Der #Wohnungsmarkt wird immer unsozialer (Statista + Kommentar) | #Housing 2 #Wohnreport | #Mietenwahnsinn #Wohnen

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Immer mehr Mietwohnungen fallen aus der Sozialbindung. Das ist ein Grundtatbestand des #Mietenwahnsinns, denn immer weniger Menschen können zu fairen Mieten wohnen, wenn der Markt für die einzige Wohnungsform, in der man großflächig von einer Mietenbremse sprechen kann, dermaßen schrumpft, wie die folgende Grafik es zeigt. Lesen Sie bitte im Anschluss den Erklärungstext und dann unseren Kommentar. Dann wir Ihnen auch klarwerden, warum viele Menschen gar nicht verstehen können, worum es wirklich geht, wenn sie sich mit solchen Informationen zufriedengeben.

Infografik: Der Wohnungsmarkt wird immer unsozialer | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz Creative Commons — Namensnennung – Keine Bearbeitungen 4.0 International — CC BY-ND 4.0  erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.

„Rein rechnerisch ist im vergangenen Jahr alle 19 Minuten eine Wohnung vom Sozialwohnungsmarkt verschwunden. Aber nur alle 25 Minuten kommt eine durch Neubau hinzu. Das ist eine fatale Situation“, so Robert Feiger, Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft BAU. Auch die offiziellen Zahlen der Bundesregierung zeichnen ein düsteres Bild. Demnach hat sich die Anzahl der Sozialwohnungen in Deutschland in den letzten 15 Jahren fast halbiert. Die Gründe für diese Entwicklung: der soziale Wohnungsbau in Deutschland wird von Unternehmen der Immobilienwirtschaft größtenteils als unattraktiv wahrgenommen. Die im Vergleich zum frei finanzierten Wohnungsbau geringere Rendite, Mietpreisbindungen und eine abschreckende Wirkung des sozial schwachen Mieterklientels lassen viele Investoren zögern, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Auch die Förderprogramme werden seitens der Unternehmen als unzureichend kritisiert.

Dass zu wenige Sozialwohnungen gebaut werden, ist eine Binse. Der gesamte Wohnungsbauplan ist im Rückstand, wie eigentlich alles in der Politik. Dass die private Immobilienwirtschaft sich mit zu geringen Renditeerwartungen herausredet, ist ebenfalls bekannt und weist bereits auf eine grundsätzliche Fehlstellung hin: Die Renditenmaximierung beim Daseinsvorsorge-Element Wohnen. Die Privatisierungsorgien der 2000er wirken noch heute als Brandbeschleuniger für das, was in den Großstädten als #Mietenwahnsinn bezeichnet wird. Zuletzt sind die Mieten wieder mit einer Jahresrate von mehr als 6 Prozent gestiegen. Als sozial schwach würden wir übrigens eher diejenigen bezeichnen, die aus Mieter:innen versuchen, so viel wie möglich herauszuquetschen, nur, weil der stetig überhitzte Markt es gerade noch hergibt und ohne Rücksicht auf die Auswirkungen, die das in anderen Wirtschaftsbereichen haben kann.

Aber ist Ihnen aufgefallen, dass mehr Wohnungen vom Sozialwohnungsmarkt verschwinden als neue dazukommen? Wie kann das sein? Ist es den Wohnungen zu doof geworden in Deutschland und sie wandern aus? Vielleicht aus Selbstschutz, um nicht dem Atomkrieg zum Opfer zu fallen, den einige heraufbeschwören? Oder gehen in den Ruhestand, gar in den spekulativen #Leerstand? Solche Fälle gibt es wirklich, aber sie sind nicht die Hauptursache des vorgeblichen Verschwindens. Nein, diese Wohnungen fallen aus der Sozialbindung. Das ist ein Automatismus, der gegenwärtig in der Regel nach 20 Jahren eintritt. Damit werden immer wieder Wohnungen frei für die Renditetreiberei.

Der Fehler: Ende der 1980er Jahre wurde die Wohnungsgemeinnützigkeit abgeschafft, natürlich von einem Bauminister der schwarz-gelben Koalition, die damals das Land regierte. Seitdem ist die Erstellung von Wohnungen mit dauerhafter Sozialbindung nicht mehr möglich. Damit entfällt die Planungssicherheit und die Möglichkeit, Menschen dauerhaft eine günstige Bleibe zu ermöglichen. Dieser Vorgang ist ein Beweis dafür, dass nicht erst die Politik von Kanzler Schröder zum Rückbau sozialer Standards geführt hat, los ging es schon in den 1980ern, wie es die Neoliberalen von Beginn an wollten. Der Hauptfehler ist also uralt. Wenn er nicht behoben wird, bleibt das Ganze ein Rennen ohne Aussicht auf Erfolg.

Je mehr Wohnungen mit Sozialbindung gebaut werden, desto mehr Wohnungen fallen nach dem erwähnten Zeitraum wieder aus dieser Bindung. Doch irgendwann ist eine Grenze für den Neubau erreicht, die übrigens ökologisch auch sinnvoll ist. Es geht nicht darum, immer mehr Wohnungen im Luxussegment oder, möglicherweise mit diesen anteilig zusammengepackt, mit kurzfristiger Sozialbindung zu erstellen, sondern darum, dass die öffentliche Hand in Wohnungen zu bezahlbaren Mieten investiert. Auch genossenschaftliche und selbstverwaltete Modelle können zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen. Nicht jedoch private „Investoren“, die, wenn man die Statista-Informationen richtig liest, nur dann zum Bauen zu bewegen sind, wenn es um Luxusimmobilien geht, die nur von einer kleinen Minderheit zu erworben oder angemietet werden können.

In den letzten Jahrzehnten wurde alles getan, um Wohnungen für die Normalbevölkerung in großen Städten so unerschwinglich wie möglich zu machen, das gilt seit den 2010er Jahren auch für den käuflichen Erwerb. Das hat dazu geführt, dass vor der Krisenbündelung der letzten Jahre die Mietenbewegung in Städten wie Berlin die aktivste zivilgesellschaftliche Protestgruppe war. Zuletzt endete deren Engagement mit dem Sieg bei der Volksabstimmung „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ (2021 in Berlin im Rahmen der Bundestagswahl und der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus durchgeführt). Derzeit wird das Ergebnis dieser Bürger:innenabstimmung von der Berliner Politik in einen Ausschuss kanalisiert, von dem zu befürchten ist, dass er die Chance, die in dieser Abstimmung liegt, absichtlich zerstört und damit die Politik zulasten der Mehrheit fortsetzen wird.

Daran unter anderem sollten die Berliner:innen denken, wenn / falls sie am 12.02.2023 wieder zur Wahl gerufen werden. Was wirklich mit ihrem klar ausgedrückten Willen geschieht, wenn er Lobbyinteressen entgegensteht. Die Enteignung der privaten Großwohnkonzerne in Berlin würde auf einen Schlag mehr als 200.000 Wohnungen in der Stadt resozialisierbar machen (Rekommunalisierung = Resozialisierung). So viel Wohnraum kann man nach aller Erfahrung in dieser Stadt auch in zehn Jahren nicht neu bezugsfertig errichten. Nach gegenwärtigen Vorgaben muss man diesen Zeitraum mit drei multiplizieren, wenn es um die Neuerrichtung sozial gebundener Wohnungen geht.  

Lesen Sie auch unseren vorausgehenden Beitrag zum Thema #Housing

Wohnungslosigkeit ist meist ein langfristiges Problem (Statista + Kommentar) | Housing 1 | Armut, Wohnungslosigkeit, Obdachlosigkeit +++ Wohnungsmarkt +++ Mietpreise +++ Mietenwahnsinn, Wohnungsbau, Enteignung – DER WAHLBERLINER

TH

 

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