Karl Marx-Allee: Schlag auf Schlag, Zug um Zug, Zahn um Zahn gegen die Deutsche Wohnen // @HeimatNeue @Mieterproteste @SusanneHoppe2 @KiezinAktion @Mieterproteste @BGemeinwohl @HeimatNeue / @BMieterverein @DerJochen @KLompscher #DWenteignen #DeutscheWohnen #Mietenwahnsinn #Mitte #Berlin #Gentrifizierung #Vorkaufsrecht #Verdrängung #Milieuschutz #FlorianSchmidt #Milieuschutzgebiet

2018-06-24 Medienspiegel

Serie und Dossier „Mieter!“

Erst eine Woche ist es her, dass wir unseren letzten Beitrag zur Karl-Marx-Allee schrieben – und doch hat man das Gefühl, es sei inzwischen viel  Zeit vergangen.

Das liegt an den täglich eintreffenden Meldungen vom derzeit größten Kampfobjekt für und gegen die Soziale Stadt. Wir versuchen heute ein Update der Chronologie in Schlaglichtern.

10.12.2018: Die Berliner Zeitung berichtet, die Deutsche Wohnen wolle das Ensemble Karl-Marx-Straße langfristig bewirtschaften, die bereits 2016 vollzogene Aufteilung rückgängig machen und grundbuchrechtlich Eigenbedarfskündigungen ausschließen.

Wie aus unseren bisherigen Beiträgen hervorgeht, sind wir der Ansicht, dass die Deutsche Wohnen das ohnehin nicht vorhatte – das Problem liegt eher darin, wie die DW mit ihren Mieter_innen umzugehen pflegt und sie auf diese Weise ebenfalls großer Unsicherheit aussetzt. Außerdem kann sich eine Geschäftspolitik ändern.

10.12.2018: Eine einzelne Wohnung aus dem Block C-Süd wird zum Verkauf via Immobilienscout24 angeboten. Das Angebot ist mittlerweile archiviert, besteht also zumindest unter dieser ID und auf dieser Plattform nicht mehr. Offenbar hatte hier ein  Mieter sein Vorkaufsrecht ausgeübt und versucht, seine Wohnung mit Gewinn weiterzuverkaufen bzw. eine Konstruktion gewählt, die es ihm erlaubt, das Vorkaufsrecht wahrzunehmen, wenn sich sein solventer Interessent findet. Die Emotionen gehen hoch, auch wegen des Gesamtpreises von 1,15 Millionen Euro, der aufgerufen wird.

Deswegen, so erklärte Baustadtrat Florian Schmidt gegenüber dem Tagesspiegel, solle sowohl beim „IBB-Modell“ als auch beim „Gemeinwohlmodell“ (gestreckter Erwerb, siehe weiter unten) versucht werden, eine Spekulationsbremse einzubauen, also den Weiterverkauf der eigenen Wohnung durch Mieter_innen mit Aufschlag zu verhindern.

Der RBB berichtet am Tag darauf in diesem Beitrag über den Stand und auch über den Einzelwohnungs-Verkaufsfall. Dazu die betreffende Äußerung von Baustadtrat Schmidt:

Noch 10.12.2018: Die Berliner Morgenpost erläutert in einem umfangreichen Beitrag mehrere Aspekte und dort ist bereits von Gerüchten über einen weiteren Verkauf in der Karl-Marx-Allee die Rede.

Mittlerweile wissen wir, worum es sich dabei handelt, es ist in der Chronologie ab 18.12.2018 erläutert. Das Ringen der Beteiligten seitens der Stadtpolitik wird erwähnt,  konkrete Kreditkonditionen für das IBB-Erwerbsmodell werden benannt. Bezüglich des verkaufenden („spekulierenden“) Mieters erfahren wir sogar, dass dieser i in der Lage sei, die Wohnung aus eigenen Mitteln zwischenzuerwerben und damit einen Sonderfall innerhalb der Mietergemeinschaft darstellen dürfte.

12.12.2018: Der Morgen beginnt mit einem Tweet von Baustadtrat Florian Schmidt, der einen positiven Entschluss der Koalition 2RG zum „gestreckten Erwerb“ bekanntgibt (der Original-Tweet ist mit Uhrzeit 07:05 versehen):

12.12.2018: Bausenatorin Katrin Lompscher meldet, dass das Vorkaufsrecht für den „Milieuschutz-Block D-Süd“ nun ausgeübt werden könne, die WBM (Wohnungsbaugesellschaft Mitte) sei bereit, diesen Block zu übernehmen.

Das bezirkliche Vorkaufsrecht für Block D-Süd und vermutlich auch das der Mieter für die drei anderen Blöcke sind befristet bis 5. Januar 2019.

12.12.2018: Bausenatorin Katrin Lompscher äußert sich zu den beiden Erwerbsmodellen:

12.12.2018: Zum letzten Mal im Jahr tagt der Koalitionsausschuss und auch hier ist die Karl-Marx-Allee beherrschendes Thema, die Klärung weiterer Streitpunkte hingegen wird dafür auf 2019 vertagt.

Politisch gut nachvollziehbar ist die Darstellung im Tagesspiegel, dass man das Vorgehen in Sachen „PlanReKomKMA“ gegenseitig nicht besonders schätze, aber wir schreiben heute nur die Chronologie erst einmal fort und kommentieren die Vorgänge nicht oder nur insofern, als wir der Ansicht sind, es muss das Maximale für die Mieter_innern herausgeholt werden, darauf kommt es an. Dass die rechtlichen Vorgänge kompliziert sind, ergibt sich auch aus unserer bisherigen Berichertstattung und aus den hier oberhalb und unterhalb dieser Bemerkung aufgeführten Fakten und Vorgängen.

Auch die nd (Neues Deutschland) stellt die Lage noch einmal kurz dar, wie sie sich am Ende des Tages ergibt.

Nicht alle Mieter_innen sind begeistert von der Idee, Eigentümer_innen werden zu dürfen, wie dieser Abendschau-Beitrag des RBB zeigt.

Nach dem Modell des „gestreckten Erwerbs“ müssten sie das aber zumindest für eine sogenannte juristische Sekunde, die in Wirklichkeit um einiges länger dauert. Der direkte Erwerb der drei Blöcke C-Nord, S-Süd und D-Nord durch eine städtische Wohnungsgesellschaft wurde mittlerweile ausgeschlossen.

Hier werden beide Erwerbsmodelle im Tagesspiegel besprochen.

14.12.2018: Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, meldet die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Block D-Süd, der im Milieuschutzgebiet liegt und 81 Wohnungen und 10 Gewerbeeinheiten umfasst. Damit endete unsere bisherige Berichterstattung. In diesem Beitrag finden sich weitere Verweise zu früheren Artikeln über die Karl-Marx-Allee.

Noch 14.12.2018: Am Abend findet die große Mieterversammlung der Karl-Marx-Allee im Kino „Kosmos“ statt. Dort referiert Schmidt das ausgeübte Vorkaufsrecht für den Block D-Süd, aber es ist noch nicht klar, ob eine Abwendungsvereinbarung den Kauf durch die WBM nicht noch vereiteln kann. Weiterhin wird über das Kombi-Modell des „gestreckten Ankaufs“ für den Fall berichtet, dass Mieter der Blöcke C-Nord, C-Süd, D-Nord ihr Vorkaufsrecht nicht zum eigenen Erwerb ausüben können – dann soll es an die städtische Wohnungsgesellschaft Gewobag weitergereicht werden können, schreibt der Tagesspiegel.

Im Kern geht es darum, dass solvente Mieter_innen mithilfe der IBB (Investitionsbank Berlin, hauptsächlich tätig im Bereich der Wirtschaftsförderung) oder ihrer Hausbank als Finanzierer ihre Wohnungen selbst kaufen können, diejenigen, die dazu finanziell nicht in der Lage sind, ihr Vorkaufsrecht trotzdem ausüben und ihre Wohnung an die städtische Gewobag weiterreichen können. Bei diesem mittlerweile als „gestreckter Erwerb“ bezeichneten Variante fallen allerdings doppelte Notarkosten und doppelte Grundsteuer an.

Diese Variante müsste noch mit den EU-Beihilferegeln und dem Bankenaufsichtsrecht in Einklang gebracht werden, heißt es wiederum in diesem Tagesspiegel-Artikel.

Den Stand vom 14.12. gibt u. a. dieser Bericht in der taz wieder.

15. und 16. Dezember. Wochenende. Endlich ein wenig Ruhe in und um die Karl-Marx-Allee für Mieter_innen und Berichterstatter.

18.12.2018: Das LG Berlin stoppt per Eilentscheid den Verkauf der Blöcke C-Nord, C-Süd und D-Nord mit 675 Wohnungen und 57 Gewerbeeinheiten (offenbar liegt die Gesamtzahl in den vier Blöcken nicht, wie bisher überwiegend gemeldet, bei insgesamt 700, sondern bei 756 Wohnungen und 67 Gewerbeeinheiten).

„Die Entscheidungen des Gerichts gehen zurück auf eine von der Finanzverwaltung gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF) angeregten Überprüfung des Wohnungsverkaufs an die Deutsche Wohnen. Beide Parteien hatten geltend gemacht, der Verkauf entspreche nicht der Vorgabe des Altlastenhilfe-Gesetzes, wonach Eigentumsbildung durch die in den Wohnungen lebenden Mieter erreicht werden sollte. Das hätten Verträge von 1993 und 1995 vorgesehen, mit denen die Herauslösung der Blöcke aus dem WBF-Bestand besiegelt worden war.“

Wir haben diese Passage wörtlich dem Tagesspiegel entnommen, damit nicht beim Umschreiben in eigene Sätze Fehler oder Unschärfen entstehen können. Der Fall ist auch so kompliziert genug.

Die WBF ist die Wohnbaugesellschaft Friedrichshain, die WBM, um die es beim „Milieuschutzblock D-Süd“ geht, die Wohnbaugesellschaft Mitte, es dürfte sich gemäß identischem Geschäftssitz aber um dieselbe Firma bzw. verbundene oder kooperierende Unternehmen handeln.

Die Deutsche Wohnen äußerte sich dazu bereits in der Form, dass die nach deren Ansicht widersprüchlichen Erwerbsmodelle des Senats Zeit- und Ressourcenverschwendung seien, weil sie sowieso nicht funktionieren würden und die gerichtliche Verfügung offenbar lediglich dem Zeitgewinn dienen solle.

Daraus macht der Finanzenator in dieser Pressemitteilung vom 18.12.2018 zu:

„Die WBF Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain mbH hat am 17.12.2018 vor dem Landgericht gegen Verkäufer und Käufer der drei in Wohnungs- und Teileigentumseinheiten aufgeteilten Blöcke einstweilige Verfügungen beim Landgericht Berlin erwirkt, mit denen Käufer und Verkäufer untersagt wird, die Kaufverträge weiter zu vollziehen. Das Landgericht Berlin hat die einstweiligen Verfügungen am heutigen Dienstag gegen 12.00 Uhr erlassen.

Der Senat hatte vergangene Woche die Senatsverwaltung für Finanzen beauftragt, mit der WBF die Wahrnehmung von Rechten aus den 1993 bzw. 1995 abgeschlossenen Verträge zur Bildung von Mietereigentum zu prüfen. Damals sah das Altschuldenhilfe-Gesetz eine Eigentumsbildung zugunsten der Mieterinnen und Mieter vor. Der damalige Verkauf erfolgte, um dieses nicht sofort erreichbare Ziel später umsetzen zu können. Die Senatsverwaltung für Finanzen und die WBF haben die Rückabwicklung der Verträge bzw. die Geltendmachung der damals vereinbarten Rechte geprüft und sind diesen Zielen jetzt durch die vom Gericht erlassenen einstweiligen Verfügungen nähergekommen. Auch denjenigen Mieterinnen und Mietern, die nach der Umwandlung in Eigentumswohnungen eingezogen sind, steht ein vertragliches Vorkaufsrecht zu – nicht nur den „Altmietern“. Insgesamt könnte so die WBF(WBM) kommunaler Eigentümer werden.

Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz erklärt dazu: „Mit diesen Entscheidungen ist Raum dafür geschaffen, in Ruhe und unter Vermeidung des Zeitdrucks, der durch die leider gewollte Terminierung des Vertragsgeschehens auf die Weihnachtszeit ausgelöst wurde, zu sehen, ob es eine große Lösung gibt. Eine große Lösung wäre die des Rücktritts oder des Vorkaufsrechts der WBF (als Teil der WBM) von den Verträgen von 1993 und Folgejahren. Selbst wenn wir damit nicht obsiegen sollten, bleibt mehr Zeit und eine Ausweitung der heutigen Möglichkeiten der Mieterinnen und Mieter.““

Die Berliner Abendschau spricht mit Mieter_innen, stellt den gestreckten Erwerb grafisch dar und interviewt zur Sache den Staatssekretär im Bausenat, Sebastian Scheel:

https://www.youtube.com/watch?v=shg8MDzn06o&feature=youtu.be

 

19.12.2018: Am späten Nachmittag meldet der Berliner Tagesspiegel als erste Zeitung, die Deutsche Wohnen habe nun auch den Block F-Süd der Karl-Marx-Allee mit 151 Wohnungen erworben. Ein Verkaufsrecht der Mieter soll dadurch umgangen werden, dass der Block als Einzelobjekt übernommen wird. Milieuschutz besteht für den Block F-Süd nicht.

Ebenfalls habe die DW mitgeteilt, dass sie eine Abwendungsvereinbarung für Block D-Süd unterzeichnet habe, sodass das am 14.12. als gesichert gemeldete Vorkaufsrecht für diesen im Milieuschutzgebiet angesiedelten Blocks seitens des Bezirks nicht ausgeübt werden könne. Dazu gibt es inzwischen aber die Meldung, dies sei nicht die Vereinbarung, welche Baurat Schmidt vorgelegt habe, sondern eine eigene Version der DW, die offenbar nicht identisch mit der Vorgabe des Bezirks, sondern als neuer Vorschlag zu werten ist.

Weiter 19.12.2018: Finanzsenator Kollatz reagiert umgehend und will auch bezüglich des neuen Falls Block F-Nord Rechte des Landes in der Form prüfen lassen, wie das bereits für die Blöcke C-Nord, C-Süd und D-Nord geschehen ist.

Selbstverständlich kämpfen auch wir weiter und nehmen es mit der Informationsflut zum Fall Karl-Marx-Allee auf, Anspruch auf Vollständigkeit ausgeschlossen – alle wesentlichen Entwicklungen wollen wir aber weiterhin wiedergeben. Möglicherweise werden die Chronologie jetzt in dieser Übersichtsform fortführen, Kommentare zur Karl-Marx-Allee aber weiterhin in – zusätzlichen – Einzelbeiträgen abgeben.

© 2018 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Ein herzlicher Dank für viele aktuelle Informationen an Daniel Diekmann von der IG Habersaathstraße.

Medienspiegel 181, SMH 147-155


Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Hinterlasse einen Kommentar