Automatisierung im Einzelhandel in Deutschland | #Newsroom #Wirtschaft | SCO-Systeme kommen langsam voran

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Wo kann der Einzelhandel am meisten rationalisieren? Sicher beim Einkauf, wie wir hier dargestellt haben, dabei geht es vor allem um Margen und Skaleneffekte. Aber was ist vor Ort? Die naheliegendste Möglichkeit der Effizienzsteigerung ist das Nadelöhr an den Kassen und zumindest in den meisten Berliner Geschäften stellen die Kassen tatsächlich ein Nadelöhr da, was gerade während Corona äußerst unangenehm wirkt. Anstatt die Personalausstattung zu verbessern und die Mitarbeitenden besser zu schulen, wird es wohl genau umgekehrt kommen: SCO-Systene, mit denen man als Kunde selbst scannen und bezahlen kann, sind auf dem Vormarsch.

Wir sind diesbezüglich zwiespältig, aber es ist definitiv eine Erleichterung, die wir vor allem bei einem Drogeriemarkt in unserer Nähe schon voll genießen können. Schon vorher ging es dort an den Kassen schneller als bei der Konkurrenz, aber die drei Selbstbedienungskassen, die dort mittlerweile stehen, bringen schlicht mehr Spaß beim Einkaufen. Wir hatten mal eine Mitarbeiterin gefragt, ob nicht zu befürchten ist, dass die Kund:innen einfach rausspazieren, ohne zu zahlen, aber sie meinte, der „Schwund“ habe sie dadurch bisher nicht erhöht, also das, was auch durch Klau aus dem Regal abhandenkommt und „versehentlich“ eingesteckt wird, ohne dass es an der Kasse vorgelegt wird, verlagert sich bezüglich des Tatbestands nicht einmal örtlich sehr stark.

Wie immer bezahlen, wir, die Ehrlichen, diesen Schwund mit. Dafür wenigstens keine Warteschlangen, das ist ein cooles Versprechen, wenn auch in unterschiedlicher Relation. Es gibt ein paar Geschäfte, die wir immer noch ab und zu aufsuchen, wenn wir mal zu Fuß gehen wollen, in denen wir jedoch länger an der Kasse stehen, als wir zuvor Zeit mit dem Zusammensuchen der Einkäufe verbracht haben, es gibt auch welche, bei denen SCO vorerst keine größere Verbesserung mit sich bringen würde. Letztere sind in der Regel diejenigen, die ohnehin einen vergleichsweise guten Service bieten. Es gibt aber auch einen psychologischen Vorteil von SCO, der zumindest denjenigen zupass kommen könnte, die nicht immer die teuersten Sachen aufs Band legen: Andere Kunden und Kassierer:innen sehen nicht mehr (so deutlich), was man eingekauft hat.

Die im Folgenden zu sehenden Wachstumsraten im Bereich SCO sehen auf den ersten Blick gigantisch aus, aber so ist es bei allen Innovationen, die eine Chance auf allgemeine Verbreitung haben in den ersten Jahren. Man muss die vorhandenen Zahlen aber ins Verhältnis setzen zu den ca. 340.000 Geschäften im deutschen Einzelhandel (Vor-Corona-Zahl aus dem Jahr 2019) und da merkt man wieder einmal, dass in Deutschland nur im Schneckentempo innoviert wird. Trotzdem wird der Einzelhandel per Saldo Arbeitsplätze abbauen, das scheint bereits sicher, denn auch die Online-Konkurrenz wächst rasant und hat durch die Pandemie einen weiteren Schub erhalten. Ist eine Ausbildung im Einzelhandel also dermaßen abwechslungsreich und vor allem zukunftssicher, wie es die intensiv Nachwuchs suchende Branche gerne vermittelt? Zweifel sind angebracht.

Mehr als 2.300 Geschäfte in Deutschland bieten Kund:innen die Möglichkeit, ihren Scan- oder Bezahlvorgang selbst vorzunehmen. Wie die Statista-Grafik auf Basis einer Markterhebung des EHI Retail Institute zeigt, hat sich die Anzahl der Einzelhändler mit Self-Checkout- und Self-Scanning-Systemen seit 2019 mehr als verdoppelt.

Vor allem stationäre Selbstbediener-Kassen haben sich durchgesetzt – im August 2021 setzen rund 1.319 Geschäfte auf Self-Checkout-Kassen (SCO), 2019 lag die Anzahl bei 874. Den größten Zuwachs erlebt das eigenhändige Scannen der Waren mithilfe eines mobilen Handscanners, des Einkaufswagens oder per App. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat sich die Anzahl der Einzelhändler, die diese Technologie nutzen, nahezu verzehnfacht. Etwa 368 Geschäfte setzen auf die Nutzung von stationären sowie mobilen Scan- und Bezahlmöglichkeiten.

Das kundeneigene Scannen der Artikel (stationär an der Kasse oder mobil am Regal) wird als zusätzlicher Kundenservice verstanden, um primär Wartezeiten zu verkürzen oder ein lästiges Umpacken an der Kasse zu vermeiden. Der Großteil aller stationären SCO-Kassen wird im Lebensmitteleinzelhandel genutzt, gefolgt vom Bau- und Heimwerk-Bereich.

Hier geht’s zur Statista-Grafik und zum vorangestellten Begleittext (kursiv).

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