Ein Gespräch mit dem Stadtvermieter. Endlich Kontroverse? @Stadtvermieter @HeimatNeue #Mietenwahnsinn #Spekulation #Rendite #Unternehmer #Niedrigzinspolitikk #Nachfrage

In der Regel finden unsere Beiträge Zustimmung, was aber auch daran liegt, dass sie vor allem innerhalb der „Blase“ kursieren, also zwischen uns und Menschen, die ähnliche Einstellungen haben wie wir. Eine Diskussion, die nicht persönlich oder diskriminierend wird, sondern sachlich bleibt, war vielleicht überfällig und wir nehmen das Angebot gerne an.

@Stadtvermieter hat auf unseren heutigen Bericht über die Vorkäufe der Häuser Kottbusser Damm 69 und Hobrechtstraße 59 wie folgt geantwortet.

  1. „Gerettet“. Wohl eher: Auf Dauer auf Staatskosten subventioniert. Im Zweifel mit dem Geld der Münchner, die gleichzeitig die doppelte Miete zahlen dürfen. Aber es sind natürlich nur „Bedürftige“ in den Häusern. Wer in Berlin ist das nicht?
  2. Der Wahlberliner / Thomas Hocke‏ @thomas_hocke 30 Min.vor 30 Minuten Bitte nicht die Münchner*innen gegen uns ausspielen 😉 Dass die Kaufpreise so extrem stark gestiegen sind, haben nicht die Mieter*innen zu verantworten. Und nein: Die Preise sind auf jetzigem Niveau für Berliner Verhältnisse nicht kaufmännisch gerechtfertigt, sondern spekulativ.
  3. Stadtvermieter‏ @stadtvermieter 27 Min.vor 27 Minuten „Spekulativ“ ist der Berliner Ausdruck für normales geschäftliches Handeln, für normales Unternehmertum. Es gibt eine generelle Abneigung gegen die Vorstellung, dass jemand Geld damit verdient, dass sein unternehmerisches Risiko belohnt wird.
  4. Das ist doch das Wesen des Geschäfts! Sie müssen heute investieren in der Hoffnung, dass sich Ihre Investition morgen rechnet. Das ist immer und überall in jeder Branche so. Jedes Geschäft ist eine Wette auf die Zukunft & war es schon immer. Wer das nicht will, wird Angestellter.
  5. Der Wahlberliner / Thomas Hocke‏ @thomas_hocke 5 Min.vor 5 Minuten Wenn es zulasten der Mehrheit geht, ist es auch deren Risiko. Nochmal: Kaufmännisch = unternehm. okay = Kaufpreis passt zum gegenwärt. Mietertrag. Spekulativ = Kaufpreis lässt sich nur durch Erwartung weiterer exorbitanter Wertsteigerungen + Mietentreiberei darstellen.
  6. Stadtvermieter‏ @stadtvermieter 2 Min.vor 2 Minuten Es ist IMMER Risiko des Unternehmers. Bis 2009 sind die Mieten in Berlin viele Jahre gesunken. Wissen Sie, wie viele Unternehmer gerade in der Nachwendezeit mit Immobilien viel Geld verloren haben? Sie sehen das alles hier sehr einseitig. Mieter haben lange vom Markt profitiert.
  7. Stadtvermieter‏ @stadtvermieter 1 Min.vor 1 Minute Jetzt, wo der Markt aufgrund der Nachfrage ein Niveau erreicht hat, das auch in anderen Städten üblich ist, wird laut nach dem Staat geschrien. Und natürlich treiben einige Investoren ein böses Spiel. Aber die Mehrheit möchte eigentlich nur langfristig und nachhaltig vermieten.
  8. Welches Problem besteht z.B. mit Rocket Internet? Gab es irgendwelche Anzeichen dafür, dass sich das Unternehmen zum Miethai entwickeln würde?
  9. Der Wahlberliner / Thomas Hocke‏ @thomas_hocke jetzt Antwort an @stadtvermieterWenn Sie ein paar Minuten warten, antworte ich mit einem Artikel. Dann fasert es auch nicht so aus, Rocket Internet z. B. ist ein eigenes Thema.

Wir finden diese Diskussion signifikant. Klar haben sich viele Unternehmer verspekuliert, weil der erwartete Berlin-Boom nach der Wende nicht eingetreten ist. Wir erinnern uns noch gut an Prognosen, dass Berlin um 2010 herum 5 Millionen Einwohner haben würde. Trotz Hauptstadtentscheidung kam es nicht dazu. Das ist ein Tatbestand für sich, man kann nicht die heutige Mietentreiberei dagegenstellen. Außerdem sind die Mieten bis 2009 nicht, wie Sie es dargestellt haben, quasi permanent gesunken, sondern über Jahre stagniert, das ist nicht das Gleiche. Es ist ja auch logisch. Man kann zwar nicht bei jeder Marktlage große Mietsteigerungen durchsetzen, aber welcher Bestandsmieter schreibt denn ein Mietminderungsverlangen?

Das, was Sie jetzt propagieren, klingt nach einem Racheakt, aber warum sollten die Mieter*innen dem ausgesetzt sein? Wenn es einen solchen zu benennen gibt, dann ist die Politik der Adressat dafür, weil sie sich in vielen Belangen der Wirtschaftsentwicklung nach der Wende grob verschätzt, diese Fehleinschätzungen sehr offensiv kommuniziert und damit Fehlspekulationen angeheizt hat.

Die Politik ist jetzt aber ebenfalls der Adressat. Wir wissen doch beide, dass der Preisauftrieb nicht nur nachfragegetrieben ist, sondern auch durch den fortgesetzten Krisenmodus der Währungspolitik ausgelöst wurde, der in vieler Hinsicht praktisch, in anderer aber sehr gefährlich ist, unter anderem, weil er alles Kapital in die Immobilien treibt und dadurch trotz stark steigender Mieten immer niedrigere Renditen provoziert. Sie haben das in einer Tweetserie mit Jochen Biedermann auch in Ihre Überlegungen einbezogen.

So ist das auch mit den Samwers von Rocket Internet. Sie finden in der Internet-Ökonomie keine vernünftigen Anlageobjekte mehr und drängen jetzt auch noch auf den Wohnungsmarkt, neben den üblichen Verdächtigen mit den Briefkästen und den Konzepten zur Verdrängung.

Das ist angesichts der bisherigen Geschäftszwecke der Samwers und dem, was sie selbst sein wollen, nämlich die Avantgarde der Venture-Capital-Geber in Deutschland für digitales Business, Motor der Innovation, eine Aufgabe des schönen Narrativs, das sie gepflegt haben und natürlich heizt das Kapital von Firmen, die bisher gar nicht auf dem Immobilienmarkt tätig waren, die Spekulation zusätzlich an.

Der eine oder andere vernünftige Vermieter lässt es jetzt mal gut sein und wartet, bis der Markt sich wieder beruhigt, um wieder zu kaufen, dafür kommen die Samwers mit 3 Milliarden daher. Außerdem ist auch deren bisheriges Business alles andere als ethisch unbedenklich, wir haben das, welch Zufall, vor ein paar Tagen hier besprochen. Dass dieser Investor auch bei Engagements in Immobilien soziale Verantwortung nur vorspiegelt, kann man daraus ohne Weiteres schließen, zumindest ist man gewarnt.

TH

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