Frontpage | Gesellschaft, Politik | Rassismus, Dienstpflicht, Kindergeld EU-weit
Liebe Leser:innen,
dieser Artikel war ursprünglich als erster Timeline-Beitrag vorgesehen, aber mit Erstaunen haben wir festgestellt, dass zwei der drei unten besprochenen Umfragen noch laufen bzw. wieder aufgesetzt wurden. Es handelt sich ja auch um Themen, die gerade wieder oder permanent wichtig sind. Wir machen mit unserer Umfragenschau von gestern weiter. Der Vorteil des urspränglichen Hinschreibens auf einen Timeline-Beitrag liegt für Sie darin, dass unsere Kommentare schön kurz sind.
Es geht um
- eine allgemeine Dienstpflicht,
- Alltagsrassismus,
- Kindergeld für Kinder, die nicht in Deutschland leben (abgeschlossen).
Die Civey-Begleittexte sind kursiv geschrieben.
Seit Juli 2011 gibt es keine Wehrpflicht mehr in Deutschland. Einzelne Unionspolitiker fordern ihre Wiedereinführung. Diskutiert wird daneben über eine „allgemeine Dienstpflicht“ für Männer und Frauen etwa in sozialen Bereichen. Eine absolute Mehrheit der Deutschen ist für die Einführung einer allgemeine Dienstpflicht für junge Frauen und Männer.
Sie können da erstaunlicherweise noch abstimmen, diese Umfrage aus dem Sommer 2018 ist mit einer neueren verlinkt (die obige Fragestellung stammt aus der aktuellen Umfrage), die seit Juni 2021 läuft. Wir haben mit „eindeutig ja“ gestimmt, wie derzeit etwa 58 Prozent der Abstimmenden.
Erzieher:innen und Lehrer:innen erzählen uns immer wieder, die heutige Erziehung fördere eindeutig die narzisstischen Anteile in Kindern und Jugendlichen. Ein Jahr auch mal etwas für die Gemeinschaft tun, nicht nur um sich selbst kreisen, kann deshalb nicht schaden. Es muss ja nicht beim Militär sein. Der spätere Nachteile etwas ausgleichende Vorteil für junge Frauen, dass sie schon ins Studium gehen können, während Männer noch ihren Dienst leisten, wie es bis 2011 der Fall war, fällt bei einer Dienstpflicht für alle Geschlechter allerdings weg.
Wir waren bereits 2011 keine Fans der Wehrdienst-Abschaffung, weil wir die „Bürgerarmee“ eine gute Sache fanden. Pazifisten machten zwar Zivildienst, aber doch war in den Streitkräften ein breites Spektrum an Menschen vertreten, die außerdem diesen Dienst als eine Notwendigkeit auf Zeit, nicht als Lebensaufgabe für immer ansahen. Das war eindeutig besser für das demokratische Gepräge als die heutige Berufsarmee, die immer wieder durch die politische Rechtslastigkeit ihrer Angehörigen in die Schlagzeilen gerät.
Unter dem Hashtag #MeTwo berichten Menschen mit Migrationshintergrund im Netz über ihre Erfahrungen mit Diskriminierung im Alltag in Deutschland. Mit der Aktion will der Initiator Ali Can eine offene Debatte über Vorurteile und Rassismus anstoßen. Die Bundesbürger sind geteilter Meinung in der Frage, ob Alltagsrassismus in Deutschland ein Problem ist.
Sind Sie der Meinung, dass Alltagsrassismus in Deutschland ein Problem ist?
Es ist wirklich ein sehr interessantes Ergebnis, das wir aktuell sehen. Auch hier wurde die Umfrage wieder aufgesetzt und läuft seit März 2022, machen Sie also gerne mit. Trotz eindeutiger Zeichen steht es ziemlich exakt 45 / 45 zwischen denen, die sagen, Alltagsrassismus ist eindeutig oder eher ein Problem und eindeutig oder eher kein Problem. Echt jetzt? Also, wir haben mit „eindeutig ja“ gestimmt. Vielleicht denken viele, dass zwischen Rassismus und anderen Diskriminierungen und Ausschlüssen getrennt werden sollte, und dazu ließe sich einiges sagen. Zum Beispiel, dass Ausschlüsse aller Art produzieren, absolut en Vogue ist. Hat aber zum Ausgleich seit 2018 der Rassismus nachgelassen? Erinnern wir uns, einen Monat nach dem Start der Umfrage gab es den Fall „Chemnitz“. Das ist nur ein Beispiel.
Der auf dem europäischen Kolonialismus und der Nazi-Ideologie basierende Umgang mit vielen Völkern ist nicht so einfach abzustreifen. Wir sind sozusagen generisch und genetisch rassistisch geworden, im Laufe von Jahrhunderten, und es muss weiterhin daran gearbeitet werden, individuell und mit kollektiven Maßnahmen, dieses Erbe in den Griff zu bekommen und sich weiter in Richtung egalitäres Denken zu bewegen. Dass das nicht so richtig klappt, liegt auch daran, dass der Tatsache viel zu wenig Beachtung geschenkt wird, dass Rassismus und Klassismus prinzipiell aus derselben unguten Ecke unter den Weltanschauungen kommen.
Mehr als eine Viertelmillion Kinder, die zwar in der EU, aber außerhalb Deutschlands leben, bekommen Kindergeld aus der Bundesrepublik. Die Zunahme von zehn Prozent innerhalb von sechs Monaten hat in Deutschland eine Debatte ausgelöst. Rund 83 Prozent der Bundesbürger sind dagegen, dass Familien im EU-Ausland Kindergeld aus Deutschland beziehen können.
Diese Umfrage ist in der Tat nun abgeschlossen. Wir haben sie der Vollständigkeit halber abgebildet (alle drei Umfragen stammen aus einem Civey-Newsletter vom 12.08.2018). Wir nehmen zur Kenntnis, dass im September 2018 ca. 75 Prozent der Abstimmenden der Meinung waren, für Kinder, die nicht in Deutschland leben, soll kein Kindergeld gezahlt werden. Die damalige Debatte haben wir nicht mehr im Kopf, würden uns heute bei einer Abstimmung aber vermutlich neutral stellen.
TH