Borowski und die große Wut – Tatort 1236 +++ „Borowski und das Ende“ #Crimetime Vorschau #Tatort #Kiel #Borowski #Sahin #NDR #Wut

Crimetime Vorschau – Titelfoto © NDR, Thorsten Jander

Es gibt ein paar, die ihn etwas langweilig, also zu leise finden, aber für die meisten Tatort-Zuschauer:innen zählt Klaus Borowski aus Kiel zu den Besten im gesamten deutschsprachigen Tatortland. Heute ist er wieder an der Premieren-Reihe, mit seinem neuen Fall „Borowski und die große Wut“. Und dann kommt eine faustdicke Überraschung.

Borowski und die große Wut ist ein Fernsehfilm aus der Krimireihe Tatort. Der von NDR produzierte Beitrag ist die 1236. Tatort-Episode und soll am 7. Mai 2023 im SRF, im ORF und im Ersten ausgestrahlt werden. Der Kieler Hauptkommissar Klaus Borowski ermittelt in seinem 39. Fall, seine Kollegin Sahin in ihrem achten Fall.

Tatort: Borowski und die große Wut – Wikipedia

Dieses Mal hat die Wikipedia auch im Voraus eine Kritiken-Übersicht erstellt, und was könnte es Besseres geben, als dass diese Gemeinfreien uns so viel Arbeit abnehmen. Es ließe sich einiges dagegen einwenden, denn das machen Sie ja auch bei vielen Filmen so und marginalisieren damit die Arbeit vieler Menschen, die vom Schreiben leben, bis zu einem gewissen Grad. Vor allem gilt das für jüngere Produktionen. Aber das ist schon fast ein Kampf von gestern, denn wir hätten auch ChatGPT eine Zusammenfassung schreiben lassen können und Sie so geändert, dass Sie das, stilistisch und inhaltlich betrachtet,  nicht gemerkt hätten.

Dieser Tatort zeige „keine direkte Gewalt“, so Karsten Umlauf auf SWR 2, „die Bilder sind immer erst da, wenn das Unheil schon geschehen ist.“ Und dann versuche man, zu verstehen, zu ergründen. Das Drehbuch von Eva und Volker A. Zahn entwickle „eine ganz eigenartige Spannung, und gerade wie dieser Tatort seine Leerstellen inszeniert, macht ihn so überzeugend.“  Wo in anderen Tatorten „oft auf Zusammenhänge, Erklärungen und Sichtbarmachung gesetzt“ werde, so Ingo Scheel von n-tv, geschehe „hier alles auf einer beinah traumhaften, ja, somnambulen Ebene. Das Spiel mit der Farbe Rot, die großartige Sophie von Kessel als Wiedergängerin zwischen Nina Simone und Grace Kelly, die an Lars von Trier gemahnende Atmo im backsteinernen Krankenhaus, der Seilakt von einem Zusammenspiel zwischen Borowski und Sahin.“ Sein Fazit: „Die Story von Eva und Volker A. Zahn unter der Regie von Friederike Jehn ist die gelungene Kombi aus Surrealismus, Marke Murot, Film noir und norddeutschem Esprit.“

 Thomas Gehringer von tittelbach.tv bezeichnet den Kiel-Tatort als einen „unkonventionellen“, aber „zugleich spannenden Krimi“ und attestiert den Machern „Ambition statt Krimi-Routine. Wieder ein Kieler Tatort, der in Erinnerung bleiben wird.“ Andreas Hergeht von der TAZ findet, dass „dieser tolle Tatort in mehrfacher Hinsicht besonders“ ist. „Eine ambivalente Geschichte und gerade deshalb gut und spannend, da waren Könner am Werk.“ Für Oliver Alexander von quotenmeter.de ist „Borowski und die große Wut“ ein Tatort „von der anderen Sorte“, ein Film, „der durch seine komplexe Handlung, die gelungenen Figurenzeichnungen und die gesellschaftlichen Themen überzeugt.“ Die Spannung bleibe „bis zum Schluss erhalten, und die ungewöhnliche Erzählweise macht den Film zu einem besonderen Erlebnis.“ TV Spielfilm lobt die „spannende Konstellation und eine ausgefeilte Story mit komplexem Opfer-Täter-Mechanismus. Hochspannung pur!“ Dies sei ein „stiller“ Tatort, „mit uneindeutigen Bildern, aber auch klaren Ansagen“, so Inna Hartwich in der Neuen Zürcher Zeitung, und „das Drehbuch von Eva und Volker A. Zahn mache „Borowski und die große Wut (…) streckenweise meisterhaft zum Kammerspiel am Spitalbett“.

„Der überspitzte Plot stellt das Publikum auf eine harte Probe; psychologisch und ermittlungstechnisch ließe sich einiges gegen die Geschichte einwenden. Aber der Prozess der Annäherung Borowskis […] ist optisch und akustisch exzellent inszeniert und entwickelt eine eigene Logik.“

– Christian BußDer Spiegel[3]

Das scheint zumindest ein interessanter Film zu sein, und darüber denken wir bei Borowski ja schon länger nach: Wie sind die heutige Fälle im Vergleich zu der großen Zeit Anfang der 2010er, als er mit Filmen wie „Borowski und die Frau am Fenster“, „Borowski und der stille Gast“ Furore machten, die als Thriller angelegt waren und aus der Feder von Sascha Arango stammten? Auch die Regie von Claudia Garde prägte seinerzeit den Kiel-Tatort; wenn wir uns richtig erinnern, gab es auch diese Kombination aus Drehbuch und Inszenierung. Borowski hat zwar nicht den Anschluss verloren, aber auf Platz eins der Beliebtheitsliste würde er wohl nicht mehr stehen – wenn es dieses Ranking noch gäbe, das wir dem Tatort-Fundus zu verdanken hatten und das immer eine gute Orientierung über die subjektive eigene Wahrnehmung eines Films und das Lesen weniger Profistimmen hinaus bot. Während der Corona-Pandemie wurde die Liste, die etwa 20 Jahre lang geführt wurde, leider eingestellt. Womit wir nicht ausdrücken wollen, dass das Virus auch den Tatort-Fundus gekillt hat. Das Virus als Täter. Das wäre mal etwas anderes, auch wenn es an Möglichkeiten der Festnahme und der Bestrafung mangelt und sich jenseits der kausal-tatbestandlichen Verursachung eines Todes viele juristische Fragen stellen würden.

Wir machen trotzem noch ein wenig Kritikenschau:

„Tatort Borowski: Gut zum Wiedereinsteigen. Das ist nicht nur was für Fans, sondern auch etwas für Tatort-Wiedereinsteiger, die sich Tatorte vielleicht nicht mehr antun wollen. Mit 4 von 5 Elchen kann man einen sehr aufregenden Abend auf der Couch verbringen: Live im Ersten oder einfach in der Mediathek. Gut gemacht!“

Tatort-Kritik „Borowski und die große Wut“ – Tatort aus Kiel (swr3.de)

SWR 3 ist nicht SWR 2, wohlgemerkt, wegen der obigen Erwähnung in der Wikipedia. Zum Wiedereinsteigen meint wohl, dass diejenigen, die von Krimis wie dem letzter Woche (2 von 5 Elchen) genervt waren oder ihn gar nicht erst eingeschaltet haben, die Gelegenheit erhalten, das Format von seiner wiedergutmachenden Seite her kennenzulernen.

Der Tatort heute läutet die Abschiedstour von Klaus Borowski in Kiel ein, nachdem Darsteller Axel Milberg nach mehr als 20 Jahren gerade seinen Abschied angekündigt hat. Leider kommt „Borowski und die große Wut“ über weite strecken ziemlich hölzern und vorhersagbar daher. Gelungen sind die wenigen humorvollen Szenen, schreibt Andreas Frei in unserer Tatort-Kolumne.

Tatort am Sonntag: Tatort heute aus Kiel: „Borowski und die große Wut“ im Schnellcheck (augsburger-allgemeine.de)

Das ist es, was wir mit „faustdicker Überraschung“ meinten, nicht so sehr, dass es auch mal eine eher verhaltene Kritik zu dem Film gibt. Wir sind einigermaßen geknickt, um ehrlich zu sein. Natürlich hat Axel Milberg, nach so langer Zeit, in welcher er als Kommissar Borowski das Tatortgeschehen bereichert hat, das Recht, Lebewohl zu sagen. Das haben andere viel schneller und aus teilweise kaum nachvollziehbaren Gründen getan, zum Beispiel, weil ihnen gerade irgendwas nicht gepasst hat.

„Nach Milbergs Abgang soll von 2026 an Borowskis bisherige Mitarbeiterin Mila Sahin, gespielt von Almila Bagriacik, die Rolle der Chefermittlerin in Kiel übernehmen. Wer noch zum neuen Team gehören wird, soll später bekannt gegeben werden. Mit Milberg standen zuvor Sibel Kekilli (als Kommissarin Sarah Brandt) und Maren Eggert (als Kriminalpsychologin Frieda Jung) als zweite Hauptrollen vor der Kamera.“

Axel Milberg hört beim „Tatort“ auf: Borowski und das Ende – Medien – SZ.de (sueddeutsche.de)

Passenderweise ist der Artikel mit „Borowski und das Ende“ betitelt. Und die Nachfolge ist gesichert. Wir finden das stimmig, auch wenn es große Fußstapfen sind, in die „Mila Sahin“ zu treten hat. Das kann man unabhängig von der Logik, dass Milberg ganz sicher auch größere Füße hat als seine Nachfolgerin und jetzige Teamgefährtin, festhalten. Wir wünschen ihr schon einmal alles Gute und halten fest, dass sie noch zwei Jahre Zeit hat, den Übergang mit ihrem derzeitigen Chef zusammen zu gestalten. Es kommt zwar leider zum Abschied, aber nicht überraschend, es wird nicht geschmissen, sondern auf die solide norddeutsche Art abgewickelt.

„Mit dem Abschied geht nach Ansicht von NDR-Intendant Joachim Knuth eine Ära zu Ende. Milberg sei „ein Ausnahmeschauspieler, dessen Verwandlungskunst und Spielfreude mir sehr fehlen werden“. Er habe den Tatort aus Kiel „über zwei Jahrzehnte geprägt und mit seiner Figur des Klaus Borowski einen ganz eigenen norddeutschen Charakter entwickelt, der wunderbar zu Schleswig-Holstein passt“, schreibt Knuth in der Mitteilung.“

(Quelle s. o.)

Wenn ich an die besten der Kieler Tatorte denke, denke ich auch an beste Fernsehunterhaltung, an tolle Fälle, große Atomsphäre und machmal große Emotionen, wie in „Borowski und die Stern“, als noch „Frieda Jung“ (Maren Eggert) seine Partnerin war und er noch jung genug und sie gerade alt genug, um eine Romanze zwischen beiden glaubhaft wirken zu lassen. Das war bei den späteren Teampartnerinnen ausgeschlossen. Da bin ich doch gerade etwas emotional angefasst von diesem Abschied. Und ein norddeutscher Charakter im besten Sinne war er auch. Ein wenig verschroben, aber nicht zu sehr, leise, aber stur und durchsetzungsfähig. Bei ihm gab es nie ein Zuviel, selten ein Zuwenig. Unverständlicherweise gibt es das Substantiv „Zuwenig“ nicht, im Gegensatz zum „Zuviel“, deswegen mussten wir es für diesen Text nun kreieren. Einen Neologismus hat Borowski sich bei uns mindestens verdient, sofern die Substantivierung eines bisher nicht als Substantiv gebrauchten Adjektivs mit „zu“ einen Neologismus darstellt.

Was bleibt? Die Handlungsbeschreibung, Besetzung und Stab zu verkünden:

TH

Handlung

Eine Passantin wird an der Kieler Förde vor einen fahrenden Lkw gestoßen: ein Gewaltausbruch aus dem Nichts. Kommissar Borowski hört sich an einer nahe gelegenen Berufsschule um. Wenig später landet der Hauptkommissar mit einer schweren Kopfverletzung auf der Intensivstation. Mila Sahin ist in größter Sorge. Warum war sie nicht bei ihm, als ihr Kollege sie brauchte? Sie vermutet einen Zusammenhang zwischen der sinnlosen Tat und dem Angriff auf Borowski. Und dann sind da diese merkwürdigen Anrufe, die den Hauptkommissar auf dem Krankenbett erreichen: Ein Mädchen namens Finja behauptet, von seiner Schwester Celina entführt worden zu sein. Celina Lübbert ist eines der Mädchen, das Borowski an der Berufsschule verhört hat. Als Mila Sahin kurz darauf die Großmutter von Celina erstochen auffindet, stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist das Mädchen? Ist Celina auch für die Attacke auf Borowski verantwortlich? Wird sie ihrer kleiner Schwester Finja etwas antun? Während Borowski vom Krankenbett aus ermittelt und versucht, Celinas Vertrauen zu gewinnen, fahndet Mila nach den Mädchen: ein Wettlauf gegen die Zeit.

Besetzung und Stab

Hauptkommissar Klaus Borowski – Axel Milberg
Kommissarin Mila Sahin – Almila Bagriacik
Kriminalrat Roland Schladitz – Thomas Kügel
Rechtsmedizinerin Dr. Kroll – Anja Antonowicz
Celina Lüppertz – Caroline Cousin
Sascha Seibert – Roger Bonjour
Simone Schuster – Alexandra Finder
Dennis Schuster – Jean-Luc Bubert
Maren Puttkammer – Sophie von Kessel
Pfleger Ömer – José Barros
Finja – Jil Viets
u. v. a.

Drehbuch – Eva Zahn und Volker A. Zahn
Regie – Friederike Jehn
Kamera – Sten Mende Musik – Lorenz Dangel

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