Zurück in die Zukunft (Back to the Future, USA 1985) #Filmfest 1067 #Top250 #DGR

Filmfest 1067 Cinema – Concept IMDb Top 250 of All Time (151) – Die große Rezension

Alle Träume von Herrn Jedermann

Zurück in die Zukunft (Originaltitel Back to the Future) ist eine Science-FictionFilmkomödie des Regisseurs Robert Zemeckis, die am 3. Juli 1985 in die amerikanischen und am 3. Oktober 1985 in die deutschen Kinos kam. Das Drehbuch schrieben Robert Zemeckis und Bob Gale. Der Film stellt den ersten Teil der Zurück-in-die-Zukunft-Trilogie dar. Der zweite Teil Zurück in die Zukunft II erschien 1989, der dritte Teil Zurück in die Zukunft III wurde 1990 veröffentlicht.

Der Versuch, die Handlung in einen Satz zu bringen: Vorstadtboy Marty McFly hat Stress mit der Schule und mit seiner Band und mitten in seine Befürchtungen, ein Loser wie sein Vater zu werden, platzt der verrückte Erfinder Dr. Brown mit einer Zeitmaschine in Form eines raren DeLorean DMC-12, mit dem Marty 30 Jahre zurück in die Vergangenheit gelangt und dort die entscheidenden Momente im Leben seiner Eltern erlebt und so entscheidend verändert, dass die Dinge anders liegen, als er wieder ins Jahr 1985 zurückkehrt.

Das Problem, das uns lange davon abgehalten hat, Mega-Blockbuster und Kultfilme zu rezensieren, zu denen schon so viel gesagt wurde, war eines, das uns gerade dieser Film auch inhaltlich als absurd vorführt: Die Angst, es nicht hinzubekommen. Nichts Neues mehr beizutragen zu Werken, über die schon so viel publiziert wurde. Wir haben uns entschlossen, die Features zu diesen Filmen in ein Frage- und Antwortspiel zu fassen und damit eine neue Rezensionlinie zu entwickeln, die sich formal ein wenig von der üblichen Filmkritik abhebt.

Handlung (1)

Der Jugendliche Marty McFly lebt im Jahr 1985 in seiner kalifornischen Heimatstadt Hill Valley zusammen mit seinen Geschwistern und seinen Eltern George und Lorraine. George ist ein unsicherer Mann, der von seinem Vorgesetzten Biff unterdrückt wird.

Marty trifft sich mit dem befreundeten Wissenschaftler Dr. Brown, der ihm eine in einen DeLorean-Sportwagen eingebaute Zeitmaschine vorführt. Die für das Zeitreisen nötige Energie liefert ein mit Plutonium betriebener Kernreaktor. Dr. Brown hatte libysche Terroristen um das Plutonium betrogen. Diese haben den Betrug inzwischen bemerkt und erschießen Dr. Brown. Als sie sich auch gegen Marty wenden, flieht dieser und aktiviert versehentlich die Zeitmaschine, die ihn in das Jahr 1955 bringt. Dr. Brown hatte zuvor die Zeitmaschine zu Demonstrationszwecken auf den 5. November 1955 eingestellt, da er genau an diesem Tag die richtige Idee für die Erfindung der Zeitmaschine gehabt hatte.

In der Vergangenheit trifft Marty auf seinen Vater George sowie auf Biff, der seinen Vater auch im Jahr 1955 unterdrückt und mobbt. Marty rettet George vor einem herannahenden Auto und wird selbst angefahren. Aufgrund des Eingreifens von Marty wird er nun an Georges Stelle in das Haus seiner Mutter Lorraine gebracht, wo diese sich um ihn kümmert und sich in ihn verliebt. Damit gerät auch Martys Existenz in Gefahr.

Marty sucht den Dr. Brown des Jahres 1955 auf und überzeugt ihn davon, dass er aus der Zukunft kommt und mit einer von ihm gefertigten Zeitmaschine hergereist ist. Dr. Brown erklärt sich bereit, Marty bei seiner Rückkehr ins Jahr 1985 zu helfen. Das Plutonium der Zeitmaschine ist verbraucht und kann im Jahr 1955 nicht beschafft werden. Marty weiß zufällig, dass am folgenden Samstag um 22:04 Uhr ein Blitz in das Rathaus von Hill Valley einschlagen wird. Dessen Energie soll genutzt werden, die Rückreise ins Jahr 1985 zu ermöglichen.

Vor seiner Rückkehr muss Marty jedoch noch seine Eltern dazu bringen, sich ineinander zu verlieben. Dieses Vorhaben stellt sich als schwierig heraus, da George ein schüchterner Außenseiter ist. Von Lorraine erfährt Marty, dass diese eine Vorliebe für starke Männer hat, die eine Frau beschützen können.

Marty lässt sich daher von Lorraine zu einer Tanzveranstaltung der Schule einladen, plant allerdings, sie zu belästigen, um George die Möglichkeit zu bieten, sie vor ihm zu retten und als Held dazustehen. Der Plan misslingt, da Biffs Freunde Marty in den Kofferraum des Autos der auftretenden Musiker einsperren und Biff seinerseits Lorraine im Auto belästigt. Wie ursprünglich vereinbart, kommt George hinzu, um Lorraine zu retten. Zunächst verblüfft darüber, dass Lorraine nicht wie geplant von Marty bedrängt wird, schlägt er Biff nieder. Lorraine ist begeistert und verliebt sich in George. Durch ihren ersten Kuss während des Tanzballes wird Martys Existenz gesichert.

Marty übergibt Dr. Brown einen verschlossenen Brief, der ihn vor seiner Erschießung 1985 warnen soll. Brown weigert sich, ihn zu lesen und zerreißt ihn aus Angst vor Konsequenzen „für das Raum-Zeit-Kontinuum“.

Es gelingt Dr. Brown, die Energie des Blitzes im richtigen Moment in die Zeitmaschine zu leiten, was Marty ermöglicht, in das Jahr 1985 zurückzukehren. Der Ankunftsort heißt jetzt allerdings „Lone Pine Mall“ statt „Twin Pines Mall“, da Marty bei der Ankunft im Jahr 1955 eine der beiden Kiefern des Farmers Peabody umgefahren hatte. Obwohl Marty den Rückkehrzeitpunkt auf ein paar Minuten früher eingestellt hatte, kann er erneut nicht verhindern, dass die Terroristen auf Dr. Brown schießen. Der hatte jedoch inzwischen Martys Brief zusammengeklebt und doch gelesen und überlebt den Anschlag jetzt dank einer schusssicheren Weste. Er macht sich mit der Zeitmaschine dreißig Jahre in die Zukunft auf, um die Zeit dort zu erforschen.

Durch Martys Einfluss auf die Vergangenheit hat es sein Vater im Jahr 1985 zu einem selbstbewussten und erfolgreichen Buchautor gebracht, und aus Biff wurde ein unterwürfiger Autopflege-Dienstleister.

Zum Abschluss erscheint Dr. Brown mit der weiterentwickelten Zeitmaschine aus der Zukunft und fordert Marty und dessen Freundin auf, zusammen mit ihm dorthin zu reisen, da man ihren Kindern helfen müsse.

Rezension

Anmerkung anlässlich der Wiederveröffentlichung: Mittlerweile haben wir unsere grundsätzliche Scheu vor der Rezension der „Mega-Blockbuster“ abgelegt,  zumal die Entwicklung der letzten Jahre immer wieder auch die Fragwürdigkeit des Konzepts dieser auf maximalen kommerziellen Erfolg ausgerichteten Strategie gezeigt hat. Im Grunde kommt dabei wenig Neues heraus – das war 1985, als „Zurück in die Zukunft“ entstand, noch anders. Das Frage-Antwort-Schema haben wir mittlerweile wieder aufgegeben, behalten es hier aber bei, da wir den Originaltext aus dem Jahr 2015 weitgehend unverändert im „neuen“ Wahlberliner zeigen.

Was machte den Film so erfolgreich?

Antwort 1: Die Handlung. Sie ist nahezu perfekt ausgedacht und das auf eine so humorvolle und witzige, manchmal auch hintersinnige Weise, dass wir selbst als Krimifans, die viel Wert auf Plotgestaltung legen, nur applaudieren können. Die Verknüpfung von Tatbeständen der Gegenwart von 1985 mit ihrer Entstehung im Jahr 1955 ist atemberaubend, das Spiel mit Ursache und Wirkung zwar sehr linear und psychologisch vereinfacht, aber doch sehr stimmig. Auch wenn der Wunsch, einfache Ursache-Wirkung-Relationen zu zeigen,  erkennbar Vater des Gedankens war, ist diese Art von Märchenhaftigkeit bezaubernd.

Antwort 2: Die Botschaft. Wir sind nicht im Jahr 2013, sondern in der Zeit, in der die Reagonomics in den USA wirkten und man deren negative Folgen noch nicht absehen konnte. Zurück zu alten Werten, war die Maxime, nachdem das Land in den 1970ern wirklich gute und kritische Filme hervorbrachte. Auf „Zurück in die Zukunft“ übertragen kommen wir auf das traditionelle Mantra des Amerikanischen Traums: Wer sich was traut und den Mut hat, gegen eine scheinbare Übermacht anzutreten und eine Kette von Misserfolgen zu durchbrechen, der gewinnt alles, sogar ein dickes Auto, worauf Frauen natürlich stehen wie auf sonst nix.

Die Botschaft ist platt wie eine Flunder, aber die Flundern haben bekanntlich große Oberflächen und wirken dadurch eindrucksvoll. Von so etwas fühlen sich weite Bevölkerungskreise unwiderstehlich angezogen. Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert, daher ist der Film immer noch so beliebt. Natürlich ist das nicht die ganze Wahrheit – denn wer will schon ein Versager sein? Vielleicht tun wir heute gut daran, nicht zu sehr auf den materialistischen Teil der Botschaft abzuheben, aber es geht auch um Selbstbehauptung und die Art, wie man mit einer Initialzündung aus einer Negativschleife herausfindet. Auch dieser Part ist so simplifiziert, dass Kinder ohne Weiteres verstehen. „Zurück in die Zukunft“ ist ein Erbauungsfilm für die ganze Familie, auch wenn es eine Art Liebeszene im Auto gibt, die vor allem im Bible Belt schon als gewagt angesehen werden mag. Der Amerikanische Traum wird im Filmen reproduziert, seit es Hollywood gibt und verhält sich dankbar, indem er die Gestalt annimmt, die Hollywood ihm im Umfeld des jeweiligen Zeitgeistes gibt. Das ist symbiotisches Miteinander. Die Welt steht auch dem David offen, wenn er so sympathisch und findig ist wie Marty Mc Fly, der gegen die bösen Riesen à la Biff antritt und auf diese Weise sozusagen retrospektiv für seinen eigenen Vater den Weg ins Glück ebnet.

Antwort 3: Das Gespann Marty / Doc. Der ernsthafte und liebenswerte, aber sehr intelligente und zudem recht klein geratene Marty, gespielt von Michael J. Fox, und Christopher Lloyd als durchgeknallter Erfinder Dr. Brown sind ein grandioses Paar, ergänzen sich ideal und bieten eine Menge Spaß. Die übrigen Schauspieler sind mindestens akzeptabel und die Inszenierung ist herrlich. So viele originelle Ideen technischer und handlungsseitiger Art haben nur wenige Filme aufzuweisen. Die Technik ist eine zeitgemäße Interpretation älterer Zeitmaschinen, wie H. G. Wells sie beschrieben hat. Die Ausgestaltung ist aber so konsequent wie nie zuvor in einem Film. Das leitet zur nächsten Antwort.

Antwort 4: Der Menschheitstraum. Eine Zeitreise machen zu können, das werden sich die meisten von uns schon einmal gewünscht haben. Es gibt kaum etwas Spannenderes, als die Zukunft oder die Vergangenheit hautnah mitzuerleben, aber jederzeit entweichen zu können, wenn es brenzlig wird. Daraus lassen sich gigantische Panoramen konstruieren, wie schon H. G. Wells mit seiner Kurzgeschichte „Die Zeitmaschine“ bewiesen hat (1960 erstmalig verfilmt; dieses Werk ist auch ebenfalls ein Kultmovie geworden, wenn auch eher für Insider). Noch besser aber ist es, die Zukunft durch eine Reise in die Vergangenheit positiv beeinflussen zu können, auch wenn dies, wie in „Zurück in die Zukunft“, auf einem Versehen beruht. Wer würde nicht gerne  einige Jährchen zurückreisen und alle seitdem begangenen Fehler vermeiden? Sicher, es gibt vorgeblich klar gestrickte Menschen, die das von sich weisen würden und vielleicht ein paar besonders erfolgreiche oder selbstgefällige, die keinen Grund haben – aber die meisten würden den Gedanken nicht abwegig finden.

Wir kennen nur wenige Leute, die so gesegnet sind, dass sie nicht doch das eine oder andere bereuen. Weise ist es all dies wegzupacken und Gewinn aus Niederlagen zu ziehen, doch wir sind ja alle, wenn wir ein wenig Phantasie haben, auch ein wenig unvernünftig, und dann kommen solche Gedanken ins Spiel, wie sie „Zurück in die Zukunft“ auf wunderbare Weise Kino werden lässt. Und es ist nun einmal schöner, eine zweite Chance zu bekommen, als aus verpassten Chancen mit viel Fantasie Honig zu saugen.

Warum wurde der Film nur mit einem einzigen Oscar prämiert und wie wird er heute gesehen?

Nur für die Spezialeffekte gab’s den begehrtesten Filmpreis der Welt. Nominiert waren auch der Ton, der Song „The Power of Love“ und das beste Originaldrehbuch. Letzteres hätte nach unserer Meinung auf jeden Fall einen Oscar verdient. Den Gewinner „Witness“ haben wir leider noch nicht gesehen, sodass wir nicht sagen können, ob wir das Drehbuch besser finden. Bemekenswert ist, dass „Zurück in die Zukunft“ für die Hauptkategorien nicht nominiert war (Bester Film des Jahres wurde z. B. „Jenseits von Afrika“ und sein Regisseur Sidney Pollack gewann auch den Oscar für die beste Regie).

Anmerkung anlässlich der Republikation 2024: Wir kennen mittlerweile auch „Der einzige Zeuge“ und obwohl wir den Film sympathisch finden, das Drehbuch ist weitaus konventioneller als dieses Füllhorn an Erfindungsreichtum, das wir in „Zurück in die Zukunft“ sehen. Anders ausgedrückt: Der Film wurde nicht ernst genug genommen.

So viel zu den Fakten und vielleicht aus persönlicher Sicht noch, dass wir „Jenseits von Afrika“ wirklich im Kino und im richtigen romantischen Alter dafür gesehen haben, „Zurück in die Zukunft“ jedoch nicht auf dem Programm stand. Wir begannen gerade, uns für Filme mit Anspruch zu interessieren. Und an einem vordergründig eher geringen Anspruch liegt wohl auch der Grund, warum „Zurück in die Zukunft“ nicht so hoch bewertet wurde wie einige andere Filme des Jahres. Natürlich ist alles Popcorn-Kino, produziert von Steven Spielberg, mit dem (sowie mit George Lucas) nach der Meinung einiger Kritiker die Verkindlichung des amerikanischen Films eingesetzt hat. Da ist etwas dran, „Zurück in die Zukunft“ ist ein Film vor allem für junge Leute.

Es hat bis „Schindlers Liste“ gedauert, bis Spielberg auch künstlerische Anerkennung fand, Robert Zemeckis, der Regisseur von „Zurück in die Zukunft“ bekam seinen Regie-Oscar nicht für diesen Film oder eine der beiden Fortsetzungen, sondern für „Forrest Gump“ aus dem Jahr 1994, den wir allerdings auch ganz wunderbar finden – und künstlerisch in der Tat wertvoller als „Zurück in die Zukunft“. Insofern sind wir in, ausschließlich diese Relation betrachtend, einigermaßen bei der amerikanischen Filmakademie. Das erste Zemeckis-Werk, das wir sahen, war „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“, über den seinerzeit wegen der neuartigen Spezialeffekte sehr viel berichtet wurde.

Von all den erwähnten Filmen bestand „Zurück in die Zukunft“ nach der Meinung der Nutzer des führenden Filmportals Internet Movie Database (IMDb) den Test der Zeit am besten, liegt auf Rang 44 der 250 besten Filme aller Zeiten (Stand 4. Oktober 2014, am 28. März 2024 sogar auf Rang 31). Wenn man nach Kategorien aufschlüsselt, und bei über 400.000 Bewertungen kann man von einer veritablen Statistik sprechen, ist zu erkennen, dass jüngere Menschen den Film besser bewerten als ältere, was nicht überrascht – und dass Männer ihn in Maßen stärker finden als Frauen. Amerikaner und Nichtamerikaner sind hingegen gleichermaßen begeistert. Am wenigsten gut kommt der Film in unserer Empathie-Referenzgruppe, den Frauen ab 45 an, die ihm fast einen Punkt weniger geben, als er im Gesamtdurchschnitt erhält, den auch wir allerdings für die richtige Bewertung halten.

Selbstverständlich ist das ein Movie für junge, optimistische Menschen, die das, was er uns vermittelt, noch wörtlich nehmen – und die vor allem noch die Weichen für ihr Leben stellen können. Jene, die alle Träume in diesem Film, den amerikanischen, den Menschheitstraum vom Schweben zwischen den Jahren und Epochen, noch richtig träumen können. An der amerikanischen Kritik kann es nicht gelegen haben, dass der Film nicht mehr Preise erhielt, die war überwiegend positiv bis sehr positiv gestimmt, als „Zurück in die Zukunft“ 1985 erschien. Aber da ist doch etwas wie der Eindruck, das könnte ein ganz normaler oder vergleichsweise überdrehter Teenie-Film sein, letztlich eine Initialisierungsgeschichte. Und von denen gab es gerade in den 1980ern eine wahre Flut, sodass die Academy Werken den Vorzug geben wollte, in denen erwachsene Stars die Hauptrollen spielten. Und es ist ja nicht so, dass es nicht tiefgängigere Kunstprodukte gab – oder solche, die tiefgängiger daherkamen, ohne es wirklich zu sein.

Heute ist „Zurück in die Zukunft“ aber wohl auch deshalb ein Darling der Fans, weil er uns an eine Welt erinnert, die wir gerne zurückhätten. Jene Sicherheit und Klarheit, die er ausstrahlt, diese lineare Verknüpfung von Tat und Wirkung, die passte gut in die 1980er Jahre, in denen er entstand. Seitdem sind beinahe wieder 30 Jahre vergangen, die gleiche Zeitspanne, die Marty auf seiner Zeitreise zurücklegt. 1955, 1985, 2015. Vergleicht man diese Jahre, so waren die ersten beiden solche des allgemeinen Wohlstandes und einer echten oder gefühlten Kraft Amerikas und des Kapitalismus, dem der Film ziemlich unverfroren huldigt, ohne dass jemand sich in dieser Richtung äußert. 1985 hat man auf 1955 in einer gewiss nostalgischen Art zurückgeblickt, was sich an den liebevollen Details (Settings, Musik, Dekorationen) ersehen lässt. Aber man sah auch eine Kontinuität, zum Beispiel von einem Fernseher hin zu zweien (mit Farbe!). Von besserer Technik und einer leichten Verhohnepiepelung damals moderner Modegebräuche (Schwimmweste). Das Alte war reizvoll, aber das damals Aktuelle auch okay. Man brauchte nichts weiter zu tun als zur richtigen Zeit und am richtigen Ort das heiße Eisen des persönlichen Glücks zu schmieden.

Wenn man heute auf 1955 und 1985 zurückblickt, kann man entschlüsseln, was unter der Oberfläche mit zum anhaltenden Erfolg des Films beiträgt. Eindeutig waren die gesellschaftlichen Umwälzungen und die Zunahme an Wohlstand zwischen 1955 und 1985 größer als zwischen 1985 und 2013 und als sie es bis 2015 sein werden. 1985 waren der Vietnamkrieg und die Ölkrisenzeit einigermaßen verdaut und man wähnte sich auf dem Weg zurück zu alter Prosperität und Selbstsicherheit, die 1955 noch nicht angekratzt waren. Heute aber wissen wir, dass es niemals wieder sein wird wie früher. Nicht nur die Amerikaner, aber auch sie wissen intuitiv, dass das Ende der eben nicht unendlichen Story vom Amerikanischen Traum in Sicht ist und neue Ziele gefunden werden müssen. Da diese nicht klar erkennbar sind, ist der Rückgriff auf eine Zeit naheliegend, in der die Welt bipolar und fest organisiert war. 

In diese Vergangenheit würde mancher sicher gerne reisen, zumal sie doch enen Weg ins Jetzt weist. Politisch korrekt ist in 1985 ein Afroamerikaner Bürgermeister von Hillvalley (Hügeltal), der Kleinstadt, in der sich alles abspielt, der 1955 von Marty erst auf die Idee gebracht wurde – und seit 2009 ist ein Afroamerikaner erstmalig Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Es gibt also doch so etwas wie eine Kontinuität im Fortschritt und etwas wie ein Lächeln gegenüber der Gabe des Films, jederzeit Sehnsüchte zu evozieren und uns das Gefühl zu geben, dass alles richtig ist, was geschieht, indem unser Held Marty McFly handelt oder nur anwesend ist – und hoffentlich immer richtig sein wird.

Anmerkung 3 anlässlich der Wiederveröffentlichung 2024: Wir haben einen weiteren Aufstieg des Films bezüglich seiner Popularität registriert und weitere knapp zehn Jahre Abstand hinzugewonnen, im kommenden Jahr wird der Film sein 40-jähriges Jubiläum feiern. Uns verwundert es absolut nicht, dass dieses moderne Märchen, das doch noch eine vergleichsweise heile Welt spiegelt, in der die Dinge noch recht klar sind, so anziehend wirkt. Die Sehnsucht nach der Zeit, in welcher der Film entstanden ist und natürlich auch nach der Epoche, in der er teilweise spielt, dürfte geradezu mythische Ausmaße angenommen haben. Der Fortschritt, den wir 2015 konstatiert haben, hat sich mittlerweile zu einem Rattenrennen um die US-Präsidentschaft  zwischen zwei weißen alten Männern degeneriert, die auf erschreckende Weise das genaue Gegenteil der optimistischen Jugendlichkeit eines Marty McFly verkörpern. 

Finale

„Zurück in die Zukunft“ besitzt jene Überzeitlichkeit, die großes Kino ausmacht und profitiert von seinem doppelten Nostalgiefaktor. Solch einen Film kann man sich immer wieder anschauen. Gerade die Tatsache, dass er mit Zeitebenen spielt, verhindert ein Altern, denn die beiden gezeigten Jahre 1955 und 1985 sind, das spüren wie, Stationen auf einer großen Reise, die naturgemäß nie zu Ende geht – so, wie die Reise der vielen Spielarten von Science Fiction und romantischer Komödie immer weitergeht und vor etwa 30 Jahren an einer wichtigen Station anhielt.

Würden wir „Zurück in die Zukunft“ noch zwei- oder dreimal anschauen, würden wir immer wieder Neues finden und Bemerkenswertes – ohne dass wir ihm den Status eines absoluten Meisterwerks einräumen möchten. Der Cineast mag manchmal den Realismus oder den Surrealismus mehr als den Hollywood-Mainstream, weil er härter und kritischer ist und weniger affirmativ ist, weil er mehr wagt oder sich ganz konzentriert und manchmal sperrig in den Dienst der Botschaft stellt   Aber ohne den Gegenpol des Popcorn-Kinos der gehobenen Art wäre die ganze Filmwelt vielleicht doch etwas zu einseitig. Die Existenz des Blockbusters schärft uns erst die Sinne für die Verschiedenartigkeit dessen, was sich innerhalb eines faszinierenden Mediums realisieren lässt – und wenn es gut gemacht ist und liebenswert obendrein.

85/100

© 2024, 2015 Der Wahlberliner, Thomas Hocke (erster Entwurf 2013)

(1), kursiv und tabellarisch: Wikipedia

Regie

Robert Zemeckis

Drehbuch

Bob Gale
Robert Zemeckis

Produktion

Neil Canton
Bob Gale

Musik

Alan Silvestri

Kamera

Dean Cundey

Schnitt

Harry Keramidas
Arthur Schmidt

Besetzung

·         Michael J. Fox: Marty McFly
(deutsche Synchronstimme: Sven Hasper)

·         Christopher Lloyd: Dr. Emmett „Doc“ Brown
(deutsche Synchronstimme: Ernst Jacobi)

·         Lea Thompson: Lorraine Baines McFly
(deutsche Synchronstimme: Liane Rudolph)

·         Crispin Glover: George McFly
(deutsche Synchronstimme: Stephan Schwartz)

·         Thomas F. Wilson: Biff Tannen
(deutsche Synchronstimme: Thomas Petruo)

·         Claudia Wells: Jennifer Parker
(deutsche Synchronstimme: Bettina Spier)

·         Marc McClure: Dave McFly
(deutsche Synchronstimme: Stefan Krause)

·         Wendie Jo Sperber: Linda McFly
(deutsche Synchronstimme: Hansi Jochmann)

·         James Tolkan: Mr. Strickland
(deutsche Synchronstimme: Robert Dietl)

·         Harry Waters Jr.: Marvin Berry
(deutsche Synchronstimme: Manfred Lehmann)

·         Donald Fullilove: Goldie Wilson
(deutsche Synchronstimme: Michael Nowka)

·         Huey Lewis: High-School-Musikwettbewerb-Juror
(deutsche Synchronstimme: Norbert Gescher)

·         Billy Zane: Match

·         Norman Alden: Lou

 

 

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