Frontpage | Rechtsextremismus Linksextremismus | Todesopfer | Titelbild: Pexels, Brett Sayles
Nach dem statistischen Teil des Tages geht es weiter mit dem Umfrageteil, an dem Sie wieder teilnehmen können, liebe Leser:innen. Möchten Sie schon abstimmen? Wissen Sie Bescheid? Dann hier die Frage:
Oder erst den Begleittext von Civey lesen?
Extremismus nimmt in Deutschland weiter zu. Im letzten Jahr wurden 33.476 politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert, etwa 500 mehr als im Vorjahr. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgestern in Berlin vorstellte. Ihr zufolge gäbe es sehr unterschiedliche Gefahrenbereiche, aber „die größte Bedrohung geht in Deutschland weiterhin von Rechtsextremismus aus”.
Dem Bericht nach sei 2021 die Gesamtzahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten mit 20.200 um 9,6 Prozent zurückgegangen. Das Potenzial gewaltbereiter Rechtsextremisten befände sich mit 13.500 auch 2021 auf unverändert hohem Niveau. Hierbei spielen auch die Corona-Proteste eine Rolle, die zu einer erhöhten Dynamik in der Szene führten. In dem Zusammenhang nahm auch die Anzahl der Reichsbürger zu – und zwar auf 21.000 Personen, etwa 1.000 mehr als im Vorjahr.
Im gewaltorientierten Linksextremismus bestehe ebenfalls „ein hohes Radikalisierungsniveau“. „Gegen linksextremistische Gewalt brauchen wir weiterhin ein sehr konsequentes und frühzeitiges Einschreiten“, sagte Faeser. Laut Bericht ging die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten mit rund 6.100 Delikten zwar um 7,4 Prozent zurück. 2021 sei die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten aber erneut angestiegen und liege nun bei 10.300.
Nun zur Abstimmung?
Oder erst unser Kommentar?
Schon an der Zahl der Straftaten und der Personen, die dem jeweiligen extremistischen Spektrum zuzuordnen ist, lässt sich klar erkennen, welche Seite gefährlicher ist, obwohl der Verfassungsschutzbericht bestimmt wieder so hufeisenförmig wie möglich abgefasst wurde. Erinnern Sie sich noch an den Verfassungsschutzchef Hans Georg Maaßen, der selbst mit rechtsextremen Ansichten auffiel und immer noch auffällt? Diese Behörde neigt sicher nicht dazu, den Linksextremismus unterzubewerten und den Rechtsextremismus überzubewerten.
Es gibt aber eine ganz entscheidende Zahl, die den Unterschied klarmacht: Seit 1990 gab es, je nach Zählweise, 106 bis 213 rechtsextremistisch motivierte Morde in Deutschland. Hingegen seit dem Ende der RAF keinen einzigen mehr, den man auch nur entfernt als linksextremistisch motiviert hätte einstufen können. Wir habe beide Seiten auf die gleiche Weise mehrfach kreuzgegoogelt, damit uns keine seriöse Meldung dazu entgeht. Ergebnis: eine linksextremen Tötungsdelikte seit der Wiedervereinigung. Der hier genannte Stand der Morde durch Rechtsextremisten ist nicht mehr ganz aktuell, im Verlauf des Jahres 2021 und im Jahr 2022 sind weitere hinzugekommen. So wurde mittlerweile u. a. ein Vierfachmord in Brandenburg, in der Umgebung von Berlin also und in einem Ort, den wir kennen, als antisemitisch motiviert eingestuft.
Die Mehrzahl derer, die schon abgestimmt haben (die Umfrage ist gerade erst gestartet), sieht das auch richtig und weist dem Rechtsextremismus das höhere Gefahrenpotenzial zu, 45 Prozent sagen, es ist eindeutig so. Darunter selbstverständlich auch wir. Aber nicht weniger als 23 Prozent sehen es genau umgekehrt. Offene und verdeckte Nazis, Rassisten, Klassisten, rechtsextreme Bürger:innen, die auch eine rechte Diktatur problemlos gutheißen würden, sofern sie nur weiter ihre trüben Geschäfte machen dürfen, schönen Gruß: F**** euch, ihr Realitätsverweigerer oder Unterstützer:innen rechtsextremer, tödlicher, vielfach tödlicher Gewalt, AfD-Fans, Flügelschläger und andere. So, jetzt noch einmal:
Die Motive werden dabei übrigens gar nicht bewertet: Nichttödliche linke Gewalt gibt es schon, aber da ist angesichts der sozialen Verhältnisse und besonders des Mietenwahnsinns in den Großstädten auch einiges an Verzweiflung und ohnmächtiger Wut dabei und trägt Züge einer sozialen Revolte in einer nicht-revolutionären Situation.
Hingegen hat rechte Gewalt immer einen menschenverachtenden, oft rassistischen oder antisemitischen Hintergrund. Wir verstehen es aber auch, wenn die Gewalt nur vom Ergebnis her gesehen wird. Das Ergebnis ist eindeutig: Wir haben vor allem gegen den tödlichen Rechtsextremismus zu kämpfen, um die Demokratie wenigstens aus dieser Gefahrenzone zu bringen, es gibt ja noch genug andere Gefahren wie die Tatsache, dass die Politik eher von mächtigen Lobbyorganisationen als von Wähler:innen gesteuert wird und dadurch die Menschen hier immer mehr an die Wand gedrückt werden; Gefahren mithin, die auch Ursachen linker Gewalt sind, weil allzu offensichtlich und allzu sehr verfestigt, als dass man, so glauben einige wohl, friedlich und mit den der Zivilgesellschaft legal gegebenen Mitteln dagegen ankämpfen könnte.
Wir haben schon überlegt, ob wir die nun vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestufte Plattform „Indymedia“ unterstützen, indem wir gemeinfreie Artikel von ihr republizieren und ggf. kommentieren. Die Grenze wäre: Keine Pamphlete auf unserem Blog, die unverkennbar zu Gewalt aufrufen oder, falls in Auszügen zitiert, um Vorgänge zu beschreiben und zuzuordnen, eine Kommentierung, die unsere Haltung klarstellt. Helfen Sie uns nun bitte, klarzustellen, dass die Gefahr in Deutschland für die Sicherheit und für die Gesellschaft eindeutig mehr vom Rechtsextremismus ausgeht:
TH