Filmfest 328 B
The Mandalorian, auch Star Wars: The Mandalorian, ist eine US-amerikanische Space-Western-Serie des Autors und Produzenten Jon Favreau, die seit dem 12. November 2019 auf dem Streaming-Portal Disney+ in ausgewählten Ländern in mehreren Sprachen verfügbar ist, dabei auch mit deutscher Synchronisation und Untertiteln. In Deutschland ist die Serie mit dem hiesigen Start des Streaming-Dienstes Disney+ seit dem 24. März 2020 verfügbar. Die erste Episode wurde zusätzlich zwei Tage zuvor auf ProSieben ausgestrahlt. Die zweite Staffel startete in allen Ländern, in denen Disney+ abrufbar ist, am 30. Oktober 2020. (1)
Handlung (1)
Der mandalorianische Protagonist ist ein Einzelkämpfer, der fünf Jahre nach dem Untergang des Imperiums sein Geld als Kopfgeldjäger verdient. Durch das Aufspüren und In-Gewahrsam-Nehmen von Flüchtigen hat er sich in der Gilde der Kopfgeldjäger einen Namen gemacht. Von einem imperialen Auftraggeber erhält er die Aufgabe, einen Fünfzigjährigen aufzuspüren. Der Mandalorianer stellt fest, dass dieser Fünfzigjährige ein Kind und von weit größerer Bedeutung ist, als zunächst vermutet. Das Kind ist von derselben Spezies wie der frühere Jedi-Meister Yoda und trägt den Namen Grogu. Entgegen den Regeln der Kopfgeldjäger-Gilde entschließt er sich, Grogu dem Auftraggeber wieder abzunehmen und es stattdessen zu beschützen, wodurch er selbst zur Zielscheibe der übrigen Kopfgeldjäger wird. Der Mandalorianer schlägt sich in der Folge mit Auftragsjobs quer durch die Galaxis und muss dabei stets auf Grogu achten, was ihn zwingt, immer auf der Hut zu sein und niemandem zu trauen.
Betrachtung
Erstmals schreiben wir eine Empfehlungsrezension für ein TV-Feature, die Filmfest-Kategorie wäre also „C“, nicht „A“, wenn sie eben nicht „B“ wäre. So weit, so kryptisch. Wir haben, als wir mit den Nachholarbeiten am Filmfest begannen, geschrieben, wir möchten uns weiterhin aufs klassische Kino sowie auf unsere Parallelrubrik „Crimetime“ konzentrieren, aber wir möchten auch mehr den Anschluss an aktuelle Strömungen gewinnen. Da wir die Filme und Serien dieser Tage nicht alle anschauen können und uns ganz bestimmt nicht wegen „The Mandalorian“ auch noch ein Disney+-Abo gönnen werden, sondern schön warten, bis die Serie auf anderen Distributionskanälen erhältlich sein wird, muss es eben eine B-Rezension sein. Vor allem deshalb, weil die Serie mit 8,8/10 in der IMDb herausragend bewertet wird und damit wohl das TV-Event 2019/2020 war und ist.
Außerdem bewegt sie sich im Star-Wars-Universum und wird von vielen Kritiker*innen als das Beste angesehen, was von sort seit Langem kommt. Selbe jene, die an den Sequels und Prequels der Original-Kino-Trilogie (Episode IV bis VI) nicht viel Gutes finden, kommen vielleicht gerade deshalb bei „The Mandalorian“ zu einem positiven Ergebnis: Die Hauptfigur bewegt sich weit genug weg von den bisherigen Zentralcharakteren, um unverbraucht und eigenständig zu wirken. Manche wollen auch ein wohltuend konservatives, nicht nur auf Effekte ausgerichtetes Filming erkannt haben, andere schreiben, die verkaufte Weltanschauung sei genauso zweidimensional wie in den Kinofilmen. Bezüglich der Kinofilme zählen wir uns zu jenen Stimmen, die in dieser Art von Kino einen Rückschritt gegenüber den kritischen und vielschichtigen Filmen der frühen 1970er sehen – aber aufgrund des Massenerfolgs hat sich diese Rückwärtsentwicklung eben durchgesetzt. Man kann auch sagen, das Publikum wollte es so. Wir dürfen – sic! – eigenständig urteilen, aber es nützt nichts, die Realitäten nicht anerkennen zu wollen. Was diese wiederum über unseren Zeitgeist sagen? Eine Menge, selbstverständlich. Aber das im Grunde faschistoide Superheldenkino dominiert nun einmal den Massengeschmack und das spiegelt sich in der realen Welt bzw. umgekehrt.
Bei der IMDb muss man außerdem aufpassen, was sie empfiehlt oder hervorhebt. Die „Top 250“, die wir zu einem eigenen Konzept fürs Filmfest gekürt haben, sind von Nutzer*innen erstellt, die erkennbar nicht immer den besten Zugang zur Filmgeschichte haben, das haben wir aber längst innerlich korrigiert. Problematischer wird es, wenn die IMDb aufgrund von Algorithmen, die wir nicht kennen, die einflussreichsten Filme eines Jahres kürt, die nicht immer die besten sein müssen und zudem eigene Bestenlisten erstellt („die 10 besten … des Jahres …“). In solchen Momenten müssen wir uns strikt daran erinnern, dass die IMDb seit über 20 Jahren zu Amazon gehört und daher alles andere als interessenneutral ist, sondern selbstverständlich dazu tendiert, das Mainstreamkino zu promoten.
Nun etwas, das uns ziemlich bei der Einordnung von „The Mandalorian“ geholfen hat, wir haben es aus der Wikipedia abfotografiert, getreu dem Motto: Man weiß nie, wie sich Dinge verändern und vielleicht mal nicht mehr erhältlich sind. Es handelt sich um die Übersicht über das gesamte Star-Wars-Universum – oder soll man sagen: Imperium? Denn das, was anfangs als Freiheitskampf gegen ein Imperium gezeigt wurde, ist mittlerweile Kino-Imperialismus – spätestens, seit Disney als ohnehin größter Unterhaltungskonzern der Welt auch die produzierende Lucasfilm übernommen und somit ein weiteres Franchise unter ihre Kontrolle gebracht hat, nachdem sie sich mit den Pixar Studios den wichtigsten Konkurrenten im Bereich animierter Film einverleibt hatte.
Kritiken (1)
Dass die Serie viel beachtet wird, lässt sich daran erkennen, dass allein die Wikipedia unzählige Referenzen an das Kino der Vergangenheit zusammengefasst hat, die dem einen oder anderen Beobachter aufgefallen sind oder die er in das TV-Spektakel hineininterpretiert. Da eine B-Rezension auf Empfehlungen zielt, haben wir ein paar Stimmen aus den Abschnitten „Genre und Referenzen“ und „Rezeption / Kritiken“ herausgegriffen und weisen auch gleich darauf hin, dass man, wenn die Serie Erfolg haben sollte, mit einem Kinofilm droht. Welchem erfolgreichen TV-Format wäre es jemals anders ergangen?
Der TV-Kritiker Mike Hale prognostiziert in der US-amerikanische Tageszeitung The New York Times: „Am Rande des Geschehens drängt sich das Gefühl auf, dass The Mandalorian die grundlegende Mission des Star-Wars-Franchises über vier Jahrzehnte hinweg erfüllen wird: der essentiellen Kitschigkeit und Zweidimensionalität von George Lucas’ ursprünglichem Konzept treu zu bleiben. Favreau und Filoni verlangsamen es, lassen es gut aussehen, nehmen etwas von dessen Sentimentalität heraus, geben ihm etwas Raffinesse und lassen Sie beim Genießen gut fühlen. Das ist kein Kino, das ist Spitzenfernsehen.“[37]
Die TV-Kritikerin Kelly Lawler bemängelt in der Tageszeitung USA Today, die Serie stelle „aufregende Ästhetik über Erzählung. Die ersten acht Episoden fühlten sich eher wie eine Ansammlung von coolen Bildern an, als eine zusammenhängende Geschichte.“[54]
Der Journalist André Pitz schreibt im Musikexpress, die Serie recycelt „altbekannte Blaupausen. Die erste Episode der neuen Staffel liefert zwar ab, zementiert jedoch auch einen sehr konservativen Umgang mit dem Star Wars-Franchise“, schafft aber dennoch „mühelos, die altbekannte und von Die-hard-Fans so hochgehaltene Atmosphäre zu erzeugen. Man fühlt sich direkt zu Hause, muss praktisch keine neuen Kompromisse eingehen und kann sich im scheinbar niemals im Wandel befindenden, abgewetzten Universum ergehen.“[55]
Selbstverständlich gibt es auch ganz und gar positive Kritiken, stellvertretend nennen wir die Auszeichnungen der Serie, die bisher zusammenkamen:
Bei der Primetime-Emmy-Verleihung 2020 wurde die Serie in sieben Kategorien ausgezeichnet, zuvor hatte sie 15 Nominierungen erhalten. Gewonnen haben u. a. Greig Fraser und Barry Baz Idoine für ihre Kameraarbeit und Komponist Ludwig Göransson.[56] Die Motion Picture Sound Editors zeichneten die Serie mit einem Golden Reel Award für Outstanding Achievement in Sound Editing – Sound Effects and Foley for Episodic Short Form Broadcast Media aus. Bei den Verleihungen des OFTA Television Award der Online Film & Television Association erhielt die Serie fünf Preise.[57]
Für Andreas Borcholte vom Wochenmagazin Der Spiegel ist der Protagonist „der klassische Fremde ohne Namen, den Clint Eastwood einst als Spaghetti-Western-Ikone etablierte.
Eine Referenz an Sergio Leone ist nie verkehrt, aber nach allem, was ich an Stimmen gelesen habe, dürfte sie eher die Optik und die Figuren betreffen als Leones Idee, die Westernidole seiner Kindheit zu entmythologisieren und durch Übersteigerung bis zu einem gewissen Grad zu persiflieren. Amerikanisches Mainstreamkino heutiger Machart kann zwar Klamauk und Technik, aber eine profunde Selbstironie dem eigenen Business gegenüber sieht man eher selten. Wie schön „The Mandalorian“ als Grundlage für Projektionen aller Art geeignet ist, sieht man daran, woran sich Kritiker und Kulturjournalisten erinnert fühlen, wenn sie sich die Serie angeschaut haben.
Finale
Obwohl wir beim Wahlberliner keine Spezialisten für TV-Serien von Streamingdiensten sind und es wohl nie werden, fühlen wir manchmal allein von dem Angebot, das uns über verschiedene Medien täglich zugetragen wird, ziemlich ermüdet. Wenn man will, kann man fat alles, was aktuell in den „Genres“ gezeigt wird, auf ganz wenige Grundmuster zurückführen, die wenig jünger sind als das Kino selbst. Natürlich kann man damit immer neue Generationen von Zuschauer*innen begeistern, die diesen historischen Blick nicht haben, der zu der Aussage führt: „Alles schon mal dagewesen, nur weniger pompös und oft viel schlauer gemacht, als es bei all dem heutigen visuellen Bombast möglich ist“. Wenn es sich ergibt, dass die Serie frei verfügbar oder per Einzelabruf erhältlich ist, also, ohne, dass man sich dafür langfristige Abos zulegen muss, werden wir uns gerne damit befassen. Bis daher überlassen wir das Feld denen, die nie genug Streaming-Fernsehen kriegen können.
Keine eigene Bewertung
© 2020 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
(1) Wikipedia
Produktionsland | Vereinigte Staaten |
Originalsprache | Englisch |
Jahr(e) | seit 2019 |
Produktions- unternehmen |
Lucasfilm, Fairview Entertainment |
Länge | 31–54 Minuten |
Episoden | 16 in 2+ Staffeln (Liste) |
Genre | Space Western, Drama |
Idee | Jon Favreau, Dave Filoni (Co)[1] |
Musik | Ludwig Göransson |
Kamera | Barry Idoine, Greig Fraser |
Erstveröffentlichung | 12. November 2019 auf Disney+ |
Deutschsprachige Erstveröffentlichung |
12. November 2019 auf Disney+ |