Briefing 439 | SUVs, Straßenverkehr, Verkehrswende, CO₂-Ausstoß, Klimagase, Klimawandel, Umwelt, Klima, KER Klima-Energie-Report
Es ist wieder an der Zeit für ein wenig SUV-Bashing. Nicht, dass wir den übrigen individuellen motorisierten Verkehr super fänden, aber was mit unserer Zeit nicht stimmt und unserem Konsumverhalten, springt bei dieser Kategorie von Personenkraftwagen geradezu ins Auge.
Infografik: SUV verursachen heute 31% aller PKW-Emissionen | Statista

Diese Statista-Grafik wurde unter einer Lizenz CC BY-ND 4.0 Deed | Namensnennung-Keine Bearbeitung 4.0 International | Creative Commons erstellt und wir geben sie unter gleichen Bedingungen wieder. Folgend der Statista-Begleittext dazu, dann weiter mit unserem Kommentar.
Die SUV-Zulassungen erreichen neue Rekordwerte – entsprechend steigt ihr Anteil an den gesamten CO2-Emissionen von Personenkraftwagen. Mittlerweile liegt dieser Anteil weltweit bei rund 31 Prozent, wie die Statista-Grafik auf Basis von Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) zeigt. Im gezeigten Zeitraum ist der globale SUV-Bestand um 376 Prozent auf rund 330 Millionen Pkw angewachsen. Die Zahl der übrigen Pkw war zuletzt leicht rückläufig und erreicht über den 10-Jahres-Zeitraum betrachtet lediglich ein Wachstum von rund 12 Prozent.
Die vergleichsweise hoch gelagerten Karosserien der SUVs ermöglichen einen leichteren Ein- und Ausstieg sowie eine bessere Verkehrsübersicht. Diese Argumente überzeugten zuletzt immer mehr Käufer, sodass SUVs in den vergangenen Jahren im Ranking der Segmente an der Spitze lagen. In Deutschland wuchs der Marktanteil des Segments auch im Jahr 2023 weiter, auf erstmals mehr als 30 Prozent.
SUV sind allerdings mehrheitlich schwerer, breiter und höher als Limousinen desselben Herstellers. Wie eine Statista-Berechnung aus dem Jahr 2019 zeigt, stoßen SUV daher auch mehr CO₂ aus als vergleichbare Limousinen. Im Durchschnitt verbrauchen SUVs laut Angaben der IEA etwa 20 % mehr Kraftstoff als ein durchschnittlicher Mittelklassewagen. Die verbrennungsbedingten CO₂-Emissionen von SUVs sind im Jahr 2022 um fast 70 Millionen Tonnen gestiegen. Insgesamt stoßen die 330 Millionen SUVs, die heute auf den Straßen unterwegs sind, fast 1 Milliarde Tonnen CO₂ aus.
Eine der Datengrundlagen stammt aus dem Jahr 2019, ist angesichts der rasanten Elektrifizierung auch bei diesem Pkw-Segment also nicht mehr State of the Art, aber schon mindestens genauso lang schreiben wir über SUVs. Hier nur einige Beispiele:
Fridays for Hubraum gegen Fridays for Future? (2019)
Umweltbewusstsein: Das Lippenbekenntnis und das SUV und die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten (2021)
„Deutschland bei SUV unterdurchschnittlich“ (2022)
Wir werden in künftige Updates zum Thema Verkehrswende weitere Artikel einbinden, die wir dazu verfasst haben, um klarzustellen, dass es sich hier um einen Aspekt von vielen handelt, bei denen es nicht läuft, wie es um der Zukunft willen laufen sollte.
Heute wollen wir auch nur eine kurze Beobachtung in den Vordergrund des Kommentars rücken. Vor unserem Haus in Berlin parkt seit einiger Zeit häufig ein VW ID.4 in dem Grau, das früher einmal die Dienstwagen der Deutschen Bundesbahn hatten. Manchmal steht davor ein VW Golf der 7. oder 8. Generation. Neben diesem Golf sieht der ID.4 wie ein Monster aus, und auch die Golf-Modelle sind ja im Laufe der Jahre nicht gerade kleiner geworden, wie alle Kompaktwagen. Aber durch die SUVs haben sich alle Dimensionen verschoben. Luxuslimousinen der 1980er oder 1990er sehen neben ihnen wie Zwerge aus und der ID.4 ist nicht einmal ein besonders großes elektrisches SUV, sondern gilt als Mittelklasse-Fahrzeug.
Das Argument mit der besseren Übersicht im Verkehr ist ein ganz typischer Fall von verdeckter Gigantomanie. Es gilt nämlich nur solange, wie nicht alle in SUVs sitzen, dann ist die Übersicht wieder genauso schlecht wie vorher. Als müsste nun bald jemand auf die Idee kommen, dass amerikanische Minitrucks noch einmal etwas höher und übersichtlicher sind und natürlich auch sicherer, angesichts des großen Blechhaufens, aus dem sie bestehen. In Deutschland gingen Experimente in diese Richtung bisher nicht gut, wie etwa der VW-Taro, der eine Koproduktion mit Toyota war, vielleicht war das Produkt nicht martialisch genug. Aber amerikanische Firmen werden nicht müde, solche Autos weiterhin anzupreisen. Wir sind gespannt, ob sich der Trend in diese für europäische Verhältnisse vollkommen irrsinnigen Verhältnisse weiterentwickeln wird. Vielleicht werden auch nur die SUVs immer größer und stärker und die elektrischen Varianten verspielen einen eventuellen ökologischen Vorteil dadurch, dass auch die Leistungsdaten immer mehr ins Aberwitzige zeigen.
Letzte Woche haben sich die SUVs dafür gerächt, dass wir sie nicht mögen. Die Besatzung eines dieser Teile mit Dooring vom Fahrrad gekickt. Wir halten ja immer schon viel Abstand zu Parkreihen, weil wir wissen, dass einige Autoinsassen nicht nach hinten schauen, bevor sie eine Tür öffnen. Der Preis dafür ist, dass wir von links gerne geschnitten werden, weil wir uns erfrechen, ein knappes Drittel der Auto-Fahrspur in Anspruch zu nehmen. Doch in diesem Fall war es eine Fahrradgasse vor einer Ampel, die wir durchfahren wollten und ein Vollidiot, der rechts hinten aus dem SUV stieg. Es kam glücklicherweise nur zu einer beschädigten Jacke, ein paar Schrammen am Rad und einer starken Prellung an der linken Hand, die wir uns schon im Jahr 2022 bei einem nicht verschuldeten Fahrradunfall gebrochen hatten. Es war ein BMW X5, das Kennzeichen könnten wir hier auch beifügen. Uns erzählt niemand, dass Personen, die SUVs fahren, der menschlichen Zivilisation angehören.
Selbstverständlich sind wir deswegen auch dafür, dass für SUVs höhere Steuern und höhere Parkgebühren zu zahlen sind, sie nehmen ja auch wirklich mehr Platz weg. Vollkommen verrückt: Autohersteller lobbyieren schon für breitere Parkplätze, damit ihre Stadtpanzer noch draufpassen.
Ein Hinweis zum Schluss: Bei der Grafik bitte genau hinschauen. Während die linke Skala den gesamten Pkw-Bestand abbildet, werden rechts nur Prozentzahlen von 0 bis 35 ausgewiesen, daher ist die gelbe Linie überproportional steil, welche die Emissionen durch SUVs darstellt.
TH
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