Keine Entlastungen mehr vor 2023? (Umfrage) | Frontpage | Gesellschaft, Wirtschaft | Krise, Inflation, Entlastung

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Es knirscht im Gebälk, weil die Inflation der Einkommensentwicklung der meisten Menschen davonrennt. Nach zwei Entlastungspaketen im Jahr 2022 scheint die Regierung sich einig zu sein, dass nun Schluss ist. Kritik dazu gibt es von vielen Seiten, auch bezüglich der Ausgestaltung der bisherigen Entlastungspakete, gestern haben wir dazu die Meinung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands dargestellt.

Nun fragt Civey Sie:

Wie bewerten Sie es, dass die Bundesregierung vor 2023 keine weiteren inflationsbezogenen Entlastungen verabschieden will?

Der Erklärungstext dazu:

Die Bundesregierung wird für ihren Umgang mit der Inflation kritisiert und von vielen Seiten zu weiteren Entlastungsmaßnahmen aufgefordert. Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Yasmin Fahimi verlangt etwa laut der Bild am Sonntag ein drittes Entlastungspaket mit einem Energiepreisdeckel für Privathaushalte. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) lehnen derartige Anfragen ab.

Ein weiteres Entlastungspaket sei Lindner zufolge erst für 2023 geplant. In der Wirtschaftswoche erklärte er, dass man vorerst die Wirkung der ersten beiden Pakete abwarten müsse. Weitere Haushaltsmittel stünden dieses Jahr nicht mehr zur Verfügung. Zudem müsse man die Schuldenbremse dem Grundgesetz nach wieder einhalten. Zugleich versprach er, die Regelsätze der Grundsicherung nach oben hin anzupassen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert indes ebenfalls weitere Entlastungen. Besonders Geringverdienende bräuchten jetzt langfristige Lösungen, sagte er vorgestern im ZDF. Während Grünenchefin Ricarda Lang für eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets ist, fordert Unionsfraktionsvize Gitta Connemann eine Anpassung der Einkommensteuer. Zudem wünscht sie sich, dass die Opposition stärker mit in die Maßnahmendebatte einbezogen wird.

Wir wüssten ja zu gerne, was eine „Anpassung der Einkommensteuer“ sein soll. Weniger Steuern für Geringverdiener, aber keine höheren Steuern für die Reichen? Das kann nicht aufgehen, das dürfte der Union klar sein. Bei der SPD spielen sie inzwischen das Guter-Onkel-böser-Onkel-Spiel. Der Präsident sorgt sich um seine Mitmenschen, der Kanzler sagt, wir geben nix mehr. In Wirklichkeit kommt dies von der FDP, die ohnehin als kleinster Koalitionspartner das Geschehen auf eine beispiellose Weise dominiert. Sie ist der Spieler. Der gute und der böse Onkel sind die Puppen, mit denen die Klassisten von der FDP uns ein aufregendes Für und Wider vorgaukeln. Erstaunlich, wie eine kleine Minderheit die Mehrheit dermaßen in Schach halten kann, aber dafür ist das Geld der Reichen da: um es genau dafür einzusetzen.

Was sagen die Abstimmenden bisher? Fast 60 Prozent finden es eher negativ oder sehr negativ, dass es 2022 keine weiteren Entlastungen mehr geben soll. Aber immerhin 28 Prozent sagen: positiv oder eher positiv. Wer zu viel vom neoliberalen Gift geschluckt wird, der gönnt anderen nichts mehr, das zeigt sich auch an dieser Stelle. Wir gehen jetzt nicht in die Tiefe und beschäftigen uns nicht damit, was es für die Gesamtgesellschaft bedeutet, wenn immer weitere Kreise dieser Gesellschaft aus dem Konsumraster fallen, weil es nur noch für die Abdeckung der Grundbedürfnisse reicht.

Die Inflation lag zuletzt bei 7,6 Prozent (im Juni, nach 7,9 Prozent im Mai, wobei die leichte Abschwächung auf den Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket zurückgeführt werden, der gegenteilige Effekt wird sich also nach dem Ende dieser Kurzfrist-Maßnahmen einstellen). Weil es sich hier relativ einfach berechnen lässt, haben wir für die ohnehin seit vielen Jahren künstlich klein gerechneten ALG-II-Grundsicherungssätze ausgerechnet, dass alle Entlastungen zusammen einer Einzelperson nur ein Mehreinkommen von 2,5 Prozent im Jahr 2022 bringen. Noch ein, zwei Jahre so weiter und die Tafeln nehmen auch niemanden mehr an, dann brauchen wir hier nicht mehr über die fernen „armen Länder“ zu reden, in denen es Hunger und Not gibt. Viele Menschen in Deutschland haben schon jetzt keinerlei Reserven für Notfälle mehr.

Deswegen zur heutigen Umfrage ein Aufruf von uns. Seien Sie bitte ein wenig solidarisch und denken Sie daran: Es geht uns alle an, ob es in diesem Land mit vielen Menschen weiter abwärts geht oder auf dem gegenwärtigen Rekord-Armutsniveau seit Bestehen der BRD wenigstens die Bremse gezogen wird. Stimmen Sie mit „sehr negativ“, wie wir es getan haben. Bei einem fehlgeleiteten Tankrabatt, einem 3-Monate-à-9-Euro-Ticket und ein paar weiteren kurzfristigen Kleinigkeiten kann es nicht bleiben, angesichts einer Jahres-Teuerungsrate, die bei lebenswichtigen Produkten im zweistelligen Bereich liegt, z. B. bei den Lebensmitteln.

TH

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