Filmfest 791 Cinema
In einem fernen Land (Originaltitel: Far and Away) ist ein US-amerikanischer Western aus dem Jahr 1992. Der Regisseur war Ron Howard, das Drehbuch schrieben Bob Dolman und Ron Howard. Die Hauptrollen spielten Tom Cruise und Nicole Kidman.
Am Set zu dem Actionfilm Tage des Donners lernte er 1990 Nicole Kidman kennen und begann eine Affäre mit ihr. Laut dem US-Journalisten und Anti-Scientology-Blogger Tony Ortega habe Cruise sie im Film Todesstille gesehen und die Produzenten von Tage des Donners überzeugt, ihr die weibliche Hauptrolle als Neurochirurgin zu geben, obwohl sie mit 22 Jahren dafür zu jung gewesen sei.[14] Nach der Scheidung von [Mimi] Rogers heirateten Kidman und Cruise 1990 an Heiligabend.[14] Mit Kidman drehte er 1992 den Film In einem fernen Land.
Was dabei herauskam, besprechen wir in der –> Rezension.
Handlung (1)
Die Handlung spielt Ende der 1880er Jahre. Der in Irland lebende arme Joseph Donnelly (Tom Cruise) beschuldigt den Großgrundbesitzer Daniel Christie, für den Tod seines Vaters verantwortlich zu sein. Mit dem Ziel, Christie zu ermorden, verlässt er seine zwei Brüder und sein Heimatdorf. Unerfahren im Waffengebrauch und bewaffnet mit einer alten Büchse reitet er auf einem Esel zum Schloss der Christies. Er versteckt sich im Pferdestall der Christies und wird von deren Tochter Shannon (Nicole Kidman) entdeckt. Sie verletzt ihn mit einer Mistgabel. Joseph macht daraufhin einen letzten Versuch, Daniel Christie zu erschießen und verletzt sich durch seine eigene Waffe, als der Schuss nach hinten losgeht. Die Christies pflegen Joseph, um ihn gesund der Polizei zu übergeben. Shannon Christie zeigt augenscheinliches Interesse an dem jungen Mann. Auf einer Teeparty erscheint auch der Verwalter der Christies, Stephen, der vorher das Haus der Donnellys niedergebrannt hatte. Er ist der Verehrer und künftige Ehemann von Shannon. Er wird von Joseph angegriffen und Stephen fordert ihn zum Duell heraus. Am Morgen des Duells rettet Shannon Joseph vor dem sicheren Tod und flieht mit ihm. Sie meint, mit ihm ihren sehnlichsten Wunsch realisieren zu können: die Auswanderung in die USA. Da Frauen nicht allein reisen dürfen, fungiert Joseph bei der Überfahrt als ihr Diener. (…)
Anni und Tom zu „In einem Fernen Land“ („Far and Away“)
A: Die „Oklahoma Land Run“-Szene haben sie bei „Cimarron“ abgeschaut, oder?
T: Dieser berühmte Moment ist ja nicht fiktiv. Wenn du so willst, sind alle Szenen oder Sequenzen zum Oklahoma Land Run, die einigermaßen dicht an der Realität bleiben, so ausgestaltet.
A: In der Art, wie er gefilmt ist, meine ich. Mit Fotografen, die mitten in der Sonne Blitzlicht verwenden und sowas alles. Nein, das gab es in den früheren Filmen gar nicht. Aber auch sonst einige auffällige Problemchen. Zum Beispiel verschwindet die grüne Flagge, die Joseph (Tom Cruise) auf seinem Pferd mitführt, immer mal wieder. Und am Ende, als die Kamera in einen Topshot aufschwenkt, liegt er plötzlich ein gutes Stück von dem Felsen entfernt, auf den er mit dem Kopf aufgeschlagen ist.
T: Ja, was man in HD und auf einem relativ großen Bildschirm nicht alles sieht. Aber damit auch genug zu den Goofs. In der IMDb stehen noch mehr davon, aber wir wollen ja nur das benennen, was und wirklich aufgefallen ist. Ich hab zum Beispiel nicht bemerkt, dass die US-Flaggen, die im Film gezeigt werden, mehr Sterne haben, als sie damals wirklich hatte (48 bis 50 anstatt 44).
A: Das ist ja auch schwer zu erkennen. Aber auf Ellis Island gab es keine deutschen Fähnchen zu kaufen, obwohl die Deutschen die größte Einwanderergruppe waren. Pfui!
T: In Wirklichkeit gab es da vermutlich gar keine Fähnchen, ich glaube nicht, dass Ellis Island den Basar-Charakter hatte, wie er im Film gezeigt wird. Aber es gibt ja so eine Zuspitzung zwischen den Italienern und den Iren, wie tatsächlich im New York oder vielleicht auch in Boston zu jener Zeit, als sich die Gangs bildeten, die dann während der Prohibition die Unterwelt so richtig aufmischten. Das hallt hier ganz gut nach. Es sind überhaupt sehr viele Standards in diesem Film eingebaut, die man aus früheren Werken kennt.
A: Der irische Freiheitskampf. Unter anderem in „Captain Lightfoot“ (1954) gefilmt, „Captain Moonshine“ als Losunsgswort der Rebellen hat mich sofort daran erinnert.
T: Die Auswanderung, das schwere Los, sich in der neuen Welt durchschlagen zu müssen, wobei das sogar recht innovativ gefilmt ist, im Gegensatz zu allen anderen Handlungselementen. Das wurde früher selten auf diese Weise thematisiert, zumindest nicht in den berühmten Filmen, die man kennt. Aber das Boxing ist natürlich auch ein Standard, da konnte sich Tom Cruise schon etwas auf seine Rolle in „Fight Club“ (1997) vorbereiten. Und der Brand des Herrenhauses. Seit „Rebecca“ (1940) und „GWTW“ (1939) lassen sie in Hollywood nicht mehr nur Hütten brennen.
A: Und Nicole Kidman abschleppen.
T: Die waren zu der Zeit schon verheiratet. Und damit zu Tom Cruise, ich merke, da will etwas aus dir raus.
A: Okay, einerseits gibt es Parallelen zwischen seinem Leben und dem von Joseph, er ist ja auch in äußerst armen Verhältnissen aufgewachsen und verleiht dieser recht explosiven Rolle Glaubwürdigkeit, andererseits hab ich immer ein Problem damit, Filme mit kleinen Männern, die für kleine Sekten Reklame machen, objektiv zu bewerten. Das schwingt mit, wenn ich gucke, ich kann es nicht ändern.
T: Kannst du das dann bei deiner Punktevergabe ausfiltern, wenn’s geht? So kann man nicht an Filme herangehen. Dann musst du nämlich gemäß deiner politischen Überzeugung auch alle Filme mit Stars, die bekanntermaßen politisch rechts sind, schlechter bewerten.
A: Die besten Filme sind sowieso welche mit Schauspielern, die etwas mehr nachdenken und daher nicht rechts sein können. Ist so. Sollen wir’s abgleichen?
T: Um Himmels Willen. Ich mag die irischen Rebellen, und wenn du schon aufs Persönliche gehtst, Cruise gilt als äußerst umgänglich und unarrogant, was ja auch seiner Rolle entspricht. Dass er aus einfachen Verhältnissen kommt, hat er nie vergessen. Insofern finde ich die Rolle, die er hier spielt, richtig für ihn und für den Film. Und Kidman mit ihrem feingezeichneten Gesicht als aristokratisches Gegenstück ist auch gut besetzt. Dass die Chemie zwischen den beiden stimmt, versteht sich angesichts deren damals junger Privatverbindung von selbst. Das ist es eher, was bei mir mitschwingt, wenn ich einen solchen Film betrachte. Das ist zwar auch nicht werkimmanent, aber es beeinflusst ebenfalls die Sichtweise.
A: Möge diese positive Beeinflussung durch werkexternes Wissen meine negative ausgleichen. Ich hab den Film schon einmal gesehen und fand ihn damals irgendwie anziehender.
T: Vielleicht wegen damals weniger Umfeldwissen.
A: Weil ich nicht so geschult war, Filme zu bewerten. Ich finde, die Handlung mäandert ziemlich herum, und dass Joseph seine Shannon zwischenzeitlich ganz verliert, sie quasi an ihr altes Leben ausliefern muss, ist nicht das, was klassisches Hollywoodkino so stark gemacht hat: Die Illusion, dass zwei zusammen alles können, wenn sie füreinander einstehen und an einem Strang ziehen.
T: Ich finde das gerade gut, weil realistischer, dass die beiden zunächst einmal an sich selbst scheitern, in der neuen Welt. Sie kann nicht so gut arbeiten, dass sie sich Geld zusammensparen kann, er verprasst seines, weil er glaubt, die Boxkämpfe eh alle gewinnen zu können. Das Scheitern ist jederzeit möglich, und das macht es spannend.
A: Du weißt doch eh, dass es gut ausgeht.
T: Da war ich nicht so sicher, nachdem Joseph auf dem Stein aufgeschlagen war. Erst, als ich merkte, dass seine Seele erst zum Himmel auffährt, schön dargestellt anhand des Anhebens der Kameraperspektive, und dann wieder auf die Erde, man kann schon sagen, zurücktrudelt, war mir klar, dass alles gut wird, weil sich die Wiederaufnahme des Motivs vom Tod von Josephs Vater in dem Moment abzeichnete, der ja auch noch einmal aus dem Reich der Toten zurückkehrte. Für einen Moment jedenfalls, aber es ist dann schon logisch, dass es bei Joseph nicht nur ein Moment ist. Wenn ich der andere Bewerber um Shannons Gunst gewesen wäre, ich hätte den Claim übrigens abgesteckt und den beiden eine lange Nase gedreht. Shannon hat sich dem Mann gegenüber ziemlich unfair verhalten, auch wenn er vielleicht ein Arschloch ist. Das wusste sie aber vorher.
A: Auch aus weiblicher Perspektive kann ich nicht umhin, dir da ein wenig zuzustimmen. Sie wirkt ziemlich unorientiert, dafür, dass sie Joseph doch gemäß Aussage am Ende von Beginn an liebt. Da hätte sie nicht mit Stephen zusammen losreiten dürfen.
T: Andererseits ist es eben realistischer.
A: Du meinst, dass Frauen nicht wissen, was sie wollen, ist realistischer.
T: Unbedingt.
A: Na klar. Kann ich zu 100 Prozent zurückgeben an euer Geschlecht. Ist das nun eine große Auswandererstory? Und wie werden die USA rübergebracht? Du wirst sicher sagen, viel realistischer als in früheren Filmen, nämlich hart und ungerecht.
T: Aber trotzdem als Land der großen Möglichkeiten. Was sie auch sind, für diejenigen, die es schaffen und die richtige Mentalität für das Land mitbringen. Die Verlogenheit vieler älterer Filme, in denen so getan wird, als ob der edlere Charakter siegt, und nicht etwa der durchsetzungsfähige, sehe ich hier nicht. Dafür mag ich den Film. Und natürlich dafür, dass er gut gespielt ist. Sicher sind viele Stereotypen drin, aber die sind eben auch sehr farbig gezeichnet.
A: Irgendwas finde ich etwas fad, als ob eine wichtige Zutat fehlt. Vielleicht ist es ja diese Romantik, die aus einer Überhöhung der Charaktere entsteht. Das wäre bedenklich, aber auch verständlich, oder?
T: Ich meine, der Film ist gelungen. Auch wenn ich einen weiteren externen Einfluss nicht verleugnen kann.
(Anmerkungen zu den Umständen des Viewings anlässlich der Veröffentlichung gekürzt bzw. entfernt.)
A: Als der Production Code noch besagte, dass sich Verbrechen nicht lohnen darf. Auf eine komische Weise korrespondiert es aber. Ich meine, wo war gestern der Unterschied zwischen dem, was wir in den Pausen gemacht haben und dem, was Nicole Kidman auf ähnlich amateurhafte Weise versucht, zum Beispiel sich mit der Wäsche zu befassen? (Lacht) Gut, dass wir aufgrund unserer filmischen Präferenzen fast nur die ÖR-Sender gucken, sonst würde diese Wohnung bald glänzen, als wäre eine schwäbische Hausfrau zugange.
T: Und nicht eine Berliner Pflanze und ein zwar Südwestdeutscher, der aber sich aber nicht so dieses Hausmann-Gen hat wie Tom Cruise, der seiner Holden zeigt, wie man richtig schrubbt. Ich finde, Frauen gegenüber ist der Film nicht wirklich freundlich. Shannon sorgt mehrfach dafür, dass Joseph einen Fail zustandebringt, etwa, als sie ihn während des entscheidenden Boxkampfes mit dem italienischen Schwergewichtler ablenkt, oder auch, als sie angeschossen wird. Was eigentlich aber seine Schuld ist, denn wie kann ein Mann in einer solchen Situation vorauslaufen, anstatt seiner Liebsten Deckung zu geben?
A: Siehst du, wenn du genauer nachdenkst, kommst du zu den Wahrheiten. Aber ich glaube, es ist eher über soziale Stände, nicht über Geschlechter. Und wenn ich bei dem Thema zu einem solchen Urteil komme, kannst du davon ausgehen, dass es fundiert ist. Ich glaube, die Diskriminierung hält sich in Grenzen, obwohl der Film noch kurz vor der berühmten und bis heute andauernden PoC-Epoche entstanden ist. Trotzdem finde ich den Film etwas banal und altmodisch.
T: Was aber durch die damals jungen und engagierten Schauspieler doch einigermaßen ausgeglichen wird. Ich hab mal meine Punkte notiert.
A: Ich gebe 5,5/10.
T: Wow, das ist wenig. Ich hab 8/10. So weit liegen wir ja selten auseinander.
A: Und dieses Mal bist du aufgrund der Viertel-Abwertung angeschmiert. Wir sind nämlich dann bei 6,75 und das heißt: 6,5. Interessanterweise genau das, was die IMDb-Nutzer durchschnittlich vergeben. Und mehr, als „Metacritik“, mit seiner sehr niedrigen 49/100.
T: Die Kritiker haben vermutlich auch den Cruise-Scientology-Subtext drin.
A: War der 1992 schon so virulent? Egal. Mir hat der Film nicht mehr das Begeisterungsfeeling vermittelt wie beim ersten Anschauen vor ein paar Jahren. Sowas kann passieren.
T: Ich finde ihn als traditionelles Epos mit moderner Ausfassung der Charaktere und etwas weniger Affirmation und Überhöhung als bei früheren Werkern dieser Art gelungen.
67/100
© 2022 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (Entwurf 2016)
Regie | Ron Howard |
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Drehbuch | Bob Dolman, Ron Howard |
Produktion | Brian Grazer, Ron Howard |
Musik | John Williams |
Kamera | Mikael Salomon |
Schnitt | Daniel P. Hanley, Mike Hill |
Besetzung | |
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