UPDATE: Radikal oder militant, zu radikal, zu wenig radikal +++ Klassenkampf? +++ Nachdenken über das Ganze +++ Neues zur „Letzte Generation“: Aktionen in Berlin +++ Strafurteile +++ Diskussionen mit hohem Lächerlichkeitsfaktor wg. Fehlbesetzung | Briefing 182 | Klima, Energie, Umwelt, KER

Briefing 182 | Klima, Umwelt |  Letzte Generation, Klassenkampf, Antikapitalismus

Wir müssen heute ein Update über unsren Artikel von vorgestern setzen, weil im „nd“ (Neues Deutschland) ein wirklich interessanter Artikel erschienen ist – die Sicht von Alt-Akvitist:innen aus verschiedenen Bewegungen auf die LG

Eine der damaligen Hamburger-Hafenstraße-Besetzerinnen ist heute bei der LG, die anderen halten sich eher zurück. Für sie gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte des Verständnisses, sogar der Bewunderung, aber auch der Kritik an der LG. Ein Kernpunkt war für mich dabei etwas, was ausgerchnet der im Ausgangsartikel -> besprochene Herr Amthor auch gesagt hat: Die Protestformen sind  zu radikal in Relation zu den Zielen der LG. Das können auch gestandene Antikapitalist:innen offenbar überschreiben. Eine gänzlich unvorhersehbare Querfront. 

Letztlich aber nur ein Beweis dafür, dass die gleichen Ansichten aus ganz unterschiedlichen Gründen entstehen können. 

Wie sieht es aus mit dem Klassenkampf?

Am Ende des Ausgangsartikels haben wir uns auf das soziale Korrektiv bezogen. Sehr harmlos im Vergleich zu dem, was die Aktivist:innen früherer Bewegungen gedacht, aber auch gemacht haben. Ein wichtiges Argument seitens der LG finde ich, dass die brisante Klimasituation es nicht zulässt, erst den Kapitalismus abzuschaffen und dann ein umweltgerechtes Leben zu führen. Da hatten die Bewegungen der 1970er und 1980er in der Tat einen anderen Horizont, rein zeitlich gesehen. Am besten einfinden kann ich mich persönlich in die Mietenbewegung. Aber wer sie kennt, weiß auch, wie fragil und vielgestaltig sie ist und wie wenig radikal auch in dieser Bewegung die meisten sind. 

Einig war man sich weitgehend über den Respekt davor, dass die LG-„Klimakleber“ viel persönlichen Mut beweisen. Eine andere Meinung gibt es auch dazu, nämlich, dass man der Polizei zu wenig Widerstand entgegensetzt. Das halte ich allerdings für schwierig. Ich habe am letzten Montag erstmals eine LG-Aktion beobachtet. Diese wenigen Menschen, die dazu noch mit Gewalt angegangen werden, das ist etwas anderes, als sich zu Hunderten in Häusern oder hinter Straßenbarrikaden und mit einigen, sagen wir mal, Gegenmitteln in den Kampf zu begeben. 

Kann man daraus nicht auch ableiten, dass die LG im Grunde bürgerlich ist.

Da kann man mal sehen, wie rechtsradikal die meisten „Bürgerlichen“ sind, wenn das stimmt, die die LG am liebsten zusammenschießen lassen würden. In den Zielen ist die LG viel konservativer als die Kämpen von einst, das ist sicher. Aber, siehe oben, sie glaubt, sie hat nicht die Perspektive, um jahrzehntelang gegen den Kapitalismus angehen zu können. Und was auch in dem Artikel gesagt wird: Bisherige Umweltbewegungen sind im Grunde gescheitert, sonst wären die Klimaziele jetzt nicht in Gefahr. 

Wer von denen, mit denen das „nd“ gesprochen hat, liegt richtig?

Verständnis habe ich für alle und ich fände es schade, wenn zwischen der LG und anderen Bewegungen nichts laufen würde. Ich bin immer für einen integrativen Ansatz, denn es geht wirklich nur zusammen und mit breiter Akzeptanz, wie damals im Wendland, das Beispiel wurde als gelungener Protestzyklus angeführt. Diese Akzeptanz hat die LG nicht, das ist durchaus ein Problem. Warum das so ist und wie man versucht, die Bevölkerung gegen sie aufzuhetzen, habe ich im Ausgangsartikel dargestellt. Und damit sind wir wieder beim Klassenkampf.

Ich finde es berührend, dass Menschen daran festhalten, wie mehrere der Interviewten, mit unterschiedlicher Ausprägung. Gehen Sie mal in die Linke, da sind Sie als Klassenkämpfer:in lost. Das gilt auch für die Kommunisten dort, die sich darin gefallen, Antiimperialismus nur dann gelten zu lassen, wenn Putins aggressives Oligarchensystem nicht diskutiert werden darf. Das ist wirklich bitter und ich glaube, diejenigen, die vor 30, 40 Jahren richtig überzeugt dabei waren, ziehen heute ihren Honig nicht aus dem Erfolg, sondern daraus, dass sie wissen, gerade die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte geben ihnen recht.

Die letzten Jahrzehnte?

Seit der Wende, der Auflösung des Ostblocks, fühlt sich das Kapital so sicher, dass es immer repressiver wird. Manche Bewegung hätte bei anhaltender Blockbildung mehr Erfolg gehabt, man hätte mehr auf sie gehört und sie wäre in der Bevölkerung mehr verankert gewesen, als das angesichts des „Endes der Geschichte“ ab den 1990ern der Fall war. Außerdem war der Misserfolg des Realsozialismus natürlich auch ein Misserfolg für die Antikapitalisten. Wir bemühen uns deshalb immer, klarzustellen, dass es sich in den Ostsystemen um einen grottenschlecht gemanagten Staatskapitalismus, nicht um Sozialismus handelte. 

Die Klimabewegung muss also heute auf eine dezidierte antikapitalistische Untermauerung verzichten, wie sie bei der Anti-AKW-Bewegung bei vielen Menschen noch gegeben war. Ihnen ging es ums Ganze, und einige von ihnen gingen auch aufs Ganze. Die Anti-AKW-Bewegung ist jetzt auserzählt, wie wir wissen, und die bürgerlich-neoliberal erzogenen Kids von heute müssen sich ums Klima kümmern, weil unsere Generation, die politisch viel fundierter unterwegs war, es nicht hinbekommen hat, wirklich etwas zu ändern. Deswegen bin ich vorsichtig damit, auch angesichts vieler, die sich mit der Zeit verbürgerlicht haben, die LG oder FFF für ihre mangelhafte Durchdringung  oder auch Ideologisierung zu kritisieren und verweise nur auf die Pflicht zur sozialen Abfederung der notwendigen Änderungen im Sinne des Klimschutzes. 

War früher die Toleranz des Staates wirklich größer?

Schwer zu sagen, es gibt ja kaum vergleichbare Situationen. Manchmal noch, wenn Linke sich zur Verteidigung eines Häuserprojekts zusammenfinden, aber die Verhältnisse sind ungleicher geworden. Für mich stellt sich auch die Frage nach der gesellschaftlichen Akzpetanz. Wenn schon FFF keine Bevölkerungsmehrheit hinter sich bringt, obwohl das doch eine sehr sympathische Angelengeheit ist, wird es mit radikaleren Protestformen grundsätzlich schwierig , deshalb bin ich der Meinung, sie müssen nicht mehrheitsfähig sein, sondern relevant.

Aber nicht unbedingt antikapitalistisch.

Wir sehen doch gerade, wie Antikapitalismus funktioniert und wie er nicht funktioniert: Das Enteignungsvolksbegehren in Bezug auf ca. 230.000 Wohnungen steht für beide Erkenntnisse. Eine breite Mehrheit in Berlin war für einen antikapitalistischen Move, dem größten seit der Wende, auch wenn er nur einen Bereich der Daseinsvorsorge betraf und gar nicht vollständig sein konnte. Und was macht die Politik? Was wird jetzt die Rückschrittskoalition daraus machen? Und haben wir als Zivilgesellschaft eine echte Chance, uns durchzusetzen? Vielleicht werden Demos zum 1. Mai wieder zünftiger werden, die neue Berliner Stadtregierung bietet die breiteste Angriffsfläche für alle Progressiven seit vielen Jahren. Aber wird irgendein Protest praxiswirksam werden? Ich kann daher auch die verstehen, die unsere Form der Demokratie für obsolet halten, weil sie selbst eine maßvolle Systemanpassung nicht ermöglicht. Hier regieren die Lobbys, das Kapital, nicht die Bevölkerungsmehrheit. Die Mehrheit allerdings, das muss ich immer wieder betonen, so unterkomplex ist, gegen ihre eigenen Interessen zu votieren, sonst könnten Parteien wie die FDP nicht über 5 Prozent, die Union nicht über 20 Prozent kommen, für eine wirklich linke Partei wäre viel Raum, 30 bis 40 Prozent der Wähler:innenmüsste eine solche Kraft den Verhältnissen in Deutschland entsprechend erreichen. Die gegenwärtige Linke ist für eine solche Mobilisierung komplett ungeeignet.

Wir stehen aber schon auf dem Boden der Verfassung.

Das Grundsgestz würde viele andere Möglichkeiten bieten als den gegenwärtigen Neoliberalismus. Aber es müsste an manchen Stellen, die keinen „Ewigkeitscharakter“ haben, auch geändert werden, damit ein menschenfreundliches System nachhaltig etabliert werden kann. Solche Änderungen sind verfassungskonform.

Auch eine grenzenlose Gesellschaft?

Ob z. B. eine staatenlose Gesellschaft mit einer Norm vereinbar wäre, die dem Staat bestimmte Aufgaben zuweist und bestimmte Leitplanken setzt, die sich nur durch die Etablierung einer staatlichen Organisation einhalten lassen, ist eine Frage, die wir in den Zeiten des wiedererstarkenden Nationalismus nicht beantworten müssen. Wir sind so weit von einer solchen Utopie entfernt. 

Jetzt sind wir etwas von der Klimaschutzbewegung abgekommen.

Ich habe eben auch mal im Ganzen gedacht, denn für mich inkludiert der Klassenkampf auch den Klimaschutz, mehr als umgekehrt. Viele glauben, dass Klimaschutz ohne eine Veränderung der Produktionsbesitzverhältnisse möglich ist, ich sehe das anders, lasse aber das Zeitargument gelten. Weltweit betrachtet, spricht einiges aber wiederum für das Denken gegen das Klassensystem: In vielen Ländern ist nicht einmal abzusehen, dass der CO2-Ausstoß zurückgeht, und es sind wichtige Länder. Länder, die sich auf einen schwindelerregenden privatkapitalistischen Auftrieb verlassen, wie Indien, oder eine Mischung aus Staats- und Privatkapitalismus in ähnlichen Dimensionen stützen, wie China. Selbst wenn wir sagen, wir sind viel weiter, wie soll das alles ohne eine weltweite Umwälzung der Strukturen gebremst und gelenkt werden? Wir sind übrigens nicht viel weiter, im Gegenteil. Deutschland macht sich mit der Art seiner Krisenbewältigung eher lächerlich und wird anderen Ländern, die besser durch diese Krisen kommen, vordergründig, kurzfristig zumindest, nicht als Vorbild dienen.

Also muss das Vorbild internationalistischer Antikapitalismus sein, von dem aus auch die Klimafrage gedacht wird. Der Kampf gegen die immerwährende Marginalisierung der Mehrheit kann überall unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und der Möglichkeiten im Sinne dessen, was die Staatsprepression (noch) zulässt, ohne dass Menschen vom System ermordet werden, geführt werden. Wie weit geht man da persönlich? So weit wie die Aktivist:innen früher oder sogar noch weiter, man rechnet mit dem Tod für die gute Sache? Sieht sich als Soldat,:in der / die dafür bereit ist zu sterben?

Das ist kein Thema, dem sich FFF oder die LG annehmen können, dieser Absolutheit können sie sich nicht stellen. Das überfordert die Klimaschutzbewegungen schlichtweg und die notabene meist bürgerlichen Kids, die dort unterwegs sind. Das war auch immer nur eine Sache für eine kleine Minderheit, die sich als Speerspitze betrachtete. Deswegen gab es auch nur einmal, nach dem NATO-Doppelbeschluss von 1979, eine wirklich großangelegte Demokultur in Deutschland über Jahre hinweg. Friedens- und Umweltbewegung konnten miteinander, dafür war die ideologische Basis gerade breit genug. 

TH

*** 27.04.2023***

Die Aktionen der „Letzte Generation“ erhitzen weiterhin die Gemüter. Ist Klimaschutz ein Tatbestand, ein Notstand, der individuelle Notwehr rechtfertigt, also auch Gewalt?

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) sagt: nein, zumindest generell Straßenproteste betreffend, die den Verkehr beeinträchtigen.  Urteil zum Protest der „Letzten Generation“: Wer sich festklebt, muss haften (tagesspiegel.de) Das Bundesverfassungsgericht sieht das aber anders, wie im selben Artikel nachzulesen ist. Normalerweise kann der BGH, gleich ob in Zivil- oder Strafsachen, das Bundesverfassungsgericht nicht „überstimmen“, Strafverfahren gegen LG-Angehörige sind nach meinem Wissensstand aber noch gar nicht vor dem BGH gelandet, also handelt sich um eine Argumentation, die sich früherer Fälle aus anderen Gründen bedient, um daraus abzuleiten, wie der BGH bezüglich der Blockaden der LG entscheiden würde.

Gestern Abend kam es bei „Maischberger“ zu diesem Thema und es wurde offenbar sehr kontrovers diskutiert.

Hier kann man die Beteiligten und die Positionen nachlesen: Verhärtete Fronten: Am Ende bekommt sogar Maischberger etwas ab | WEB.DE. Leider hat sich die Diskussion offensichtlich an den Rettungswagen festgefahren, die nicht mehr durchkommen, wenn die LG eine Straße blockiert. Ich habe übrigens am Montag auf dem Weg zur Arbeit erstmals eine Generation der LG gesehen, an der Schöneberger Hauptstraße. Als Fahrradfahrer war ich davon natürlich nicht beeinträchtigt. Das ergibt auch Sinn: Wer in der Stadt umweltfreundlich unterwegs ist, darf auch mal schneller vorankommen.

Die „taz“ hat über die Aktionen des vergangenen Montags berichtet, auch die angewsprochene wurde erwähnt: Letzte Generation in Berlin: Kurz mal still gestanden – taz.de.

Das ändert aber nichts am Problem mit den Rettungseinsätzen.

Das ist ein Knackpunkt, ich war froh, dass die ersten Fälle dieser Art sich letztlich als Fehlinformationen erwiesen haben, gestreut von Gegnern der LG. Ich bin auch Autofahrer, unbeschadet der Tatsache, dass ich kaum noch fahre, früher war ich aus beruflichen Gründen viel unterwegs. Ich stelle mir gerade das Argument vom „verschobenen Verkehr“ vor, der durch die LG entstehen soll, das in der gestrigen Diskussion aufkam. Ich kann das nicht nachvollziehen. Was ist an einem Stau, der durch die LG entsteht, anders als einer, der durch einen Verkehrsunfall verursacht wird? Wenn sich also alle korrekt verhalten, die in diesem Stau stehen, ist auch eine Rettungsgasse möglich. Deswegen streichen wir hier mal das „überheblich“ aus dem Artikeltext. Rein sachlich ist es richtig, was Frau Hinrichs von der LG sagt.

Wenn sich allerdings Autofahrer aus ihren Fahrzeugen begeben, die Türen offen lassen, nicht rechtzeitig in ihre Autos kommen, wenn Rettungswagen auftauchen, also z. B.  mit den Klimaaktivist:innen diskutieren oder miteinander, anstatt diszipliniert zu bleiben, und dadurch Verzögerungen entstehen, ist das ein ganz anderer Fall. Da muss man sich wirklich die konkrete Situation anschauen. Das Festkleben auf der Straße an sich ist für mich auf keinen Fall ein Straftatbestand.

Wir folgen also weiterhin der Argumentation, dass die Klimapolitik der Bundesregierung einen Notstand hervorbringt, der auch Widerstand dieser Art zulässt?

Grundsätzlich ja.

In der gestrigen Fernsehdiskussion hat Philipp Amthor gesagt, FFF sei wesentlich näher am Kern der Sache als die LG.

Dass die CDU solche Typen vorsprechen lässt, sagt, dass in dieser Partei Klimaschutz immer noch nicht ernstgenommen wird. In Wirklichkeit ist es lächerlich, Leute wie Amthor auf diese Weise wieder aufbauen zu wollen. Ich gebe mal wieder, was ChatGPT (verfassen, mittellang, Absatz, informativ) über Amthor schreibt:

Philipp Amthor ist ein junger CDU-Politiker, der für seine konservativen und kontroversen Äußerungen bekannt ist. Er hat sich mehrfach negativ über die Klimabewegung Fridays for Future (FFF) geäußert und sie als „Schulschwänzer“ und „Klimahysteriker“ bezeichnet. Er wirft FFF vor, keine konstruktiven Lösungen zu bieten und die Wirtschaft zu gefährden. Amthor steht auch wegen seiner Lobbytätigkeit für ein amerikanisches Sicherheitsunternehmen in der Kritik, für das er Anteilsoptionen erhalten hat.

Noch Fragen? Kürzer kann man den Weg zwischen Äußerungen und den Gründen dafür nicht beschreiben. Politiker sind meistens ganz leicht zu entschlüsseln, wenn man ihre Hintergründe kennt.

Es geht also darum, dass diese Politiker auf die Vergesslichkeit der Menschen setzen?

Es geht darum, dass die Klimabewegung gespalten werden soll, wie jede progressive Bewegung vom reaktionären Mob schon immer auf diese Weise und mit viel Geld im Rücken angegangen wurde. Ich empfehle FFF dringend, mit distanzierenden Äußerungen in Bezug auf die LG vorsichtig zu sein. Es muss wirklich ein konkreter Schaden für Leib und Leben bei jemandem entstanden sein, damit man eine Aktion der LG nach meiner Ansicht strafrechtlich ahnden darf und ablehnen sollte.

Heute ist aber in Berlin ein erstes Strafurteil gegen eine Aktivisten der LG gefällt wurden. Haft ohne Bewährung. Erstes Urteil dieser Art: Haft ohne Bewährung für Klimaschützerin | WEB.DE

Wenn man die Begründung liest, kann man ein Schwindelgefühl bekommen. In Berlin sind Polizei und Justiz gerne repressiv gegen Menschen, die sich für etwas Gutes einsetzen, hingegen werden die Rechten und das Kapital und auch das organisierte Verbrechen geradezu verhätschelt. Alles, wo die Stulle gebuttert ist oder was gefährlich werden könnte, wird rechtsstaatlich gerne mit mehreren zugdrückten Augen behandelt, dafür werden Menschen, die sich für die Zukunft einsetzen, sei es von links im sozialen Bereich  oder jetzt für den Klimaschutz, oft gewaltsam angegangen. Da geht es übrigens eindeutig um Gewalt, nämlich um übergriffige Polizeigewalt.

Aber der Schaden in der Galerie?

Ich hatte mich in einem früheren Artikel schon zu den Klebeaktionen in Museen oder Galerien geäußert. Solange nicht das Kunstwerk selbst beschädigt wird oder etwa ein Rahmen, der sozusagen ein Original ist und als dem Kunstwerk zugehörig betrachtet werden kann, ist es ein Witz, eine Haftstrafe anzuordnen. Die gab es zwar nicht allein wegen dieser Aktion, aber gerade dieser Teil zeigt, wie bei uns Politik mit Rechtsprechung gemacht wird. Absolutes Unverständnis für dieses Urteil. Ich hoffe, im nächsten Rechtszug wird ein Urteil gefällt, welches das Maß der Dinge im Blick hat. Von mir aus soll die Aktivistin dann den Zeitwert des Bildrahmens ersetzen. Das war’s dann aber auch. Schon das ist albern, angesichts der Kosten, welche die mangelhafte deutsche Klimaschutzpolitik verursacht.

Für alle, die von der Justiz wegen ihrer Teilnahme an Aktionen der LG angegangen werden, hier noch ein Link: Rechtliches – Letzte Generation 🧡

Das System, das uns auf den Abgrund zurasen lässt, versucht sich selbst zu erhalten und unseren Protest zu unterdrücken. Die Repressionen, die auf uns zukommen, können hart werden und sehr belastend sein, heißt es auf der Seite. Ist das nicht etwas überzogen?

Als die ersten Schüler:innen freitags nicht zum Unterricht gingen, hieß es auch: Ist das nicht etwas überzogen? Als die ersten Arbeiter:innen gegen ihre Rechtlosigkeit und ihre miesen Arbeitsbedingungen auf die Straße gingen, schüttelte das ausbeutende Kapital in toto den Kopf und sagte: Ist das nicht etwas überzogen? Die Leute sollen froh sein, dass sie einen Job bei uns haben, egal, ob sie dadurch mit 30 sterben. Der weite Bogen ist Absicht, um klarzustellen, dass immer dieselben Mechanismen wirken, wenn es der herrschenden Klasse und ihren politischen Diener:innen darum geht, den Fortschritt abzuwehren. Eine gewisse Radikalität, was nichts anderes bedeutet, als das Übel von der Wurzel her anzugehen, ist notwendig, damit Aufmerksamkeit erzielt wird. Besonders in dieser trägen heutigen Gesellschaft.

Dass ich dabei sage, es darf kein Schaden für Menschen entstehen, ist angesichts früherer Berliner Verhältnisse, bei denen soziale Unruhen richtig Stress für den Staat verursacht hatten, doch eher moderat.

Ein Vorwurf gegen die LG ist, dass sie die erwähnte Gesellschaft spaltet und die Akzeptanz der Bevölkerung für den Klimaschutz damit nicht steigert, sondern mindert.

Selbst, wenn man mit der Ausführung der Aktionen der LG nicht einverstanden ist, kann man doch nicht so blöd sein, deswegen den Klimaschutz abzulehnen. Die Gesellschaft soll mit solchen Argumenten gespalten werden, das ist der Punkt.

Selbst bei den Grünen gibt es eine Abwehrhaltung gegenüber der LG.

Das kommt davon, dass die Grünen sich schrittweise vom Fortschritt entfernt haben. Je mehr Regierung, je mehr Neoliberalismus und Bellizismus in dieser Partei sich breitmachen, desto lahmer und auch unglaubwürdiger wird sie in Sachen Umwelt und Klima. Das ist nicht die Schuld der LG. Würden die Grünen das tun, wofür sie einmal gestartet waren, nämlich die Welt retten, anstatt den durchaus diskussionswürdigen Atomkraftausstieg zum jetzigen Zeitpunkt als quasi das Erreichen des Endsiegs zu feiern, gäbe es keine LG und gäbe es, auf andere Länder mitübertragen, wohl auch keine FFF-Bewegung. Nochmals: Deren Sprecher:innen sollten die LG nicht als neue Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der notabene trägen Gesellschaft begreifen, sondern als Partnerorganisation. Verschiedene Wege, ein gemeinsames Ziel. Die genehmigte Großdemo und die nicht genehmigte Straßenaktion sind zwei Varianten des Einsatzes für dieselbe gute Sache.

Es ist sowieso alles eins, wie zum Beispiel das Klima und das Soziale.

Ich war bei der ersten Nach-Corona-Demo von FFF dabei auch als Dank dafür, dass sich FFF hinter das Enteignungsvolksbegehren in Berlin gestellt hat. Ich habe immer die Sorge, dass vor allem die Ärmeren unter dem leiden müssen, was sowohl von der konservativen als auch von der progressiven Seite verändert wird, aber es ist unsere Sache als Zivilgesellschaft, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, in dem Zusammenhang verbietet sich jede Ironie. Man kann aber nicht für alles gleichzeitig als Aktivist:in auftreten, die Gefahr, dass Außenstehende eine Verengung wahrnehmen, ist unzweifelhaft gegeben. Ich finde es schwierig genug, dem Druck aus Politik, Medien und Justiz standzuhalten und weiterhin für die LG unterwegs zu sein. Dafür muss man viel Kraft aufbringen. Man darf auch Leidenschaft für eine gute Sache nicht mit Hysterie gleichsetzen. Das ist da Gleiche, wie Gerechtigkeitsgefühl als Neid zu diffamieren. Was ich von dieser neoliberalen Gleichung halte, habe ich mehrfach erläutert.

TH

 

 

 

 

Die Aktionen der „Letzte Generation“ erhitzen weiterhin die Gemüter. Ist Klimaschutz ein Tatbestand, ein Notstand, der individuelle Notwehr rechtfertigt, also auch Gewalt?

Der Bundesgerichtshof (BGH) sagt: nein, zumindest generell Straßenproteste betreffend, die den Verkehr beeinträchtigen.  Urteil zum Protest der „Letzten Generation“: Wer sich festklebt, muss haften (tagesspiegel.de) Das Bundesverfassungsgericht sieht das aber anders, wie im selben Artikel nachzulesen ist. Normalerweise kann der BGH, gleich ob in Zivil- oder Strafsachen, das Bundesverfassungsgericht nicht „überstimmen“, Strafverfahren gegen LG-Angehörige sind nach meinem Wissensstand aber noch gar nicht vor dem BGH gelandet, also handelt sich um eine Argumentation, die sich früherer Fälle aus anderen Gründen bedient, um daraus abzuleiten, wie der BGH bezüglich der Blockaden der LG entscheiden würde.

Gestern Abend kam es bei „Maischberger“ zu diesem Thema und es wurde offenbar sehr kontrovers diskutiert.

Hier kann man die Beteiligten und die Positionen nachlesen: Verhärtete Fronten: Am Ende bekommt sogar Maischberger etwas ab | WEB.DE. Leider hat sich die Diskussion offensichtlich an den Rettungswagen festgefahren, die nicht mehr durchkommen, wenn die LG eine Straße blockiert. Ich habe übrigens am Montag auf dem Weg zur Arbeit erstmals eine Generation der LG gesehen, an der Schöneberger Hauptstraße. Als Fahrradfahrer war ich davon natürlich nicht beeinträchtigt. Das ergibt auch Sinn: Wer in der Stadt umweltfreundlich unterwegs ist, darf auch mal schneller vorankommen.

Die „taz“ hat über die Aktionen des vergangenen Montags berichtet, auch die angewsprochene wurde erwähnt: Letzte Generation in Berlin: Kurz mal still gestanden – taz.de.

Das ändert aber nichts am Problem mit den Rettungseinsätzen.

Das ist ein Knackpunkt, ich war froh, dass die ersten Fälle dieser Art sich letztlich als Fehlinformationen erwiesen haben, gestreut von Gegnern der LG. Ich bin auch Autofahrer, unbeschadet der Tatsache, dass ich kaum noch fahre, früher war ich aus beruflichen Gründen viel unterwegs. Ich stelle mir gerade das Argument vom „verschobenen Verkehr“ vor, der durch die LG entstehen soll, das in der gestrigen Diskussion aufkam. Ich kann das nicht nachvollziehen. Was ist an einem Stau, der durch die LG entsteht, anders als einer, der durch einen Verkehrsunfall verursacht wird? Wenn sich also alle korrekt verhalten, die in diesem Stau stehen, ist auch eine Rettungsgasse möglich. Deswegen streichen wir hier mal das „überheblich“ aus dem Artikeltext. Rein sachlich ist es richtig, was Frau Hinrichs von der LG sagt.

Wenn sich allerdings Autofahrer aus ihren Fahrzeugen begeben, die Türen offen lassen, nicht rechtzeitig in ihre Autos kommen, wenn Rettungswagen auftauchen, also z. B.  mit den Klimaaktivist:innen diskutieren oder miteinander, anstatt diszipliniert zu bleiben, und dadurch Verzögerungen entstehen, ist das ein ganz anderer Fall. Da muss man sich wirklich die konkrete Situation anschauen. Das Festkleben auf der Straße an sich ist für mich auf keinen Fall ein Straftatbestand.

Wir folgen also weiterhin der Argumentation, dass die Klimapolitik der Bundesregierung einen Notstand hervorbringt, der auch Widerstand dieser Art zulässt?

Grundsätzlich ja.

In der gestrigen Fernsehdiskussion hat Philipp Amthor gesagt, FFF sei wesentlich näher am Kern der Sache als die LG.

Dass die CDU solche Typen vorsprechen lässt, sagt, dass in dieser Partei Klimaschutz immer noch nicht ernstgenommen wird. Ich gebe mal wieder, was ChatGPT (verfassen, mittellang, Absatz, informativ) über Amthor schreibt:

Philipp Amthor ist ein junger CDU-Politiker, der für seine konservativen und kontroversen Äußerungen bekannt ist. Er hat sich mehrfach negativ über die Klimabewegung Fridays for Future (FFF) geäußert und sie als „Schulschwänzer“ und „Klimahysteriker“ bezeichnet. Er wirft FFF vor, keine konstruktiven Lösungen zu bieten und die Wirtschaft zu gefährden. Amthor steht auch wegen seiner Lobbytätigkeit für ein amerikanisches Sicherheitsunternehmen in der Kritik, für das er Anteilsoptionen erhalten hat.

Noch Fragen? Kürzer kann man den Weg zwischen Äußerungen und den Gründen dafür nicht beschreiben. Politiker sind meistens ganz leicht zu entschlüsseln, wenn man ihre Hintergründe kennt.

Es geht also darum, dass diese Politiker auf die Vergesslichkeit der Menschen setzen?

Es geht darum, dass die Klimabewegung gespalten werden soll, wie jede progressive Bewegung vom reaktionären Mob schon immer auf diese Weise und mit viel Geld im Rücken angegangen wurde. Ich empfehle FFF dringend, mit distanzierenden Äußerungen in Bezug auf die LG vorsichtig zu sein. Es muss wirklich ein konkreter Schaden für Leib und Leben bei jemandem entstanden sein, damit man eine Aktion der LG nach meiner Ansicht strafrechtlich ahnden darf und ablehnen sollte.

Heute ist aber in Berlin ein erstes Strafurteil gegen eine Aktivisten der LG gefällt wurden. Haft ohne Bewährung. Erstes Urteil dieser Art: Haft ohne Bewährung für Klimaschützerin | WEB.DE

Wenn man die Begründung liest, kann einem schwindelig werden. In Berlin sind Polizei und Justiz gerne repressiv gegen Menschen, die sich für etwas Gutes einsetzen, hingegen werden die Rechten und das Kapital und auch das organisierte Verbrechen geradezu verhätschelt. Alles, wo die Stulle gebuttert ist oder was gefährlich werden könnte, wird umgangen, dafür werden Menschen, die sich für die Zukunft einsetzen, sei es von links im sozialen Bereich  oder jetzt für den Klimaschutz, angegangen.

Aber der Schaden in der Galerie?

Ich hatte mich in einem früheren Artikel schon zu den Klebeaktionen in Museen oder Galerien geäußert. Solange nicht das Kunstwerk selbst beschädigt wird oder etwa ein Rahmen, der sozusagen ein Original ist und als dem Kunstwerk zugehörig betrachtet werden kann, ist es ein Witz, eine Haftstrafe anzuordnen. Die gab es zwar nicht allein wegen dieser Aktion, aber gerade dieser Teil zeigt, wie bei uns Politik mit Rechtsprechung gemacht wird. Absolutes Unverständnis für dieses Urteil. Ich hoffe, im nächsten Rechtszug wird ein Urteil gefällt, welches das Maß der Dinge im Blick hat. Von mir aus soll die Aktivistin dann den Zeitwert des Bildrahmens ersetzen. Das war’s dann aber auch. Schon das ist albern, angesichts der Kosten, welche die mangelhafte deutsche Klimaschutzpolitik verursacht.

Für alle, die von der Justiz wegen ihrer Teilnahme an Aktionen der LG angegangen werden, hier noch ein Link: Rechtliches – Letzte Generation 🧡

Das System, das uns auf den Abgrund zurasen lässt, versucht sich selbst zu erhalten und unseren Protest zu unterdrücken. Die Repressionen, die auf uns zukommen, können hart werden und sehr belastend sein, heißt es auf der Seite. Ist das nicht etwas überzogen?

Als die ersten Schüler:innen freitags nicht zum Unterricht gingen, hieß es auch: Ist das nicht etwas überzogen? Als die ersten Arbeiter:innen gegen ihre Rechtlosigkeit und ihre miesen Arbeitsbedingungen auf die Straße gingen, schüttelte das ausbeutende Kapital in toto den Kopf und sagte: Ist das nicht etwas überzogen? Die Leute sollen froh sein, dass sie einen Job bei uns haben, egal, ob sie dadurch mit 30 sterben. Der weite Bogen ist Absicht, um klarzustellen, dass immer dieselben Mechanismen wirken, wenn es der herrschenden Klasse und ihren politischen Diener:innen darum geht, den Fortschritt abzuwehren. Eine gewisse Radikalität, was nichts anderes bedeutet, als das Übel von der Wurzel her anzugehen, ist notwendig, damit Aufmerksamkeit erzielt wird. Besonders in dieser trägen heutigen Gesellschaft.

Dass ich dabei sage, es darf kein Schaden für Menschen entstehen, ist angesichts früherer Berliner Verhältnisse, bei denen soziale Unruhen richtig Stress für den Staat verursacht hatten, doch eher moderat.

Ein Vorwurf gegen die LG ist, dass sie die erwähnte Gesellschaft spaltet und die Akzeptanz der Bevölkerung für den Klimaschutz damit nicht steigert, sondern mindert.

Selbst, wenn man mit der Ausführung der Aktionen der LG nicht einverstanden ist, kann man doch nicht so blöd sein, deswegen den Klimaschutz abzulehnen. Die Gesellschaft soll mit solchen Argumenten gespalten werden, das ist der Punkt.

Selbst bei den Grünen gibt es eine Abwehrhaltung gegenüber der LG.

Das kommt davon, dass die Grünen sich schrittweise vom Fortschritt entfernt haben. Je mehr Regierung, je mehr Neoliberalismus und Bellizismus in dieser Partei sich breitmachen, desto lahmer und auch unglaubwürdiger wird sie in Sachen Umwelt und Klima. Das ist nicht die Schuld der LG. Würden die Grünen das tun, wofür sie einmal gestartet waren, nämlich die Welt retten, anstatt den durchaus diskussionswürdigen Atomkraftausstieg zum jetzigen Zeitpunkt als quasi das Erreichen des Endsiegs zu feiern, gäbe es keine LG und gäbe es, auf andere Länder mitübertragen, wohl auch keine FFF-Bewegung. Nochmals: Deren Sprecher:innen sollten die LG nicht als neue Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der notabene trägen Gesellschaft begreifen, sondern als Partnerorganisation. Verschiedene Wege, ein gemeinsames Ziel. Die genehmigte Großdemo und die nicht genehmigte Straßenaktion sind zwei Varianten des Einsatzes für dieselbe gute Sache.

Es ist sowieso alles eins, wie zum Beispiel das Klima und das Soziale.

Ich war bei der ersten Nach-Corona-Demo von FFF dabei auch als Dank dafür, dass sich FFF hinter das Enteignungsvolksbegehren in Berlin gestellt hat. Ich habe immer die Sorge, dass vor allem die Ärmeren unter dem leiden müssen, was sowohl von der konservativen als auch von der progressiven Seite verändert wird, aber es ist unsere Sache als Zivilgesellschaft, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, in dem Zusammenhang verbietet sich jede Ironie. Man kann aber nicht für alles gleichzeitig als Aktivist:in auftreten, die Gefahr, dass Außenstehende eine Verengung wahrnehmen, ist unzweifelhaft gegeben. Ich finde es schwierig genug, dem Druck aus Politik, Medien und Justiz standzuhalten und weiterhin für die LG unterwegs zu sein. Dafür muss man viel Kraft aufbringen. Man darf auch Leidenschaft für eine gute Sache nicht mit Hysterie gleichsetzen. Das ist da Gleiche, wie Gerechtigkeitsgefühl als Neid zu diffamieren. Was ich von dieser neoliberalen Gleichung halte, habe ich mehrfach erläutert.

TH

 

 

 

 

 

Die Aktionen der „Letzte Generation“ erhitzen weiterhin die Gemüter. Ist Klimaschutz ein Tatbestand, ein Notstand, der individuelle Notwehr rechtfertigt, also auch Gewalt?

Der Bundesgerichtshof (BGH) sagt: nein, zumindest generell Straßenproteste betreffend, die den Verkehr beeinträchtigen.  Urteil zum Protest der „Letzten Generation“: Wer sich festklebt, muss haften (tagesspiegel.de) Das Bundesverfassungsgericht sieht das aber anders, wie im selben Artikel nachzulesen ist. Normalerweise kann der BGH, gleich ob in Zivil- oder Strafsachen, das Bundesverfassungsgericht nicht „überstimmen“, Strafverfahren gegen LG-Angehörige sind nach meinem Wissensstand aber noch gar nicht vor dem BGH gelandet, also handelt sich um eine Argumentation, die sich früherer Fälle aus anderen Gründen bedient, um daraus abzuleiten, wie der BGH bezüglich der Blockaden der LG entscheiden würde.

Gestern Abend kam es bei „Maischberger“ zu diesem Thema und es wurde offenbar sehr kontrovers diskutiert.

Hier kann man die Beteiligten und die Positionen nachlesen: Verhärtete Fronten: Am Ende bekommt sogar Maischberger etwas ab | WEB.DE. Leider hat sich die Diskussion offensichtlich an den Rettungswagen festgefahren, die nicht mehr durchkommen, wenn die LG eine Straße blockiert. Ich habe übrigens am Montag auf dem Weg zur Arbeit erstmals eine Generation der LG gesehen, an der Schöneberger Hauptstraße. Als Fahrradfahrer war ich davon natürlich nicht beeinträchtigt. Das ergibt auch Sinn: Wer in der Stadt umweltfreundlich unterwegs ist, darf auch mal schneller vorankommen.

Die „taz“ hat über die Aktionen des vergangenen Montags berichtet, auch die angewsprochene wurde erwähnt: Letzte Generation in Berlin: Kurz mal still gestanden – taz.de.

Das ändert aber nichts am Problem mit den Rettungseinsätzen.

Das ist ein Knackpunkt, ich war froh, dass die ersten Fälle dieser Art sich letztlich als Fehlinformationen erwiesen haben, gestreut von Gegnern der LG. Ich bin auch Autofahrer, unbeschadet der Tatsache, dass ich kaum noch fahre, früher war ich aus beruflichen Gründen viel unterwegs. Ich stelle mir gerade das Argument vom „verschobenen Verkehr“ vor, der durch die LG entstehen soll, das in der gestrigen Diskussion aufkam. Ich kann das nicht nachvollziehen. Was ist an einem Stau, der durch die LG entsteht, anders als einer, der durch einen Verkehrsunfall verursacht wird? Wenn sich also alle korrekt verhalten, die in diesem Stau stehen, ist auch eine Rettungsgasse möglich. Deswegen streichen wir hier mal das „überheblich“ aus dem Artikeltext. Rein sachlich ist es richtig, was Frau Hinrichs von der LG sagt.

Wenn sich allerdings Autofahrer aus ihren Fahrzeugen begeben, die Türen offen lassen, nicht rechtzeitig in ihre Autos kommen, wenn Rettungswagen auftauchen, also z. B.  mit den Klimaaktivist:innen diskutieren oder miteinander, anstatt diszipliniert zu bleiben, und dadurch Verzögerungen entstehen, ist das ein ganz anderer Fall. Da muss man sich wirklich die konkrete Situation anschauen. Das Festkleben auf der Straße an sich ist für mich auf keinen Fall ein Straftatbestand.

Wir folgen also weiterhin der Argumentation, dass die Klimapolitik der Bundesregierung einen Notstand hervorbringt, der auch Widerstand dieser Art zulässt?

Grundsätzlich ja.

In der gestrigen Fernsehdiskussion hat Philipp Amthor gesagt, FFF sei wesentlich näher am Kern der Sache als die LG.

Dass die CDU solche Typen vorsprechen lässt, sagt, dass in dieser Partei Klimaschutz immer noch nicht ernstgenommen wird. Ich gebe mal wieder, was ChatGPT (verfassen, mittellang, Absatz, informativ) über Amthor schreibt:

Philipp Amthor ist ein junger CDU-Politiker, der für seine konservativen und kontroversen Äußerungen bekannt ist. Er hat sich mehrfach negativ über die Klimabewegung Fridays for Future (FFF) geäußert und sie als „Schulschwänzer“ und „Klimahysteriker“ bezeichnet. Er wirft FFF vor, keine konstruktiven Lösungen zu bieten und die Wirtschaft zu gefährden. Amthor steht auch wegen seiner Lobbytätigkeit für ein amerikanisches Sicherheitsunternehmen in der Kritik, für das er Anteilsoptionen erhalten hat.

Noch Fragen? Kürzer kann man den Weg zwischen Äußerungen und den Gründen dafür nicht beschreiben. Politiker sind meistens ganz leicht zu entschlüsseln, wenn man ihre Hintergründe kennt.

Es geht also darum, dass diese Politiker auf die Vergesslichkeit der Menschen setzen?

Es geht darum, dass die Klimabewegung gespalten werden soll, wie jede progressive Bewegung vom reaktionären Mob schon immer auf diese Weise und mit viel Geld im Rücken angegangen wurde. Ich empfehle FFF dringend, mit distanzierenden Äußerungen in Bezug auf die LG vorsichtig zu sein. Es muss wirklich ein konkreter Schaden für Leib und Leben bei jemandem entstanden sein, damit man eine Aktion der LG nach meiner Ansicht strafrechtlich ahnden darf und ablehnen sollte.

Heute ist aber in Berlin ein erstes Strafurteil gegen eine Aktivisten der LG gefällt wurden. Haft ohne Bewährung. Erstes Urteil dieser Art: Haft ohne Bewährung für Klimaschützerin | WEB.DE

Wenn man die Begründung liest, kann einem schwindelig werden. In Berlin sind Polizei und Justiz gerne repressiv gegen Menschen, die sich für etwas Gutes einsetzen, hingegen werden die Rechten und das Kapital und auch das organisierte Verbrechen geradezu verhätschelt. Alles, wo die Stulle gebuttert ist oder was gefährlich werden könnte, wird umgangen, dafür werden Menschen, die sich für die Zukunft einsetzen, sei es von links im sozialen Bereich  oder jetzt für den Klimaschutz, angegangen.

Aber der Schaden in der Galerie?

Ich hatte mich in einem früheren Artikel schon zu den Klebeaktionen in Museen oder Galerien geäußert. Solange nicht das Kunstwerk selbst beschädigt wird oder etwa ein Rahmen, der sozusagen ein Original ist und als dem Kunstwerk zugehörig betrachtet werden kann, ist es ein Witz, eine Haftstrafe anzuordnen. Die gab es zwar nicht allein wegen dieser Aktion, aber gerade dieser Teil zeigt, wie bei uns Politik mit Rechtsprechung gemacht wird. Absolutes Unverständnis für dieses Urteil. Ich hoffe, im nächsten Rechtszug wird ein Urteil gefällt, welches das Maß der Dinge im Blick hat. Von mir aus soll die Aktivistin dann den Zeitwert des Bildrahmens ersetzen. Das war’s dann aber auch. Schon das ist albern, angesichts der Kosten, welche die mangelhafte deutsche Klimaschutzpolitik verursacht.

Für alle, die von der Justiz wegen ihrer Teilnahme an Aktionen der LG angegangen werden, hier noch ein Link: Rechtliches – Letzte Generation 🧡

Das System, das uns auf den Abgrund zurasen lässt, versucht sich selbst zu erhalten und unseren Protest zu unterdrücken. Die Repressionen, die auf uns zukommen, können hart werden und sehr belastend sein, heißt es auf der Seite. Ist das nicht etwas überzogen?

Als die ersten Schüler:innen freitags nicht zum Unterricht gingen, hieß es auch: Ist das nicht etwas überzogen? Als die ersten Arbeiter:innen gegen ihre Rechtlosigkeit und ihre miesen Arbeitsbedingungen auf die Straße gingen, schüttelte das ausbeutende Kapital in toto den Kopf und sagte: Ist das nicht etwas überzogen? Die Leute sollen froh sein, dass sie einen Job bei uns haben, egal, ob sie dadurch mit 30 sterben. Der weite Bogen ist Absicht, um klarzustellen, dass immer dieselben Mechanismen wirken, wenn es der herrschenden Klasse und ihren politischen Diener:innen darum geht, den Fortschritt abzuwehren. Eine gewisse Radikalität, was nichts anderes bedeutet, als das Übel von der Wurzel her anzugehen, ist notwendig, damit Aufmerksamkeit erzielt wird. Besonders in dieser trägen heutigen Gesellschaft.

Dass ich dabei sage, es darf kein Schaden für Menschen entstehen, ist angesichts früherer Berliner Verhältnisse, bei denen soziale Unruhen richtig Stress für den Staat verursacht hatten, doch eher moderat.

Ein Vorwurf gegen die LG ist, dass sie die erwähnte Gesellschaft spaltet und die Akzeptanz der Bevölkerung für den Klimaschutz damit nicht steigert, sondern mindert.

Selbst, wenn man mit der Ausführung der Aktionen der LG nicht einverstanden ist, kann man doch nicht so blöd sein, deswegen den Klimaschutz abzulehnen. Die Gesellschaft soll mit solchen Argumenten gespalten werden, das ist der Punkt.

Selbst bei den Grünen gibt es eine Abwehrhaltung gegenüber der LG.

Das kommt davon, dass die Grünen sich schrittweise vom Fortschritt entfernt haben. Je mehr Regierung, je mehr Neoliberalismus und Bellizismus in dieser Partei sich breitmachen, desto lahmer und auch unglaubwürdiger wird sie in Sachen Umwelt und Klima. Das ist nicht die Schuld der LG. Würden die Grünen das tun, wofür sie einmal gestartet waren, nämlich die Welt retten, anstatt den durchaus diskussionswürdigen Atomkraftausstieg zum jetzigen Zeitpunkt als quasi das Erreichen des Endsiegs zu feiern, gäbe es keine LG und gäbe es, auf andere Länder mitübertragen, wohl auch keine FFF-Bewegung. Nochmals: Deren Sprecher:innen sollten die LG nicht als neue Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der notabene trägen Gesellschaft begreifen, sondern als Partnerorganisation. Verschiedene Wege, ein gemeinsames Ziel. Die genehmigte Großdemo und die nicht genehmigte Straßenaktion sind zwei Varianten des Einsatzes für dieselbe gute Sache.

Es ist sowieso alles eins, wie zum Beispiel das Klima und das Soziale.

Ich war bei der ersten Nach-Corona-Demo von FFF dabei auch als Dank dafür, dass sich FFF hinter das Enteignungsvolksbegehren in Berlin gestellt hat. Ich habe immer die Sorge, dass vor allem die Ärmeren unter dem leiden müssen, was sowohl von der konservativen als auch von der progressiven Seite verändert wird, aber es ist unsere Sache als Zivilgesellschaft, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, in dem Zusammenhang verbietet sich jede Ironie. Man kann aber nicht für alles gleichzeitig als Aktivist:in auftreten, die Gefahr, dass Außenstehende eine Verengung wahrnehmen, ist unzweifelhaft gegeben. Ich finde es schwierig genug, dem Druck aus Politik, Medien und Justiz standzuhalten und weiterhin für die LG unterwegs zu sein. Dafür muss man viel Kraft aufbringen. Man darf auch Leidenschaft für eine gute Sache nicht mit Hysterie gleichsetzen. Das ist da Gleiche, wie Gerechtigkeitsgefühl als Neid zu diffamieren. Was ich von dieser neoliberalen Gleichung halte, habe ich mehrfach erläutert.

TH

 

 

 

 

 

 

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