Crimetime-Vorschau - Titelfoto © RBB, Steffen Erhard
Welcher Weg ist ein guter, für den Berlin-Tatort?
Wir würden nach neun Berlin-Tatorten mit dem Duo Rubin / Karow nicht von einer Krise sprechen wollen, zumal mit „Meta“ ein ungewöhnlich guter Film dabei ist, der erst im letzten Premiere feierte. Aber lesen Sie bitte diese Charakterbeschreibung, welche der RBB vermutlich für die beiden Ermittler angelegt hat. Vielleicht ist das, was dort steht, nicht ganz falsch, aber auf uns wirkt es nicht sehr griffig. Mag sein, dass wir auch deswegen Schwierigkeiten haben, uns auf die aktuellen Berliner einzustellen, weil in letzter Zeit so viele Tatort-Teams gewechselt haben, weil es so viele gibt und weil wir uns im März entschlossen haben, auch die Reihe Polizeiruf 110 zu besprechen. Dadurch fehlt vielleicht die maximale Bereitschaft, uns auf diese beiden schwierigen Typen einzulassen, die in Berlin herumfuhrwerken oder wie immer man ihre Ermittlungsmethoden am besten beschreiben soll.
Eigentlich sind sie ja meist Getriebene, nicht Akteure. Es gab Zeiten, da hatte man den Eindruck, die Ermittler waren zwar vordergründig genervt, wenn mal wieder eine Tötung vorlag, aber in Wirklichkeit warteten sie nur darauf, ihre ganze Routine und ihr umfängliches Können zu zeigen, zum Beispiel den berühmten richtigen Riecher.
Bei Rubin und Karow hat man es nach vielen Versuchen endlich hinbekommen, sie nicht wie – wenn auch durch ein negatives Ereignis in Betrieb versetzte -Akteure wirken zu lassen, sondern wie Getriebene, und zwar ständig. Bei Karow verstärkt sich dieser Eindruck durch seine schwierige Vergangenheit, bei Rubin durch die niemals lösbaren Familienprobleme. Klar, das ist alles Absicht, so ein Dickicht ist die Welt, es ist Quatsch, noch den Überblick behalten zu wollen. Dass die beiden überhaupt ein Verbrechen aufklären können, wundert uns immer wieder, beweist andererseits, dass man nicht zu elitär an die Personalauswahl herangehen muss. Auch Menschen, die mächtig unsortiert wirken, haben ihre Fähigkeiten und spielen sie erst dann aus, wenn der Ermittlungskarren so richtig im Dreck festsitzt, denn dann ist es genau wie in ihrem Leben: Man wühlt und wühlt und irgendwann stellt man fest, dass man doch noch an die Oberfläche gekommen ist. Keine Frage, eine glänzende Berlin-Allegorie, diese beiden.
Die Frage ist aber berechtigt, was die Zuschauer, vor allem diejenigen außerhalb der Hauptstadt mit ihrem flirrenden Wesen, davon halten. Wir sind so frei und kopieren hier die aktuelle Ermittler-Rangliste des Tator-Fundus:
| 1 | Lannert | 7.10851 |
| 2 | Borowski | 6.91723 |
| 3 | Batic | 6.82787 |
| 4 | Ballauf | 6.79777 |
| 5 | Murot | 6.75612 |
| 6 | Faber | 6.74206 |
| 7 | Thiel | 6.71814 |
| 8 | Eisner | 6.65969 |
| 9 | Voss | 6.56823 |
| 10 | Lindholm | 6.45640 |
| 11 | Lürsen | 6.38329 |
| 12 | Karow | 6.23213 |
| 13 | Falke | 6.19140 |
| 14 | Odenthal | 6.12753 |
| 15 | Berg | 6.10167 |
| 16 | Flückiger | 6.02568 |
| 17 | Brix | 5.76873 |
| 18 | Lessing | 5.72722 |
| 19 | Stellbrink | 5.66778 |
| 20 | Berlinger | 5.09767 |
| 21 | Tschiller | 4.90453 |
Damit dokumentieren wir diesen Stand, der sich immer wieder verändern wird. Rang 12 von 21 für das Hauptstadt-Team, nach immerhin neun Filmen, das ist nicht gerade der Hit. Und es ist schwieriger, nach oben zu kommen, als zurückzufallen, von dieser Position aus, vor allem, wenn Falke noch ein wenig zulegt – und wir glauben, das werden er und seine Partnerin Grosz noch tun, die auf uns wesentlich griffiger und besser „in die Spur gebracht“ wirken, ihr Rollenprofil betreffend. Inga Lürsen und Nils Stedefreund, die vor Karow und Rubin platziert sind, werden zwar aus der Liste der aktuellen Ermittler_innen fallen, aber wenn das neue Bremen-Team 2020 einen guten Einstand hat, ist nach vorne alles dicht – der Abstand zu Lindholm auf Rang 11 ist schon ziemlich groß und lässt sich normalerweise nicht mit einem oder zwei Filmen aufholen.
Das heißt, die Berliner steckten nach neun Filmen bereits in der unteren Hälfte der Beliebtheitsskala fest. Wir müssen nun nicht darüber referieren, wer noch alles dahinter liegt, nämlich die besonders umstrittenen Figuren, aber wir erwarten von der Hauptstadt endlich mal irgendetwas, wo sie vorne ist, außer bei der reinen Größe. Am Ende ihrer Dienstzeit hatten Stark und Ritter, die Vogänger, es mit einigen guten Filmen wie „Gegen den Kopf“ geschafft sich im oberen Drittel festzusetzen. Keine Frage, dass es sehr schwierig für Rubin und Karow wird, dorthin zu kommen. Aber wir können uns auch irren. Am letzten Wochenende wurde ein Dresden-Tatort („Das Nest“) dermaßen gut bewertet, dass wir trotz der Erfahrung aus über 600 Rezensionen für die Reihe und der damit verbundenen jahrelangen Beobachtung der Fundus-Nutzer ziemlich überrascht wurden. Warum soll also nicht das Team Berlin plötzlich abgehen wie Schmidts Katze? Oder wenigstens wie die Maus, die vor Schmidts Katze abhaut?
TH
Handlung
Nächtlicher Streifendienst in der Großstadt. „Ruhestörung“, ein Routineeinsatz im Kiez – aber ganz offensichtlich stechen die Streifenkollegen dabei in ein Drogennest. Ein mutmaßlicher Dealer eröffnet jäh das Feuer. Die junge Streifenpolizistin Sandra stirbt im Kugelhagel, ein zweiter Uniformierter, der kurz vor seiner Pensionierung stehende Harald Stracke, wird angeschossen,
Ein Dritter kommt mit dem Schrecken davon, weil er als einziger eine Schutzweste trägt: Tolja Rubin. Der Sohn der Kommissarin absolviert sein Praktikum im Streifendienst. Azubi Tolja verheddert sich schon bei der ersten Vernehmung in Widersprüche.
Was ist in dieser Nacht am Tatort wirklich geschehen? Ging es um Drogen – oder um viel mehr? Dann gibt es einen zweiten Toten und Zug um Zug kommen Nina Rubin und ihr Kollege Karow einer entsetzlichen Wahrheit auf die Spur.
Besetzung und Stab
Hauptkommissarin Nina Rubin – Meret Becker
Hauptkommissar Robert Karow – Mark Waschke
Kommissaranwärterin Anna Feil – Carolyn Genzkow
Tolja Rubin, Ninas Sohn und Polizeipraktikant – Jonas Hämmerle
Gerichtsmedizinerin Nasrin Reza – Maryam Zaree
Polizeihauptmeister Harald Stracke – Peter Trabner
seine Ehefrau Verena Stracke – Nina Vorbrodt
Polizeimeisterin Sandra Ehlers – Anna Herrmann
Polizeihauptkommissar Uwe Petrofski – Rainer Reiners
Kriminaltechniker Knut Jansen – Daniel Krauss
LKA-Drogenfahnder Decker – Christian Ehrich
Psychologin Inka Bartsch – Renate Regel
Yakut Yavas – Rauand Taleb
Yakuts Onkel Chafik – Tamer Yigit
u.a.
Drehbuch – Christoph Darnstädt
Regie – Christian von Castelberg
Kamera – Björn Knechtel
Szenenbild – Jörg Baumgarten
Schnitt – Dagmar Lichius
Ton – Ludwig Bestehorn
Musik – Eckart Gadow
Entdecke mehr von DER WAHLBERLINER
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

