskino der 1950er und 1960er Jahre, seine Stellung wird vor allem gekennzeichnet durch

  • Die Tatsache, dass er ein Überraschungserfolg war und die Initalzündung für die größte Serie des deutschen Spielfilms; bis 1972 wurden weitere 37 Edgar Wallace-Filme gedreht (1),
  • er lockte beinahe sensationelle 3,2 Millionen Zuschauer in die Kinos; den Rekord hält „Das Gasthaus an der Themse“ aus 1962 mit 3,6 Millionen Kinobesuchern vor „Das Geheimnis der gelben Narzissen“ aus 1961 mit 3,5 Millionen,
  • die Uraufführung fand am 4. September 1959 im Universum-Kino in Stuttgart statt, gedreht wurde in Dänemark (die Schlösser, die im Film zu sehen sind und erkennbar nicht englischen Stil repräsentieren, stehen in der Umgebung von Kopenhagen), im Gegensatz zu vielen anderen Wallace-Filmen gab es dennoch eigens für den Film hergestellte London-Aufnahmen die Regisseur Harald Reinl mit einem kleinen Team vor Ort drehte,
  • die Auflösung ist gekennzeichnet durch Zitierung bzw. Verwendung einer Figur aus einem sehr berühmten Thriller – mehr in der Handlungsbeschreibung mit Auflösung,
  • der Film ist, wie die meisten der Serie, eine deutsch-dänische Coproduktion der Rialto Film mit dem Investor Preben Philipsen,
  • einige Szenen mussten gekürzt werden, damit die FSK den Film im Jahr 1959 für das Alter ab 16 Jahren freigab,
  • für die gesamte Produktion wurde ein Kostenlimit von 600.000 DM festgesetzt, nach heutigem Wert etwa 1,4 Millionen Euro (2).

Handlung mit Auflösung (Wikipedia)

Seit Jahren versetzt der unheimlich maskierte Chef einer Verbrecherbande, der sogenannte „Frosch mit der Maske“, London in Angst und Schrecken. Weder Inspektor Elk noch seinem Assistenten Sergeant Balder ist es bisher gelungen, den furchterregenden Verbrecher und seine Bande zu fassen. Nach einem erneuten Juwelenraub und der Ermordung eines Kriminalbeamten, der versucht hatte, sich in die Froschbande einzuschleichen, interessiert sich auch Richard Gordon, der Neffe von Scotland Yard-Chef Sir Archibald, für den Fall.

Eine erste Spur führt ihn und seinen Butler James zu dem mysteriösen John Bennet, der mit Sohn Ray und Tochter Ella in einem idyllischen Haus in der Nähe von Hertford lebt. Bald muss Gordon feststellen, dass die Bennets in das Fadenkreuz der Froschbande geraten sind, denn nicht nur er, sondern auch der Frosch selbst haben ein Auge auf Ella geworfen. Auch Ray ist in Gefahr.

Entgegen allen Warnungen seines Kollegen Philo Johnson hat Ray den Job bei dem renommierten Zeitungsverleger Maitland gekündigt und findet kurz darauf Beschäftigung in der Lolita-Bar. Diese Hafenspelunke von zweifelhaftem Ruf wird mehr und mehr zum Mittelpunkt der Fahndungen von Inspektor Elk, nachdem sich der Verdacht erhärtet, dass diese ein Tummelplatz für Mitglieder der Froschbande ist. Richard Gordon lässt sich dort als Beleuchter einstellen, um genauere Nachforschungen zu betreiben. Dabei bleiben ihm und Elk nicht viel Zeit, den Frosch zu enttarnen, denn der hat bereits einen neuen Plan, bei dem Ray eine wichtige Rolle spielt.

Als ersten Erfolg kann Inspektor Elk Sergeant Balder als Mitglied der Froschbande enttarnen und ihn festnehmen. Ray wird fälschlicherweise verdächtigt, Lew Brady, der ebenfalls zur Bande des Frosches gehört, in der Lolita-Bar erschossen zu haben. Mit Hilfe einer von Gordon insgeheim dort eingebauten Filmkamera kann aber schlussendlich seine Unschuld bewiesen werden. Am Ende stellt sich heraus, dass der totgeglaubte Einbrecher Harry Lime alias Philo Johnson der Frosch ist.

Rezension

Es gibt noch keinen farbigen Vorspann mit reißerischer Szene, noch kein „Hier spricht Edgar Wallace“ und andere Erkennungsmerkmale, die sich im Lauf der Jahre in der Serie eingebürgert hatten. Denn als wir mit der Kamera das Schlafzimmer der alten Eheleute Farnsworth begegnen, da tut sich eine neue Welt auf und wir folgen fasziniert der zänkischen Lady Farnsworth die Treppe hinunter, im Licht des Kerzenleuchters, den sie in der Hand hält, und werden Zeuge, wie sie dem Frosch begegnet, der gerade den Safe ausräumt. Damit sehen wir den ersten aller maskierten Superverbrecher aus dem Wallace-Universum. Im Gegensatz zu Agatha Christie, wo sich die Verbrecher psychologisch stimmiger hinter der Maske von Ehrenleuten verbergen, wird bei Wallace gleich auf die Person gezeigt, die alles initiiert und steuert. Der Effekt der Auflösung liegt also nicht darin, wer von allen, die wir als mögliche Täter mit ihren Motiven kennenlernen, sondern darin, wer sich hinter der Maske versteckt. Im zuletzt rezensierten „Der unheimliche Mönch“ war das Erstaunen groß, da entpuppte sich Eddie Arent als die Peitsche schwingender Kuttenmann, der eher dem Tod als einem Kirchenmann ähnelt.

In „Der Frosch mit der Maske“ treffen wir auf Harry Lime, den Verwandlungskünstler, den dritten Mann im gleichnamigen Thriller von Carol Reed aus dem Jahr 1947. Eine durchaus witzige Idee, diesen Mensch, der damals wuchtig von Orson Welles verkörpert wurde, wieder auferstehen zu lassen. Am Ende wirkt der Frosch-Lime ein wenig kläglich, auch als er sich den falschen Schnurrbart wegreißt und nicht mehr so gemütlich aussieht und das Froschkostüm wirkt so trashig, dass es schon wieder Kult ist. Die Idee des Megaverbrechers, wie wir sie aus deutschen Krimis seit der Stummfilmzeit kennen (am bekanntesten in Verkörperung des Dr. Mabuse) wandelt sich vom Dämonischen und der Weltbeherrschung Geneigten zum Alltäglichen Ganoventum. Die Einbrüche und der Betrieb eines Nachtlokals sind selbst dann eher Standard-Business, wenn es im Verlauf des Films immer häufiger zu Morden kommt. Der Frosch ist gnadenlos, aber er hat keine Vision. Wozu Visionen führen, hatte man 1933 gesehen und wollte Assoziationen wohl vermeiden, die schlichte Tatsache, dass die Bücher von Edgar Wallace keine solchen Phantasien enthalten, kommt erschwerend oder erleichternd hinzu.

Erleichternd deshalb, weil trotz aller für damalige Verhältnisse erstaunlich offen gezeigten Gewalt und einem hohen Blutzoll der Film zumindest heute nicht mehr so schockierend wirkt wie auf das an schmalzige Heimatfilme gewöhnte Publikum der 1950er. Was bleibt, ist der Humor. Der wirkt heute frisch und reizend, weil er von Eddie Arent in seiner ersten Diener-Paraderolle eingebracht wird. Sei Spiel mit der übertrieben hochnäsigen Sprache ist für damalige Verhältnisse hoch modern und trägt im Zusammenhang mit anderen pointierten Dialogen zur im „Frosch“ vorgenommenen Festlegung der launigen Atmosphäre der meisten Filme der Serie bei (3). Eddie Arent wurde mit 23 Filmen der meistbeschäftigte Schauspieler in den Edgar Wallace-Filmen.

Ein wenig bärbeißiger und traditioneller kommt der Humor auch von Siegfried Lowitz als Inspektor Elk, der ansonsten schwer einzuschätzen ist. Ist er ein typischer Polizist, wie er in britischen Filmen gerne gezeigt wird, nämlich etwas beschränkt, oder eine richtige Spürnase? Irgendwie beides, zum Ende hin wird er aber immer findiger und findet ja auch mehr und mehr die Mosaiksteine zum großen Frosch-Puzzle – unter Mithilfe von Richard Gordon.

Blacky Fuchsberger ist für den jugendlichen und romantischen Part zuständig, er ehelicht am Ende die gerettete Tochter des Henkers von London, der eine der besten Figuren im Film darstellt, weil man ihn leicht für den Frosch halten könnte, mit seinem düsteren Wesen und seiner sonoren Stimme. Aber er ist der Mann, der Frösche und andere Verbrecher mit dem Seil vom Leben zum Tode bringt, und das ganz legal im Staatsauftrag (4). Fuchsberger hingegen ist der leuchtende Action-Held, der keiner Schlägerei aus dem Weg geht und in einem Verlies so lange feststeckt, bis er einen Bart hat. Nicht nur seine Übungen mit Diener Arent weisen Parallelen zu dem auf, was uns in den 1960ern erwarten sollte: James Bond und die Agentenfilme. Natürlich hat man in diesen Filmen ausentwickelt was im „Frosch“ nur angedeutet ist und es ebenso stilisiert wie hier den Humor und die Atmosphäre auf bewusst künstliche Art doch sehr lebendig wirken.

In den seichten 1950ern setzte der Film mit seinen pointierten, verdichteten Dialogen, den Actionszenen und mannigfachen Schüssen in der Dunkelheit einen wahrhaft knallenden Schlusspunkt. Da das deutsche Publikum sich aber auch amerikanische Filme anschaute, müssen wir unsere zuvor getroffene Aussage etwas relativieren – die Kinogänger hierzulande wussten in der Regel, dass es nicht nur Heimatfilme gab und anderswo mehr auf die Pauke gehauen wurde, und zwar alle allen Aspekte betreffend, die das Kino ausmachen und so faszinierend.

Britisch wie etwa die Miss Marple-Filme es bestens rüberbringen, wirkt „Der Frosch mit der Maske“ nur bedingt. Die Charaktere agieren teilweise zu deutsch, d. h. gemäß hiesiger Tradition theaterhafter als im angloamerikanischen Kino. Der britische Humor ist viel mehr auf Understatement angelegt als der im „Frosch“  – auch wenn Eddie Arent sehr schön das persifliert, was wir uns unter einem Butler vorstellen, die Namen und Dekors, die Polizei-Uniformen haben ein gewisses Flair, einen Hauch von Big Ben und Fünfuhr-Tee. Aber bezeichnenderweise schlägt der Big Ben im Film nie, sondern wir nur gezeigt, und nie wird Tee getrunken. Das wäre bei Miss Marple et alii unvorstellbar.

Dafür inszeniert Harald Reinl insbesondere Alleen sehr stimmungsvoll, wenn mit dem Auto durch sie hindurch gebraust wird, pflegt im Ganzen einen etwas konservativeren Stil als Alfred Vohrer, der den Stil der Wallace-Filme deutsch-dänischer Provenienz auf die Spitze trieb und sich darin gefiel, Figuren deftig chargieren zu lassen und dabei so geschickt die Balance zwischen Humor, Trash und Spannung wahrte, dass man diese filmgeschichtlich wohl einmalige Kombination heute sehr vergnüglich findet.

Wir wollen einer Sache nachgehen, die vor allem die linke Filmkritik den Wallace-Filmen vorgeworfen hat, ohne dass wir tiefer eingestiegen sind, wie es begründet wurde: Dass sie quasi Nazi-Propaganda seien. Gut, die Rollenbilder sind traditonell bis sehr konservativ, bis auf eine Nachtclub-Sirene gibt es keine prägnanten und selbstbestimmten Frauenfiguren. Demokratisches Verhalten kommt auch nicht vor, alles basiert auf Befehlsstrukturen, bei den Verbrechern, wie auch bei der Polizei. Aber die „Frösche“ sind keine verkappte geheime Armee und viel zu rudimentär, als dass man sie ideologisch interpretieren könnte, das gilt auch für ihre Gegenspieler und besonders für die zwar etwas heldenhafte, aber nicht nazihafte Gordon-Figur. Wenn man etwa an ihm eine Herrenmenschen-Attitüde festmachen wollte, nur, weil er sehr dezidiert und Frauen gegenüber gleichermaßen beherrschend wie beschützend auftritt, dann müsste man das für andere Länder mit großer demokratischer Tradition für und deren Filmhelden gleichermaßen gelten lassen.

Typische Merkmale von Edgar Wallace-Filmen gemäß Wikipedia (kursiv) und unsere Anmerkungen zum jeweiligen Film:

  • Regie: (…) Nicht viel weniger Einfluss auf die Serie (als Alfred Vohrer mit seinem eher ekstatischen und effektvollen Stil, A. d. Verf.) hatte Harald Reinl, zu dessen fünf Edgar-Wallace-Filmen das erste Werk zur Reihe Der Frosch mit der Maske sowie die Höhepunkte Die Bande des Schreckens und Der unheimliche Mönch zählen. Typische Merkmale der Filme des einstigen Heimat- und Bergfilm-Regisseurs sind stimmungsvolle Außenaufnahmen mit langen Kamerafahrten und -schwenks. Stilmittel, die Reinl vor allem auch in den durch ihn geprägten Karl-May-Filmen angewendet hat. (…)
    • Im „Frosch“ dominieren diese Außenaufnahmen noch nicht. Potenzial ist sichtbar, am Strand, im Sand, in der Allee mit ihren beiderseit hoch aufragenden Bäumen, doch die Landschaften sind eher solche der Industrie, sind Keller und Gewölbe, ein Nachtlokal, schön dekorierte Wohnzimmer und Schlosshallen (1).
  • Darsteller: Die Besetzung mit bewährten Schauspielern in ähnlichen Rollen war typisch für die Edgar-Wallace-Verfilmungen. Zu den meist reifen und besonnenen Ermittlern zählten Joachim Fuchsberger (13 Filme), Heinz Drache (acht Filme), Siegfried Lowitz (vier Filme), Harald Leipnitz (drei Filme) oder Klausjürgen Wussow (zwei Filme). In den weiblichen Hauptrollen waren meist attraktive, junge Schauspielerinnen wie Karin Dor (fünf Filme) (…) zu sehen. (…) Komische Rollen übernahmen Eddi Arent (23 Filme), Siegfried Schürenberg (16 Filme) und Hubert von Meyerinck (vier Filme) (…).
    • Joachim Fuchsberger und Eddie Arent sind ein kongeniales Gespann und prägen die Atmosphäre im „Frosch“. Klar, dass Eddie Arent kultig ist, Fuchsberger eher austauschbar wäre, wenn er nicht als Talkmaster zu einem der Gesichter der Nation in den 1970ern und 1980ern geworden wäre. Durch die Bekanntheit dieser Schauspieler und natürlich auch durch Siegfried Lowitz („Der Alte“) erhält der „Frosch“ rückwirkend einen Vertrautheits- und Nostalgiecharakter. Zu sehen ist aber z. B. auch Fritz Rasp, der so gespenstisch wirken kann und der bereits in der frühen Tonfilmzeit unheimliche Vorstellungen abgeben konnte. Auch er könnte der Frosch sein, es wäre allerdings etwas zu offensichtlich und es erweist sich, dass der Unternehmer Maitland, den er spielt, nur der Handlanger des Verbrechers ist.
  • Titel: Die Filmtitel, die meist den Romantiteln entsprachen, sollten beim Publikum eindeutige Assoziationen mit dem Genre des Edgar-Wallace-Films hervorrufen. So verbarg sich hinter vielen Titeln ein eindeutiger Hinweis auf den Hauptverbrecher des Films (Der grüne Bogenschütze, Der Zinker, Der Mönch mit der Peitschea.).
    • Dieses Muster wurde schon in „Der Frosch mit der Maske“ angewendet, der als Starter schon viele wichtige Elemente der Serie aufwies.
  • Handlung: Die Handlungselemente der Edgar-Wallace-Filme waren ähnlich angelegt. So drehte sich das Geschehen vordergründig um einen meist fantasievoll maskierten Hauptverbrecher. Im Gegensatz zum Psychothriller war hierbei das Entlarven des bis zum Finale unbekannten Verbrechers entscheidend (Whodunit). Die Motive der Verbrecherfiguren waren meist Habgier, Rache, Erbschleicherei sowie Mädchen- und Drogenhandel.
    • Habgier ist dasjenige Motiv, das hier die Hauptrolle spielt, egal, ob es um Geld oder um die Beherrschung von Menschen geht.
  • Handlungsorte: Der (hauptsächliche, A. d. Verf.) Handlungsort war, wie in den Romanvorlagen, fast immer London und Umgebung, wobei sich die Akteure vorwiegend in alten Schlössern, Herrenhäusern oder Villen bewegten. Auch verruchte Nachtlokale, düstere Blindenheime, Irrenanstalten und finstere Kellergewölbe waren beliebte Haupt- und Nebenschauplätze der Handlung. In späteren Filmen kamen Mädchenheime und -pensionate hinzu. Die tatsächlichen Drehorte befanden sich aufgrund geringerer Produktionskosten jedoch selten in Großbritannien sondern in Deutschland. So dienten vor allem Straßen in Berlin und Hamburg. (…) Als Kulisse für London-Szenen. Für die nötige Authentizität in den Filmen sorgten oft allein Archivaufnahmen Londons, die man in die Filme einfügte.
    • Ein Schloss kommt hier nicht als hauptsächlicher Handlungsort vor, an dem sich alles konzentriert, wie im zuvor rezensierten „Der unheimliche Mönch“, dafür gibt es aber zum ersten Mal ein Nachtlokal, in diesem singt Eva Pflug „Nachts im Nebel an der Themse“ – zumindest sieht es so aus, in Wirklichkeit ist eine unbekannte Sängerin am Werk, Pflug macht nur die Lippenbewegungen. „Lolita“ finden wir für ihre Figur eines klassischen Bar-Vamps etwas zu mädchenhaft, „Lola“ wäre, trotz der Reminiszenz an die Dietrich, besser gewesen.
  • Vorspann: Die meisten Edgar-Wallace-Filme begannen mit einem spektakulär in Szene gesetzten Mord. Dann folgte der Vorspann des Films, der ab 1961 (bis auf zwei Ausnahmen) farbig gestaltet war (der Rest des Films war Schwarzweiß). Schon die Gestaltung der Namensnennung mit blutroten oder giftgrünen Buchstaben sollte einen spannenden Film ankündigen. Um der Serie einen noch höheren Wiedererkennungswert zu verleihen, wurde der Vorspann der Wallace-Filme ab 1962 mit aus dem Off erklingenden Schüssen und dem Satz „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“ eröffnet. (…)
    • Um zu belegen, was es im „Frosch“ alles noch nicht gibt, haben wir die typischen Kennzeichen der Einführung in spätere Filme auch hier benannt. „Der Frosch mit der Maske“ beginnt konventionell mit dem Titel und der Listung der Schauspieler, bevor die erste Szene gespielt wird.
  • Musik: Besonders prägnant gerieten auch die Soundtracks der Filme, vor allem die oft reißerische und eingängige Titelmusik. Die Musik von insgesamt 18 Filmen der Serie stammt von Peter Thomas, der mit seinen phantasiereichen Arrangements und modernen Aufnahmetechniken der markanteste und dominanteste Komponist der Serie war. Während die Soundtracks von Martin Böttcher (fünf Filme), Willy Mattes (zwei Filme) oder Peter Sandloff (ein Film) eher aus zeitlosem Orchestersound mit Easy-Listening-Charakter bestanden, griffen Heinz Funk (drei Filme) und Oskar Sala (ein Film) auch auf neue Techniken der elektronischen Musik und experimentelle Kompositionen zurück.
    • In der Tat wirkt der Score zwar schön krimimäßig, aber nicht so expressionistisch wie etwa der von Peter Thomas in „Der unheimliche Mönch“. Er prägt den Film noch nicht so, wie einige spätere Kompositionen die für sie geschriebenen Werke geradezu dominierten. Dadurch wirkt der „Frosch“ aber auch etwas trockener und auf seine Art herrlich knackig und rau. Die Stilisierung ist noch nicht so sehr als solche erkennbar, wie es später auch aufgrund des Einsatzes der Musik deutlich wurde.

Finale

Die Erstlinge einer langen Serie waren immer erfolgreich, sonst hätte es keine Serie gegeben. Und sie haben den Charme des Experiments. Sie sind noch nicht routiniert und mit immer mehr zunehmenden Manierismen versehen, die eine Serie letztlich prägen, aber auch ersticken können.

Trotzdem kann dieser Film nur ein „Edgar Wallace“ sein. Das würde ein Kinoblinder erkennen, der nur aufs Zuhören angewiesen wäre. Umso mehr sind uns die Bilder mittlerweile kollektives Kinogedächtnis geworden. Im Gegensatz zum zuletzt rezensierten „Der unheimliche Mönch“ kommt beim „Frosch“ hinzu, dass wir ihn schon mehrmals gesehen haben und daher die Konzentration ganz auf einzelne Momente und nette Details legen konnten, bevor wir uns an den Schreibtisch setzten.

Auch die bereits vorhandene Kenntnis des Handlungsverlaufs und des Endes mag dazu beigetragen haben, dass wir nicht mehr bis in die Haarspitzen gespannt waren, aber selbstverständlich hat es auch mit dem nostalgischen Charakter gerade der frühen Wallace-Filme zu tun, dass man sie eher im lyrischen Licht einer Zeit wahrnimmt, die man selbst nicht erlebt hat, von der die Eltern oder Großeltern aber sagten, es war eine schöne Zeit und die Historiker und Sozialwissenschaftler sagen, es war eine reaktionäre Zeit, in der vieles aus der NS-Vergangenheit fortwirkte.

Auch wenn die Wallace-Filme zeittypisch sind – was man damals nicht sehen konnte, ist, dass sie verkrustete Zuckerhäute über dem Kino jener Jahre sprengten und von einer härteren Gangart kündeten. Dass sie auch noch gekonnt mit Humor arbeiten, ist für deutsche Verhältnisse besonders bemerkenswert und geradezu innovativ.

Nach jahrelanger Relativierung zeitgenössischer, teilweise vernichtender Kritik müssen wir keine Lanze mehr für die Wallace-Filme brechen. Sie haben ihren Platz in der Nachkriegsgeschichte des deutschen Kinos als erfolgreichste Serie bis heute und wir können gut nachvollziehen, welche ungewöhnlich gelungene Mischung diesen Erfolg ausmachte. Als wir die Wallace-Krimis als Jugendliche erstmalig sahen, konnten wir das Persiflierende hinter den Darstellungen etwa eines Klaus Kinski als Generalbösewicht nicht sehen, heute genießen wir es mit der Unvoreingenommene, die sich als später Geborene einen freien Blick auf Papas oder Opas Kino leisten können.

72/100 

© 2020, 2019 (Entwurf 2014) Der Wahlberliner, Thomas Hocke

  1. Die Filme nach Bryan Edgar Wallace, dem Sohn von Edgar Wallache, die bei der CCC von Arthur Brauner entstanden, sind in dieser Zählung nicht enthalten.
  2. Wir wissen nicht, ob das Limit eingehalten wurde, aber wir vergleichen mit heutigen Kosten: Ein Tatort kommt etwa auf die gleichen Produktionskosten, ein US-Kinofilm erster Kategorie schlägt regelmäßig mit mehr als 35 Millionen Euro zu Buche. Zum Verständnis – beim Dreh des ersten Films konnte man den Erfolg nicht voraussehen und limitierte daher das Risiko strikt. Wenn man bedenkt, wie viele bekannte deutsche Schauspieler mitwirken, fragt man sich dennoch, wie von der Summe allein sämtliche Gagen bezahlt werden konnten. Doch in den 1950er Jahren gab es im deutschen Film wegen ausufernder Saläre für einige Stars eine Gagenbegrenzung auf 100.000 DM, zumindest wurde versucht, diese durchzusetzen. Joachim Fuchsberger, bekannt geworden durch die 08/15-Trilogie, war allerdings der einzige Schauspieler in diesem Film, der als Star im Sinn eines Publikumsmagneten bezeichnet werden konnte. Die heutige Wahrnehmung, dass wir viele vertraute und lieb gewordene Gesichter wie Siegfried Lowitz und Eddie Arent sehen, ist verzerrt – Arent zum Beispiel wurde erst durch die Edgar Wallace-Filme bekannt und war demgemäß 1959 kein „Name“ und bekam für seinen ersten Auftritt gewiss keine hohe Gage, auch wenn er am Ende der einzige ist, der einen echten Frosch sieht.
  3. Die Szene, in denen er mit Fuchsberger Judo übt, ist ikonisch und wurden auch international nachgeahmt und parodiert, obwohl sie ihrerseits schon parodistische Züge tragen.
  4. Mitte der 1960er Jahre wurde die Todesstrafe in Großbritannien zwar nicht sofort abgeschafft, aber ausgesetzt. Heute gibt es sie auf der Insel, wie in den meisten zivilisierten Ländern, nicht mehr, aber natürlich taugt der Hangman für guten, alten Grusel.
  5. Harald Reinl, von Beruf Jurist, kam als junger Mann mit einigen der größten deutschen Filmer der Vorkriegszeit zusammen und lernte von ihnen. Arnold Fanck, der Bergfilmer, war sein Entdecker, er arbeitete aber auch mit Leni Riefenstahl zusammen und man darf davon ausgehen, dass er auch politisch von Riefenstahl etc. geprägt wurde. 1955 verherrlichte er in „Solange du lebst“ den Einsatz der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg. Dass die zeitgenössische, in der Regel linksorientierte Kritik der seriösen Presse die Edgar Wallace-Filme sehr negativ sah, lag sicher auch daran, dass Männer mit rechter Gesinnung wie Reinl führend daran mitarbeiteten. Da Reinl schon beim ersten deutschen Wallace-Film „Der Frosch mit der Maske“ Regie führte und dieser nur vier Jahre nach „Solange du lebst“ entstand, war eine gewisse Grundhaltung der Kritik wohl von Anfang an vorgegeben. Ideologisch sind die Filme aber aus heutiger Sicht, mit einem Abstand von etwa 50 Jahren zur Entstehungszeit betrachtet, weitgehend als neutral einzuschätzen.
Regie Harald Reinl
Drehbuch Trygve Larsen,
J. Joachim Bartsch
Produktion Preben Philipsen
(Rialto Film)
Musik Willy Mattes,
Peter Thomas (uncredited)[1]
Kamera Ernst W. Kalinke
Schnitt Margot Jahn
Besetzung

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