Sondersteuer für Kriegsgewinnler (Umfrage) | Geopolitics Spot 5 | Russland-Ukraine-Krieg

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5. Es ist einigen Politiker:innen der Grünen aufgefallen, dass manche Wirtschaftseinheiten und die hinter ihnen stehenden Personen mit dem Krieg Unsummen an Geld scheffeln. Das war schon immer so und jetzt rächt sich, dass die Ampelkoalition sich von der FDP hat dazu treiben lassen, die Reichen weiter zu pampern und die Armen weiter verarmen zu lassen.

Civey hat aus dem Thema immerhin, nur mehr als zwei Monate nach dem Einmarschs russischer Truppen in die Ukraine, eine Umfrage gemacht. Aber klar, die Umfragen folgen dem, was politisch auf der Tagesordnung steht, und es ist nicht untypisch für die hiesige Politik, aber auch für die Bürger:innenschaft dieses Landes, dass das so spät stattfindet:

Sollten Unternehmen, die vom Russland-Ukraine-Krieg profitieren, Ihrer Meinung nach zusätzliche Steuern zahlen?

Hier der Erklärungstext von Civey zur Sache:

Die Grünen schlagen vor, Unternehmen stärker zu besteuern, die wegen des Krieges in der Ukraine mehr Gewinne erzielen. Dazu zählen etwa Firmen zur Energieerzeugung. Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang erklärte am Montag, dass eine derartige finanzielle Beteiligung dazu beitragen würde, dass Deutschland besser durch die Krise kommt. SPD, FDP und AfD halten indes nichts von der sogenannten „Übergewinnsteuer”.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Katja Hessel (FDP), lehnt die Extrasteuer ab. „Unsere Unternehmen sind bereits mehrfach belastet: durch die Nachwehen der Coronapandemie, die hohen Energiepreise sowie zusammengebrochene Lieferketten“, sagte sie dem Spiegel. „Anstatt mit Steuererhöhungsdebatten Unsicherheit zu schüren, müssen wir die Rahmenbedingungen für neues Wachstum setzen.“

Die Linke hatte bereits zuvor eine Übergewinnsteuer vorgeschlagen. Die Anfrage basierte auf einer Empfehlung der EU-Kommission, die Gewinne von Energiekonzernen zu besteuern, da diese derzeit aufgrund der hohen Energiepreise vom Russland-Ukraine-Krieg profitieren. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich indes im April bei seiner Regierungsbefragung gegen eine Kriegssteuer aus.

Und die Union hat sich noch nicht mit fadenscheinigen Argumenten gegen eine „Übergewinnsteuer“ geäußert? Dass die FDP Quatsch im Sinne des Kapitals erzählt, ist ja nicht neu: Es geht ja nicht darum, wackelige Unternehmen zusätzlich zu belasten, sondern die Gewinner zu identifizieren. Das ist doch nicht schwierig, denn einige Unternehmen haben schon während der Coronakrise verdächtig stark zugelegt und es könnten dieselben sein, die jetzt auch vom Krieg profitieren. Energiehändler, was angesichts der spekulationsgetriebenen Preisentwicklung naheliegend ist, aber erstaunlicherweise auch Branchen, die gerne tun, als pfiffen sie aus dem letzten Loch, wie die Fahrzeugindustrie. Die tut das allerdings schon seit Jahrzehnten, und wenn man genau hinschaut: Jedes Problem, falls es tatsächlich eines gibt, ist hausgemacht.

Trotzdem haben die Gegner einer Steuer für Kriegsgewinnler recht. Aus einem einzigen Grund: Es wurde versäumt, Großgewinnler generell stärker für Gemeinschaftsaufgaben heranzuziehen. Durch die Forderung, speziell Kriegsgewinne stärker zu besteuern, scheint schon der typische grüne Quark: Immer, wenn es ein wenig sozial sein soll, wird Unausgegorenes produziert, weil die Grünen vom Sozialen keinen Plan haben. Und von Wirtschaft auch nicht, obwohl sie den Wirtschaftsminister stellen.

Welche Wirtschaft boomte umso mehr, je stärker die Kriegsanstrengungen vorangetrieben wurden und der binnen weniger Jahre erwirtschaftete Reichtum ließ eine Krise vergessen, die im Jahrzehnt zuvor die Szene beherrscht hatte und sogar in diesem Land linke Ideen sprießen ließ? Leider war es nicht Deutschland, hier ging man den genau falschen Weg. Es waren die USA. Und es war selbstverständlich, dass während der Weltwirtschaftskrise und dann im Land der Kriegsgewinner zunächst die Misere ein wenig besser abgefedert wurde, nach den Laisser-faire-Jahren des Börsenbooms und als der Boom kam, der auf einen Krieg zurückzuführen war, Gemeinschaftsaufgaben in den Vordergrund rückten, wie etwa eine bessere Infrastruktur, die allen zugutekam.

Die Söhne der Arme sterben im Krieg und einige Schlaumeier verdienen sich dumm und dusselig? Kaum denkbar in der heutigen Form, man war doch das Land der Guten. Damals gab es aber keine Kriegsgewinnsteuer, sondern allgemein hohe Einkommensteuern, die man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann, mit Spitzensätzen von bis zu 90 Prozent. Kritik kam allenfalls verdeckt, z. B. in Hollywoodfilmen, denn die Studiobosse waren davon auch betroffen. Doch niemand hätte offen dagegen zu meutern gewagt, denn das hätte als unpatriotisch gegolten. Ob man es aus universalistischer, klassenorientierter Position heraus oder aus national orientierter betrachtet: Es ist evident, dass endlich nicht mehr nur die ärmeren zwei Drittel die Kosten all der aktuellen Krisen tragen müssen. Die weltweite Unternehmens-Mindeststeuer war ein erster Ansatz dazu, der freilich nicht aus Deutschland kam, aber sie ist natürlich viel zu niedrig. Das Doppelte wäre ein erster Schritt, um die aktuelle Schieflage wenigstens ein klein wenig zu beheben.

Eine stärkere Besteuerung der Reichen und Superreichen hingegen ist auch in Deutschland der richtige Ansatz, schon aus technischen Gründen: Wie will man denn in einer so vernetzten Wirtschaft wie der heutigen voneinander trennen, welcher erzielte Euro Gewinn sowieso angefallen wäre und welcher einen speziellen Kriegsgewinn darstellt? Das wäre allenfalls bei Waffenherstellern möglich, und nur, wenn man Auftrag für Auftrag analysieren würde.

Dass auch die Linke offenbar in die nicht umsetzbare Richtung tendiert, anstatt schlicht auf der Reichensteuer zu bestehen, welche sie richtigerweise schon lange fordert, untermauert durch die noch rasanter als zuvor zunehmende Ungleichheit in der Krise, ist wieder einmal kein gutes Zeichen für die Entwicklung einer Partei, die sich immer schneller marginalisiert. Es ist doch so: Die Kriegsgewinnler identifizieren sich von selbst, weil sie derzeit volle Kassen aufweisen und damit sind sie automatisch gefragt, wenn es darum geht, etwas mehr zum Gemeinwohl beitragen zu dürfen als bisher. So, wie alle anderen, denen es extrem gutgeht, obwohl man uns verkaufen will, dass der Zenit des Wohlstands für alle Zeiten überschritten ist.

Die Pflicht, mehr fürs Ganze zu leisten, hat demnach auch für Trittbrettfahrer der Dauerkrise, wie zum Beispiel Immobilienspekulanten, zu gelten. Dieser umfassende Ansatz ist und bleibt evident und alles andere ist Augenwischerei für Menschen, die es super finden, ohne darüber nachzudenken.

Mit „eindeutig ja“ haben wir allerdings auch gestimmt: Weil wir diese Idee als Teil eines Konzepts von etwas mehr Gerechtigkeit sehen, der unabhängig von konkreten Krisenauswirkungen richtig ist. Irgendetwas erinnert uns daran an eine Diskussion, die schon während der Finanzkrise geführt wurde, weil auch aus dieser für so viele Menschen misslichen Situation einige andere enormen Profit zogen. Was ist daraus geworden? Gar nichts. Im Gegenteil, verbrecherische Politiker versuchen weiterhin, an der Steuersenkungsspirale zu drehen. Und so wird es mit untauglichen Vorschlägen, deren Verpackung die Aufschrift „Gerechtigkeits-Placebo für die Massen“ trägt, auch dieses Mal laufen. Außer einer kleinen, unverbindlichen Diskussion nichts gewesen.

TH

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