Filmfest 811 Cinema
Accomplice ist ein US-amerikanischer Thriller von Walter Colmes aus dem Jahr 1946 mit Richard Arlen, Veda Ann Borg, Tom Dugan und Archie Twitchell in den Hauptrollen. Der Film der Producers Releasing Corporation (PRC) wurde in vier Tagen gedreht. Der Film wurde von Frank Gruber geschrieben, basierend auf seinem Roman Simon Lash, Privatdetektiv.
Wenn wir tatsächlich alle Filme durchackern wollen, die in dieser Quelle TSPDT – 1.000 Noir-Filme (Einführung) (theyshootpictures.com) quasi als Kanon des Film noir gelistet sind, kann das noch eine sehr holprige Fahrt werden. Nicht nur, weil manche dieser Filme nach einer einigermaßen vernünftig eingrenzenden Sichtweise gar keine Noirs sind, sondern aus einigen Gründen mehr. Dazu mehr in der -> Rezension.
Handlung[1]
Joyce Bonniwell engagiert ihren Ex-Verlobten und Anwalt aus Los Angeles, Simon Lash. Ihr amnesiekranker und wohlhabender Ehemann Sam Bonniwell ist verschwunden. Sam ist Vizepräsident der Sheridan National Bank in Los Angeles.
Simon versucht, herauszufinden, was in der Bank los ist. Der Präsident der Bank, Vincent Springer, versichert, dass mit der Bank alles in Ordnung ist und dass Sam im Urlaub ist.
Simons juristischer Assistent, Eddie Slocum, wird geschickt, um Sams Gentlemen’s Club zu besuchen. Er entdeckt einen Brief an Sam von einer Mrs. James Baker. Eine schöne Rothaarige, Evelyn Price, öffnet die Tür. Sie gibt zu, eine Affäre mit Sam zu haben, aber dass sie ihn seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen hat, obwohl er möglicherweise Zuflucht auf der Castleman’s Mink Ranch sucht, einem Ort, den er in der Nähe von Palmdale besitzt.
Simon beginnt zu vermuten, dass Joyce nach belastbaren Beweisen für Sams Untreue suchen könnte, möglicherweise für ein Scheidungsverfahren. Simon will den Auftrag fallen lassen, da er keine Scheidungsfälle untersucht.
Simon betritt Joyces Haus und ein Anruf kommt vom örtlichen Sheriff Rucker. Er erzählt Joyce, dass Sams Leiche auf Castleman’s Mink Ranch gefunden worden ist, die Todesurache ist ein Kopfschuss.
Simon begleitet Joyce zur Ranch, um die Leiche zu identifizieren. Als sie gemeinsam am Tatort ankommen, beginnt der Sheriff zu vermuten, dass Simon und Joyce Sam ermordet haben, um an sein Geld zu kommen.
Castleman glaubt jedoch, dass Bonniwell Selbstmord begangen hat. Simon stellt fest, dass es klare Beweise für zwei Schüsse gibt, und leitet daraus ab, dass Bonniwell sich nicht selbst getötet haben kann. Joyce erzählt dem Sheriff, dass Sam sein ganzes Geld verloren hat. Sie bestreitet jegliches Wissen über die Ranch und über Sams Beziehung zu Evelyn.
Simon kontaktiert Eddie telefonisch und erhält die Information, dass sowohl Evelyn als auch Bankpräsident Springer spurlos verschwunden sind. Simon schaut in ein Hotel, das Sam während seiner Besuche besucht hat, und findet heraus, dass er die Stadt in Begleitung einer hübschen Brünetten besuchte, die er für seine Frau hielt. Rucker berichtet später, dass eine Brünette, die auf die Beschreibung passt, gesehen wurde, wie sie Sams Auto in die Wüste fuhr. Simon erfährt von Joyce, dass der Verlobte des Bankpräsidenten eine Brünette ist, und beschließt, die Frau zu finden.
Bevor Simon Zeit hat zu gehen, erhält er die Information, dass sowohl Evelyn als auch Castleman ermordet wurden. Simon versucht, die Teile des Puzzles zusammenzusetzen und beschließt, nach Mesa in New Mexico zu reisen. Als er dort ankommt, spricht er mit dem Marshal Jeff Bailey, der ihm erzählt, dass ein Mann namens Stringer vor einiger Zeit durch die Stadt gefahren ist, in Richtung Pete Connors‘ großem Anwesen, bekannt als das Schloss.
Als Simon zum Schloss kommt, enthüllt der Besitzer Pete Connors, dass Bailey sein Neffe ist. Simon ist überrascht. Er ist in einem alten Geschirrraum eingesperrt. Er sieht, wie Joyce mit dem Auto zum Haus kommt und es schafft, aus dem Zimmer auszubrechen. Joyce erklärt, dass sie zum Schloss ging, nachdem sie herausgefunden hatte, dass Springer Connors Nummer angerufen hatte.
Joyce versucht dann, Simon zu töten, und er begreift, dass sie diejenige ist, die alle drei Opfer ermordet hat. Er erzählt ihr, dass er weiß, was sie getan hat, und dass er vermutete, dass sie eine brünette Perücke trug, um sich als Springers Verlobte zu tarnen, und Springer auf der Nerzranch ermordete, weil er entdeckte, dass Sam von der Bank unterschlagen wurde.
Simon erklärt dann weiter, dass Evelyn, die wirklich Springers Geliebte war, nicht Sams, und Castleman beide ermordet wurden, um sie daran zu hindern, die Wahrheit zu enthüllen. Sam, der lebt und sich im Schloss versteckt, erscheint dann. Es gibt eine Schießerei, bei der Sam versehentlich sowohl Connors als auch Joyce tötet und dann selbst von Simon getötet wird. [1]
Rezension
Unzweifelhaft lernt man durch ruppige, schnelle B- oder gar C-Pictures mehr über das amerikanische Kino, das man bisher im Wesentlichen durch die deutschen Versionen größerer Produktionen rezipiert hat. Vielleicht versteht man sogar die amerikanische Seele dann besser, die oft gar nicht so veredelt wirkt, wie es diese teuren Filme suggerieren, in denen bekannte Stars für Identifikation mit ihren Rollenfiguren sorgen. So was hat ein Film wie „Accomplice“ nicht nötig, auch der Protagonist kommt eher unsympathisch rüber, alle anderen sowieso. Vielleicht bis auf seinen Assistenten, die dunkelhaarige Frau, den Sheriff. Diese Rollen sind aber zu klein, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Im Grunde fängt das Problem schon früher an. Da der Film nie nach Deutschland kam, hat er auch keinen deutschen Verleihtitel, wir müssen uns beim Filmfest also auf das beschränken, was in diesem Fall die kleine „PRC Pictures“ sich hat einfallen lassen. Oft sind die Originaltitel sowieso besser als die reißerischen deutschen Nicht-Übersetzungen. Aber in diesem Fall wirkt der Titel etwas beliebig, denn wer ist wessen Komplize oder Komplizin.
Zur erwähnten Fahrt auf der bumpy Road trägt nicht unbedingt bei, dass viele der kleinen Produktionen überraschend gute Roadmovie-Eigenschaften aufweisen (zuletzt bei „Detour“ gesehen), auch wenn das Sausen oder Rasen in „Accomplice“ für einen so kurzen Film etwas übertrieben in den Mittelpunkt gerückt wird, inklusive der sich drehenden Radkappen von Slashs Packard Cabrio. Nebenbei: Auch Menschen, die irgendwie verkracht sind und sich vom hoffnungsvollen Anwalt zum Private Eye zurückentwickelt haben, wie sie heute heißen (aber nicht in diesem Film, während der Ausdruck „Detective“ in den USA in erster Linie einen Kriminalpolizisten meint), also solche Menschen können sich immerhin noch teure Autos leisten, auch wenn der helle Packard ein paar Jahre alt war, als der Film gedreht wurde.
Aber die in diesem Fall schlechte Bildqualität der Youtube-Einspielung, der ebensolche Ton, die für einen 68-Minuten-Film zu komplexe Handlung, das alles lässt es angeraten sein, künftig gewisse Einschränkungen bei der Auswahl der Noirs oder Doch-nicht-Noirs vorzunehmen. Vor allem, wenn die IMDb-Nutzer, wie hier, nur 5,2/10 vergeben, sollte man ihnen glauben, dass es sich nicht im ein Meisterwerk handelt, auch nicht um ein bisher unterbewertetes, das dringend entdeckt werden muss.
„Accomplice basiert auf Frank Grubers Roman über den exzentrischen Privatdetektiv Simon Lash. Simon (Arlen) ist der schroffe (..) Ex-Anwalt, der jetzt ein bekannter, aber kämpfender Privatdetektiv in Los Angeles ist, der von Joyce Bonniwell (Borg), der Frau, die ihn zehn Jahre zuvor vor dem Altar hat sitzen lassen, gebeten wird, Jim Bonneville (Earle) zu heiraten, um ihren vermissten Amnesie-Banker-Ehemann zu finden (…) Es ist ein Cheapie, gedreht in vier Tagen. Aber Regisseur Walter Colmes macht einen guten Job, um die Action in einem rasanten Tempo am Laufen zu halten (es gibt eine aufregende Verfolgungsjagd durch die Wüste, die aus unerklärlichen Gründen viele Nahaufnahmen der Reifen hat). Obwohl die Handlung gekünstelt und das Schauspiel eher mechanisch als inspirierend wirkt, ist dieses kleine Krimidrama dennoch unterhaltsam.“ – Dennis Schwartz (Dennis Schwartz Movie Reviews)
Wäre es nicht unterhaltsam oder würden bekannte Kritiker wie Schwartz es nicht so deklarieren, gäbe es ja auch keinen Grund, Filme wie diesen in irgendeiner Form zu kanonisieren.
Finale
Ich fand das Ganze hingegen ziemlich unsympathisch gemacht, von der in der Tat unglaubwürdigen Handlung hin bis zu den Figuren. Vielleicht wollte man den Slash nach dem Vorbild der Detektive, die sich nicht gerade anbiedern, gestalten, die Humphrey Bogart verkörperte, erstmals als Sam Spade, dessen Verkörperung ihm in „Der Maltester Falke“ den Aufstieg vom Bösewicht zum Zyniker mit Herz und im Grunde einer romantischen Ader einbrachte. So die Legende, in Wirklichkeit gab es im Jahr 1940 schon mindestens zwei Filme, in denen er sich in die Herzen spielte, mein Liebling davon ist das – sic! – Roadmovie „They Drive by Night“, allerdings kein Film noir, nicht einmal ein Krimi.
Ist nun „Accomplice“ wenigstens ein Noir? Ja, doch. Auch wenn Simon Slash am Ende siegt oder überlebt, was hat er schon davon? Seine Auftraggeberin ist ebenso tot wie alle anderen, die ihm irgendwie weiterhelfen könnten. Sie ist aber eine Femme fatale der bösen Sorte, ohne dass man sich das gleich denken würde. Nur große Filmemacher können es sich leisten, gleich für Klarheit zu sorgen, ohne Angst davor, dass die Spannung sich verflüchtigen könnte, wie es Billy Wilder mit der Installation von Phyllis Dietrichson in „Double Indemnity“ getan hat.
Was kann man aus diesem Film lernen? Man hüte sich vor Nerzfarmen. Schon der Nerze wegen. Obwohl sie nicht einmal eine Art Symbol zu sein scheinen. Wir bleiben sogar etwas unterhalb der IMDb-Wertung, was bisher selten vorkam, da wir selten B- und C-Movies rezensierten. Das ist aber notwendig, wenn man ein Genre so auffächern will, wie wir es gerne mit dem Film noir tun würden. Ebensolche Cheapies wie „Accomplice“ eines ist, müssen nämlich ins Netz, wie etwa „Detour“, den wir oben bereits erwähnt haben und der heute als kleiner Klassiker gilt. Was sich mittlerweile herausschält: Je kleiner das Budget eines Films, desto freier sind die Macher, wirklich bösartige Figuren in einer Kompromisslosigkeit zu zeigen, die mit teuren Stars und einem Abzielen aufs Massenpublikum so nicht durchführbar gewesen wäre. Die Veredelungstendenz großer Filme weicht von A nach B nach C schrittweise einer Ungeschminktheit, die durchaus beeindruckend und auch erschreckend ist.
47/100
© 2022 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
Regie: Walter Colmes
Geschrieben von Irving Elman
Drehbuch von Frank Grube
- Richard Arlenals Simon Lash
- Veda Ann Borgals Joyce Kimball Bonniwell
- Tom Duganals Eddie Slocum
- Archie Twitchellals Sheriff Rucker (als Michael Branden)
- Marjorie Mannersals Evelyn Price
- Earle Hodginsals Jeff Bailey
- Francis Fordals König Connors
- Edward Earleals Jim Bonniwell
- Herbert Rawlinsonals Vincent Springer
- Sherry Hallals Ben Castleman
- Robert McKenzieals Tankwart in Barstow
[1] Komplize (Film) – Wikipedia
*Einen deutschen Titel fügen wir bei Filmen nicht bei, die nie in die deutschen Kinos oder im Fernsehen gelaufen sind und keinen hiesigen Verleihtitel haben. Die Angaben aus der englischsprachigen Wikipedia sind nur an wenigen Stellen der deutschen Grammatik angepasst.