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Heute wollen wir uns etwas ausführlicher mit dem Online-Shopping befassen. Verwunderlich ist es nicht, dass die Corona-Krise einen ohnehin bestehenden Trend verstärkt hat: Den zum Online-Shopping. Es ist eben bequem und die Möglichkeit, Produkte, die online gekauft wurden, ohne Begründung innerhalb von 14 Tagen zurückzugeben, hat zu einem eigenständigen Boom bei den Lieferdiensten geführt. Aus dem einstigen Zalando-Claim „Schrei vor Glück oder gib’s zurück“ ist „Schrei vor Glück und gib’s zurück“ geworden. Zumindest ist das sehr häufig so. Zunächst eine Infografik von Statista zum Online-Konsum:
Bei diesem Gegenstand hat wohl jede*r eine Assoziation, die ihn zum nachzudenken anregt, auch während Corona, sogar wegen Corona.
Die zunehmenden Müllberge im Papiercontainer, der manchmal zwei Tage nach Leerung schon wieder randvoll ist, stimmen den einen oder anderen Menschen bedenklich, ändern aber nichts am Grundsatz: Online-Konsum ist unausweichlich ein Bestandteil unserer Lebensführung geworden. Die Innenstädte leiden, aber die Corona-Krise ist ein nachvollziehbarer Grund für die Abstinenz vom Präsenzhandel. Manchmal geht es gar nicht mehr vor Ort. Der neueste Gag innerhalb des zunehmend irrsinnig wirkenden Corona-Managements ist „Einkaufen auf Termin“.
Ich kenne Menschen, die sich das tatsächlich antun, ich habe mich dazu bisher nicht entschließen können. Sondern den Erwerb von Gegenständen verschoben oder eben online gekauft. Zurückhaltend bin ich nach wie vor beim Kauf von Kleidungsstücken auf diesem Weg, die ich bisher immer vor dem Kauf anprobiert habe oder es tun musste, etwa bei Schuhen, weil ich eben nicht gerne eine Auswahl bestelle und das meiste zurükgehen lasse. Trotzdem, auf mich trifft auf jeden Fall zu, was für 50 Prozent der Menschen hierzulande zu gelten scheint: Ich habe 2020 mehr online gekauft als je zuvor (zweimal mit Abholung vor Ort) und nicht nur ein bisschen mehr. Dass ich dabei versuche, Amazon zu vermeiden, wo immer es geht, tröstet mich nur bedingt, denn ebenfalls zweimal war die gewünschte Produktkombination nur bei diesem Giga-Kaufhaus der Welt zu haben.
Und wie liegt Deutschland im Wettrennen um die höchsten Shopping-Quoten weltweit? Wir haben ein wenig weiterrecherchiert und befassen uns mit weiteren Aspekten des Online-Shoppings.
Endlich mal etwas, wo dieses Land noch einigermaßen vorne dabei ist: E-COMMERCE Volkssport Online-Shopping.
Rund 84 Prozent der Briten haben innerhalb der letzten zwölf Monate online ein Produkt erworben. Das ist das Ergebnis einer Schätzung des Statista Digital Market Outlook 2020. Kein anderes untersuchtes Land kann eine derartig hohe E-Commerce-Penetrationsrate vorweisen. Die USA kommen auf etwa 77 Prozent, in Deutschland haben schätzungsweise knapp drei Viertel der Einwohner im vergangenen Jahr online eingekauft. Vergleichsweise geringe sind die Penetrationsraten zum Beispiel in der Türkei und Russland – hier haben nur 43 bis 44 Prozent über das Internet Waren bestellt,
heißt es im Begleittext dazu. Von Amazons Rekordumsätzen ist die Rede und davon, dass vielen Händlern in der Corona-Not nichts anderes übrig blieb, als ihre Online-Aktivitäten zu verstärken. Vielleicht liegt darin auch eine Chance, dass Unternehmen, die bisher ganz auf Präsenz ausgerichtet waren, lernen, wie man gutes Online-Marketing macht und dadurch krisenfester werden – ohne ihre Shops vor Ort aufzugeben, die durch diese Kombination wieder eine besondere Aufwertung erfahren könnten. Schlecht ist diese Tendenz für Massenhersteller, Kettenläden, Malls. Wo kein herausragendes Shopping-Erlebnis mit persönlichem Service und schlauen oder seltenen Produkten zu erwarten ist, werden Verbraucher auch nach Corona zumindest teilweise beim Online-Einkauf bleiben. Besonders bei Gebrauchsgütern der Elektrobranche etc. wird sich das Rad wohl nicht zurückdrehen lassen. Der Online-Kauf ist übrigens nicht per se ökologisch bedenklicher als zum Beispiel nur des Konsums wegen mit dem Auto in die Innenstädte zu fahren, dort in der Tiefgarage der Kaufhäuser zu parken und mit unzähligen Taschen beladen zurückzukehren.
Wie hat sich der Umsatz beim Online-Shopping während der Corona-Krise entwickelt?
Aufwärts natürlich, was sonst? Besonders auffällig war die prozentuale Steigerung im Bereich des täglichen Bedarfs, sprich, mehr Menschen haben sich Essen kommen lassen, obwohl es gerade die Lebensmittelgeschäfte waren, die zu keinem Zeitpunkt komplett geschlossen wurden. Aber das Einkaufen war zeitweilig mühsam und selbstverständlich haben Konsumenten auch an die Ansteckungsgefahr gedacht und den Covidioten, die hinter jeder Ecke lauern und manchmal geradezu provokativ keine Maske getragen haben.
Ich erinnere mich gut, dass das im Frühjahr 2020 ein recht weit verbreitetes Phänomen war, obwohl nicht erlaubt – mittlerweile hat es aber offensichtlich fast jede*r wenigstens bis zu einer jener locker sitzenden und das Atmen kaum beeinträchtigenden OP-Maske gebracht. Den ganzen Tag mit einer sehr dichten FFP2 unterwegs zu sein, ist eine andere Nummer, das verstehe ich schon, weil ich es mittlerweile selbst ausprobiert habe. Da macht das Einkaufen irgendwann keinen Spaß mehr. Gerade deswegen lege ich es auf so wenige Touren wie möglich zusammen, verschiebe nicht dringend Notwendiges oder shoppe eben online. Zu den nebenstehend abgebildeten Zahlen des Online-Shoppings in Deutschland bis Ende des 3. Quartals 2020 gibt es von Statista diesen Begleittext:
Mit dem Prime Day steht einer der wichtigsten Online-Shopping-Tage des Jahres vor der Tür – jedenfalls ist er das für Amazon. Aber auch der Branche als Ganzes geht es im Pandemie-Jahr 2020 gut. „Das überdurchschnittliche Wachstum des E-Commerce hat in Deutschland auch im dritten Quartal angehalten“, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh). Demnach trübt lediglich ein Corona-bedingter Einbruch, vor allem im Bekleidungssektor, im 1. Quartal die Bilanz. Besonders stark gewachsen ist die Nachfrage nach Gütern des täglichen Bedarfs. Aber auch in den Clustern Einrichtung und Freizeit ist der Umsatz zweistellig gewachsen.
Ich hätte eher noch höhere Wachstumsraten vermutet, als sie in der obenstehenden und der nebenstehenden Grafik ausgewiesen sind, aber mittlerweile liegen natürlich auch die Zahlen des gesamten Jahres 2020 vor:
Der Einzelhandel ist nicht etwa zurückgegangen, weil die Menschen in Hoffnung auf Besserung der Corona-Lage Dinge verschoben haben, sondern sogar um fast 4 Prozent gewachsen, insgesamt, online und offline zusammengerechnet. Das ist eine Ansage, angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten, die Corona verursacht hat. Ein Schelm, wer dabei denkt, genau so war es gedacht, die Menschen plündern ihre Sparschweine, das Medianvermögen wird wohl weiter absinken, wie es das schon seit Jahren tut. Aber solange er shoppt, fühlt der moderne Mensch sich lebendig („consumo ergo sum“).
Allerdings besteht diese Tendenz schon länger. Während der Einzelhandel in den 2000er Jahren über Stagnation nicht genug klagen konnte und es sie z. B. während der Finanzkrise 2009 tatsächlich gab, wobei mehr gefühlte als reale Engpässe eine Rolle spielten, ist auch dieses Mal nicht die Realität, sondern das Gefühl ausschlaggebend: Besonders auf Raten dürfte aufgrund der Niedrigzinspolitik mehr gekauft werden als zuvor. Es ist auffällig, dass nach der „Whatever it takes“-Entscheidung der EZB (2012) mit der nachfolgend noch stärker intensivierten Kapitalschwemme auch der Konsum so stark, wenn nicht stärker ansteigt als die Reallöhne.
Das Jahr 2015 zeigt allerdings aller Wahrscheinlichkeit nach einen Peak, weil viele Menschen, die nach Deutschland kamen, eine Erstausstattung benötigten; ein Trend, der auch 2016 und 2017 eine Rolle gespielt haben dürfte. Diese Auffälligkeit ist wiederum dazu geeignet, jenen recht zu geben, die behaupten, es sei im „Herbst der Geflüchteten“ auf eine sehr utilitaristische Weise vor allem um die Zuführung noch nicht gesättigter Konsument*innen gegangen. Auch der Rückgang des Zuwachses im Jahr 2018 lässt sich so erklären – 2020 hingegen habe ich selbst mitbekommen, wie z. B. ziemlich plötzlich viele Menschen neue Einrichtungsgegenstände erworben haben, die ohne Corona mehr Geld in Aktivitäten außer Haus gesteckt hätten. Interessant ist, dass schon 2019 ein recht starker Auftrieb im Einzelhandel feststellbar war, als Corona noch keine Rolle spielte und obwohl das Jahr 2019 gesamtwirtschaftlich eher mäßig verlief.
Wir werden in das Thema hinter dem Thema mit einer Fortsetzung dieses Beitrags tiefer einsteigen, denn es geht um Nachhaltigkeit und den ökologischen Fußabdruck, den wir, soviel kann ich hier schon verraten, auf unverantwortliche Weise zu groß haben werden lassen, seit Massenkonsum den westlichen Lebensstil dominiert.
TH