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Liebe Leser:innen,

wir haben wieder eine brandaktuelle Umfrage für Sie zum Mitmachen. Civey fragt heute:

Bundesweites Aufnahmeprogramm für Geflüchtete aus Afghanistan verabschieden?

Mehr als 50 Prozent derer, die bereits abgestimmt haben, sagen „eindeutig ja“ oder „eher ja“ (40/12 Prozent). Das freut uns und wir bitten Sie, diese Mehrheit eindeutiger werden zu lassen. Wir haben mit „eindeutig ja“ gestimmt und sind damit dem gefolgt, wofür wir bereits eine Petition unterschrieben haben. Das Afghanistan-Desaster verpflichtet die Bundesregierung und alle, die diesen Einsatz durch die Wahl der den Einsatz befürwortenden Parteien immer mindestens toleriert haben, nun auch zu helfen. Vielleicht auch jene, die nicht für diesen Einsatz waren. Jetzt sind natürlich alle klüger, aber seien Sie ehrlich. Hat diese Verteidigung der Freiheit am Hindukusch auf Sie je stimmig, planvoll, strategisch zukunftsorientiert gewirkt? Auf uns nicht, und das ist kein hinterher schlau sein wollen.

Nichts von dem, was jetzt passiert, ist überraschend, dafür umso frustrierender und blamabler. Die Kriege der Welt, an denen der Westen sich beteiligt, treiben Geflüchtete zu uns, das ist unweigerlich so. Außerdem werden wir uns künftig auf mehr Klima- und andere Wirtschaftsflüchtlinge einzustellen haben. Auch für diese Bewegungen trägt der Westen eine Mitverantwortung, wenn nicht die überwiegende Verantwortung. Was hingegen zu billig ist: Den Türkei-Deal zu wiederholen, der wegen des Syrien-Krieges geschlossen wurde. Nur dieses Mal für die andere Grenze, die im Osten. Wir hatten uns 2016 gegen den ersten Türkei-Handel ausgesprochen. Mit einem zweiten würde man dem Dreiviertel-Diktator Erdogan weitere Gelder zukommen zu lassen, die vor allem in dunklen Kanälen verschwinden, nur dafür, dass er Geflüchtete von uns fernhält, würde auf diese Weise falsche Abhängigkeiten verstärken und das Erpressungspotential von Autorkraten erhöhen. 

Civey schreibt als Begleittext:

Die Innenminister der Bundesländer fordern Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, ein gemeinsames Aufnahmeprogramm für Geflüchtete aus Afghanistan vorzulegen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Thomas Strobl (CDU) sagte der Dpa, der Bund wäre in der Pflicht und in der Lage schnell Schutzbedürftige aufzunehmen, die von den Taliban bedroht sind.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht sich dagegen für eine finanzielle Unterstützung für die UN-Flüchtlingshilfe aus. Damit sollen Geflüchtete aus Afghanistan in Camps in den Nachbarländern untergebracht werden, auch um „Fehler von 2015 nicht zu wiederholen”, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. 2015 und 2016 waren mehr als eine Million Asylsuchende nach Deutschland gekommen, viele aus dem Bürgerkriegsland Syrien.

Nachdem die radikalislamischen Taliban am Sonntag Kabul eingenommen haben, versuchen Tausende das Land zu verlassen. Seehofer rechnete am Montag der Dpa zufolge damit, dass 300.000 bis fünf Millionen Afghanen die Flucht ergreifen. Westliche Staaten versuchen derzeit ihre Landsleute, aber auch afghanische Schutzbedürftige zu evakuieren. Unionskanzlerkandidat Armin Laschet versprach bei einem Wahlkampfauftritt in Oldenburg „als Bundeskanzler“ sämtliche afghanische Ortskräfte aufzunehmen.

Wenn man bloß wüsste, ob es 300.000 oder 5 Millionen sind und ob sie alle zu uns kommen wollen Dann könnte man viel mehr Populismus aus der furchtbaren Lage der Menschen in Afghanistan kreieren. Auch kurios: Ein bekannter Politiker der Linken will den Taliban Angebote machen, offenbar nach dem Motto: Verhaltet ihr euch nett, dann kriegt ihr von uns Wiederaufbauhilfe. Ich kann mir hingegen nicht helfen, einige Genossen werden langsam senil. Russland und China stehen längst bereit, den Westen als „Aufbauhelfer“ zu ersetzen und den dortigen Machthabern ist es glatt egal, wie sich die Taliban in Afghanistan in Sachen Menschenrechte verhalten.

Es wird dann für die Taliban nur eine Bedingung geben: Kein Export des radikalen Islamismus in unsere Einflusssphäre, also nach Norden oder Osten. Die Taliban werden fleißig nicken und versuchen, genau das heimlich zu tun. Oder auch (vorerst) nicht, denn insbesondere mit Xi Jinping ist nicht zu spaßen. Dass der Nahe Osten und Mittlere Osten weiter durch die Ausbreitung der Taliban und ihrer Verbündeten destabilisiert werden, das steckt natürlich im Kalkül. Wir erinnern noch einmal daran, dass der Westen mitgeholfen hat, die Taliban aufzurüsten und zu schulen, bevor der Schwenk kam, der zum Afghanistan-Einsatz führte. Das kommt davon, wenn man machiavellistisch denkt, aber nicht in der Lage ist, ebenjene Lage unter Kontrolle zu behalten.

Unter all dem dürfen aber nicht Unschuldige leiden und deshalb muss es ein großzügig angelegtes Aufnahmeprogramm durch die Bundesregierung geben, aber es wird auch langsam Zeit, dass andere Staaten in der EU sich mehr einbringen, denn die Afghanistan-Politik war, anders als die Vorgehensweise in Syrien, weitgehend im gesamten Westen abgestimmt und generiert daher eine gemeinsame Verantwortung für ihr Scheitern.

TH

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