Es gibt keine Klimarettung aus der Portokasse (Norbert Häring, Geld und mehr) #Klimwandel #Ökologie #Umwelt #Klima #FfF #Fridays for Future #Degrowth #Ökosolzialismus #Wachstum #qualitativesWachstum

Weil morgen wieder ein neuer Freitag heraufziehen wird, weil morgen die Fridays-for-Future-Aktivist*innen wieder unterwegs sein werden, springen wir vom für unsere Magazin bisher nicht zentralen Thema der Rüstung oder von Krieg und Frieden wieder zur Umwelt und zum Klima.

Der Volkswirt und Handelsblatt-Journalist Norbert Häring hat wieder einen Beitrag geschrieben, der wegen der Übersicht, die er bietet und wegen seiner analytischen Klarheit eine Empfehlung wert ist. Deswegen werden wir heute die Kommentierung auch kurz halten, denn sehr viel mehr als dies fällt uns jetzt gerade auch nicht ein: Der Stopp des klimaschädlichen Wirtschaftens wird nicht aus der Portokasse möglich sein. Uns fällt diese Feststellung mittlerweile leicht, denn täglich beobachten wir Erscheinungen an sogenannten Märkten, die uns klarmachen, dass wir umsteuern müssen, um frei oder wenigstens ein wenig freier von selbstgeschaffenen Zwängen zu werden.

Deswegen glauben wir auch eher an Ökosozialismus als an grünes Oberflächengesumsel, das an den Zuständen nicht wirklich etwas ändern wird. Das war auch für uns ein weiter, aber spannender Weg. Natürlich wird sich an den Zuständen etwas ändern, wenn wir nichts tun. Sie werden für uns alle schlechter werden. Welchen Weg wir nun genau einschlagen, um endlich die Vernichtung der Ressourcen und die Schädigung des Klimas zu stoppen, das ist noch nicht ausgemacht. Aber vor Scheinlösungen muss gewarnt werden, da geben wir Norbert Häring Recht.

Wir hatten auch lange mit der Idee des sogenannten qualitativen Wachstums gedealt, die schlicht davon ausgeht, dass weniger und dafür hochwertigere Produkte den Aderlass an den Weltressourcen in den Griff bekommen könnte. Bis zu einem gewissen Grad stimmt das nach unserer Ansicht weiterhin, wir verweisen nochmal auf einen Blogbeitrag aus dem „ersten Wahlberliner“, den wir hierher übernommen haben – in unserer China-Reihe, die dringender Weiterentwicklung bedarf. Ohne China zu analysieren und dessen Kurs zu verfolgen, brauchen wir nicht über die Rettung der Welt vor immer mehr Emissionen und Rohstoffverbrauch nachzudenken. Allein der steigende Verbrauch von allem, was teuer, selten und die Erzeugung von allem, was schädlich ist, in China macht alle sonstigen Bemühungen um die Reduktion von was auch immer weltweit zunichte. Das muss nicht so bleiben, aber eine Lösung ist erst einmal nicht nah, denn damit die KPCh den Laden zusammenhalten kann, dessen Narrativ auf einer noch ungebrochenen Aufstiegsstory basiert, muss das chinesische Wirtschaftswachstum weit über dem im Westen liegen.

Jetzt sind wir doch von Norbert Härings Betrachtungen aus kopfüber in die missliche Realität gestürzt, aber was sollen wir tun? So tun, als ob es wirklich entscheidend für den Globus wäre, ob in Deutschland die Plastikbecher verboten werden? Das ist kein Argument gegen den Verbot von Plastikbechern, aber wir müssen uns über unsere Grenzen im Klaren sein. Vermutlich werden erst wirkliche Großkatastrophen, die zu Millionen von Toten führen, ein weltweites Umdenken bewirken, und wahrscheinlich reichen wenige Ereignisse nicht einmal aus, wie sich an der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 belegen lässt. Es werden weiter Atommeiler gebaut, ihr Zahl schrumpft nicht, sondern wächst.

Als wir kürzlich schrieben, der schwindende europäische Einfluss ist aus Klimaschutzgründen eine dumme Sache, gingen wir schon davon aus, dass die Europäer eh zu müde sind, ihre Wirtschaften immer weiter wachsen lassen zu wollen, also könnten sie die ersten sein, die ersten, die man mit Degrowth als neuem Ziel hinter dem Ofen hervorlocken kann. Die unteren Einkommensschichten wissen allerdings längst, was Degrowth im täglichen Leben bedeutet.

Um es klar zu schreiben. Die Art von Schrumpfung, die vor allem wieder Ärmeren trifft, beseitigt weder das Problem des Konsums der Reichen noch sollte man auf diese Weise Soziales und Ökologisches gegeneinander ausspielen. Was immer kommt, es wird vor allem dazu führen müssen, dass exorbitanter Reichtum begrenzt wird, damit die Folgen einer weniger kapitalintensiven Wirtschaft für diejenigen, die ohnehin kein Kapital haben, begrenzt werden können und uns allen ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen, in dem die Teilhabe den Konsum als Sinngebung ersetzen kann.

Viele Wirtschaftsmodelle lassen sich weiterhin denken, solange sie solidarisch sind. Über deren nachhaltige Ausgestaltung würden wir gerne mehr diskutieren und forschen. Vor allem aber müssen die jungen Menschen, die jetzt auf die Straße gehen, den eigenen Konsumverzicht und den Ausbruch aus neoliberalen Denkstrukturen für spätere Jahre mitdenken. Klar hat diese Notwendigkeit damit zu tun, dass die Älteren über die Stränge geschlagen haben, aber wären die heutigen Jugendlichen die vorherige Generation gewesen, hätten sie das genauso bedenkenlos getan. Man muss es besser machen, weil es immer dringender wird. Dazu sollten nun alle Generationen ihren Anteil leisten.

TH

EBA 35

Kritisch schauen und immer wieder Beiträge außerhalb des Mainstreams und vor allem jenseits unserer aktuellen Zentralthemen lesen, über die wir selbst schreiben – das ist eine Aufgabe, die der Wahlberliner sich gestellt hat. 

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