Ein Syndikat! Der Begriff hat für uns einen besonderen Klang. Zum einen, weil wir den Kampf der Neuköllner Kiezkneipe Syndikat mit großer Sympathie begleiten, zum anderen, weil diese ein ein Investoren-Syndikat aufgedeckt hat und – wegen des Mietshäuser-Syndikats. Wir haben schon oft davon gehört, uns aber bisher diesem partizipativen Wohnmodell nicht angenähert.

Vermutlich, weil wir es merkwürdig fanden, dass Mieter*innen plötzlich, ohne Eigentümer*innen zu werden, einfach so ihr Haus erwerben können. Spätestens aber, seit wir den Werdegang von DIESEeG verfolgt haben, erscheint uns nichts mehr unmöglich.
Selbstverständlich gibt es erhebliche Unterschiede zwischen diesen beiden Modellen.
Das neue Hausprojekt Kumi 13 steht in Schöneberg, das hat für uns eine Bedeutung. „Kumi“ meint die Kurmärkische Straße, sie liegt zwischen der berühmt-berüchtigten Kurfürstenstraße und der Bülowstraße, mit dem „Nolli“, dem Nollendorfplatz nicht so weit weg. Wenn wir morgen nicht vorher noch woanders unterwegs wären, hätten wir von zu Hause aus zu Fuß hingehen können. So viel zur Bedeutung. Was aber gibt es zum Haus zu schreiben? Wir lassen die Webseitenautor*innen zu Wort kommen:
Zu Beginn fällt der Satz „In diesem Haus ist nichts gleich“. Gemeint sind die vier verschiedenen Heizungstypen, die unterschiedlich sanierten Wohnungen, die Grundrisse… Kurz: Dieses Haus ist eine Wundertüte – unsere Wundertüte! Wir haben das Haus in Berlin-Schöneberg gekauft und werden es gemeinsam zu neuem Leben erwecken. Dabei wollen wir die Vielfältigkeit des Hauses genauso wie die Heterogenität unserer Gruppe, Impulse, Vorstellungen erhalten – beides ist für uns sowohl Schatz als auch Herausforderung. Aus der Polyphonie entsteht ein Klang, der manchmal dissonant, mal harmonisch, aber immer wieder neu sein wird. Das ist die Kumi*13. Unser Hausprojekt in der Kurmärkischen Straße 13.
(…)
Die Kumi*13 ist ein denkmalgeschütztes Gründerjahre-Mietshaus von 1875. Über fünf Etagen hat es eine Nutzfläche von gut 1870 m² zum Wohnen und für Gewerbe. Auf dem Grundstück stehen außerdem eine kleine Remise und eine Werkstatt mit Tiefgarage (eine der ersten Berliner Autowerkstätten und Tankstellen, Baujahr ca. 1929!). Alle Gebäude sind – wie schon erwähnt – unterschiedlich stark sanierungsbedürftig.
Nochmal bitte den ersten Absatz der Selbstdarstellung lesen, besonders den vorletzten Satz. Schöneberg ist eindeutig einer der besonders poetischen Bezirke von Berlin. Wir können das bestätigen. Wir wohnen dort. Wir sind deshalb dorthin gezogen. Wir freuen uns sehr, dass es ein Syndikatshaus auch in Schöneberg gibt. Aber die Sprache belegt auch, dass es sich um ein Künstler*innenhaus handelt, dessen Konzeptbeschreibung von einem Spannungsfeld zwischen Gentrifizierung und den bekannten Erscheinungen der Kurfürstenstraße kündet, von einem Zwangskontext, der aber mit großem Einsatz positiv ausgestaltet wird. Das klingt sehr spannend und wir hoffen, wir schaffen es morgen, uns am ersten Tag der offenen Tür einfinden, den das Kumi 13 veranstaltet, seit es im Dezember zum Mietshäusersyndikat gestoßen ist – und uns zu informieren.
Die Hausgemeinschaft ist als Verein organisiert und finanziert sich kooperativ – auch durch Direktkredite seitens solidarischer Kapitalgeber. Die Satzung kann man hier nachlesen und das Ziel ist so formuliert:
Wir, der Hausverein Kumi*13, das sind aktuell 17 Erwachsene und 8 Kinder – eine Gruppe aus Alt-Mieter*innen und zukünftigen Bewohner*innen. Wir streben im Haus ein offenes, solidarisches Miteinander mehrerer Generationen an. Wir wollen der kleinfamiliären Vereinzelung entgegenwirken und durchlässige Strukturen für diverse und sich verändernde Lebensentwürfe entwickeln. Wir planen in dem gutbürgerlichen Gründerjahre-Haus kein separatistisches, privates „Schöner Wohnen“, sondern wollen einen zugänglichen Ort schaffen – gegenseitige Fürsorge und Verantwortung sollen nicht auf den familiären Nahbereich beschränkt bleiben sondern sich hinein in die Gemeinschaft im Haus und im Kiez ausdehnen.
Wir halten diese Art von Zusammenleben in einer Gesellschaft, in der die Zahl der Bewohner*innen pro Wohnung immer mehr zurückgeht und Vereinzelung eines der ganz großen Themen der Zukunft, besonders unserer Generation, sein wird, nicht nur für interessant, sondern für unabdingbar. In diese Richtung, denken wir, sollten sich künftige Wohnstrukturen grundsätzlich entwickeln. Man kann derlei natürlich in jedem Haus zumindest in der Theorie verwirklichen, aber die kapitalistischen Verwertungsanforderungen der konventionellen Wohnungswirtschaft stehen einer solidarischen und offenen Haltung entgegen. Pionierprojekte wie das Kumi 13 sind notwendig, damit wir alle mehr Mut fassen, um die spaltenden Strukturen zu überwinden, die wir zwar nicht geschaffen haben, die wir uns aber bisher gefallen ließen. Jedes Haus, das aus dem Kommerz und dem Renditestreben herausgezogen wird, ist ein großer Gewinn für die gesamte Stadtgesellschaft.
TH