Frontpage | PPP | NRW-Wahl 2022
Am 15. Mai 2022 findet die größte Landtagswahl in Deutschland statt und es ist, den Umfragen zufolge, spannend: Wird die CDU weiterhin das einwohnerreichste Bundesland regieren, das sie aufgrund der schwachen Vorstellung von Hannelore Kraft (SPD) vor fünf Jahren übernehmen konnte, oder wird die SPD es zurückerobern.
Wir haben, wie immer, nachgeschaut, wen wir wählen würden. Oder wen wir wählen sollten, der Empfehlung entsprechend, die aus unserem Ergebnis hervorgeht. Für mich kaum überraschend, dass es weder die CDU, noch die SPD ist. Wie immer, habe ich m ich bei der einen oder anderen regionalen Thematik neutral gestellt, weil ich sie nicht eng genug verfolgt habe, um dazu eine eindeutige Meinung zu haben. Von diesen Fragen gab es beim NRW-Wahl-O-Mat aber weniger als zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern. Damals haben wir über die SPD auch nachgedacht und wie schnell sich doch Dinge ändern, sieht man anhand der dortigen Ministerpräsidentin Schwesig (auch SPD), die zuletzt ziemlich unter Druck geriet, weil sie, wie wir damals fast alle, nicht ahnte, dass Wladimir Putin die Ukraine überfallen lässt.
Eine CDU-FDP-Regierung, wie aktuell, scheint anhand der letzten Umfragen fast ausgeschlossen, es wird eher auf Rot-Grün hinauslaufen, falls es für eine Zweierkoalition reicht. Dafür muss die SPD auch nicht stärker sein als die CDU. Falls nicht, wäre eine Ampel, wie im Bund, die vermutlich wahrscheinlichste Koalition, knapp gefolgt von Jamaika. Auch eine GroKo wäre denkbar, aber dazu wird vermutlich kein Zwang bestehen und wenn kein Zwang dazu besteht, sollte man es auch nicht machen. Die SPD nimmt in solchen Verbindungen mit der CDU immer wieder Schaden. Im Grunde nutzen sich beide Parteien bei diesem Modell irgendwann ab, wie man an der Bundestagswahl 2021 gesehen hat.
Seit 1995 hat es in NRW nur entweder Rot-Grün oder Schwarz-Gelb gegeben, das ist auch eine Form von Kontinuität. Beide Regierungskonstellationen hatten aber keine zündende Idee dafür, wie man das industriell immer noch mächtigste Bundesland auf einen neuen, zukunftsorientierten Pfad führen könnte, deshalb dümpelt es in vieler Hinsicht, wenn man von der Größe absieht, beim Ländervergleich im Mittelfeld dahin. Anders als z. B. das Saarland, das ebenfalls von der Konversion der alten Industrien stark betroffen ist, hat NRW eine so große Substanz, dass man die Folgen besser bewältigen können müsste. Freilich kann man den Erfolg einiger Regionen nicht einfach auf andere, wie das Ruhrgebiet bzw. dessen Kernstädte, übertragen.
Gleichwohl zeigt auch der neue Wahl-O-Mat nicht, dass dazu wenigstens eine Strategie diskutiert wird, über die man abstimmen könnte, denn in der Frage hätte ich ganz sicher nicht „neutral“ gestimmt, sondern, wie meist bei industriepolitischen oder wirtschaftspolitischen Themen, eine eindeutige Meinung gehabt. Wenn der Wahl-O-Mat repräsentativ ist für das, was derzeit in NRW politisch auf der Agenda steht, dann ist, wenn man von der Energiewirtschaft absieht (Kohleverstromung oder nicht etc.), ein ziemliches Themenloch in Sachen Zukunftsfähigkeit dieses wichtigen Bundeslandes zu verzeichnen.
Nun aber zu meinem Ergebnis:
Wenn ich nicht das Gefühl hätte, diese Partei sei als Regierungspartei doch eher nicht das, was man sich wünscht, würde ich vielleicht tatsächlich mal „Die Partei“ wählen, die sich bei meinem Wahl-O-Mat ganz vorne zeigt. Andererseits, wieso der Maßstab „Regierungspartei“? Den lege ich auch nicht an, wenn ich mich links verorte, denn die Chancen, dass die Linke in einem Land wie NRW mitregieren kann, war schon vor ihrem jetzigen Offenbarungseid, der sich aus mehreren Teilementen des Versagens zusammensetzt, nicht groß . Derzeit liegt sie in Umfragen unwürdigen 2 Prozent.
Man merkt meinem Wahl-O-Mat-Ergebnis an, dass außenpolitische Fragen bei der NRW-Wahl notabene keine Rolle spielen.
Denn das Verhältnis von Parteien wie der MLPD, der DKP oder auch weiten Teilen der Linken zu Putin ist in etwa dies: Wir kleben ihm das Label: „Ein Pazifist wie wir, ein aktiver Antifaschist zudem!“ auf, damit er ohne Gegenwehr die Ukraine besetzen darf. Meine Haltung ist das nicht, wie ich mehrfach dargelegt habe, aber ich habe auch wirtschaftspolitisch nichts entdeckt, wo sich diese beiden kommunistischen Parteien und die nun ebenfalls langsam auf deren Größe schrumpfende Linke sehr stark von Parteien wie den Grünen unterscheiden könnten, mag sein, dass dies an der Themenauswahl liegt. Deshalb ist der Unterschied auch relativ gering, obwohl innerhalb einer dichten Staffelung die Grünen bei mir erst auf Platz 9 auftauchen. Da die SPD aber noch einen Platz weiter unten positioniert ist, ich andererseits aus außenpolitischen Gründen, auch bei einer binnenorientierten Wahl, nicht eine Partei wählen würde, die sich als fünfte Kolonne Putins zeigt (dass ich mit FDP-Politiker:innen übereinstimme, kommt wirklich selten vor, wobei ich jedoch eindeutig zwischen einer zugewandten Haltung gegenüber dem russischen Volk und einer wirklich kruden Putin-Gefolgschaft unterscheide), würde es vermutlich auf die Grünen hinauslaufen.
Sehr zufrieden wäre ich mit dieser eigenen Entscheidung nicht, aber es ist mit den halbwegs regierungstauglichen Parteien wie mit den Menschen: Man muss nehmen, was da ist und womit man seine Stimme nicht verschenkt, es gibt nichts Besseres. Derzeit jedenfalls nicht und obwohl linke, soziale Themen wirklich auf der Straße liegen. Das Versagen der Linken in der aktuellen weltpolitischen Lage und beim internen Management ist eine Schande. In einem Land mit großer Arbeiter:innenschaft, wie sie in NRW immer noch vorhanden ist, müsste für Die Linke allemal mehr drin sein, als die Umfragen ausweisen. Fünf bis sieben Prozent Wähler:innenpotenzial wären zu heben. Darauf könnte man aufbauen.
TH