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Crimetime Vorschau DAS ERSTE 11.04.2021, 20:15 Uhr – Titelfoto SWR, Benoît Linder

Das verflixte siebte Mal liegt doch hinter uns!

„‚Der böse König‘ lautet der Titel des nunmehr achten Einsatzes des Ermittlerduos Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) ohne den 2018 nach Sizilien ausgewanderten Kommissar Kopper. Und seit ihrem letzten Fall „Hetzjagd“ (Tatort-Folge 1156) sind gerade einmal acht Wochen vergangen. Das Team vom Tatort Ludwigshafen powert, und die vom SWR engagierte Filmcrew dreht trotz coronabedingten Einschränkungen fleißig weiter.“

So leitet die Redaktion von Tatort-Fans ihre Beschreibung zum 74. Lena-Odenthal-Tatort ein. Beim nächste Film des fleißigen Teams werden wir also die seltene Ehre haben, Lena Odenthal zum 75. Einsatz zu gratulieren. Das gab es bisher nur zwei Mal: Bei den noch aktiven Kölnern Ballauf und Schenk und den ebenfalls noch im Dienst stehenden Münchenern Batic und Leitmayr. Kann Odenthal diese Teams noch einholen? Wenn es sich ergeben sollte, dass Köln aufgegeben wird und München wechselt, vielleicht. Ich traue Ulrike Folkerts durchaus zu, dass sie auch den Ehrgeiz hat, nicht nur die dienstälteste Kommissarin von allen zu sein, den Rekord kann ihr vorerst niemand nehmen (sie startete 1989, die Münchener 1991, die Kölner erst 1997), aber kann sie das bei der bisher höheren Sendefrequenz vor allem in Köln schaffen? Corona wirbelt alles durcheinander, aber auch aus München und Köln kamen zuletzt gefühlt viele Tatorte. Unser Titelbild haben wir dennoch ausnahmsweise situationsangemessen gewählt und keine Szene aus dem Film abgebildet, sondern ein „Still“, welches Teile des Teams während einer Drehpause zeigt.

2021-04-09 Liste aller Odenthal-Tatorte nach BewertungAußerdem gibt es bei Lena Odenthal ein kaum zu übersehendes Problem. Deswegen haben wir aus dem Tatort-Fundus die aktuelle „interne Rangliste“ abgebildet, also, wie die Community dort die Odenthal-Filme bewertet. Es fällt auf, dass alle Tatorte des Teams ab der Nr. 1000 (laufende Nummer aller Tatorte) sich in der unteren Hälfte des Panels befinden, also eine Abwärtstendenz besteht, die sich schon seit Jahren abzeichnet. Am höchsten steht dabei noch der Abschiedstatort für Mario Kopper (Nr. 1042), der dezidiert Odenthals bisherigem Ermittlungspartner gewidmet wurde. Sein Abgang hat es jedenfalls nicht besser gemacht.

Wie lange will der SWR eigentlich noch zuschauen, dass Odenthal dadurch auch in der Beliebtheit der Ermittler*innen immer weiter nach unten durchgereicht wird?

Das ist einer so verdienten und in den ersten Jahren progressiven Kommissarinnenfigur unwürdig. Entweder man schafft es, auch für Johanna Stern (Lisa Bitter), die später mit neuen Partner*innen weitermachen könnte, die Drehbücher wieder auf ähnliches Niveau zu bringen wie beim SWR-Team Stuttgart (Lannert, Bootz), das auf der Beliebtheitsskala der Fans weit oben angesiedelt ist, oder man lässt es dann doch irgendwann, zumal, wenn Odenthal und Stern weiterhin so künstlich konfrontativ gezeigt werden. Die verflixte siebte Zusammenarbeit liegt hinter euch, werdet endlich erwachsen. Gerade in diesen Zeiten kommt es super schlecht an, wenn eklektisch gemobbt anstatt konzentriert ermittelt wird.

Der Tatort ist auch eine Gemeinschaftsaufgabe der ARD und hinter der Gesamtqualität haben die Ambitionen einzelner Sender-Verantwortlicher und Darsteller*innen zurückzustehen. Aber schauen wir erst einmal, was die Kritik zum aktuellen Film „Der böse König“ schreibt. Wir bleiben noch kurz bei den beiden Redakteur*innen von Tatort-Fans: Eine Stimme tendiert eher negativ (Unstimmigkeit des Drehbuchs), die andere gemäßigt positiv (Charakterzeichnung der wichtigsten Episodenfigur), 2 bzw. 3 von 5 Sternen.

Spannend ist es immer, wenn der SWR 3-Tatortcheck Produktionen aus dem eigenen Haus zu bewerten hat. Das beginnt dieses Mal so: „Der smarte Verdächtige im Tatort Ludwigshafen. Es sieht nach Raubmord aus. Der eine Verdächtige ist Anton Maler, der andere heißt Jannik Berg. Anton Maler mag es, Antoine genannt zu werden. Er war am Tatabend im Kiosk, um Bier zu kaufen. Anton ist ein smarter, charmanter Typ, der seine kranke Ex-Freundin pflegt. Aber irgendwie ist er auch komisch: er ist so extrem zuvorkommend. Zum Beispiel schlägt er zur ersten Befragung im Kommissariat in Ludwigshafen mit Blumen auf, weil er sich verspätet.“

Für Menschen wie dich und mich, die nicht einmal Blumen mitbringen, wenn sie sich bei einem Date verspäten, weil sie berücksichtigen, dass sie sich durch den Abstecher in den Blumenladen noch mehr verspäten würden, klingt das wie aus einer anderen Welt und damit in der Tat spannend. Das Fazit von Stefan Hoyer vom SWR 3 lautet: „Lena-Odenthal-Fans kommen im Krimi auf ihre Kosten. Das ist ein Tatort, wie aus dem Krimi-Grundkurs: Es gibt offene Fragen, Lügen, Misstrauen, Verdächtige und wie in vielen „normalen“ Krimis taucht plötzlich eine Telefonliste auf, die abgearbeitet wird – genau das trifft es: Dieser Tatort wird abgearbeitet. (…) Nicht missverstehen, das ist ein solider Krimi, aber eher oldschool, ohne das „Besondere“. Deswegen vergebe ich solide 3 von 5 Elchen.“

Die Experimentaltatorte aus Ludwigshafen werden vom Publikum nicht gerade gehypt und die Rückkehr zum Soliden steht im Verdacht, zu bieder zu sein. Nicht einfach, die Kehrtwende, wenn man erst einmal einen negativen Lauf hat, und die Zahl der Fans sinkt mit der Zeit, wenn diese Kehrtwende nicht statfindet. Aber sehen wir weiter.

Christian Buß meint im Spiegel: Mal kommt er mit Blumen, mal mit Baseballschläger. So viel Selbstverliebtheit gehört hinter Gitter: Stern und Odenthal müssen einen Narzissten überführen. Ein »Tatort«, der es dem Publikum viel zu leicht macht.

Es ist auch zum Verzweifeln. Da heuert der SWR schon denselben Drehbuchautor an, der den herausragenden Stuttgart-Krimi „Der Mann, der lügt“ geschrieben hat, aber Buß findet, dieses Mal funktioniert das Prinzip nicht, einen einzelnen manipulativen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, außerdem betätigt sich Lena Odenthal offenbar als Hobbypsychiaterin und stellt Diagnosen. Ich bin prinzipiell dagegen, dass Polizisten es sich anmaßen, Persönlichkeitsstörungen bei ihren Mitmenschen zu diagnostizieren. Aber vermutlich ist wieder alles ziemlich platt, im 1163. Tatort, und es ist des Nachdenkens wert, dass das Plumpe, der Mangel an Raffinesse, bei den Odenthal-Filmen so häufig zu beobachten ist. Man wird aber kaum zu einem Ergebnis kommen, es sei denn, man konstatiert, für Ulrike Folkerts muss man so schreiben, sonst wirkt sie nicht authentisch. Ich bin mit Generaldiagnosen etwas vorsichtiger als ihre Rollenfigur, deshalb tue ich das hier nicht. Christian Buß kommt am Ende auf recht bescheidene, aber nicht desaströse 5/10. Zuletzt lag er aber mehrmals deutlich höher.

Vielleicht mal zwischendurch etwas Positives: TV Spielfilm schreibt: „Fiese Psychospielchen mit schillernder Täterfigur“ und hält den Daumen hoch. Geht doch. Oder?

Wir schließen nie ohne Tittelbach-TV mit seinen sehr ausführlichen und instruktiven Betrachtungen der Tatorte: Volker Bergmeister fasst dort zusammen: „(…) Autor und Regisseur Martin Eigler bittet im ‚Tatort – Der böse König‘ Odenthal und Stern zum Psycho-Duell mit einer narzisstischen Persönlichkeit. Für Kommissarin Stern kommt es knüppeldick, der Mann baggert sie auch noch an und taucht bei ihr zu Hause auf. Der ‚Tatort‘-erfahrene Eigler hat eine etwas zu verkopfte Story kreiert, die wenig stimmig, eher sprunghaft wirkt. Christopher Schärf als Antoine spielt überzeugend, doch das Wechselspiel zwischen Ermittlerinnen und Verdächtigem funktioniert nicht sonderlich gut. Die konventionell agierenden Kommissarinnen sind keine Figuren auf Augenhöhe mit dem ‚bösen König‘.“ Heraus kommt eine Bewertung von 3,5/6 und das ist für dieses Fernseh-Online-Magazin wenig. Der Durchschnitt liegt bei Tatorten etwa bei 4,5/6.

Diese Kritik liest sich ebenfalls, als seien Odenthal, aber auch Stern, nicht in der Lage, mit der Zeit zu gehen, an der Innovation der Reihe Tatort mitzuwirken und daher auf konventionelle Muster angewiesen. Wir werden am morgigen Abend mehr wissen.

TH

Handlung

Ein Ludwigshafener Kioskbetreiber wird brutal erschlagen. Es sieht nach Raubmord aus – wären da nicht Münzen in der Luftröhre des Toten. Ein Signal für Lena Odenthal und Johanna Stern, dass es ein privates Motiv für die Tat geben könnte. Auf zwei Kunden des Kiosks konzentrieren sich ihre Ermittlungen.

Anton Maler wirkt charmant, kümmert sich rührend um seine kranke Exfreundin und gibt sich den Kommissarinnen gegenüber so übertrieben entgegenkommend, dass er schon wieder verdächtig wirkt. Jannik Berg dagegen wurde nicht nur mit der möglichen Tatwaffe gesehen, er versucht den Kommissarinnen auszuweichen und sät Misstrauen gegen Anton Maler. Zeugen und Verdächtige, die lügen und beschönigen, sind für Lena Odenthal und Johanna Stern nichts Neues. Diesmal aber haben sie den Eindruck, dass sie über das gewohnte Maß hinaus manipuliert werden sollen. 

Besetzung und Stab

Hauptkommissarin Lena Odenthal – Ulrike Folkerts
Ermittlerin Johanna Stern – Lisa Bitter
Kriminaltechniker Peter Becker – Peter Espeloer
Sekretärin Edith Keller – Annalena Schmidt
Rechtsmediziner Dr. Hakan Özcan – Kailas Mahadevan
Sandro Esposito, Besitzer des „Lu17“ – Christoph Gaugler
Murat Korkmaz, Ex-Betreiber des Kiosk – Özgür Karadeniz
Zeugin Greta Mankowicz – Bettina Kaminski
Zeuge Peter Neubauer – Bernhard Conrad
Zeuge Anton Maler – Christopher Schärf
seine Freundin Caro Meinert – Lana Cooper
Drogendealer Jannik Berg – Pit Bukowski
Ludger Radi – Daniel Wagner
Wirt – Oliver Jaksch
u.a.

Drehbuch – Martin Eigler
Regie – Martin Eigler
Kamera – Andreas Schäfauer
Szenenbild – Söhnke Noé
Schnitt – Claudia Lauter
Ton – Tom Doepgen
Musik – Jens Grötzschel

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