Alle Fotos im Update © IG HAB Habersaathtraße 40-48 (@HeimatNeue)
Auch heute ist es uns wieder gelungen, dank tatkräftiger Mithilfe der @HeimatNeue Original-Impressionen vom Kiezspaziergang an unsere Leser_innen weiterzureichen.
Und dabei ist es zu einer Sensation gekommen!

Es ist immer etwas schwierig mit dem Ton, wenn es um die Verdrängten und Gefährdeten geht. Einerseits finde wir solche Dinge wie dieses Plakat wundervoll, wir stehen auf sowas, andererseits ist es schwierig, Emotionen zu kanalisieren, weil wir wissen, dass das Syndikat gekündigt ist und sich einer Räumungsklage von Pears Global gegenübersieht. Zuletzt haben wir über das Syndikat und seine findigen Unterstützer_innen hier berichtet.

Derzeit besetzen die Betreiber ihre eigene Kneipe. Dass es sowas im dritten Jahr von R2G in Berlin noch geben muss, macht uns immer wieder sehr traurig oder wütend, manchmal beides im Abstand von wenigen Sekunden. Wir belassen es an dieser Stelle bei einem Satz: Milieuschutz gilt nicht für Gewerbe. Ein Desaster.

Wir spulen dieses Mal den Kiezspaziergang rückwärts ab, weil wir unbedingt zunächst ein paar Bilder vom Syndikat vorstellen wollten, dem Herz des Widerstands im Schillerkiez – und wechseln jetzt zur Leinestraße 6.
Aber erstmal um die Ecke, denn die Weisestraße mit dem Syndikat eckt an der Leinestraße an. Sagt uns die Leinestraße noch etwas?

Denn hier im Erdgeschoss liegt die Wohnung der Studentin Anna, die von ihren Vermietern wegen Eigenbedarfs rausgeklagt werden sollte. Aktivisten erlären hier dem Publikum gerade, wie die Sache gelaufen ist und wie die Studentin Anna schließlich in zweiter Instanz vor Gericht gesiegt hatte. Wir hatten damals schon nicht verstanden, warum bei so klarer Sachlage zwei Gerichtszüge notwendig waren, aber lesen Sie, wenn Sie mögen, unseren Abschlussbericht zu diesem Beinahe-Verdrängungsfall, der zeigt, dass Wehrhaftigkeit sich lohnen kann.

Die Herrfurthstraße wurde im Dezember 2018 bekannt, als das Künstlerkollektiv „Reflektor Berlin“ die Puppen der Verdrängten dort auf die Gehsteige setzte und ihre Geschichten erzählen ließ. Darüber hat die B.Z. mal eine wirklich schöne Story gebracht, die wir hier verlinken. Schon das Anschauen der Bilder und das Lesen des Berichts war für uns schon wieder ziemlich emotional.
Ob jemand Anna heißt oder einen der Namen dieser Puppen hat, die für reale Personen, für Menschen stehen, die aus ihren Vierteln vertrieben werden sollen, es ist wichtig, dass Schicksale hinter diesen Vorgängen kenntlich werden.
Wir müssen die Mauer des herzlosen, neoliberalen Schweigens und des abstrakten Denkens in Zahlen durchbrechen, ein Gefühl dafür bekommen, was wir da eigentlich tun und wie arm wir uns selbst machen, wenn wir alles, was die Welt uns doch als individuelle Erfahrung anbieten will, nur noch quantifizieren oder qualifizieren.


Und wie dieser hübsche Kiez dann leuchtet. Er sieht gar nicht nach 20, Euro 30 pro Quadratmeter aus, sondern, als würde die Sonne hier für alle scheinen und als wären die für Berliner Verhältnisse klein und einfach wirkenden Häuser für alle da. Doch das täuscht. Überall ist die Gentrifizierung am Werk und gerade, weil die Häuser in Neukölln selbst in saniertem Zustand oftmals nicht so prunkvoll aussehen wie in manch anderem Viertel, denkt man, hier sei die Welt doch sicher noch in Ordnung. Hier gebe es noch gewachsene Nachbarschaften und bunte, interessante Menschen, die so sind wie die Häuser, in denen sie leben.
Das ist aber nur noch teilweise der Fall. Und diesen Teil müssen wir unbedingt erhalten!
Und nun …

… noch einmal ins Syndikat und etwas zur Unterstützung der Landwirtschaft tun!
TH
Ausgangsbeitrag vom 30. März 2019:
Wir schrieben kürzlich, alle Veranstaltungen der Aktionstage bis zur großen Demo gegen #Mietenwahnsinn am 6. April (Alexanderplatz, 12 Uhr, alle hin!) zu bewerben, kriegen wir nicht hin.
Aber Neukölln ist Muss!
Im Reuterkiez, wo letzte Woche am Sonntag der Neuköllner Kiezspaziergang stattfand, haben wir mal gewohnt, im Schillerkiez haben wir Freunde und waren kürzlich noch dort (inklusive Besichtigung der Infowand auf dem Titelfoto). So einfach kann man Priorisierung erklären. Nicht nur. In Neukölln ist wirklich besonders viel los, betreffend den Mietenwahnsinn – aber auch, wie man sich dagegen stellt.
Es gibt Fortschritte wie den kompletten Milieuschutz für Neukölln-Nord, aber auch Enttäuschungen, wenn Häuser oder Geschäfte trotzdem nicht gerettet werden können. Und es gibt Menschen wie die vom Syndikat.
Dort startet morgen der Kiezspaziergang. Dort wurde Pears Global enttarnt und wollte sich, beeindruckt von einer kultigen Kiezkneipe, zu einem fairen Player im Ringen um die Soziale Stadt entwickelen. Leider nicht.
Im Schillerkiez gibt es noch mehr zu besichtigen, was man wissen sollte, wenn man den Mietenwahnsinn verstehen will. Hier deshalb der Tweet mit Link zum Aufruf der Kieziniitative „nk44“:
Das knuffige und doch von ernsten Inhalten bestimmte Bild zum Aufruf wollten wir unsern Leser_innen direkt anbieten und hoffen mit Blick in Richtung der Veranstalter_innen, das ist okay:
Dieser Kampf, den viele von uns Mieter_innen kämpfen, hat viele Gesichter. Kein Vorgang ist mit dem anderen 1:1 zu vergleichen und ebenso vielfältig sind die Menschen, die betroffen sind und sich ihrer Haut wehren.
Unsere Hoffnung beim Wahlberliner ist, dass dieser Kampf, so nervenaufreibend er sich gestaltet, so traurig er immer noch viel zu häufig endet, uns alle einander auch näherbringt und etwas auslöst, was wir auf diesem Bild ausgedrückt finden:
Solidarität durch den Mietenwahnsinn, gegen den Mietenwahnsinn und über den Mietenwahnsinn hinaus.
Weil das wichtig ist, wird morgen auch das Wetter schön.
Unsere Solidarität heute mit dem Schillerkiez von Neukölln und allen bedrohten Menschen dort!
TH
SMH 320, 322