Die Nuklearwaffen-Arsenale der Welt | Frontpage | Geopolitik | Statista-Grafik

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Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine wird wieder stark über Atomwaffen diskutiert, unter anderem wird erörtert, ob es möglich wäre, dass Russland „taktische“ Atomwaffen mit geringerer Schadenswirkung als die bekannten strategischen Raketen einsetzen wird.

Daher präsentieren wir Ihnen heute eine Statista-Grafik mit Überblick über die aktuellen Atomwaffenpotenziale der Welt und kommentieren im Anschluss ein paar Sätze dazu.

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0 erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar

Im Vergleich zum Vorjahr bleibt die Anzahl der atomaren Sprengköpfe weltweit weitestgehend stabil, die Nuklearmächte Russland und USA haben teilweise deutlich abgerüstet. Das geht aus Daten des Friedensforschungsinstituts SIPRI hervor. Statt der im Januar 2021 veranschlagten 6.255 Sprengköpfe besitzt Russland laut SIPRI-Schätzungen beispielsweise nur noch 5.977, wovon 1.500 nicht einsatzbereit sind. Wie unsere Grafik zeigt, gibt es weltweit noch zwei weitere Atommächte mit Nuklearwaffen, die derzeit nicht nutzbar sind oder darauf warten, vollständig abgerüstet zu werden.

Die zweitgrößte Weltmacht mit Nukleararsenal, die USA, besitzt derzeit Daten von SIPRI zufolge etwa 3.708 aktive oder in kurzer Zeit aktivierbare Atomsprengköpfe, 1.720 Stück des gesamten Inventars von 5.428 sind nicht einsatzfähig. Im Vereinigten Königreich sind 80 Prozent der insgesamt 225 Nuklearwaffen potenziell oder voll einsatzbereit, während die restlichen sechs Atommächte theoretisch ihr komplettes Arsenal in kurzer Zeit mobilisieren könnten.

Im Zuge des Krieges in der Ukraine wurden bereits verschiedene Szenarien diskutiert, in den Präsident Putin möglicherweise taktische Atomwaffen mit geringerem Schadenspotenzial einsetzen könnte, auch wenn ein weltweiter Atomkrieg von führenden Expert:innen nahezu komplett ausgeschlossen wird. Laut Generalinspekteur der Bundeswehr General Eberhard Zorn sei der Einsatz kleinerer Atomsprengköpfe nicht komplett auszuschließen, obwohl Angriffe auf NATO-Gebiete unwahrscheinlich seien. „Der Einsatz taktischer Atomwaffen [ist] Teil der russischen Kriegsdoktrin und wurde in der Vergangenheit immer wieder von den Russen geübt“, so Zorn gegenüber dem Merkur. „Daher kann man einen Einsatz solcher Waffen in der Ukraine leider nicht ausschließen.“

Das mit Abstand größte Atomwaffenpotenzial haben nach wie vor Russland und die USA, auch wenn es zuletzt einen leichten Rückgang gegeben hat. Wir können uns noch an Zahlen von jeweils etwa 8.000 Sprengköpfen vor einigen Jahren erinnern. Für uns ist dieses Potenzial entscheidend, nicht die Ausgaben im Bereich der konventionellen Rüstung, die in der Nato um ein Vielfaches Höher sind als die russischen. Wir haben es wiederholt geschrieben: Russland kann nicht mehr rüsten, ohne die Stabilität seiner Finanzen zu gefährden. Prozentual in Relation zum BIP sind es aktuell 4,3 Prozent, bei den USA hingegen nur 3,7 Prozent (Deutschland jetzt ca. 1,5 nach jahrelang ca. 1,3 Prozent). Siehe dazu auch diesen Beitrag.

Weitere Anmerkungen:

  • Die Zahl der offiziellen oder zumindest hier gelisteten Atomstaaten steigt ständig. Neu hinzugekommen sind in den letzten Jahren Pakistan („die islamische Bombe“), Israel und Nordkorea. Pakistan verfügt demnach bereits über mehr Sprengköpfe als das benachbarte Indien, eine traditionellere Atommacht.
  • Die relativ niedrige Zahl an chinesischen Sprengköpfen hat uns überrascht bzw. wir hatten sie nicht im Blick. Die Erklärung ist aber relativ einfach: China konzentriert sich bei seiner wirtschaftlichen Eroberungsstrategie notabene nicht auf das atomare Abschreckungspotenzial, weil klar ist, dass sowieso keine Atommacht eine andere direkt angreifen wird. Das heißt, hier geht es auch um Effizienz. Die konventionellen Rüstungsausgaben steigen hingegen in China so schnell wie sonst nirgends, das Land liegt weltweit mittlerweile klar auf Rang 2 hinter den USA. Die Bereithaltung der Sprengköpfe ist nicht billig, das dürfte auch ein Grund dafür sein, dass die USA und Russland tendenziell eher abrüsten, zumal das Potenzial immer noch bei weitem groß genug ist, um seine Abschreckungswirkung zu erfüllen, sofern überhaupt irgendetwas irgendwann noch abschreckend wirken wird.
  • Kein Atomstaat wurde bisher gezwungen, Territorium abzugeben. Zumindest einer, Israel, expandiert hingegen völkerrechtswidrig. Das einzige Mal, dass sich das Staatsgebiet einer Atommacht verkleinert hat, war der Zerfall der Sowjetunion (zunächst) ohne kriegerische Handlungen.
  • Wir halten es für möglich, dass Südkorea nachziehen wird, nachdem gesichert scheint, dass Nordkorea über Atomwaffen verfügt.
  • Im aktuellen Ukrainekrieg ist nichts sicher, auch nicht, dass Russland es bei ungünstigem Kriegsverlauf nicht doch mit „kleinen“ Atomwaffen versucht. Im Moment scheint es diese neue Eskalationsstufe nicht als notwendig anzusehen. Die international geächtete Streumunition wird von Russland bereits eingesetzt, heißt es in verschiedenen Medien, in mindestens einem Fall auch von der Ukraine.

TH

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