Eine zuviel im Bett (Move Over, Darling, USA 1963) #Filmfest 579

Filmfest 579 Cinema

Eine zuviel im Bett (Originaltitel: Move Over, Darling) ist eine US-amerikanische Filmkomödie aus dem Jahr 1963. Der Film ist eine Neuverfilmung der  Screwball-Komödie Meine Lieblingsfrau aus dem Jahr 1940 mit Irene Dunne und Cary Grant in den Hauptrollen.

Ich glaube, wir haben nun fast alle Doris-Day-Komödien der späten 1950er und bis zu ihrem Karriereende auf dem FIlmfest vorgestellt. Nicht unbedingt, weil wir Fans dieses damals sehr beliebten weiblichen Stars sind, sondern, weil diese Filme eben doch in gewissen Abständen noch immer im Fernsehen wiederholt werden. Das haben sie interessanteren oder auch wichtigeren Produktionen aus jenen Jahren voraus, die in Deutschland aber nie so häufig auf den Bildschirm kamen. Es gibt insofern auch nicht jene Neugewichtung, die dringend notwendig wäre, um das Filmschaffen in den USA zu jener Zeit vollständiger darzustellen. Man kommt diesbezüglich um Bezahlfilme wohl nicht herum. Dies vorausgeschickt, findet sich mehr  zu „Eine zuviel im Bett“ in der -> Rezensio

Handlung (1)

Die Ehefrau des Rechtsanwalts Nick Arden ist seit einem gemeinsamen Flugzeugabsturz verschollen, während er überlebte. Nach fünf Jahren will Nick seine Verlobte Bianca Steele heiraten. Nick lässt seine verschollene Frau Ellen für tot erklären. Nach der Hochzeit will das frisch vermählte Paar nach Monterey auf Hochzeitsreise gehen.

Doch ausgerechnet am Hochzeitstag taucht die totgeglaubte Ellen wieder auf, mit einem Marine-U-Boot, welches Ellen auf einer einsamen Insel gefunden hat. Nick ist verzweifelt, denn er liebt Ellen immer noch, weiß aber nicht, wie er das Bianca beibringen soll. Ellen ist anfangs niedergeschlagen, wird aber von ihrer Schwiegermutter Grace aufgeklärt, dass die Flitterwochen des Paares noch nicht begonnen haben. Deshalb setzt sie alles daran, die ahnungslose Bianca auszuschalten. Schließlich klärt Nick mit Bianca die Lage, dann stellt sich aber heraus, dass Ellen die fünf Jahre auf der einsamen Insel mit einem anderen Mann verbrachte.

Rezension: Anni und Tom über „Eine zuviel im Bett“

Anni: 
Nach meinem Verständnis müsste es „eine zu viel“ heißen, also zwei Wörter. Egal. Das ist also der Film, der eigentlich mit Marylin Monroe und Dean Martin in den Hauptrollen gedreht werden sollte, die dann aber während der Arbeiten verstarb.

Tom: Und George Cukor sollte Regie führen. Man ist versucht zu sagen, unter den Voraussetzungen wäre es ein anderer Film geworden. Leider kenne ich das Original von 1940 mit Cary Grant und Irene Dunne („My Favorite Wife“) nicht, aber die Vermutung liegt nah, dass eine Screwball-Comedy von 1940 gegenüber einem Doris-Day-Vehikel von 1963 der bessere Film gewesen sein muss. Die bewertenden IMDb-Nutzer_innen vergeben aktuell 7,4/10 für den älteren Film und 7/10 für den neueren. Und es handelt sich um einen Frauenfilm, denn Frauen geben nicht weniger als 0,7/10 im Durchschnitt mehr als Männer. Das ist einer der größten Unterschiede, die ich bisher gesehen habe.

Anni: Wir haben uns ja die zeitgenössische Rezension des Starkritikers Bosley Crowther von der New York Times angeschaut. Was ich nicht mag, sind seine Anspielungen auf Doris Days Alter. Sie spielt ja auch keine Zwanzigjährige. Aber in einem anderen Punkt gebe ich ihm vollkommen recht: Die Schauspielerführung ist, gelinde gesagt, zweifelhaft. Im Grunde ist es eine sehr fragile Situation, die in dem Film dargestellt wird, so unwahrscheinlich sie auch sein mag. Dafür agieren die Darsteller viel zu unempathisch.

Tom: Crowther war vermutlich kein Day-Fan, ich muss mir das mal genauer anschauen anhand seiner Äußerungen zu ihren übrigen Filmen, aber ich glaube, da geht etwas nicht zusammen, und dies ist nachvollziehbar, denn Crowther hat immer wieder die Flachheit des US-Mainstream-Films bemängelt. Aber was er da sagt und worauf du dich beziehst, trifft auf fast alle Komödien zu: Dass eigentlich ernste Situationen ziemlich durch den Kakao gezogen werden. Slapstick lasse ich mal außen vor, obwohl der ja auch hier in Maßen eingesetzt wird, wie ja immer auch ein wenig Situationskomik notwendig ist, um solche Handlungen aufzupeppen.

Anni: Das trifft es aber, aufpeppen. Schade, dass die Monroe nicht mehr verfügbar war, da hätte sie zum ersten Mal Filmkinder gehabt und sozusagen in einem Familienfilm mitgespielt. Für mich ist der Film einer der langweiligsten von und mit Doris Day, die ich bisher gesehen habe, und  ich kniee schon vor Werken wie „Bettgeflüster“ nicht unbedingt nieder, weil sie so konservativ sind und Macho-Allüren letztlich durchwinken. Das trifft auch auf „Move Over, Darling“ zu. Nicht, dass James Garner hier so ein überheblicher Typ wäre, wie ihn Rock Hudson in „Bettgeflüster“ oder in „Lover Come Back“ („Ein Pyama für zwei“) gibt, aber alles dreht sich im Prinzip darum, wie er aus der Sache rauskommt, nicht, was die Frauen empfinden. Jede von ihnen hat doch berechtigte Ansprüche. Und weil Frau Nr. 2 von Beginn an so psychotherapielastig gezeigt wird, ist auch vom ersten Moment an klar, dass Nr. 1 gewinnt. Denn im typischen amerikanischen Familienfilm wird alles Intellektuelle oder im seelischen Bereich nicht eindeutig Definierbare immer wieder diskreditiert. Wenn man bedenkt, welch eine progressive Zeit die frühen 1960er waren, ist das besonders auffällig.

Tom: Das ist eine Zielgruppenfrage. In der Tat gab es damals viele ernsthafte, sehr engagierte Filme, aber das hier ist Familienunterhaltung. Wenn man sowas mag, es ist es okay, und warum sollen Menschen mit traditionellen Werten nicht auch entsprechende Unterhaltung geliefert bekommen? Der kommerzielle Hollywoodfilm hat keinen öffentlich-rechtlich organisierten Lehrauftrag wie zwei unserer Fernsehanstalten.

Anni: Wir haben ja neulich auch „Mr. Hobbs macht Ferien“ gesehen, den fand ich auch etwas tricky, die Werte betreffend, aber viel lustiger.

Tom: „Move Over, Darling“ hat 3,35 Millionen Dollar gekostet und allein in den USA 12 Millionen eingespielt. Doris Day war in jener Zeit der beliebteste weibliche Star überhaupt. Trotz der progressiven Grundstimmung und der Tendenz ihrer Filme, genau das Gegenteil von gesellschaftlichem Fortschritt zu propagieren. Natürlich waren ihre Fans vor allem Leute, die in ihr eine Projektionsfläche für die von ihnen geschätzten Werte fanden, die sich so rasch zu wandeln schienen. Heute wissen wir ja, dass das Progressive in den USA immer an der Oberfläche bleibt oder von einer Minderheit getragen wird, wenn diese es schafft, sich durchzusetzen. Übrigens nicht nur dort.

Anni: Naja, immerhin werden zwei Personen zusammen im Bett gezeigt, angezogen natürlich, aber schon ein wenig neckischer, und es ist auch ein echtes Doppelbett, während ein paar Jahre zuvor ja noch zwei Betten einzeln gezeigt wurden, wenn es schon mal Schlafzimmer-Szenen gab. Und sogar Frauen von hinten nur mit BH oder Baby Doll als Oberbekleidung. Eigentlich muss man sagen, wir haben Avantgarde vor uns. Bald darauf wurde ja auch der Production Code formal abgeschafft (1967), nachdem er zuvor schon faktisch immer mehr gelockert wurde. Und in der Zeit, in der Mrs. Arden auf ihrer Insel war, wurde offenbar die automatische Durchwahl und die automatisierte Nummern-Ansage in den USA eingeführt, Wahnsinn. Und wie man elektrische Fensterheber bedient, das schien wohl damals auch neu. Stimmt aber nicht, die gab es schon früher.

Tom: Natürlich hätte man daraus einen wunderbar melancholischen, besinnlichen Film, sogar ein Melodram machen können, aber das muss man nicht fordern, nur, weil wir gerade in der Stimmung für anderes Kino sind. Für mich ist „Eine zuviel im Bett“ aber auch als Komödie nur mittelmäßig, und darauf kommt es mir an. Ich kann ja fast über alles lachen und hab das ein paar Mal getan, aber es hat sich nicht zu einem Anfall aufgeschaukelt, das heißt, die Gags sind so gestaltet, proportioniert, dass man nicht recht an die Figuren herankommt. Selbstverständlich hätte man bei diesem Thema das eine oder andere berührende, tragikomische Element einfügen können.

Anni: Das hat man durch das Wiedersehen mit den Kindern erreichen wollen. Aber ich finde, man merkt, dass Doris Day keine eigenen Kinder hat. Irgendwie zeigt sich da keine große Chemie und sie schafft es auch nicht, wie in Hitchcocks „Der Mann, der zuviel wusste“, mit einem Superhit wie „Que sera, sera“ zu punkten. Dass das eher unscheinbare Titellied für Preise nominiert war und im Vereinigten Königreich auf Platz 8 der Hitliste kam, ist erstaunlich und zeugt wohl von einer grundsätzlich großen Beleibtheit von Doris Day als Person, Anfang der 1960er.

Tom: Eigentlich ist es konsequent, dass ein Film, der wieder einmal über die Psychoanalyse herzieht, psychologisch nicht stimmig wirkt. Am meisten bei jemandem, der fünf Jahre auf einer Insel verbracht hat und wirkt, als ob er bzw. sie nur mal shoppen war, so selbstverständlich taucht die Person in jedwedes Alltagsgeschehen ein. Es liegt dadurch der Verdacht nah, dass sie mit Insel-Tarzan tatsächlich viel Spaß hatte und weder emotional noch körperlich leiden musste.

Anni: Das meine ich. Viel zu wenig subtil gespielt. Marilyn Monroe hätte dieser Figur auch etwas Zerbrechliches mitgeben können, das wir hier gar nicht sehen. Meine Wertung: 5,5/10. Frauenfilm hin oder her.

Tom: Das Haus der Ardens fand ich auf eine Weise schick. Ich mag den gehobenen Mittelstand, Freiberufler und sowas, Machertypen …

Anni: Ah ja?

Tom: … sofern sie nicht politisch rückständig und ausbeuterisch veranlagt sind. Und der Richter war witzig. Und der Film liegt vor allem nicht so weit weg von ähnlichen Komödien mit Doris Day, die ich höher bewertet habe. Aber mehr als 6,5/10 sind von mir auch leider nicht drin.

60/100

© 2021, 2017 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

Regie Michael Gordon
Drehbuch Hal Kanter
Jack Sher
Produktion Martin Melcher
Aaron Rosenberg
Musik Hal Kanter
Lionel Newman
Kamera Daniel L. Fapp
Schnitt Robert L. Simpson
Besetzung

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