Es war Sommerpause, da dachten wir, wir lassen die CDU mal in Ruhe vor sich hinwerkeln und -merkeln – nach dem Immo-Lobby-Auftrieb im Juni.
Vielleicht auch zu der Einsicht kommen, dass Mieter*innen tatsächlich schutzbedürftig sind, in diesem freidrehenden Immobilienmarkt, der wirkt, als sei er mittlerweile das einzige Anlageziel des Kapitals.
Nun haben wir aber Neues entdeckt. Es kommt von der allerersten Adresse der CDU in Sachen Immobilien, Dr. Jan-Marco Luczak.
Wir sind stolz, dass jemand, der immobilienrechtlich so kompetent ist wie Dr. Luczak, unser direkt gewählter Bundestagsabgeordneter vom Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg ist und wir sind auch stolz auf den konservativen Süden (AfD-Anteil zweistellig, bei der BTW 2017) unseres Bezirks, der uns einen Repräsentanten beschert hat, der nicht einfach so eine geradlinige Politik für die Mehrheit macht, sondern immer schaut, ob es findige legale Wege gibt, um davon abzuweichen. Die erwähnte Mehrheit zählt auch in TH-SB zur Klasse der Mieter*innen. Vorgestern hat unser Abgeordneter dies getwittert.
Wir wollen diesen wiederum hochinteressanten Tweet für unsere neuesten Forschungen über die Mieter*innenfreundlichkeit der CDU auf drei Ebenen betrachten.
1.) Was ist der Inhalt?
2.) An wen ist er adressiert?
3.) Auf wessen mediale Äußerung hat Dr. Luczak geantwortet?
4.) Ein weiteres Thema erwähnen, das nicht in diesem Tweet erscheint, aber im Zusammenhang wichtig ist: Die CDU und DIESEeG.
Der Inhalt ist, dass der Berliner Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht gekippt werden soll. Und zwar nicht mit lange zuwarten, bis jemand sich in seinem persönlichen Recht verletzt fühlt, also per Verfassungsklage, sondern einfach schon mal so, präventiv und insgesamt und weil der CDU und der Immobilienlobby der Mietendeckel nicht passt. Das nennt sich Normenkontrollklage, abstrakt.
So einfach können Antworten sein. Angesichts der zunehmenden neoliberalen Einflussnahme auf das Bundesverfassungsgericht, nicht zuletzt durch dessen Besetzung – wer weiß. Vielleicht klappt’s ja.
Es gibt nur noch ein wichtiges Grundrecht, wenn man der FDP und der CDU folgt: Das Grundrecht auf Eigentum. Gleichheit, Menschenwürde, Handlungsfreiheit auch für Abeitnehmer*innen, freie Wohnortwahl und sowas alles – dafür sind andere zuständig. Die soziale Bindung des Eigentums, die ebenfalls im Grundgesetz festgelegt ist und ja auch Teil der Eigentumsordnung, wird hingegen nie erwähnt. Wer eine CDU-Äußerung aus den letzten Jahren findet, in welcher die Sozialbindung des Eigentums betont und über die maximale Rendite gestellt wird, der soll uns diesen bitte zuschicken, wir analysieren dann auch die Relevanz dieser Äußerung und ob sie Auswirkungen auf die Realpolitik der CDU hatte.
Die Mieter*innen kommen bei Dr. Luczak gar nicht erst vor. Wie immer, könnte man sagen. Wir haben ihn am ersten Augustsonntag auch nicht auf dem Anti-Verdrängungs-Hoffest in unserem Kiez gesehen, das stattfand, weil wieder einmal ein Haus gegen den Ausverkauf kämpft. Obwohl es doch in seinem Wahlbezirk liegt.
Milieuschutz war das Thema. Dieses Mal keiner der von der CDU geschätzten Share Deals, zum Glück. Sonst wäre der Milieuschutz sowieso futsch gewesen.
Wir halten erst einmal fest, dass die CDU die Mieter*innen gerne weiter dem ungebremsten Renditetrieb des Kapitals aussetzen will und das als „Investorensicherheit“ bezeichnet. Gemeint ist die die Sicherheit, weiter ohne jede Begrenzung freidrehen und weiter Mieter*innen verdrängen zu dürfen. Freie Bahn für freie Steueroasen-Kapitalisten. Was sagt eigentlich die FDP dazu? Die merkt nicht, dass die CDU im eng gewordenen neoliberalen Spektrum versucht, ihr das Wasser abzugraben? Aber wie soll sie auch reagieren? Gemäßigter etwa? Gar im Sinn des Wohnungen und Gewerberäume mietenden mittleren Mittelstands? Blöd, wenn man so einseitig und monothematisch ist wie die FDP. Dann kann man der CDU gar nicht so viel entgegensetzen oder gar noch kapitalfreundlicher sein. Da ist kein Platz mehr auf der obersten Stufe der Immobilienwirtschaftsdienlichkeit.
Und damit zu 2.) Folgerichtig adressiert der Abgeordnete auch diejenigen, die ihm wichtig sind: Die Immobilienverbände. Den ZIA, der zuletzt in Berlin Hof hielt beim #TDImmo19, unter anderem mit Christian Lindner, dem neoliberalen Original-Original. Oder Haus und Grund, dessen Sprecher sich regelmäßig zu vordemokratischer, neofeudalistischer Rhetorik versteigen, wenn es um den Kampf gegen die Mieter*innen geht. 2.) ist weder verwunderlich noch besonders erhellend, weil eh klar.
3.) aber hat es in sich. Dr. Luczak antwortet hier auf eine Anfrage von „Tichys Einblick“ dahingehend, warum die CDU nicht endlich was gegen den Mietendeckel macht. Tichys Einblick ist ein Blog, das sich selbst als „liberal-konservativ“ bezeichnet. Liberal-konservativ heißt in dem Fall vor allem rechts und kapitalorientiert. Nachdem sich gegen Geflüchtete nicht mehr so gut schreiben lässt, weil die BRD immer noch steht, sind jetzt die Mieter*innen und diejenigen dran, die für sie kämpfen. DWenteignen natürlich und jetzt auch die „Linksregierung“ von Berlin. Wegen des Mietendeckels. Rainer Zitelmann heißt der Autor des Beitrags, der gegen den Mietendeckel geschrieben ist. Kein Wort zu Rainer Zitelmann, wir manchen ja hier keinen Kapagnenjournalismus, wie gewisse Zeitungen in Berlin derzeit gegen die Mieter*innen. Aber er bringt es tatsächlich, den Mietendeckel als „Linksputsch“ zu bezeichnen. Ein Putsch, egal aus welcher Richtung, ist dies:
Ein Putsch, Staatsstreich oder französischCoup d’État [ˌkudeˈta] ist eine oft überraschende, meist gewaltsame Aktion von Angehörigen des Militärs oder paramilitärischer Organisationen und/oder einer Gruppe von Politikern mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen.[1] Die Putschisten sind meist hohe Militäroffiziereoder Führer paramilitärischer Organisationen. (Wikipedia)
Wie klar man aus dieser Beschreibung doch das Verhalten der Berliner „Linksregierung“ herauslesen kann. So überraschend. So von oben gegen unten. So militärisch gewaltsam durchgesetzt. Sowas von putschig. Aber wir wissen ja, sobald eine Sache mit einem Kampfbegriff belegt ist, macht der sich selbstständig und plötzlich müssen sich die verteidigen, die für die Menschen arbeiten wollen, nicht diejenigen, die sich gegen sie stellen. Ob das aber bei einer so plumpen Deutungsänderungsabsicht wie in diesem Fall funktioniert?
Einer gewählten Regierung, die alles tut, um den Mietendeckel, ein Schutzgesetz für die Mehrheit der Stadt, das an Art. 14 II GG appelliert, die Sozialbindung des Eigentums, weil die Vermieter freiwillig nicht sozial handeln, so zu gestalten, dass er niemandem wirklich wehtut und, nebenbei, Fehler der Vergangenheit zulasten der Mieter*innen nicht wiedergutmachen kann, ist nicht. Ist NICHT ein Putsch. Ist kein Putsch.
Aber was ist mit der Immobiienwirtschaft? Ist die Anwesenheit von Briefkastenfirmen mit anonymen Investoren in Berlin, die versuchen, ihre langjährigen Mieter*innen wegzujagen, demokratisch gewollt und legitimiert? Ist das viele Schwarzgeld, das in Immobilien verbaut und angelegt wird, rechtsstaatlich eine feine Sache?
Ja, es gibt eine Erosion des Rechtsstaats, aber nicht in der Richtung, in der Tichys Einblick gerne schwadroniert, nur, weil jemand versucht, die unter einem mörderischen Druck stehenden Mieter*innen zu schützen, sondern genau anders herum: Zugunsten des vagabundierenden, keinerlei wirksamer Kontrolle unterworfenen Kapitals und zulasten der Demokratie und damit der Rechtsstaatlichkeit.
Das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip sind laut Grundgesetz konstitutiv für die Ordnung der BRD, sie zählen zu den wenigen Regelungen, die der „Ewigkeitsgarantie“ unterfallen. Die gegenwärtige Eigentumsordnung hingegen nicht und schon gar nicht ihre immer mehr neoliberale Ausgestaltung der letzten Jahrzehnte. Aber wenn Herr Dr. Luczak meint, solche Teilnehmer am Medienbetrieb bedienen zu müssen, dann wird er wissen, warum. Wir sind sicher, er weiß genau, warum.
Wir halten jdeoch fest, es ist weiterhin keine Entwicklung der CDU in Richtung Mieter*innenfreundlichkeit abzusehen.
Wir möchten 4.) aber nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass die CDU gerade auf Landesebene und auf Bezirksebene (in Friedrichshain-Kreuzberg) versucht, DIESEeG, ein weiteres Mieterschutzmodul, parlamentarisch auszubremsen. Zwar dieses Mal auf einem zulässigen demokratischen Weg, aber wieder gegen die weit überwiegende Mehrheit im stark von Gentrifizierung betroffenen Bezirk mit dem grünen Baustadtrat, der für die Rechten ein rotes Tuch ist.
In den sozialen Medien werden gerne die Kosten für dieses neue Genossenshaftsmodell negativ kommentiert. Dazu können wir nur schreiben: Es geht doch nichts über ein schwaches Gedächtnis. Das hilft vor allem denjnigen, die es eh nicht so mit den Zusammenhängen haben. Die CDU-Stadtregierung unter Eberhard Diepgen ist über den Bankenskandal gestolpert, den bisher teuersten Berliner Einzel-Fail, der nicht unerheblich zum hohen Schuldenstand des Landes Berlin beigetragen hat und auch die Verkaufswelle an landeseigenen Immobilien mit ausgelöst und die in der Diskussion stehende Immobilienkonzerne wie die Deutsche Wohnen hervorgebracht hat. Am noch laufenden und daher noch nicht quantifizierbaren BER-Fail ist sie ebenfalls beteiligt.
Es gibt noch einen wichtigen Unterschied zu Mieterschutzmaßnahmen: Kein Mensch hatte etwas Positives von den Fails, die im Wesentlichen aufs Konto der CDU gehen.
Auch das sieht bei den Mieterschutzmaßnahmen anders aus, wenn sie funktionieren und die CDU und ihr nahestehende Medien und Verbände es nicht doch schaffen, der Mehrheit der Stadt einen Tritt zu geben. Sie regiert nicht, sie liegt in Umfragen bei lächerlichen 17-18 Prozent liegt – aber sie will die Mieter*innen, die 85 Prozent der Stadtbevölkerung ausmachen, unwiderruflich und vollständig der Herrschaft des Kapitals ausliefern.
Wieso kommt uns angesichts des Versuchs einer kleinen großkapitalistischen Minderheit, die Mehrheit auf weit überwiegend undemokratischem Weg beherrschen und (noch weiter) zurückzudrängen, das Wort Putsch viel eher in den Sinn als beim Mietendeckel? Weil es darauf viel eher anzuwenden ist, natürlich.
TH
Letztes Update (2) von Anfang Juli 2019:
Seit dem Lobbytreffen „TDImmo19“ am 27.06.2019 in Berlin, das wir beobachtet und ausgewertet haben, sind nun einige Tage vergangen, aber es gibt schon wieder neue Funde zu der Frage, ob die CDU eine mieter*innenfreundliche Partei wird.
Vorsorglich verlinken wir zunächst unseren gestern veröffentlichten Baureport Teil III. Wer gegen unsere Ansichten argumentieren möchte, der sollte dessen Inhalt anhand von nachprüfbaren Zahlen widerlegen können. Was an Verkürzungen und fragwürdigen Darstellungen alles passiert, wenn man nur mit ein paar Twitter-Schlagworten um sich wirft, stellen wir im Folgenden wieder dar.
In diesem Fall haben wir selbst geantwortet. Geschichtsschreibung und damit auch der Umgang mit Fehlern der Vergangenheit ist kein Ponyhof, das sieht man immer wieder. Die Bundesförderung für den Sozialwohnungsbau, die ohnehin viel zu niedrig ausfällt, soll in den nächsten Jahren sogar gekürzt werden. Im Bund regiert seit 14 Jahren abzüglich 4 besonders neoliberalen Jahren Schwarz-Gelb die CDU/CSU über die und mit der SPD. Von 2RG weit und breit keine Spur.
In Hamburg regiert übrigens seit acht Jahren Rot-Grün. Die CDU, bei der Bürgerschaftswahl im Jahr 2008 noch mit fast 48 Prozent stärkste Partei, bekäme gemäß Umfragen derzeit ca. 16 Prozent, wenn Bürgerschaftswahl wäre. Die CDU hatte ab 2008 allein regiert und die einmalige Gelegenheit, die Hansestadt perfekt nach ihren Ideen zu modellieren – die Wähler*innen waren offenbar nicht überzeugt und korrigierten ihre unter besonderen Bedingungen getroffene Entscheidung von 2008, eine moderne, weltoffene Stadt der CDU zu überlassen, schon 2011. Es ist also eine rot-grüne Stadtregierung, welche die vielen Sozialwohnungen baut. Das erwähnt die CDU freilich nicht.
In Berlin hingegen regiert 2RG erst seit Ende 2016 und seitdem bauen nicht nur alle zusammen, sondern speziell die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mehr als zuvor unter Rot-Schwarz, kaufen gleichzeitig Bestand und werden sich in den nächsten Jahren weiter steigern. Das ist anhand der laufenden und bald baureifen Projekte deutlich absehbar.
Gerade wurde uns von der @HeimatNeue (IG HAB, Mieter*innen-Initiative der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte) eine sehr gute Ergänzung gesendet, die wir rasch einbauen:
Hingegen nicht in Sicht: Dringend gebotene Rückkehr der Wohnungsgemeinnützigkeit mit Möglichkeit unbegrenzter Sozialbindung, sodass nicht jedes Jahr mehr Sozialwohnungen aus der Bindung fallen, als unter heutigen Bedingungen neu gebaut werden können. Änderbar durch Bundesrecht, also nur mit Hilfe der Union. Auch in Hamburg wird es also dank CDU-Politik weiter ein Wettrennen zwischen dem Bau neuen Sozialwohnungen und dem Verlust an günstigem Wohnraum durch Einheiten geben, die aus der Bindung fallen.
Und wenn wir gerade dabei sind: Die schwarz-gelbe Regierung hat in den 1980ern dafür gesorgt, dass es keine unbefristete Wohnungs-Sozialbindung mehr gibt, in der Konsequenz ging der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland von 1990 bis 2018 von 2,87 auf 1,15 Millionen zurück und wird trotz des forcierten Neubaus in Hamburg, Berlin und anderen Ballungsräumen weiter fallen. Aber versuchen, Rot-Grün in Hamburg gegen Rot-Rot-Grün in Berlin auszuspielen, dafür ist die CDU immer gut.
Oben eine Meldung von gestern. Weil die CDU das im Neubau-Tweet auch getan hat, antworten wir hier ebenfalls mit einem Whataboutismus: Wie wär’s denn mit Abschaffung der Share Deals, die ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen Immobilienerwerbers, eine Einladung zur Steuervermeidung und zur Verdrängung vieler Menschen in Milieuschutzgebieten sind? Und wie wär’s mit der Beseitigung eines gesetzlich geschaffenen Paradoxons: Der Möglichkeit, im Milieuschutz Mietwohnungen in Eigentum umzuwandeln. Das steht dem Zweck der sozialen Erhaltung fundamental entgegen.
Im bezogenen Zeit-Artikel wird ausdrücklich angemerkt, dass Enteignungen die ultima Ratio sein sollen, in Berlin sehen das viele mittlerweile anders. Und, unfassbar: Vermieter sollen tatsächlich den Mieter*innen zu viel abgenommene Miete zurückzahlen müssen. Das erwähnt die CDU natürlich in ihren Tweets nicht, dass wenigstens eine regelgemäße Korrektur stattfinden soll.
Die Mietpreisbremse beinhaltet bis heute keine rechtsstaatsgemäße Bestrafung für Vermieter, welche die Mietpreisbremse umgehen, also Mietenbetrug begehen. Das wird sich selbst nach einer weiteren Verschärfung nicht ändern. Warum eigentlich nicht? Warum werden Vermieter weiterhin strafrechtlich privilegiert, wenn sie Vermögenselikte begehen?
Und warum soll man Firmen, die mit ihrem Wohnungsbestand nicht vernünftig umgehen, etwa dringend benötigten Wohnraum in Ballungsgebieten absichtlich leerstehen lassen, nicht enteignen können? Sozialbindung des Eigentums, Art. 14 II GG, wenn schon nicht Art. 15?
Auch zieht die neue Justizministerin eine Baupflicht in Erwägung, damit Grundstücke nicht aus Spekulationsgründen brach liegen. Auch davon natürlich kein Wort in der CDU-Vertwitterung eines viel umfassenderen Maßnahmenkatalogs zugunsten der Mieter*innen.
Stattdessen Ablenkungsmanöver: In Berlin sind die Mietspiegel in den letzten zwei Jahren ganz gemäß CDU-Wünschen wieder gestiegen, die qualifizierten Mietspiegel sind auch stark genug, wenn man nicht versucht, sie, wie die Deutsche Wohnen SE (ein Enteignungskandidat), vor Gericht zulasten der Mieter*innen anzugreifen.
Oder ist damit gemeint, die Mietspiegel vermieterfreundlicher zu gestalten, etwa durch Verkürzung des Zeitraums für im Mietspiegel abgebildete Neuverträge?
Zwischenstand:
Mehr Mieter*innenfreundlichkeit ist bei der CDU immer noch nicht zu erkennen, stattdessen wird jede Maßnahme zum Schutz der Mieter*innen konsequent angegriffen.
Update vom 1. Juli 2019:
Wir übernehmen für diesen Beitrag einige Tweets vom #TDImmo19 und fügen Aktuelles bei. Wir konzentrieren uns dabei ein wenig von diejenigen in der CDU, die dort in Sachen Wohnungswesen am meisten aktiv sind.
Der Ausgangsbeitrag, den wir hier auch anhängen, kam durch einen Artikel von Michael Fabricius vom 25. Juni 2019 in der WELT zustande, der Tendenzen der CDU in Richtung Mieterfreundlichkeit ausgemacht haben wollte. Eine solche Kehrtwende wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, beobachteten, kommentierten – schrieben aber auch: Erst mal sehen, was die Herrschaften auf dem „TDImmo19“ so von sich geben, dem Lobbykongress der Immobilienwirtschaft in Berlin am 27. Juni. Und ob das auch in die Richtung geht, und, falls nicht, ob es nicht viel authentischer wirkt als die zarten Andeutungen in Richtung mehr Verständnis für Mieter*innen, die Michael Fabricius aus CDU-Repräsentant*innen herausgekitzelt hat.
Prüfen wir als erst, was Dr. Jan-Marco Luczak, der uns aus dem rührigen politischen Leben unseres Berliner Bezirks bekannte Mietenspezialist und Wirtschaftsanwalt auf dem „TDImmo19“ und seitdem per Social Media geäußert hat.
Und wir fangen gleich mit einem Schocker an, den wir im Hauptbeitrag zum Immobilientag nicht gezeigt haben, damit das Schlimmste gleich zu Beginn kommt und man sich danach mit eher standardmäßigen Aussagen etwas erholen kann. Vielleicht:
Hier freut sich also die angeblich jetzt mieterfreundliche CDU in Person von Herrn Dr. Luczak darüber, dass die Berliner Mieter*innen jetzt vielleicht doch keinen Mietendeckel bekommen, damit die Preistreiberei im Bestand aufhört, von der wir alle wissen, dass sie durch Neubau nicht abgefedert werden kann. Natürlich weiß Dr. Luczak das auch, er ist ja Wirtschaftsanwalt und einen Wirtschaftsanwalt, der sowas nicht weiß, können wir uns schlechterdings nicht vorstellen. Aber er mag den Mietendeckel halt einfach nicht, weil dieser die Verdrängung zwischenzeitlich etwas verlangsamen könnte, von Stopp reden wir lieber nicht, es wird sicher viele Ausnahmetatbestände geben – aber Verdrängung ist das Brot der renditegetriebenen Immobilienwirtschaft privatkapitalistischer Natur und das muss ungehindert flutschen.
Nur ein paar Sätze zum Gutachten selbst. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat auch empfohlen, alle sozialen Aspekte des Wohnungsbaus zu kippen, weil er offenbar mehr vom Glauben an den Markt als von aktuellen Analysen jenes Marktes beseelt ist, ähnlich wie die CDU. Und entweder haben die Länder 2005/2006 Gesetzgebungskompetenz in dieser Sache zugesprochen bekommen oder nicht. Falls ja, dann ist eine Regelung auf Bundesebene eben nicht zwangsläufig abschließend. Der Sinn der Kompetenzübertragung ist ja gerade, regionalen Besonderheiten mit Normensetzung auf Länderebene Rechnung tragen zu können.
Viele Sonderregelungen für Berlin, die schon seit Jahren gelten, weisen zumindest darauf hin, dass das nicht generell unmöglich ist. Wir lesen aber mit Interesse, dass zusammen mit der FDP, die gegen den Mietendeckel klagen will (war eh klar), auch Teile der CDU mitmachen wollen, weil für ein Normenkontrollverfahren 40 Berliner ABH-Abgeordnete als Antragsteller benötigt werden, und so viele hat die FDP nicht. Wo als bei der doch neuerdings angeblich mieterfreundlichen CDU soll sie also Mitstreiter*innen finden?
So, und jetzt kommt es, das zitieren wir deshalb auch wörtlich:
„Allerdings lassen die Gutachter des Bundestags dem Berliner Senat eine Hintertür offen. „Eine Zuständigkeit der Länder für ein Verbot von Mieterhöhungen könnte sich aus der Gesetzgebungskompetenz für das Wohnungswesen ergeben“, heißt es in dem achtseitigen Schreiben. „Diese frühere konkurrierende Kompetenz steht seit der Föderalismusreform von 2006 allein den Ländern zu.““
Und damit haben wir auch den Grund, warum wir Artikel schreiben und nicht hauptsächlich twittern: Denn solche Finessen muss man dann leider weglassen und wer weiß, ob denjenigen, die so gerne gegen den Mietendeckel twittern, nicht ganz froh darüber sind, dass dieses knappe Medium so wenig Differenzierung zulässt.
Apropos: Der Wissenschaftliche Dienst empfiehlt auch einen Inflationsausgleich im Mietendeckel. Das würde zwar bei den meisten Berlinern die Mitkosten relativ zum Einkommen kaum senken und diejenigen privilegieren, die hohe Einkommenssteigerungen zu erwarten haben, aber es wäre verfassungsrechtlich vermutlich etwas sicherer als ein totaler Stopp. Die Einbeziehung der erhöhten Baukosten, die der Wissenschaftliche Dienst auch empfohlen hat (wieso eigentlich, wenn er gemäß Dr. Luczak doch eh alles für verfassungswidrig hält?), ist hingegen zu viel des Guten. Wir stellen die erhöhten Absetzungsmöglichkeiten bei Instandhaltung entgegen, wenn die Baukosten schneller steigen als die allgemeine Inflation. Außerdem soll es ja, man staune, eine Art Vermieter*innen-Härtefallregelung geben. Sowas fordert die CDU doch schon lange, wenn auch für eine andere Personengruppe. Jetzt kriegen es die ärmeren unter deren Lieblingen, den Vermieter*innen, sogar vom Senat angeboten, damit nur ja der Mietendeckel sozial in alle Richtungen ist.
Über den Verein „Neue Wege für Berlin“, der im Beitrag der Berliner Morgenpost ebenfalls erwähnt wird, haben wir uns gestern bereits ausführlich geäußert und diesen neuen Akteur zum Anlass genommen, in einem längeren, essayartigen Kommentar unsere aktuellen Ansichten und Erkenntnisse darzustellen.
Hier noch einmal als Interview mit dem RBB – fällt Ihnen was auf, liebe Leser*innen? Was fehlt alles in dieser Aussage?
Im Tweet steht nicht mal drin, an welcher Stelle das Interview genau zu finden ist. Falls Sie darin was finden, was neue Erkenntnisse bringt, gerne an uns weiterreichen, ja? Ansonsten wollen wir festhalten, dass es nicht angehen kann, Dinge, die selbst die Morgenpost viel ausführlicher darstellt, nicht so drastisch verkürzt werden, dass sie nur noch CDU-propagandistischen Wert haben. Das hat nicht einmal der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages verdient.
Nun zum Kongress #TDImmo19 des ZIA, des Zentralen Immobilien Ausschusses, der am 27.06.2019 in der Verti Music Hall stattfand.
Die CDU kam gleich in Mannschaftsstärke, um sich die Bälle gegenseitig zuspielen zu können:
Bei der CDU hat Glaube schon immer Wissen, Logik, Analyse ersetzen müssen, daher auch das „C“ im Parteinamen. Das hat aber nur solange funktioniert, wie die Deutschen den verlorenen Krieg im – sic! – Glauben an die reinwaschende Wirkung immer neuer Produktionsrekorde auf Basis nahe Null aufgearbeitet haben, die CDU hat bloß für die Geschichte dazu gesorgt, die wieder viel mit Glauben zu tun hat: „Wirtschaftswunder“. Die neuere, leider bereits in jeder Hinsicht lächerliche Variante lautet „Jobwunder“. Diese nicht wundersame, sondern fiese Umsteuerung, wenn auch von der SPD eingeleitet, brachte u. a. einen prekären Arbeitsmarkt von weltmeisterlichen Dimensionen mit sich, der viele ärmer gemacht hat und wenige sehr viel reicher. Aber per Saldo nicht mehr Arbeit.
Wir sollen also das Wunder 3.0, das wiederum marktgesteuerte Bauwunder erleben, obwohl wir jeden Tag sehen, wie der sogenannte Markt am Bedarf vorbei baut. Wir glauben nicht mehr an Wunder, das ist das Problem.
Deswegen hier noch etwas von Dr. Luczak von der CDU, der ja auch Wirtschaftsanwalt und gleichzeitig Volksvertreter in unserem Bezirk ist ist und deshalb vermutlich Mieter*innen gegen übergriffige Immobilienkonzerne berät:
Immerhin hat DIE WELT einen Immobilienspezialisten, der über Immobilien schreibt. In Berlin können das nicht alle Zeitungen von sich behaupten, daher kommen auch immer wieder seltsame Verwirrungen heraus. Nun behauptetete Michael Fabricus von der WELT am 25. Juni 2019, die CDU sei auf Mietendeckelkurs. Kann das sein?
Kuscheln mit Mieter*innen? Mit Underachiever*innen, die schon als Kinder so blöd waren, sich keine Millionär*innen als Eltern ausgesucht zu haben? Wir müssen erstmal den morgigen Lobby-und-Politik-Kongress abwarten, vielleicht hat sich dann schon wieder alles geändert. Aber die telefonieren alle häufig miteinander, da wird gerade am Framing gearbeitet.
Warum plötzlich?
Das haben wir uns auch gefragt und mal einen Civey-Schnellcheck gemacht: Die CDU liegt gegenwärtig bei der Sonntagsfrage Bund bei 27,7 Prozent, in Berlin auf 15,0. Das beantwortet die Frage im Grunde schon.
Es geht als nicht um Einsichten, sondern um eine Art Notfalltaktik?
Das Einzige, was die CDU in Wirklichkeit sieht oder einsieht, ist, dass man die armen Vermieter vor den wildgewordenen Mieter*innen schützen muss. Aber in Berlin haben mittlerweile auch Eigenheimbesitzer erkannt, dass sie gar nicht zu denen gehören, die von den wilden Mieter*innen gemeint sind und so langsam werden die meisten von ihnen, diejenigen, die nicht gleichzeitig Vermieter sind, auch sauer darauf, dass die Vermieter immer größere leistungslose Einkommen erzielen. Da geht ein Riss durchs konservative Lager.
Deswegen kann die FDP auch Kurs wahren – weil ihr Klientel einheitlich ist?
In Berlin rechnen sich nach dem aktuellen Check 6,5 Prozent der Einwohner_innen zu den Kernkapitalisten. Nach unserer Ansicht dürfte es nur die Hälfte sein. Man wird weiter daran arbeiten müssen, Mittelständlern klarzumachen, dass die FDP nicht ihre Interessen vertritt, sondern die des Großkapitals.
Das könnte dann Erfolg haben, wenn die Mieten so sehr abheben, dass auch Ärzte und Anwälte Schwierigkeiten mit den Mieten für ihre Praxen bekommen. Das dauert freilich noch etwas, wenn die Praxen gut laufen. Deswegen würden wir vom dringend notwendigen Gewerbemietendeckel solche Berufsstände ausnehmen. Wir meinen, die haben es sich, weil sie FDP wählen, verdient, dass die Immobilienlobby versucht, alles, was sie woanders nicht mehr durchsetzen kann, bei ihnen zu erwirtschaften.
Aber der Mietenspezialist der CDU, Dr. Luczak, auf Schmusekurs mit den Mieter_innen?
Wir sind äußerst überrascht und in dem Fall können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen, falls es eine neue Anweisung oder Linie in der CDU gibt, dann ordnet er sich dieser lediglich zähneknirschend unter. Weil er unser Bezirks-CDU-Mann ist, sehen wir uns seine Tweets etwas genauer an. Die CDU muss wirklich in Not sein, wenn ein Herr Luczak anfängt, Mieterinteressen in den Blick zu nehmen. Das sollte nicht über die wirkliche Mentalität täuschen. Dazu waren bisherige Statements, die in eine ganz andere Richtung gingen, mit viel zu großer Überzeugung vorgetragen. Kein Wunder, dass die FDP sich nun über die CDU wundert.
Die CDU will ein Mietenbündnis wie in Hamburg – Stadtbausenatorin Lompscher lehnte ab.
Der Stadtbausenat ist nicht für seine herausragenden Kommunikationsfähigkeiten bekannt, aber inhaltlich hat die Senatorin Recht. Warum jemanden mit ins Boot nehmen, der bisher nur geätzt und die Interessen der Mieter*innen konsequent missachtet hat? Damit die CDU sich am Ende noch die Lorbeeren für einen Kompromiss anheften kann, nach dem Motto, für alle Seiten das Schlimmste verhindert?
Angesichts der massiven Angriffe der Berliner CDU auf 2RG und auf viele Menschen, die hier leben und unter dem Mietenwahnsinn leiden, Angriffe mit teilweise lächerlichen oder absichtlich falschen Vergleichen und Argumenten unter der Gürtellinie, braucht niemand die CDU, um Berlin für die Menschen zu einem besseren Platz zu machen.
Wenn 2RG es nicht schafft, dann schafft es die CDU sicher nicht.
Aber was ist mit der Subjektförderung der CDU?
Wir haben es kürzlich geschrieben: Einige wollen, dass die Vermieter ihre überhöhten Preise vom Staat finanziert bekommen, was ohnehin schon teilweise der Fall ist, angesichts der hohen Zahl von WBS-Inhaber*innen und sonst unterstützungsberechtigten Personen in Berlin – und genau darauf läuft eine (noch höhere) Subjektförderung hinaus. Das ist eine Idee mit großem Giftpotenzial, weil dadurch die Sozialkosten sehr rasch (weiterhin) steigen werden, während gleichzeitig munter am Bedarf vorbei gebaut wird, denn der Staat zahlt’s ja, wenn niemand sich die Wohnungen aus eigener Tasche leisten kann.
Nein, der Profit muss begrenzt werden. Witzig, dass Dr. Luczak den Mietendeckel als die Bande ansieht, über welche nun die CDU spielen will, um die Subjektförderung nicht ausufern zu lassen. Da wäre es in der Tat gut, den Mietendeckel nicht so anzugreifen.
Es gibt auch Neues. Nach Modernisierungen soll die Miete nur um 50 Cent pro Quadratmeter angehoben werden.
Ganz neu ist es vielleicht nicht, wir hatten es nur bisher nicht im Blick. Das könnten ja sogar wir uns leisten, wir würden zustimmen, wenn wir dafür ein Marmorbad, einen schnieken, überdachten Großbalkon mit Partyzonenappeal und einen Glasaufzug bekommen würden. Und endlich einen neuen Kokosläufer im Treppenhaus, unserer ist nun einfach unansehnlich geworden, nach geschätzten 75 Jahren Gebrauch.
Spaß beiseite: Auch hier ein klares Nein, dieses Mal zur Ausgestaltung des Mietendeckels, falls er so geplant ist. Die Bestände in Berlin sind weitgehend so in Schuss, dass man mal ein paar Jahre mit den Luxus- und sonstigen Modernisierungen aussetzen kann. Ausnahmetatbestände müssten einzeln betrachtet werden, das ist aber unseres Wissens ohnehin so geplant – Genehmigungspflicht für Modernisierungen, die mietenerhöhend sind.
Ansonsten: Instandhaltung und sogar einige echte Modernisierungsmaßnahmen können von der Steuer abgesetzt werden, nichts wird verfallen, wenn es nicht absichtlich so gehandhabt wird. Und wenn es absichtlich so gehandhabt wird, muss vermehrt auf Ersatzvornahme abgestellt werden und die Gerichte müssen da ausnahmsweise auch mit den Vermietern mal streng sein.
Aber die CDU schiebt doch hinterher, der Mietendeckel ist formell und materiell verfassungswidrig.
Da sieht man das wahre Gesicht der CDU durchschimmern. Formell wäre er das nur dann, wenn Berlin nicht die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich hätte. Materiell könnte das beispielsweise der Fall sein, wenn bestehende Mieten abgesenkt werden. Wir schrieben bereits (im oben verlinkten Beitrag), dass wir eine Absenkung nicht als konstitutiv für einen guten Mietendeckel erachten und wir glauben auch nicht, dass es zu einer Absenkung kommt. Hingegen muss das Einfrieren wirklich absolut sein und nicht von unzähligen Ausnahmetatbeständen durchlöchert.
Das heißt?
Ein Beispiel: Es muss auch für bestehende Verträge gelten, die mit Gleitklauseln versehen sind, sonst ist diese bisher für beide Seiten vernünftige und durchdachte Lösung plötzlich die Arschkarte für die Mieter_innen. Vor allem, wenn die Inflation weiter ansteigen sollte, wäre das eine neue Form von Ungerechtigkeit.
Was ist davon zu halten, wenn sogar der Chef des deutschlandweit größten Vermieters Vonovia, Rolf Buch, sagt, man könne die Mieten nicht dem freien Markt überlassen?
Wölfe, die Kreide fressen. Oder Immobilienhaie, die sich von Plankton ernähren wollen. Die haben alle Angst vor Enteignung. Weiter steckt nichts dahinter.
Die Rückschau und die Betrachtung der Gegenwart zeigen, dass kein Umdenken in Richtung sozial stattfindet. Man findet sich ins Unvermeidliche und man weiß, woher der Immobilienhype kommt: Nicht aus einer super starken, von großen Einkommenszuwächsen der Mehrheit getragenen Wirtschaft, was höhere Mieten bis zu einem gewissen Grad rechtfertigen könnte, sondern durch makroökonomische Fehlleitungen, die alles Geld in die Immobilien treiben.
Deswegen wäre mehr Demut schon lange angebracht gewesen. Die enormen Wertsteigerungen von Immobilien sind kein Verdienst der Handelnden, kein geniales Entrepreneurship, sondern die Politik hat eine die Immobilienwirtschaft begünstigende Voraussetzung nach der anderen geschaffen. Davon jetzt ein bisschen was zurückzunehmen, ohne das Grundsätzliche anzutasten, das muss doch mal angehen, wenn sich die Wähler*innen mehr und mehr abwenden. Abwenden von denen, welche die Immobilienlobby schützen.
Die Unternehmen haben Angst davor, ihre politischen Unterstützer zu verlieren?
Wenn sich die GroKo-Parteien weiterhin so entwickeln wie seit Jahren, könnte das immerhin passieren. Dass keine von ihnen mehr an der Regierung beteiligt ist, nach 2021. Das wäre ein Novum in der Geschichte der BRD. Und falls die SPD doch noch dabei ist, wäre sie derzeit nur die Nummer zwei hinter viel stärkeren Grünen.
Sind die Grünen sichere Kandidaten für die Mieter*innen?
Das ist für uns eine der spannendsten Fragen überhaupt. Werden sie das soziale Profil noch einmal so verraten wie mit dem Genossen der Bosse als Koalitionspartner? Von der Kahlschlagpolitik der frühen 2000er haben sie sich bis heute nicht distanziert. Ähnlches gilt übrigens für DIE LINKE, die sich sehr rasch in Richtung Mitte bewegt. Wir geben lieber keine Prognose darüber ab, wie G2R im Bund handeln würde.
Aber die Immobilienlobby kann auch keine Prognose abgeben, das macht sie nervös?
Vor allem aus einem Grund: Es muss gar nicht erst wirklich etwas passieren, damit die Immo-Riesen stolpern. Wenn sie börsennotiert sind, kann eine schlechte Stimmung an den Märkten, die sich etwas länger hinzieht, tödlich für die Expansionspläne sein, die ja jedes Immobilienunternehmen hat, das auf sich hält. Kurse fallen, Kapitalbeschaffung wird schwieriger, neue Käufe mit dem Wert gerade getätigter Käufe finanzieren, dieser Kreislauf könnte ins Stocken geraten. Die Märkte strafen dann enttäuschte Erwartungen mit weiteren Kursverlusten ab und schon sind die Unternehmen beim Ausweisen von Gewinnen auf die Mieteinnahmen angewiesen und können nicht mehr Wertzuwächse hinzubuchen. Das wird für Gewinneinbrüche sorgen und dies wiederum für sinkende Kurse. Es ist eben in dieser Finanzkapitalwirtschaft vieles nur virtuell.
Aber gerade dann auch noch Mietenbegrenzungen? Was ist mit der 30-Prozent-Grenze?
Da haben wir die Argumentation der Grünen in Berlin nicht ganz verstanden. Gerade ärmere Haushalte sollen unter der 30-Prozent-Grenze liegen, deswegen seien die Selbstbeschränkungs-Ankündigung von Vonovia, DW und anderen wohlfeil? Weniger begüterten Haushalte dürften eher schon weit darüber liegen, sodass diese Konzerne Preissenkungen anbieten müssten, wenn sie ihre Selbstverpflichtungen ernst nehmen würden.
Dies ist das Problem: Durchschnittlich zahlen Berliner Mieter*innen schon 40 Prozent ihres Nettoeinkommens fürs Wohnen. Aber wenn es zu freiwilligen Reduktionen kommt, für uns kein Thema, wir freuen uns mit den Betroffenen.
Sogar bundeseigene Bestände sollen mietenbegrenzt werden.
Wir warten das alles ab. Schon manche Bewegung hat sich den Wind aus den Segeln nehmen lassen und dann überrascht festgestellt, dass sie von der Strömung weiter dem Abgrund entgegen getrieben wurde.
Wir meinen, das sollte nicht für die Mieter*innenbewegung gelten. Siehe dazu auch unseren vorausgehenden Artikel: Es geht um mehr als ein paar Streicheleinheiten für geplagte Menschen in dieser Stadt und in anderen Städten. Es geht um zukunftssichere Wohnungsbewirtschaftung. Diese haben die CDU und die Immobilienwirtschaft, die grundsätzlich weiterhin auf neoliberale Modelle zählen, nicht im Sinn.
© 2019 Der Wahlberliner, Thomas Hocke
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Heute leider nicht mehr selbstverständlich…