Wassermenge pro Haushalt deckeln? (Umfrage) | Frontpage | Umwelt, Klima | Wasserrationierung als Zwang?

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Liebe Leser:innen,

bei uns ist gerade recht kühl, 16 Grad, und wir haben Regenschauer. Aber das ist in diesem Jahr wieder ein Ausnahmewetter, nicht die Regel, wie in manchen Jahreszeiten, in der „alten Heimat“ im Südwesten.

Seit wir in Berlin wohnen, wundern wir uns, wie bei so wenig Regen überhaupt so viel Vegetation möglich ist, besonders in den letzten Jahren. Aber diese Vegetation leidet. Wir sehen es zuverlässig, ohne übehaupt vor die Tür gehen zu müssen. Dann, wenn unser Hofkastanienbaum die Blätter vorzeitig einrollt, spätestens Mitte August. Das tut wirklich weh, mitanzusehen, wie die Natur in den Notfallmodus schaltet, um überleben zu können. Mindestens zweimal haben wir das schon beobachtet. 2018, 2019 und … war es nicht auch im letzten Jahr so, nach einem Zwischenjahr mit mehr Feuchtigkeit? Bald wird es wieder so weit sein, das sehen wir dem Baum bereits an. Wenn es nicht noch plötzlich gießt wie aus Eimern.

Berlin und besonders Brandenburg sind Trockenzonen innerhalb von Deutschland. Es sieht sogar so aus, als ob es hier immer weniger regnet und in Westdeutschland eher das Gegenteil der Fall ist, inklusive reißender Sturzbäche und Überschwemmungen, die dadurch entstehen. Bei uns nimmt sogar die durchschnittliche Jahrestemperatur schneller zu als weiter im Südwesten der Repbulik, das ist wirklich wahr. Auch wenn es sich dabei nur um ein paar Zehntel Grad Unterschied handelt. Offenbar gilt das auch global: Während in den Tropen die Erderwärmung in der Regel noch unter 1 bis 1,5 Grad liegt, beträgt sie in der Arktis seit dem Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen schon unfassbare 3 Grad. In Berlin sind es in den letzten Jahren ca. 1,5 Grad mehr als zum Referenzeitpunkt. Dabei wird das Jahr 1972 als symbolträchtige Referenz genommen, weil damals der Club of Rome mit Alarm wegen des Klimawandels Schlagzeilen machte, zum ersten Mal dran das Thema seinerzeit in die breite Öffentlichkeit.

Vielleicht wäre die Erwärmung in einer Gegend in Mitteleuropa noch nicht so schlimm, wäre es eben nicht viel zu trocken. Aus diesem Grund (unter anderm) ist auch die Tesla-Gigafactory im brandenburgischen Grünheide ein Politikum geworden: wegen ihres in der Tat gigantischen Wasserverbrauchs. U. a. deswegen wird in dieser Gegend tatsächlich eine Wasserrationierung für Privathaushalte diskutiert, das haben wir mitbekommen. Dass sie sogar teilweise schon in Kraft ist, hat uns aber doch schockiert. Lesen Sie dazu, was Civey im Begleittext über die Neukundenverträge schreibt. Wie stimmt man ab, wenn es dann, immer am Puls der Zeit, zu einer solchen Umfrage kommt?

Sollte der Wasserverbrauch Ihrer Meinung nach für alle Haushalte gedeckelt werden?

Hier der Begleittext:

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, warnte angesichts der anhaltenden Trockenheit vor unnötigem Wasserverbrauch. Er ruft die Bevölkerung im Handelsblatt zu einem nachhaltigeren Umgang mit Wasser auf. Der „drastisch steigende“ Wasserbedarf in der Landwirtschaft und in Privathaushalten gefährde sonst die Versorgungsinfrastruktur in einigen Regionen.

Laut Umweltbundesamt gibt es in Deutschland sehr unterschiedliche Niederschlagsverhältnisse. In Süd-und Westdeutschland ist die Wasserversorgung derzeit gut, in Berlin und Brandenburg ist das Wasser teils knapp. Für Biologe Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung liegt die Ursache beim Klima. In der ARD erklärt er, dass die Menschen wegen der Hitzesommer häufiger duschen und ihre Gärten bewässern und mehr Pools bauen.

Der Wasserverband WSE in Brandenburg hat letztes Jahr eine Deckelung der Wasserversorgung für Neukunden beschlossen. Dem rbb zufolge könnten betroffenen Privathaushalten bei Überschreitung der Wassermenge Geldstrafen drohen. Umweltministerium Steffi Lemke (Grüne) lehnt Trinkwasser-Rationierungen ab und spricht sich für Präventivmaßnahmen aus. Trotz örtlicher Engpässe sei die allgemeine Trinkwasserversorgung grundsätzlich gesichert.

Eine Schwäche der Umfrage ist sicher, dass sie keine regionale Gliederung auf- oder ausweist, denn wir könnten uns vorstellen, dass die Menschen in der Gegend, aus der wir stammen, anders darüber denken als hier im märkischen Sand, wo man richtig spürt, wie eng es im Sommer wird mit dem Wasser, das uns allen das Überleben sichert. Berlin selbst hat ja anscheinend riesige Tiefenwasserreservoirs, aber die Parks wässert man damit lieber nicht. Auch die Seenlandschaft trocknet im Sommer noch nicht aus, aber wer will so tun, als ob er wüsste, dass das in ein paar Jahren auch noch so ist? Wir checken das natürlich auch alles für uns selbst: unterdurchschnittlicher Gasverbrauch, überdurchschnittlicher (grüner) Stromverbrauch, etwa durchschnittlicher Wasserverbrauch. Doch allein die Vorstellung, dass es jeden Morgen vor dem Duschen notwendig werden könnte, die Wasseruhren zu checken, um nicht nach der Abrechnung eine Geldbuße verpasst zu bekommen, ist krass und gehört zu dem Themenkreis, den wir vor ein paar Jahren noch gar nicht im Blick hatten.

Zumindest nicht, Mitteleuropa betreffend. Die Problemhäufung, der wir uns gegenübersehen, kann nur noch ignorieren, wer generell nach dem Prinzip „nach mir die Sintflut“ lebt. Oder nach mir die Dürre, das würde es hier wohl eher treffen. Es gibt auch in dieser Stadt gar nicht so wenige Menschen, die genau das tun, das merkt man an vielen Dingen. Soll man deshalb aber einen neuen Zwang einführen, selbst unter der Bedingung, dass er tatsächlich hilft, die Wasservorkommen langfristig zu stabilisieren? Vieles, was woanders so viel Wasserverbrauch verursacht, gibt es hier außerdem eher selten: große Gärten, die im Sommer ständig bewässert werden oder die erwähnten Pools. Wussten Sie übrigens, dass in den USA der Wasserverbrauch pro Kopf fast dreimal so hoch ist wie bei uns oder in anderen europäischen Ländern? Anders als beim CO² nützt es uns leider wenig, wenn man nun sagen würde, fangt ihr doch lieber erst einmal mit dem Sparen an, wir sind ja schon bescheiden. Erwartetermaßen haben wir auch zum Wasserverbrauch pro Kopf in ausgewählten Ländern eine Grafik von Statista gefunden:

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0 erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

(…) Weltweit haben 2,2 Milliarden Menschen laut Unicef keinen regelmäßigen Zugang zu Trinkwasser. Durch den Klimawandel verschärft sich die Lage weiter.

In Deutschland ist der Wasserverbrauch pro Kopf gegenüber dem Jahr 1990 deutlich gesunken. Laut den aktuellsten verfügbaren OECD-Daten verbrauchte Deutschland im Jahr 2018 im Schnitt 297.000 Liter Wasser pro Kopf. Gründe für den geringeren Verbrauch waren ein bewussterer Umgang mit der Ressource Wasser sowie verbesserte Technologien bei Geräten wie Waschmaschinen.

Im weltweiten Vergleich zählen die Bundesbürger damit aber immer noch zu den Vielverbrauchern. In Kenia beispielsweise liegt der jährliche Wasserverbrauch pro Kopf nur bei 80.000 Litern im Jahr, wie die Statista-Grafik zeigt. Zu den Ländern mit dem höchsten Wasserverbrauch zählen Estland und die USA, mit über einer Millionen Liter Wasserverbrauch pro Kopf im Jahr.

In die Daten der OECD geht neben dem privaten Wasserverbrauch für Körperpflege, Wäschewaschen, Toilettenspülung und Geschirrspüler auch der industrielle Wasserverbrauch ein, mit Ausnahme von Wasserkraftanlagen.

Was die USA angeht, lagen wir sogar unterhalb des tatsächlichen Unterschieds, als wir oben aus dem Kopf „fast drei Mal so viel wie bei uns“ aufschrieben, es ist mittlerweile mehr als das Vierfache. Und man wollte, wenn man von „Vielverbrauchern“ schreibt, nur Vergleichbares vergleichen, also Deutschland mit anderen Industrieländern. In den USA ist es der verschwenderische Lebensstil, ganz eindeutig, der auch den Wasserverbrauch in gewaltige Höhen drückt. In manchen Gegenden hat tatsächlich fast jeder Garten einen Pool. Vor allem dort, wo es heiß und trocken ist. Legendär und auch erschütternd ist mittlerweile der Aufwand, der allein dafür betrieben wird, die mitten in der Wüste von Nevada gelegene Vergnügungsstadt Las Vegas mit Wasser zu versorgen, die es erst seit etwa 80 Jahren gibt und die in einem Tempo wächst, als bekäme sie jeden Tag einen dicken Schuss Monsunregen ab.

Wie es in Estland zu diesem gewaltigen Wasserverbrauch kommt, wissen wir nicht, aber es ist ja auch ein kleines Land direkt am Meer, vielleicht hat es eine spezielle Industrie, die diesen Verbrauch maßgeblich verursacht. Jedoch mehr als bedenklich: In China mit einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen liegt der Wasserverbrauch pro Kopf bereits höher als bei uns. Falls der Klimawandel dort ebenfalls Dürreprobleme verursacht, ausgehend von der schon jetzt wüstenhaften Region im Nordwesten, wird es richtig eng werden. Deswegen sollte sich die Führung der KPCh noch einmal überlegen, ob sie wirklich die Geburtenrate unbedingt wieder hochkriegen will. Per Befehl geht das, anders als das m. o. w. zwangsweise Wasser sparen mit Bußgeldandrohung, allerdings eher nicht. Und Griechenland, Überraschung. Dieser geplagte Staat im Süden Europas, von dessen Politikern uns während der Eurokrise ständig erzählt wurde, dass wir es mit seriöser Geldpolitik ruinieren, in jeder Hinsicht austrocknen: Ein Wasserverbrauch von fast 1.000 Litern pro Person pro Tag ist aber offensichtlich kein Thema. Um an diesem Narrativ Zweifel zu bekommen, haben wir uns aber nicht erst den Wasserverbrauch anschauen müssen.

Wir wollen aber nicht ausgreifen, sondern feststellen: Es gibt auf dieser Grafik durchaus Überraschungen und wir finden es schön, dass in Deutschland ohnehin in dieser Sache ein größeres Problembewusstsein herrscht, als wir vermutet hätten. Wir haben auch mit „eher nein“ gestimmt. Zum einen, weil eben nicht nach Regionen differenziert wurde, zum anderen, weil eben hierzulande mit dem Wasser vergleichsweise sparsam umgegangen wird. Wenn es tatsächlich notwendig werden sollte, das Wasser zu rationieren, wird es eben so sein. Wir haben darauf relativ wenig Einfluss. Außer, indem wir wieder dorthin ziehen, von wo wir gestartet sind, dort regnet es einfach mehr.

Ganz wichtig bei der Betrachtung der obigen Werte: Beim privaten Trinkwasser ist Deutschland vergleichsweise noch besser, aber dadurch, dass es relativ stark industrialisiert ist, verbraucht die Wirtschaft mehr als in anderen Ländern (sog. „Brauchwasser“), siehe das Beispiel Gigafactory. Deswegen haben wir eine Grafik gesucht, die den Gesamtverbrauch pro Kopf, also auch den Industrieanteil, ausweist, nicht nur das, was wir fürs Duschen oder Geschirr spülen benötigen. Haben wir schon erwähnt, dass wir an der Nachhaltigkeit der E-Mobilität zweifeln? Den enormen Wasserverbrauch bei der Herstellung dieser Fahrzeuge hatten wir dabei bisher gar nicht in den Blick genommen.

Wir haben aber etwas gefunden, wobei Sie wirklich sparen können: Die Herstellung von einem Kilogramm Möhren verbraucht 135 Liter Wasser, ebenso wie einmal Baden (in einer normalen Wanne, nicht im Achtpersonen-Jacuzzi). Ein Kilo Äpfel gibt es für 700 Liter Wasser. Die Herstellung von einem Kilo Fleisch hingegen benötigt unfassbare 15.455 Liter! (Q1) Da schlummert also noch eine Menge Potenzial. Man sieht, für wenig oder kein Fleisch essen gibt es mehr Argumente als Sandkörner in der bis vor ein paar Stunden staubtrockenen märkischen Heide. Morgen wird sich schon niemand mehr an die beiden kleinen Regenschauer von heute erinnern.

TH

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