UPDATE: Der Schul-Brandbrief gegen rechts (Petition + Kommentar: Das Lausitzer Brennglas) +++ Die Rolle der Rechtsanwaltschaft im Kampf gegen rechts und die AfD: die Verfassung ernstnehmen! (Interview-Besprechung) | Briefing 419 Update | PPP – Politik, Parteien, Personen

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Liebe Leser:innen, was wäre, wenn wir jeden Tag einen Artikel gegen den Rechtsextremismus schreiben würden?  Für die Menschheit würde sich wenig ändern, aber wir hätten nicht geschwiegen. Leider schaffen wir nicht jeden Tag einen Artikel, wir machen den  Wahlberliner ja nicht hauptberuflich. Aber in dieser Zeit alle zwei bis drei Tage ein Beitrag, das sollte gehen.

Am 22. Januar, vor vier Tagen,  hat uns durch die Plattform inn.it eine Petition erreicht, die wir nun als fünfte nach der Correctiv-Recherche über das „Geheimtreffen Remigration“ von Potsdam unterzeichnet haben. Dieses Mal wirkt alles kleiner, es geht nicht darum, auf welche Weise die AfD verboten, von der Parteienfinanzeirung ausgeschlossen oder Herr Höcke seiner politischen Grundrechte entkleidet werden könnte. Es geht um unser Nachbar-Bundesland Brandenburg. Dessen AfD-Landesverband ist  vom Verfassungsschutz noch nicht als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden. Es geht auch nicht um das Brandenburg um Berlin herum, sondern um dünn besiedelte Gebiete im Osten des Bundeslandes, in denen viele Menschen nicht weniger rechts tendieren als in ähnlich strukturierten Gegenden von Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Und es geht  um zwei Lehrkräfte, deren Einsatz für die Demokratie Schlagzeilen gemacht hat und die nun doch dem rechten Druck weichen. Lesen Sie selbst, wir werden im Anschluss noch einmal die Informationen verifizieren:

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In der brandenburgischen Gemeinde Burg haben wir nach unserem Brandbrief zu rechtsextremen Vorfällen an unserer Schule eine schwerwiegende Entscheidung treffen müssen. Wir haben die Versetzung beantragt, weil wir von der rechten Szene vor Ort angefeindet und eingeschüchtert wurden. Aber das heißt nicht, dass wir nicht mehr unser Stimme gegen rechts erheben. Im Gegenteil – wir veröffentlichen unseren Brandbrief hier auf innn.it und bitten Euch alle um Mitzeichnung – als Zeichen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie. 

Hier unser Brief im Wortlaut:

Wir wenden uns an die Öffentlichkeit, da wir in unserem Arbeitsalltag als Schulpersonal an einer Schule im Spree-Neiße-Kreis täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert werden und nicht mehr länger den Mund halten wollen. Wir erleben eine Mauer des Schweigens und der fehlenden Unterstützung seitens Schulleitungen, Schulämter und Politik bei der Bekämpfung demokratiefeindlicher Strukturen, sowohl in der Schüler- und Elternschaft als auch bei den Kollegen. Die nachfolgendenen Beispiele sind nur ein Ausschnitt des Problems, mit dem wir an die Öffentlichkeit treten wollen.

Hierbei reicht die Bandbreite nicht mehr nur von üblichen Beleidigungen, sondern geht bis in die verfassungsfeindliche Verbreitung von rechtsextremen Symbolen, Schriften, Musiktiteln und Gewalt. Schulmobiliar wird mit Hakenkreuzen beschmiert, rechtsextreme Musik wird im Unterricht gehört und das Rufen von demokratiefeindlichen Parolen füllt die Schulflure.

Tagtäglich sind wir damit beschäftigt, Schüler vor psychischer und physischer rechter Gewalt zu schützen und demokratische Grundwerte zu vermitteln. Doch, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, wird zu einem Spießrutenlauf für Lehrkräfte als auch für Schüler, die demokratische Werte vertreten. Lehrkräfte und Schüler, die offen gegen rechtsorientierte Schüler- und Elternhäuser agieren, fürchten um ihre Sicherheit.

Die wenigen ausländischen und toleranten Schüler an unserer Schule erleben Ausgrenzung, Mobbing und Gewaltandrohungen. Es herrscht das Gefühl der Machtlosigkeit und der erzwungenen Schweigsamkeit.

Wir fordern daher den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg Dietmar Woidke auf, mehr Sozialarbeiter an den Schulen einzustellen, mehr demokratiefreundliche Projekte zu fördern, ein niedrigschwelligeres Fortbildungsangebot für Lehrkräfte zu ermöglichen und eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Rechtsextremismus, Homophobie und Sexismus zu zeigen. 

Das Problem muss erkannt und offen bekämpft werden. Schulen sollen Orte der Angstfreiheit, Weltoffenheit und Sicherheit für Jeden sein und dürfen Demokratiefeinden kein Zuhause bieten.

Nach der Veröffentlichung des Briefes haben wir zusammen mit Unterstützern das „Bündnis – Schule für mehr Demokratie“ gegründet. Hier wollen wir uns mit anderen Bildungseinrichtungen und interessierten Menschen vernetzen und die Demokratiebildung in Schulen verbessern.

Auf Instagram könnt ihr uns finden: https://www.instagram.com/schulefuermehrdemokratie/ 

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In der Wikipedia ist aktuell dies vermerkt:

Im April 2023 veröffentlichten zwei Lehrkräfte der Oberschule Burg einen Brandbrief, in dem sie rechtsextreme und rassistische Vorfälle an der Schule öffentlich machten.[7] Dieser führte unter anderem dazu, dass von einigen Eltern in einem Brief an die Schulleitung die Entlassung der beiden Lehrkräfte gefordert wurde.[8] Unterdessen kam es zu weiteren rechtsextremen Vorfällen, die auch gegen die Lehrkräfte gerichtet waren.[8] Diese Vorfälle zogen Ermittlungen des Staatsschutzes nach sich.[8] Im Juli 2023 wurde bekannt, dass die beiden Lehrkräfte, die den Brandbrief verfasst hatten, die Oberschule Burg verlassen.[8]

Kommentar

Ein Brennglas, unter dem die Demokratie verglüht

Mit dem Eintrag ist die Geschichte des Ortes untrennbar mit Rechtsextremismus verbunden. In der Wikipedia ist das Wort „unauslöschlich“ nicht der richtige Begriff, außerdem halten wir es für richtig, dass dieser Eintrag eines Tages wieder verschwinden könnte. Nämlich dann, wenn die Lage sich beruhigt hat und der Rechtsextremismus gebannt ist.

Wir haben uns gefragt: Wie viele ähnliche Gemeinden gibt es, in denen es genauso aussieht, mit dem Unterschied, dass nicht zwei Lehrkräfte dagegen ankämpfen und es daher keine Öffentlichkeit für solche Missstände gibt? Die Klappe halten und weitermachen, so werden viele denken, denn selbstverständlich sind auch in solchen Orten nicht alle Menschen Nazis. Aber die Nicht-Nazis sind auch meist keine Helden, sondern wollen in Ruhe ihr Leben leben.

Damit is auch einiges über die Möglichkeiten der Zivilgesellschaft ausgesagt und über die Grenzen von deren Möglichkeiten.

Vielleicht waren die beiden Lehrkräfte, die den Brandbrief geschrieben haben, am vergangenen Wochenende auf der Berliner Großdemonstration gegen rechts? Da wären sie endlich einmal geborgen gewesen im Meer der Demokrat:innen, die für einen oder ein paar Tage aufgestanden sind gegen den Rechtsextremismus in diesem Land.

Aber da draußen, allein, ohne Schutz durch irgendwen? Wer geht dann nach vorne, wer stellt sich hin, wer traut sich zu, dort die Flagge der Demokratie hochzuhalten? Das ist eine ganz andere Situation, und in dieser Situation kommt es auf den Staat an. Ist er bereit, die Demokratie und die Demokrat:innen zu schützen, wenn sie örtlich bereits eine Minderheit sind? Einer schützenwerten Minderheit und einer Minderheit, die bedroht und bedrängt wird, beizustehen?

Je mehr wir uns umhören, nicht nur draußen in Brandenburg, da kommen wir gegenwärtig nicht so oft hin, aber sogar in Berlin selbst, desto ernster nehmen wir die Gefahr von rechts. Von dramatischem politischem Unwissen, das rechte Ansichten erzeugt, von krassen Fehleinschätzungen, die auf mangelhafter Analysefähigkeit beruhen, auf persönliche, biografisch eingewobene Traumata schließen lassen, bis hin zur aus einer Kombination von allem und einigen nicht benannten Komponenten resultierenden menschenfeindlichen Haltung ist alles dabei. Man hört es, wenn man die Ohren nicht auf Durchzug stellt und sich denkt, geht mich doch nichts an, ich fühle mich weder marginalisiert noch diskriminiert und hier, in dieser Stadt, wird es nicht so weit kommen wie da draußen.

Heute mag das so sein, morgen muss es nicht mehr so sein, wenn die AfD-Haltungen zur herrschenden Politik werden sollten. 

Wir haben in Berlin doch gerade erlebt, wie die Bewohner:innen der Innenstadt von einigen viel weiter rechts tendierenden Randbezirken die #Rückschrittskoalition verpasst bekamen. Ohne die AfD, dieses Mal noch. Es ist wirklich wahr, die Stimmen des Rechtsrucks hören wir selbst am Arbeitsplatz vor allem von jenen, die aus den äußeren Berzirken per S-Bahn anreisen und im Moment natürlich maximal aufgebracht sind und gegen ihre eigenen Interessen schimpfen. Und,  ja, es gibt einen Unterschied zwischen West und Ost. Es ist jammervoll, wie politisch unbedarft erwachsene Menschen sein können. Was, um Himmels willen, ist da schiefgelaufen?  Mit Entsetzen denken wir an Orte, in denen schon die Jugend auf Menschenfeind getrimmt wird, von den eigenen Eltern, gar von Pädagogen und vermutlich auch in anderen Gemeinschaften wie den Vereinen, die da draußen immer noch Bindungswirkung haben. Daraus entstehen komplette Fehlstellungen und gerade die Menschen, die nicht Manipulatoren sind, sondern sich so leicht von rechts manipulieren lassen, stellen summarisch eine große Gefahr dar.  Die Verführer wären nichts ohne diejenigen, die sich so leicht verführen lassen.

In Brandenburg, wir wissen es alle, wird im September ein neuer Landtag gewählt.

Der im Brandbrief erwähnte SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke steht gewaltig unter Druck, die aktuellen Umfragen betreffend. Seine Partei liegt nur noch an dritter Stelle, hinter der AfD und knapp hinter der CDU. Vielleicht wird Brandenburg nicht unregierbar ohne die AfD, aber der Rechtsruck scheint auch hier ausgemacht zu sein. Obwohl Brandenburg sehr differenziert zu sehen ist, durch die wirtschaftsstarken Regionen im Umland von Berlin, durch viele Berliner:innen, die sich dort angesiedelt und ihre Weltoffenheit mitgenommen haben nach draußen. Deswegen kommt die AfD hier in Umfragen auch noch nicht auf 34, 35, 36 Prozent, sondern aktuell „nur“ auf 28 Prozent. Damit ist sie dennoch mit Abstand die stärkste Partei. Und sie wird besonders in Orten gewählt werden, wie sie oben beschrieben sind. Wir werden einzelne Wahlsprengel sehen, in denen sie die absolute Mehrheit erreicht, auch in Brandenburg. Davon sind wir beinahe überzeugt, obwohl wir es nicht hoffen. 

Dietmar Woidke muss als Politiker einen Balanceakt hinbekommen. Wenn er sich zu sehr exponiert gegen den Mob von Burg und anderswo, kann ihn das weitere Stimmen kosten. Wenn er schweigt, gehört er zu jenen, die die Demokratie nicht verteidigen, obwohl er einer demokratischen Partei angehört und in ihr eine ganz wichtige Position hat. Wir möchten in Brandenburg generell nicht in der Haut eines Politikers einer der demokratischen Traditionsparteien stecken. Schon gar nicht als Angehöriger der SPD, die im Bund solche Beliebtheitsprobleme hat, die vor allem im Südosten komplett versagt hat und nun wegen des Rechtsrucks mehr als alle anderen in einem Dilemma steckt. Denn auch Teile ihrer Wählerschaft durchaus für rechte Ansichten offen sind und gleichzeitig finden sie, dass das Soziale, das die SPD auszeichnen sollte, in Deutschland nicht ganz gerecht gehandhabt wird. Aber dürfte die SPD es gerecht und verfassungsgemäß handhaben, wenn es nach diesen Menschen ginge?

Die SPD hat in  Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen nicht mehr viel zu verlieren, wohl aber im Brandenburg, dort sogar am meisten neben Mecklenburg-Vorpommern. Etwas sagt uns, dass es keine großangelegten Projekte gegen rechts geben wird, bis die Wahlen vorbei sind. Und wenn sie vorbei sind, wird vielleicht auf Landesebene kaum noch etwas an dem Demokratiedesaster zu ändern sein. Dann muss der Bund ran und endlich auf ein AfD-Verboth hinwirken. Jeder Tag, der ins Land geht, ohne dass dies endlich vorbereitet wird, ist ein verlorener Tag. Jahrelang hat man alles laufen lassen und nicht bloß ein Auge zugedrückt, wenn die Rechtsextremisten sich immer offener gezeigt haben. In Brandenburg kommt möglicherweise hinzu, dass der SPD-Ministerpräsident der Ansicht war, die beste Wirtschaftsentwicklung aller ostdeutschen Länder, die Brandenburg mittlerweile zu verzeichnen hat, könnte die Gräben in der Gesellschaft schließen.

Aber Brandenbrug ist vielfältig. Wir kennen ja das Bundesland ganz gut, seine prosperienden Ecken und diejenigen, in denen so gut wie nichts (mehr) los ist, dazu gehören auch Teile der Lausitz, in der Burg liegt.

Wir dürfen aber auch diese Regionen nicht einfach drangeben und sagen, Demokratie ist dort eben nicht mehr möglich. Außerdem gehört Burg nicht zu den „sterbenden Dörfern“, seine Einwohnerzahl ist schon seit längerer Zeit recht stabil, nahm nach der Wende sogar erst einmal zu. Wenn es nicht anders möglich ist, muss die Demokratie dort auf dem Umweg über Verbote auf höherer Ebene restituiert werden.

Was uns interessiert hätte: Was sagt eigentlich der robust wirkende Hans-Jürgen Dräger zu alldem, der seit 2020 Bürgermeister der Gemeinde Burg ist?  Auf welcher Seite steht er?

Politisch können wir ihn nicht auf Anhieb verorten, weil er keiner Partei angehört und als parteiloser Einzelbewerber ins Rennen ging. Lange Zeit hatte Burg einen Bürgermeister von der SED / PDS, aber diese Ära endete 2011. Der damaligen Amtshinhaber schaffte mit einer Pause den politischen Übergang von der Diktatur in die neue Zeit, er war insgesamt über 30 Jahre lang die prägende politische Figur der Gemeinde. Was hat er getan, als die rechte Stimmung sich zu manifestieren begann? Demokratiefördernd gehandelt oder das „Wir-gegen-den-bösen-Westen“-Gefühl gepflegt, das so viele SED/PDS-Politiker als Grundlage ihrer Tätigkeit ansahen, ohne Rücksicht auf eine Demokratie, mit der sie in Wirklichkeit nie einverstanden waren. Wir wollen nichts unterstellen, wir wissen es nicht, wir können hier nur unsere Beobachtungen aus der Linken und älteren Mitgliedern in dieser Partei, auch Westberlinern und Westdeutschen, als Beleg dafür anführen, dass in dieser Partei nicht nur Demokrat:innen unterwegs waren und noch heute sind, wenn auch mit stark abnehmender Tendenz aus demografischen Gründen und wegen der jüngsten Aspaltung, organisiert von Sahra Wagenknecht.

Auch dies spiegelt eine typische Entwicklung: Die Nachfolgerin Die Linke war  kurz nach ihrer Gründung und als Nachfolgerin der PDS noch eine Identifikationspartei in diesen Gegenden, aber was hat sie aus dieser Position gemacht?

Zum Verbessern der Demokratie aufgerufen oder sie als Mist hingestellt und eine vollkommen überzogene Ostalgie mit sehr rechten Grundzügen propagiert?

Heute ist sie keine Kraft mehr, die den Rechtsruck aufhalten und den Menschen mit ihren berechtigten Anliegen eine Stimme geben könnte. Hat sie sich selbst obsolet gemacht, weil sie den Rechtsruck nicht mitgehen wollte oder weil sie ihn zunächst gefördert hat und damit den Boden für die AfD mitbereitet hat?

Und wieder einmal die quälende Frage: Was ist sozialer Protest, was ist berechtigter Unmut über eine in der Tat in vielen Bereichen missglückten Politik nicht erst seit der Ampelregierung und was sind manifeste rechtsextreme Einstellungen? Wie kann es sein, dass einst links wählende Mehrheiten so vehement die Seiten wechseln, anstatt ihren Protest von links zu organisieren?  Waren diese Menschen tatsächlich in irgendeiner Form jemals links oder ging es doch mehr um die Ost-Identifikation, die die AfD nun anscheinend besser hinbekommt?  Und passt sie nicht einfach viel besser zum Weltbild dieser Menschen, wie es von beleidigten DDR-Fanatikern gehegt und gepflegt wurde? Es wird in weiten Teilen der Politik immer noch so getan, als sei es undenkbar, dass schlicht das sich gefunden hat, was sich lange gesucht hat, nicht mehr und nicht weniger: das sehr große rechtsextreme Lager in manchen Teilen Deutschlands.

Ein Lager, das möglicherweise ein Drittel der Bevölkerung des einen oder anderen Bundeslandes einschließt,  örtlich sogar die Mehrheit der Wahlberechtigten darstellen könnte.

Unter diesen Umständen lieber woanders hinzuziehen, anstatt sich einer permanenten Gefahr auszusetzen, nur, weil man Demokrat:in bleiben und dies auch ausdrücken und an junge Menschen gemäß seinem verfassungstreu ausgelegten Lehrauftrag weitergeben möchte, können wir absolut verstehen. Am Ende zählt uns doch (fast) allen das eigene Leben doch am meisten. Und dass der Kampf weitergehen kann. Noch ist nicht alles und nichts ist für immer verloren. Wir müssen daran arbeiten, einen ganzbaren Notausgang aus der antidemokratischen Falle zu finden,in die dieses Land hineinläuft, wenn es so weitergeht. Es wird kein glanzvoller Sieg sein, er wird immer unter dem Schatten des Zweifels stehen, denn die vielen Rechten sind nicht dadurch zufriedenzustellen, dass die Politik hastig ein paar Korrekturen vornimmt, die ihnen entegegenkommen. Sie spüren ihre Macht und es ist eine menschenverachtende Macht, die immer mehr und mehr will, wie schon einmal in diesem Land.

Schauen Sie sich die Zitate an, die aus der Ecke immer wieder kommen, dann wissen Sie Bescheid und dann werden Sie verstehen, dass die „politische Lösung durch bessere Politik“ neben wirklichen Verbesserungen leider auch bedeuten würde, dass die gesamte Politik dramatisch weit nach rechts zu rücken hätte, um die Lage zu befrieden.

Zulasten der Minderheiten, zulasten progressiver Menschen, die sich für wirklichen Frieden im Inneren einsetzen, zulasten der Schwächeren, die ohnehin bereits die Zeche für Demokratieverluste in diesem Land zahlen.

Mithin: zahlen mussten. Die Ampelkoalition wollte daran kleine Änderungen vornehmen und wird gnadenlos dafür in die Mangel genommen. Wir haben den Verdacht, dass es vielfach um genau dies geht: Dass eine mobbende gefühlte Mehrheit einfach nur Lust hat, auf Minderheiten so richtig einzutreten. Existenzangst steckt ganz sicher nicht hinter dem Agieren dieses Mobs.

Das ist auch die Scheinheiligkeit der Populisten: Sie wissen genau, dass nicht nur die AfD, sondern auch sie selbste eine andere, rechtere Republik wollen und benutzen die Weiterexistenz der AfD, um ihre eigene rechte Agenda zu verfolgen. Bei einigen Typen in der Union, denen man ihre Bösartigkeit geradezu ansieht,  ist das ganz offensichtlich, ebenso bei Sahra Wagenknecht.

Ein Verbot der AfD würde zwar einen riesigen Flur- und Brandschaden in der demokratischen Landschaft hinterlassen, weil man den Brand so lange hat schwelen lassen, bis er zur Feuerwalze des Rechtsrucks wurde, aber die Wiederaufforstung wäre auch ein Akt der Versöhnung mit der Verfassung, die so schmählich in die Ecke gestellt und nicht als machtvolles Instrument des Gegenwirkens begriffen wurde, und wir hätten die Gewissheit, dass wir letztlich, wenn auch spät, der Politik vertrauen durften. Dass sie uns letztlich doch schützt, wenn wir uns für die Demokratie und die Menschenrechte und die Bürgerrechte, mithin die Grundrechte der Verfassung, einsetzen. In unserem Fall in einem wirklich kleinen, marginalen Umfang, der uns wohl nicht in einen Situation bringen wird, wie die beiden Lehrkräfte aus Burg, die den Brandbrief geschrieben haben, sie durchstehen mussten. Aber weiß man es, wenn die Dominosteine des Rechtsstaats immer schneller fallen? 

Wir wirken sich Vorfälle, wie wir sie in Deutschland immer häufiger sehen, wie wirken sich „Geheimtreffen“ mit Deportationsfantasien und wie wirken sich Situationen wie in Burg eigentlich auf das Ranking Deutschlands in den gängigen Indizes für Freiheit und Demokratie aus? Unser Eindruck ist, dass so genau nun auch wieder nicht hingeschaut wird, sonst hätte Deutschland beim Index des Freedom House, den wir morgen in einem anderen Zusammenhang ansprechen werden, nicht 94/100 und würde nicht immer noch zur Spitzengruppe der Demokratien rechnen. Die formalen Partizipations- und Freiheitsrechte sind ja nicht alles, es kommt auch darauf an, wie sie vor Ort umgesetzt werden und welche Stimmung dort herrscht und ob die Politik etwas tut, um die Rechte aller und das gefahrfreie Leben für Demokrat:innen  zu erhalten.

TH

Heute starten wir den neuen AfD-Sammler mit einem weniger spektakulären Thema als der Enthüllung, dass die AfD die anteilsmäßig am meisten staatsfinanzierte Partei im Bundestag ist.

Wir werfen einen  Blick auf die Rolle der Rechtsanwält:innen in der Diskussion um die AfD und den Rechtsextremismus in Deutschland werfen, weil uns zufällig ein Artikel von „Juve“ in die Hände kam, in dem sich die Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege zu Wort meldet, in Person von  Dr. Ulrich Karpenstein, Partner in einer der führenden Berliner Wirtschaftskanzleien, Redeker und Partner. Der DAV, der im Interview genannt wird, ist der Deutsche Anwaltsverein, Dr. Karpenstein ist sein Vizepräsident.

Am Ende dieses Artikels haben wir alle Bestandteile des Vorgängerbriefings zur AfD (408) noch einmal für Sie verlinkt.

„Es gibt erschreckend viele Schwachstellen“ | juve.de

Hat die Anwaltschaft Möglichkeiten, auf die Bewahrung des Rechtsstaats einzuwirken – das ist wohl die Kernfrage des Interviews.

Ich finde das Interview zumindest inkohärent und manche Behauptung darin ist mit Vorsicht zu genießen. Der DAV ist eine Lobbyorganisation wie jede andere, auch wenn sie einen „Stand“ vertritt, und stellt ihre eigene Rolle natürlich besonders positiv dar.

Das Interview wird so eingeleitet: Wie sicher ist der Rechtsstaat gegen Angriffe von rechts? Was ist bisher passiert, um die demokratischen Institutionen zu schützen, falls eine autokratische Partei an die Macht kommt? Redeker-Partner und DAV-Vizepräsident Dr. Ulrich Karpenstein sagt: „Nichts, was mich ruhig schlafen lässt.“

Dem würde ich zustimmen, ich schlafe auch nicht ruhig, wenn ich mir die gegenwärtige Entwicklung vor Augen führe und wie wenig bisher dagegen unternommen wurde. Es liegt aber nicht daran, dass es keine Schutzinstrumente gegen die AfD gäbe, wir haben drei Möglichkeiten dargestellt, die Verfassung gegen die AfD in Stellung zu bringen: Ein Verbot der Gesamtpartei, ein Verbot der als rechtsextremistisch eingestuften ostdeutschen Landesverbände (Art. 21 II GG), eine Grundrechtsverwirkung gegen Björn Höcke (Art. 18 GG). Derzeit wird auch ein Ausschluss der AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung diskutiert, weil dies gerade für „Die Heimat“, die NPD-Nachfolgerin, beschlossen wurde. Es gibt also einige Möglichkeiten, die alle nichts mit der Anwaltschaft zu tun haben. Bis auf die Tatsache natürlich, dass die AfD oder betroffene Einzelpersonen sich in derlei Verfahren von versierten Verfassungssrechtler:innen vertreten lassen wird. Was ihr Recht ist, in einem Rechtsstaat.

Sozialdemokraten verteidigen Rechtsextreme, wie im Interview erwähnt?

Sicher ist die Trennung von Mandat und Mandant wichtig. Was mich schon fast amüsiert hat, war, wie leicht Herr Dr. Karpenstein feststellt, dass die verfassungsrechtlichen Elemente eh am Ziel vorbeigehen und es außerdem zu spät ist. Das ist genau die Argumentation, die auch viele Populisten verfolgen, die durchaus ein Interesse am Weiterbestehen der AfD haben, auch aus dem nicht ganz so rechten, aber sehr konservativen politischen Spektrum, dem übrigens auch die meisten Wirtschaftsanwälte weltanschaulich gesehen angehören dürften.

Aber die Ansicht, dass die AfD politisch bekämpft werden muss, wird doch immer noch sehr häufig vertreten. Vermutlich ist sie sogar eine Mehrheitsmeinung.

Für mich ist dies der Kernsatz des Interviews, dieses leichthändige Abtun der tatsächlichen Instrumente der wehrhaften Demokratie, wie wir sie in der Verfassung vorfinden. Die hohen Hürden , die man gegen ein Parteienverbot ins Feld führen könnte, werden hingegen nicht einmal erwähnt. Auch das Dilemma bleibt außen vor, dass die AfD anfangs nicht rechts genug war, um ein Verbot realistisch erscheinen zu lassen, dann wurde sie immer rechter und gleichzeitig gewann sie die Potenzialität hinzu, die ihr anfänglich wohl auch gefehlt hätte, wobei es das NPD-II-Urteil ja noch nicht gab, als die AfD anfing, relevant zu werden oder Potenzial anzusammeln, das neben der Verfassungsfeindlichkeit auch die tatsächlichen Möglichkeiten in Betracht nimmt, die eine Partei hat,  um die Demokratie zu beschädigen.

Das heißt im Sinne der verfassngsrechtlichen Möglichkeiten eines AfD-Stopps was?

Die Verfassung wird nicht ernstgenommen und ihre politische Dimension sowie ihre Wehrhaftigkeit aus sich selbst heraus nicht als gangbares Mittel gegen rechts angesehen. Gerade bei Juristen finde ich eine solche Haltung schwierig. Sie wirkt ein wenig, als ob man fürchte, bei einem Verbot viele einträgliche Mandate zu verlieren, weil die Lage dann geklärt ist und nicht ständig Einzelprozesse gegen AfD-Politiker:innen wegen einzelner Aussagen von ihnen geführt werden müssen. Der DAV muss ja für alle Gruppen von spezialisierten Anwälten denken, auch für die Strafrechtler.

 Außerdem, wenn schon das Thüringen-Projekt erwähnt wird, das der Verfassungsblog gerade durchführt, um zu eruieren, wie gegen Rechtsextremismus wirksam operier werden kann, sollte man sich auch auf die oben erwähnte Grundrechtsverwirkung beziehen, die vom Verfassungsblog schon mehrfach ins Spiel gebracht wurde, speziell gegen die Person Björn Höcke gibt es dazu auch eine Petition, auf die wir in einem unserer Updates hingewiesen haben.

Der Anwalt verweist auf Projekte gegen Rechtsextremismus in den eigenen Reihen.

Dabei handelt es sich aber nicht um institutionalisierte Möglichkeiten, gegen braunes Gedankengut in der Anwaltschaft vorzugehen. Deswegen gibt es ja den Vorschlag einer Art von stufenweiser interner Disziplinierung. Bis hin zum Ausschluss. Das dürfte nicht einfach sein, außerdem ist es für mich nichts wesentlich anderes als eine teilweise Grundrechteverwirkung nach Art. 18 GG, denn letztlich geht es um ein Berufsverbot, bei Höcke um das Verbot, sich parteipolitisch zu betätigen, bei Rechtsanwälten um den Entzug der Zulassung.

Unternehmen, und da spricht der Wirtschaftsanwalt, brauchen die Rechtssicherheit eines Rechtsstaats, um blühen und gedeihen zu können, das heißt, Anwälte, die Unternehmen vertreten, haben ein originäres Interesse am Rechtsstaat, könnte man eine andere Passage zusammenfassen.

Die Argumentation halte ich für sehr gewagt. Die Demokratien, die unter Druck stehen, wie Israel und die USA, die Karpenstein auch erwähnt, funktionieren ökonomisch im Moment viel besser als Deutschland und andere europäische Länder. Das ist nur eine Momentaufnahme, deswegen mal etwas größer: Die USA haben etwa 120 Jahre gebraucht, um ökonomisch an die Weltspitze zu gelangen, trotz des gigantischen Reservoirs an Rohstoffen, das just zur sich entwickelnden motorisierten Ökonomie gepasst hat. China schafft seinen Aufstieg unter diktatorischen Bedingungen in viel weniger Zeit. Die reichen Autokratien am Golf und andere sind ebenfalls gute Beispiele dafür, dass der Kapitalismus problemlos ohne Demokratie funktioniert. Im Gegenteil, das ständige Austarieren fällt weg, der Staat kann der Wirtschaft alles aus der Bahn räumen, was bei der Weltmarkteroberung stört, etwa Arbeitnehmerrechte und allgemeine Freiheitsgrundrechte. Viele Unternehmer:innen in Deutschland hätten überhaupt kein Problem mit einer AfD-Regierung, da bin ich mir sicher. Allenfalls ein gewisser Imageschaden in der Anfangszeit wäre zu bedenken und natürlich würden sich ausländische Fachkräfte überlegen, ob sie in einem Land arbeiten wollen, in dem die herrschende Politik gegen sie hetzt. Gerade Wirtschaftsanwälte haben vor allem eine Funktion: Ihre kapitalistischen Auftraggeber bestmöglich zu beraten und zu vertreten, nicht, die Demokratie zu schützen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie sich vorwiegend oder auch in zweiter Linie als Demokratiewächter begreifen.

Würde sich in einer Autokratie nicht auch der unabhängige Stand der Anwälte von selbst erledigen?

Gerade Konzernanwälte, Spezialisten für internationales Wirtschaftsrecht, würde es weiterhin geben, denn auch Autokratien und ihre Wirtschaftseinheiten müssen ja mit anderen Staaten mit anderem Recht interagieren. Außerdem würde jenseits eines Verbots der Lobbycharakter erhalten bleiben. Sicher wären Anwälte, die sich für Bürgerrechte einsetzen, in einer ganz dummen Lage und müssten vielleicht sogar mit einem Tätigkeitsverbot rechnen, aber dann wäre auch die Gewaltenteilung obsolet usw. Dann müsste man ganz neu denken. Ich weise aber darauf hin, dass auch während der NS-Diktatur der Anwaltsstand weitgehend ungehindert operieren konnte, sofern es nicht darum ging, dass Anwälte jüdisch waren oder jüdische Interessen vertreten wollten, was sie nicht mehr konnten. Die Wirtschaft war hingegen nicht verstaatlicht worden, das Bürgerliche Recht blieb bis auf den Wegfall der Rechte für die nunmehr rechtlosen Gruppen komplett erhalten, ebenso das Strafrecht. Diese wichtigsten Gesetze es einfachen Rechts würde auch die AfD wohl nicht antasten, vor allem nicht die zivilrechtlichen, weil sie die Dinge unter Mitgliedern der Volksgemeinschaft nun schon so lange recht funktionabel geregelt haben. Allerdings würden Schutzrechte für Schwächere, wie sie mit der Zeit ins Zivilrecht einflossen, als man festgestellt hat, dass das Ideal der machtgleichen Parteien nicht gegeben ist, geschwächt werden oder wegfallen. Wie etwa der Mieterschutz. Im Strafrecht käme es zum Wegfall von Straftatbeständen einerseits, zu einigen neuen andererseits oder zu verschärfter Auslegung, verbunden mit erhöhtem Strafmaß bis hin zur Todesstrafe. Alles zivilisatorische Rückschritte, aber für die Anwaltschaft nicht existenzbedrohend.

Aber die ungehinderte Möglichkeit, Prozesse zu führen, ist doch ein Ausdruck von Rechtsstaatlichkeit. Der Rechtsschutz ist eine Existenzgrundlage für die Anwaltschaft.

Sofer eine Diktatur nicht gleich auf dem Standpunkt steht, was Recht ist, bestimmen wir, selbst, wenn Staatsinteressen gar nicht betroffen sind, selbst, wenn der Staat gar nicht Partei ist, und es gibt keine Vertretungsmöglichkeiten mehr, sondern nur noch Festlegungen anstelle von Verfahren, sehe ich das so nicht. Wie gesagt, gerade das Zivilrecht mit den gegebenen Klagewegen wird wohl kaum von wem  auch immer so grundsätzlich umgewandelt werden, dass keine Rechtsanwälte mehr benötigt werden.

Summarisch heißt das, Schwachstellen hat der Rechtsstaat in Wirklichkeit nur deshalb, weil seine Möglichkeiten zur Selbsterhaltung nicht genutzt werden?

Ich sehe kaum institutionelle, sondern nur tatsächliche Schwachstellen, weil diese Möglichkeiten nicht konsequent genutzt werden. Also: ja.

Was mich aber gewundert hat, ist, dass in dem Interview nicht darauf verwiesen wurde, dass der DAV sich gegen rechts positioniert hat, wie sich auf Nachfrage bei ChatGPT herausstellte:

Ja, der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat sich gegen Rechts positioniert. Am 15. Januar 2024 haben sich viele juristische Organisationen auf DAV-Initiative zu einem gemeinsamen Statement zusammengefunden und es veröffentlicht 1Das Statement verurteilt den rechts­extre­mis­tischen „Masterplan“ aufs Schärfste und stellt sich entschlossen gegen das skizzierte Konzept und das dahinter­stehende Menschen- und Weltbild, das nicht nur unzähligen in Deutschland tätigen Juristinnen und Juristen, sondern uns allen nicht wieder gutzumachenden und dauerhaften Schaden zufügen würde 1.

Ich finde das viel wichtiger als darüber nachzudenken, ob man eventuell ein Verfahren etablieren könnte, das vermutlich erst dann zu einem Ausschluss aus der Anwaltschaft führen würde, wenn ein Anwalt vor Gericht den Hitlergruß zeigt oder den Holocaust leugnet. Was oben in Blau steht, ist das, was Organisationen tun können. Natürlich muss der Kampf auch politisch geführt werden, der verfassungsrechtliche Kampf schließt das ja nicht aus. Ich halte mittlerweile beides für unabdingbar, damit die Demokratie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehen bleibt.

Ich bin auch dagegen, dass einer seit Jahrzehnten zukunftsverweigernden Politik auf dem Umweg des Zusammenschlusses aller gegen rechts ein Persilschein ausgestellt wird, das gilt auch für die Ampelkoalition. Aber man kann die beiden Wege nicht gegeneinander ausspielen und sagen, hätte es eine bessere Politik gegeben, gäbe es keine starke AfD. Die Lage ist, wie sie ist, verschuldet von wem auch immer. Verschuldet auch von uns, den Wähler:innen, die sich nicht gegen Fehlstellungen in der Politik gewehrt haben. Ein verfassungsrechtliches Vorgehen ist eine Notoperation nach vielen Fehlern, die erst zum operationsbedürftigen Zustand geführt haben. Aber eine Demokratie nicht zu retten, weil diejenigen, die ihre führenden Köpfe sein sollten, sie nicht hinreichend geschützt und gelebt haben, ist, wenn man die Zivilgesellschaft als Antreiber der verfassungsrechtlichen Abwehr gegen rechts als Notarzt-Team ansieht, nicht hippokratisch gedacht.

Es ist auch eine Frage der Prioritäten. Wir können jetzt nicht alles auf einmal richtigen, was so lange auf der schiefen Bahn war, also muss erst das Schlimmste verhindert werden, und dazu ist die Verfassung selbst ein Werkzeug. Deswegen möchten wir auch Jurist:innen dringend darum bitten, ihren Einsatz nicht einmal in Erwägung zu ziehen. Viele Jurist:innen sehen das auch anders, nebenbei bemerkt. Es ist Demokratie, es so oder so sehen zu können.

Ich finde es gut, dass der DAV eine Positionsmeldung abgegeben hat, aber ich meine, seine Mitglieder wären gut beraten, mit all ihrer Kompetenz ein Vorgehen gegen die AfD auch auf verfassungsrechtlicher Ebene zu unterstützen oder sich wenigstens ernsthaft an einer Diskussion darüber zu beteiligen und das nicht mit „eh zu spät und Zielrichtung falsch“ abzutun. Statements sind schon auch wichtig, aber wohlfeil, solange niemand aufsteht und den Widerstand auf rechtlicher Ebene wagt. Für Rechtskundige gilt das zivilrechtliche Aktivitätsgebot nach meiner Ansicht mehr als für alle anderen Berufe und Stände, weil sie die Folgen eines Durchgriffs von rechts auf die Justiz, die Gesetzgebung und die Exekutive  am besten einschätzen und faktenbasiert  davor warnen können.

TH

Was haben wir im vorherigen  Sammler zur  AfD zusammengetragen (Briefing 408)?

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