Folgekosten von Atomstrom am höchsten | Wirtschaft, Umwelt, Klima | Energieträger zur Stromerzeugung und ihre gesamten Folgekosten

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Liebe Leser:innen, Sie hätten wohl vermutet, was die Grafik am oberen Ende zeigt, oder? Das muss man berücksichtigen, wenn man Atomkraftwerke länger laufen lassen will als geplant. Zunächst kam diese Diskussion wegen des Klimawandels und des hohen deutschen CO²-Ausstoßes auf, jetzt ist der Ukrainekrieg und ist die Energiesicherheit hinzugekommen:

Diese Statista-Grafik ist unter einer Lizenz  CC-BY-ND erstellt worden und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Und hier der Begleittext dazu, unser Kommentar folgt, wie immer unterhalb:

von Matthias Janson,12.04.2022

Die steigenden Energiekosten lassen in Deutschland die Rufe nach einer Laufzeitverlängerung der verbliebenen Atomkraftwerke laut werden. Wie die Statista-Grafik auf Basis einer Untersuchung des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (PDF-Download) zeigt, sind die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten bei Atomstrom so hoch wie bei keiner anderen Stromerzeugungsart. Bei diesen Gesamtkosten sind neben dem Marktpreis und staatlichen Förderungen auch Folgekosten wie Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschäden mit eingepreist. Neben der Atomenergie sind auch die Stromerzeugungsarten aus Stein- und Braunkohle mit deutlich mehr gesamtgesellschaftlichen Kosten verbunden als die Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie. Bei der Nutzung von Windenergie etwa fällt nur ein Drittel der gesamtgesellschaftlichen Kosten an, die die Braunkohle verursacht.

Nachdem vergangenes Jahr drei Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet wurden, sind derzeit noch drei Kraftwerke in Betrieb. Gemäß Atomgesetz werden die drei jüngsten Reaktoren spätestens Ende 2022 abgeschaltet. Allerdings wird bereits seit Januar dieses Jahres eine Debatte dadurch geführt, wie nachhaltig Strom aus Atom- und Gaskraftwerken ist. Hintergrund: Die EU-Kommission hatte am Neujahrstag einen Entwurf für Nachhaltigkeitskriterien bei Investitionen vorgelegt. Demnach sollen Investitionen in neue Atomkraftwerke dann als grün klassifiziert werden können, wenn die Anlagen neusten technischen Standards entsprechen und wenn ein konkreter Plan für den Betrieb einer Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle ab spätestens 2050 vorgelegt wird.

Trotz möglicher Energieversorgungsengpässe wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben sich Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke bereits vor einem Monat gegen eine Laufzeitverlängerung der verbliebenen drei Atomkraftwerke ausgesprochen. Diese würden frühestens ab Herbst 2023 nach Befüllung mit neu hergestellten Brennstäben Strom produzieren können. Ein Weiterbetrieb wäre zudem mit einer umfangreichen Sicherheitsprüfung und mit der Schulung von Personal für jedes der drei Atomkraftwerke verbunden.

Dass also Atomstrom teuer ist und gewisse Politiker in gewissen anderen Ländern, die sich so gerne über die teure deutsche Energie lustig machen, ihre Atomkraftwerke massiv subventionieren, damit der Strom für die Verbraucher billig bleibt, ist gar keine Randnotiz, denn es entscheidet mit über die Energiepolitik der EU, wie aus dem obigen Text von Statista hervorgeht. Aber man könnte natürlich auch bei uns mehr investieren und mehr subventionieren, dann aber für die Erneuerbaren. Einen sehr großen Unterschied zwischen den Kosten von Steinkohle und von Sonnenenergie konnten wir nicht entdecken, und das hat uns doch etwas verwundert. Vor allem, dass Kohle offenbar kaum mehr Gesamtkosten verursachen soll, obwohl der CO²-Ausstoß so hoch ist.

Der Wind hingegen! Vor allem die günstige Onshore-Förderung, also dort, wo alle Nimbys sich zusammenfinden und auf keinen Fall ein Windrad in Sichtweite haben wollen. Wir haben gut Reden, in unserem Hof in der Stadt wird sicher keines aufgestellt werden. Die Entwicklung der Technik für neue Energieträger wird weitergehen, davon sind wir überzeugt. DAs letzte Wort in Sachen Effizienz und vor allem bezüglich der Speichertechnik ist auch bei den „klassischen“ Renewables, Sonne und Wind, noch lange nicht gesprochen. Außerdem müssen wir auf die Klassifizierung „oberer Schätzwert“ hinweisen. Wenn wir die Grafik richtig interpretieren, gelten die zwei Sterne nur für die Atomkraft. Das würde möglicherweise bedeuten, dass nicht unbedingt fair verglichen wird, außerdem ist so vieles leider eine Frage der Darstellung ebenso wie der Modellierung. Nur eines ist sicher: Der CO²-Ausstoß muss reduziert werden. Nicht „egal, wie“, also nicht mit ungelösten Lagerungsfragen in Bezug auf die Kernbrennstäbe und den sonstigen Risiken der Kernkraft, aber die Frage bleibt für uns offen, ob es Sinn ergibt, hierzulande diese Gefahren im wörtlichen Sinne abzuschalten und so zu tun, als wären wir damit sicher, während uns um herum sogar neue Meiler gebaut werden. Zumindest muss man erwähnen, dass man innerhalb nationaler Grenzen Entscheidungen trifft, deren Vorteile sehr wohl durch das Geschehen außerhalb dieser Grenzen zunichtegemacht werden können.

TH

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