Todestrommeln am großen Fluss (Death Drums Along the River, DE / GB 1963) #Filmfest 132 #EdgarWallace

Filmfest 127 A "Special Edgar Wallace" (24)

Die afrikanische Variante

Von Beginn an fühlte ich mich wie in einer anderen Welt. Der Film ist im für die große Natur bestens geeigneten Breitwandformat gestaltet, ganz in Farbe, anders als alle anderen Edgar-Wallace-Filme zu der Zeit, es gibt nicht den traditionellen Vorspann, in dem Edgar Wallace spricht und sich schaurige Dinge bereits durch blutrotes Gesprengsel andeutet. Einen Mord vor dem Vorspann gibt es ebenfalls nicht, aber macht Hunger auf die halbe Tüte Erdnüsse, die ich noch übrig habe. Arbeiter am Hafen einer fiktiven afrikanischen Stadt finden in den Nüssen einen Beutel, der ihnen aber schnell wieder von einem Typ mit Blazer weggenommen wird. Die Polizei wiederum beobachtet diesen Typ und setzt ihm nach.

Selbstverständlich ist auch das Setting in Afrika ein ganz anderes als üblich und der Film ist von einer britischen Produktionsfirma zusammen mit der Constantin Film gedreht worden, die hier offenbar, anders als bei den Rialto-Filmen der Reihe, nicht nur als Verleih, sondern auch als Co-Produzentin auftritt. sonst wäre es eine rein britische Produktion mit deutschem Verleih via Constantin – darauf weist auch die Angabe der Produktionsfirmen in der IMDb hin. Das ausgewiesene Genre ist in der IMDb schlicht „Adventure“, nicht „Crime“ und schon gar nicht „Horror“ oder dergleichen. Die weiteren Unterschiede zu den anderen Edgar-Wallace-Filmen der „klassischen Ära“, die wir mit dem Jahr 1965 enden lassen, gehen aus den folgenden Notizen hervor, Genaueres zum Film folgt in der -> Rezension.

Notizen (1)

  • Todestrommeln am großen Fluß ist ein britisch-deutscher Abenteuerfilm (englischsprachiger Titel: Death Drums Along the River), der auf Motiven des Romans Sanders vom Strom (Originaltitel: Sanders of the River) von Edgar Wallace basiert. Die Hauptrollen sind mit Richard Todd, Marianne Koch, Albert Lieven, Vivi Bach sowie Walter Rilla besetzt.
  • In Deutschland wurde der Film, den der britische Regisseur Lawrence Huntington im Sommer 1963 in Südafrika und London inszenierte, als 17. Beitrag und erster Farbfilm der Edgar-Wallace-Serie vermarktet.
  • Es handelt sich um eine Towers Produktion im Verleih von Constantin Film.

    Produzent Harry Alan Towers schrieb für seinen ersten von insgesamt drei Edgar-Wallace-Filmen unter dem Pseudonym Peter Welbeck auch das Drehbuch. Die Außenaufnahmen des Films wurden an Originalschauplätzen in Durban und im heutigen iSimangaliso-Wetland-Park in Südafrika gedreht. Die Innenaufnahmen fanden in den Bray Studios in London statt.

  • Außer den aufgeführten Darstellern wirkten elf südafrikanische Schauspieler und ein Zuludorf mit dunkelhäutigen Menschen mit, inklusive deren echtem Häuptling und Medizinmann sowie mit Assegais bewaffnete Krieger, dunkelhäutige Tänzerinnen und sogar ein Toter, der gerade nach den geheiligten Riten der Eingeborenen begraben werden sollte. Höhepunkt der ersten Drehwoche waren die Aufnahmen im Zuludorf, das etwa 40 Meilen von Durban entfernt im Tal der tausend Hügel lag und wegen seiner wilden Schönheit bekannt ist.[1][2]
  • Die Kurzgeschichten des Buches Sanders vom Strom dienten erstmals 1935 als Vorlage für den 1950 in Deutschland erschienen britischen Film Bosambo (Originaltitel: Sanders of the River) mit Leslie Banks und Paul Robeson in den Hauptrollen. 1964/65 produzierte Towers einen weiteren Edgar-Wallace-Film, der auf dem Afrika-Roman basiert: Sanders und das Schiff des Todes. Artur Brauners Edgar-Wallace-Film Der Teufel kam aus Akasava (1969/70) entstand ebenfalls nach Motiven dieses Romans.
  • Mit 1,5 Millionen Zuschauern in Deutschland lag „Todestrommeln am großen Fluss“ am unteren Rand der bis dahin üblichen Zahlen.

Handlung mit Auflösung (1)

Polizeiinspektor Sanders soll in der afrikanischen Kolonie Gondra, die nur vom Erdnussanbau lebt, für Ruhe und Ordnung sorgen. Als der Diamantenschmuggler Bongola in den Docks von Gondra einen Polizisten niedersticht und flieht, nimmt Sanders die Verfolgung auf, wobei er feststellen muss, dass die geschmuggelten Diamanten ihren Weg über die Klinik des weltbekannten Arztes Dr. Schneider nehmen. Bei seinen Nachforschungen lernt er auf dem Schiff „Zaire“ die Ärztin Dr. Inge Jung kennen, die gerade erst dabei ist, ihren Dienst in der Klinik von Dr. Schneider anzutreten. Durch einen Sabotageakt fallen die Maschinen des Schiffes aus, sodass Sanders und die junge Ärztin die Nacht am Flussufer verbringen müssen. In der Klinik macht Dr. Jung sodann die Bekanntschaft von Dr. Weiß, dem servilen Assistenten des Klinikleiters, und trifft auf die hübsche junge Krankenschwester Marlene. Dr. Schneider erklärt Sanders indes, dass er das Messer, mit dem der Polizist getötet worden ist, identifizieren könne, es gehöre Bongola, der im nahegelegenen Dorf Fundaba wohne. Zusammen machen sich die Männer dorthin auf und hören schon von weitem die Trommeln, die erfahrungsgemäß den Tod eines Dorfbewohners ankündigen. Die Beerdigung ist bereits in vollem Gange, als sie ihr Ziel erreicht haben. Sanders unterbricht die Zeremonie und öffnet unter dramatischen Umständen den Sarg, der Bongolas Leiche enthalten soll, findet ihn allerdings leer vor.

Noch in derselben Nacht stellt Sanders Bongola eine Falle. Als er ihn jedoch festnehmen will, bricht dieser urplötzlich von einem Schuss getroffen zusammen. Sein Mörder kann entkommen. Sanders kehrt nach Gondra zurück und setzt seine Nachforschungen fort. Zu selben Zeit spitzt sich die Situation im Hospital von Dr. Schneider zu, der sterbenskrank ist. So kommt es, dass Inge ihre Sorgen Dr. Weiß anvertraut. Marlene dagegen, die von Dr. Weiß begehrt wird, hat sich in den amerikanischen Schriftsteller Hunter verliebt und er in sie. Hunter hat zudem entdeckt, dass sich auf dem Gelände, auf dem das Hospital steht, eine große Diamantenmine befindet. Noch bevor er sein Wissen öffentlich machen kann, wird auch er ermordet. Marlene entdeckt seine Leiche und wird von Inge flussabwärts zu Sanders geschickt, um Hilfe zu holen.

Aber auch Sanders ist inzwischen hinter das Geheimnis der Diamantenmine gekommen und schon flussaufwärts unterwegs. Der australische Geschäftsmann Pearson, der von Anfang an von Sanders verdächtigt worden ist, ohne dass man ihm hätte etwas nachweisen können, bedroht Marlene, die ihm aber entkommen kann. Kurz darauf bedroht er im Hospital auch Dr. Schneider. Wie sich herausstellt, heißt der wirkliche Schurke aber Dr. Weiß, der Pearson lediglich als Mittelsmann zum Verkauf der Diamanten eingeschaltet hat. Der Arzt ist in seiner Gier sogar noch weiter gegangen und wollte Dr. Schneider ermorden, um alleiniger Besitzer der Diamantenmine zu sein. Sanders kommt gerade noch rechtzeitig, um einzugreifen. Weiß gelingt es jedoch, Pearson zu erschießen und mit dessen Boot zu fliehen, wobei er Dr. Jung als Geisel mit sich nimmt. Sanders nimmt die Verfolgung auf. Der Ärztin gelingt es, zu entkommen, Weiß aber fällt einem Krokodil zum Opfer, ohne dass Sanders eingreifen kann. Marlene zieht es zurück nach Europa, Inge Jung hingegen will in Afrika ein neues Leben beginnen, woran Sanders einen nicht unwesentlichen Anteil hat.

Rezension

Was war in dem Säckchen? Schnee? Dafür sah die Füllung zu eckig aus. Die beiden eingeborenen Polzisten verfolgen also den Mann – und der bringt einen von ihnen um.

Die höhere Polizei, hier noch in britischen Uniformen, mit Inspektor Harry Sanders als deren Chef, vermutet einen Geschäftsmann aus der Stadt oder einen Urwaldarzt mit Plantage in der Nähe der senegalesischen Grenze hinter dem, was sich als Schmuggel zu erweisen scheint. Nur: Weiß der Arzt wirklich davon, der immerhin Dr. Schneider heißt und sich vermutlich ein Dr. Schweitzer light entpuppen wird. Vielleicht sind in dem Beutel auch nur Peanuts. Nein, das wäre zu ironisch. Pearson, der undurchsichtige Geschäftsmann, kommt mir irgendwie bekannt vor. Nicht optisch, aber – wird er etwa von Arnold Marquis eingedeutscht? Nein, von Eric Jelde, aber Respekt, das passt.

Ein Dr. Jung soll mit dem Flugzeug eintreffen und weiter zur Klink, Sanders erwartet diesen Doktor und es stellt sich heraus, es ist eine hübsche sie: Marianne Koch. Koch ist tatsächlich Ärztin, auch wenn sie ihr Studium wegen der Filmkarriere, die unter anderem zu Werken wie „Todestrommeln am roten Fluss“ führten, unterbrochen hatte und erst später vollendete. Nun wird natürlich ein Riesenbrimborium veranstaltet, weil es eine Frau Doktor ist, inklusive Dinner. Wir sind produktionsseitig im Jahr 1963, gefühlt aber eher in den 1920ern, als Edgar Wallace die meisten seiner Bücher schrieb. Es ist dann Sanders, der Dr. Jung den Fluss hinauf zur Klinik fahren darf. Doch der Motor geht kaputt und sie müssen warten, bis einer der eingeborenen Polizisten, von denen sie begleitet werden, das Teil repariert hat. Campieren am Flussufer, es wird schon romantisch. Vermutlich ist ein halber Liebesfilm zu erwarten, es entsteht eine gewisse Mogambo-Stimmung. Aber warum hat jemand an dem Motor rumgefummelt, um die Besatzung aufzuhalten, was Sanders vermutet. Und warum fährt man nicht mit dem anderen Motor weiter, das Boot hat doch zwei. Weil es sich dann immer im Kreis dreht?

Irgendwann kommt man aber doch in der Klinik an und merkt gleich, hier stimmt etwas nicht. Schon, weil der zwielichtige Pearson und ein amerikanischer Mann, vorgeblich Reporter, der auch Hunter heißt, ebenfalls eintreffen. Es stellt sich einzig aufgrund eines bestimmten Messers auch heraus, dass der Polizistenmörder in der Klink bzw. auf deren Plantage gearbeitet hat. Warum hat er bloß diesen sehr kenntlichen Dolch am Tatort liegen lassen? Die Klinik hat auch einen Verwaltungsdirektor namens Weiß (er trägt auch eine weiße Kluft) und der wird von Albert Lieven gespielt und der hatte in „Das Verrätertor“, einer weiteren englisch-deutschen Coproduktion aus dem Folgejahr, die Schurkenrolle. Sein Vorteil war sicher, dass er diesseits wie jenseits des Kanals eine gewisse Bekanntheit erlangt hatte, während Marianne Koch vor allem für die deutschen Zuschauer eingesetzt wurde.

Es soll weiter zu dem Dorf gehen, aus dem jener Mordbube wohl stammt, denn Sanders will ihn festnehmen. Und da hören wir die Todestrommeln: Jemand in diesem Dorf ist gestorben und die Trommeln gehören zur Begräbniszeremonie. Afrika ist die Heimat aller Menschen, das merkt man gleich wieder, etwas an diesem Ryhthmus wirkt magisch. Afrika-Filme waren damals auch sehr in Mode, wie wir vom erwähnten „Mogambo“ oder auch von „Hatari“ wissen.

Sanders zeigt sich nicht sehr kulturschonend und will den Sarg des Toten öffnen lassen, denn darin soll ebenjener Mörder liegen. Stimmt aber nicht, es ist nur Erde drin. Sanders mutmaßt, dass Bongolo zurückkehrend wird, um sich zu überzeugen, dass sein Begräbnis glatt über die Bühne des Lebens ging, eine gewagte Hypothese, die aber zutrifft, aber als die Polizei gerade zugreifen will, wird er wirklich erschossen. „Manche Leute lassen sich erst beerdigen und sterben dann“, sagt Sanders. Man merkt, es ist ein britischer Film, dessen Humor auch für Deutsche verständlich und akzeptabel sein muss. Rückwräts gelesen: Das Boot von Sanders wurde also auf dem ersten Teil der Reise manipuliert, damit dieser nicht mehr rechtzeitig zum gefakten Begräbnis eintreffen kann. Wie ich ihn einschätze, hätte er aber eine jener berüchtigten Exhumierungen vornehmen lassen, die z. B. in Tatorten geradezu alle Naslang vorkommen. Die Erdnüsse, die man zu Beginn gesehen hat, stammen demnach von der Plantage von Dr. Schneider, welche die wirtschaftliche Grundlage seiner altruistischen Klinikarbeit bildet. Man muss der Spur der Erdnüsse folgen, wenn man erleuchtet werden möchte.

Zwischenfazit: Es ist erkennbar, dass es auch strukturelle Unterschiede zwischen den bisher gesichteten Wallace-Filmen und diesem gibt: Anstatt alles maximal zu verknoten, achtet man in „Todestrommeln am großen Fluss“ darauf, dass die Handlung übersichtlich bleibt und dass viel zu ihr erklärt wird – von den Charakteren, und zwar in einer Form, welche die Abwägung zwischen notwendig und zu viel vermissen lässt, auch die Aussagen der Figuren untereinander sind damit gemeint. Durch dieses Infodropping, das panisch jeden Anschlussverlust des Publikum vermeiden möchte, habe ich schon locker einen Verdacht, wer sich am Ende als der Böse herausstellen wird. Achten Sie mal darauf, wer verdächtig oft durch den Bildhintergrund läuft. Vielleicht ist es doch der schmierige Person, der auch immer dabei ist, wenn etwas Schlimmes passiert. Oder sein amerikanischer Freund. Dr. Schneider wirkt schon zu krank für solche Mätzchen.

Sanders verhört Pearson in dessen Laden oder dunkler Bude in der Stadt und kriegt überhaupt nichts raus, weil er nichts in der Hand hat, und Pearson ist nicht der Typ, der sich einfach so unter Druck setzen lässt, nur weil ein recht alltäglich wirkender Mensch in einer khakifarbenen Uniform vor ihm steht. Eine wirklich überflüssige Szene, aber auch das kennt man aus so vielen Krimis, die auf ihre Spielzeit kommen müssen, obwohl das Drehbuch etwas dünn geraten ist. Immerhin erfahren wir als Publikum, das nicht eh gewusst hat, dass Sanders Pearson für einen Schmuggler hält und unterstellt ihm, den Mörder Bongolo seinerseits umgebracht zu haben. Natürlich nicht persönlich, die Drecksarbeit …

Nun ist aber Sanders am Hafen und es hätte ihn seinerseits beinahe erwischt und es ist ein Mann, der ihm von Pearson aus gefolgt ist, der ihn umbringen soll. Leider unlogisch, aber vor allem in Bezug auf das, was voraus liegt, denn Pearson kann im Grunde bis zum Ende darstellen, dass er nicht mit Mord und Totschlag arbeitet und dann ausgerechnet ein beliebter Polizeioffizier. Nun ja, das ist der Teil des Film, in welchem er am meisten Punkte verliert, Füllmaterial eben. Natürlich ist auch dieser Angreifer tot, nachdem Sanders sich seiner entledigt, in dem er ihn über die Brüstung eines Piers wirft. Nie kann man jemanden mal richtig ausquetschen.

Eine weitere Figur habe ich bisher verschwiegen. Die Krankenschwester Marlene, die eigentlich in den Herrn Schneider verliebt war und jetzt zum amerikanischen Journalisten wechselt. Sie ist blond und wird von der blonden Dänin Vivi Bach gesspielt. Für einen Moment, aus einer Perspektive, dachte ich, es sei Ruth Maria Kubitschek in jungen Jahren. Der Journalist will mit der jungen Frau weit, weit weg und man habe bald genug Geld dafür. Ah ja. Warum schaut sie in einer Einstellung so enttäuscht, als Sanders mit Dr. Jung zum Boot geht? Ich nehme es vorweg: Wir werden es nie erfahren, es ist sozusagen ein Hoax-Ausdruck, der für mehr Thrill sorgen soll.

Dr. Schneider, dem es (s. o.) nicht gutgeht, macht sein Testament. Ursprünglich dachte er daran, Klinik und Plantage Herrn Weiß zu vermachen, doch jetzt hat er sich umentschlossen. Alles soll an die Eingeborenen gehen: Dorthin zurück, wo es herkam. Schön und spielt auf die Tatsache an, dass die afrikanischen Kolonien in jener Zeit fast alle unabhängig wurden. Das wird später noch einmal direkt aufgegriffen. Weiß und Dr. Jung sollen aber als Treuhänder fungieren. Dass Dr. Jung eine integere Person ist, hat Schneider schnell begriffen, ebenso wie der geneigte Zuschauer. Und den Weiß kennt er nun schon ewig, oder?

Nun hat Sanders aber Edreichproben abgeschickt, per Luftpost, trotzdem ist das geologische Gutachten etwas sehr schnell da: Vergleiche der Erde vom Klinikgelände und aus dem Dorf belegen, dass eine unterirdische Diamantenader vom Senegal aus bis unter Schneider Besitz verläuft. Also handelt es sich nicht um Schmuggel, sondern darum, dass vom Gelände aus heimlich Diamanten verkauft werden. Zu allem Überfluss stellt sich heraus, dass Dr. Schneider und ein eingeborener Patient eine Fehlmedikation erhalten haben, eine viel zu niedrige Dosis – von was? Das weiß Dr. Jung besser als ich. Allerdings ergibt es keinen Sinn, dass neben Schneider absichtlich eine weitere Person fehlversorgt wird, denn durch sie kommt Dr. Jung erst darauf, eine Überprüfung vorzunehmen und entdeckt dasselbe Problem in beiden Fällen. Aber es ist wohl klar, dass jemand vom Klinikpersonal sie initiiert haben muss, nicht Außenstehende wie Pearson oder der Hunter. Jener Hunter (Nomen ist wieder mal Omen) findet im Wald eine Falltür und darunter – eine Mine. Aber kaum ist er schlauer, ereilt ihn ein Schuss und Schluss ist mit ihm. Noch nicht. Denn zielsicher, von der Intuition der Liebe getrieben, läuft auch Schwester Marlene durch den Wald und hört ein Stöhnen und steigt zu Hunter hinab – doch nun ist es vorbei, nun dürfen Sie auch stöhnen oder klatschen oder wonach Ihnen der Sinn steht, weil wir doch langsam auf die übliche Zahl der Morde in Edgar-Wallace-Filmen kommen: Es ist der dritte Tote. Marlene informiert zwar Sanders vom neuerlichen Mord, aber nicht Dr. Jung darüber, wer die Seren manipuliert hat. Ist doch jetzt nicht mehr so schwierig zu erraten! Trotzdem erfolgt die Auflösung erst im -> Finale, erst einmal gibt es ein wenig Wallace-Filme-Betrachtung.

Besonderheiten / Typizitäten der Edgar-Wallace-Filme (1)

  • Regie: (…) Nicht viel weniger Einfluss auf die Serie (als Alfred Vohrer mit seinem eher ekstatischen und effektvollen Stil, A. d. Verf.) hatte Harald Reinl, zu dessen fünf Edgar-Wallace-Filmen das erste Werk zur Reihe Der Frosch mit der Maske sowie die Höhepunkte Die Bande des Schreckens und Der unheimliche Mönch zählen. Typische Merkmale der Filme des einstigen Heimat- und Bergfilm-Regisseurs sind stimmungsvolle Außenaufnahmen mit langen Kamerafahrten und -schwenks. Stilmittel, die Reinl vor allem auch in den durch ihn geprägten Karl-May-Filmen angewendet hat. (…)
  • Darsteller: Die Besetzung mit bewährten Schauspielern in ähnlichen Rollen war typisch für die Edgar-Wallace-Verfilmungen. Zu den meist reifen und besonnenen Ermittlern zählten Joachim Fuchsberger (13 Filme), Heinz Drache (acht Filme), Siegfried Lowitz (vier Filme), Harald Leipnitz (drei Filme) oder Klausjürgen Wussow (zwei Filme). In den weiblichen Hauptrollen waren meist attraktive, junge Schauspielerinnen wie Karin Dor (fünf Filme) (…) zu sehen. (…) Komische Rollen übernahmen Eddi Arent (23 Filme), Siegfried Schürenberg (16 Filme) und Hubert von Meyerinck (vier Filme) (…).
  • Titel: Die Filmtitel, die meist den Romantiteln entsprachen, sollten beim Publikum eindeutige Assoziationen mit dem Genre des Edgar-Wallace-Films hervorrufen. So verbarg sich hinter vielen Titeln ein eindeutiger Hinweis auf den Hauptverbrecher des Films (Der grüne Bogenschütze, Der Zinker, Der Mönch mit der Peitschea.).
  • Handlung: Die Handlungselemente der Edgar-Wallace-Filme waren ähnlich angelegt. So drehte sich das Geschehen vordergründig um einen meist fantasievoll maskierten Hauptverbrecher. Im Gegensatz zum Psychothriller war hierbei das Entlarven des bis zum Finale unbekannten Verbrechers entscheidend (Whodunit). Die Motive der Verbrecherfiguren waren meist Habgier, Rache, Erbschleicherei sowie Mädchen- und Drogenhandel.
  • Handlungsorte: Der (hauptsächliche, A. d. Verf.) Handlungsort war, wie in den Romanvorlagen, fast immer London und Umgebung, wobei sich die Akteure vorwiegend in alten Schlössern, Herrenhäusern oder Villen bewegten. Auch verruchte Nachtlokale, düstere Blindenheime, Irrenanstalten und finstere Kellergewölbe waren beliebte Haupt- und Nebenschauplätze der Handlung. In späteren Filmen kamen Mädchenheime und -pensionate hinzu. Die tatsächlichen Drehorte befanden sich aufgrund geringerer Produktionskosten jedoch selten in Großbritannien sondern in Deutschland. So dienten vor allem Straßen in Berlin und Hamburg. (…) Als Kulisse für London-Szenen. Für die nötige Authentizität in den Filmen sorgten oft allein Archivaufnahmen Londons, die man in die Filme einfügte.
  • Vorspann: Die meisten Edgar-Wallace-Filme begannen mit einem spektakulär in Szene gesetzten Mord. Dann folgte der Vorspann des Films, der ab 1961 (bis auf zwei Ausnahmen) farbig gestaltet war (der Rest des Films war Schwarzweiß). Schon die Gestaltung der Namensnennung mit blutroten oder giftgrünen Buchstaben sollte einen spannenden Film ankündigen. Um der Serie einen noch höheren Wiedererkennungswert zu verleihen, wurde der Vorspann der Wallace-Filme ab 1962 mit aus dem Off erklingenden Schüssen und dem Satz „Hallo, hier spricht Edgar Wallace“ eröffnet. (…)
  • Musik: Besonders prägnant gerieten auch die Soundtracks der Filme, vor allem die oft reißerische und eingängige Titelmusik. Die Musik von insgesamt 18 Filmen der Serie stammt von Peter Thomas, der mit seinen phantasiereichen Arrangements und modernen Aufnahmetechniken der markanteste und dominanteste Komponist der Serie war.

All diese Besonderheiten zeigt „Todestrommeln am großen Fluss“ nicht – aber wir lassen die Auflistung hier noch drin. Sie erklärt auch, warum ich der Ansicht bin, es ist zwar sachlich richtig, ihn der Reihe zuzuordnen und die Constatin legte darauf ja auch Wert, aber es schwierig ist, ihn mit anderen Produkten der Reihe zu vergleichen. In den Filmen ab 1966 werden wir teilweise auch das spezielle Rezensionsschema nicht mehr anwenden und damit die Kritiken erheblich verkürzen, weil sich die oben genannten Besonderheiten in ihnen immer mehr verlieren – und in dem Moment, in dem es mehr Abweichungen als typische Merkmale gibt, sollte man die bis 1965 typischen Merkmale doch eher als Besonderheiten herausstellen.

Finale

Mittlerweile wurde auch die Patrone untersucht, mit der Bongolo erschossen wurde. Mit einem riesig aussehenden Stahlmantelgeschoss zugehörig zu einem alten österreichischen Selbstlader, wie er in Zentralafrika wahrlich seltener anzutreffen ist als ein senegalesischer Morddolch. Jener vorgebliche Schreiberling aus den USA war in Wahrheit Bergbauingenieur und kannte sich mit Diamanten aus. Krankenschwester Marlene soll Sanders hebeiholen, steigt in ein Boot, wird von Pearson abgefangen, der sich ebenfalls auf dem Fluss herumtreibt, der will sie natürlich nicht zu Sanders bringen, aber der ist ebenfalls mit seinem Boot unterwegs, sodass man beinahe von einer Konferenz der Boote sprechen könnte, die sich abzeichnet, und Marlene und Sanders kommen zum Erzählen zusammen. Pearson weiß Bescheid: Er will das Klinikgelände kaufen, doch jemand hat auch die Mine, aus der Dr. Schneider immer mal was verkauft hat, um die Klinik zu erhalten, auf eigene Faust ausgebeutet, und das waren eben nicht Pearson oder Schneider.

Da kann man sehen, wie subtil manches ist. Der Mann, der Sanders von Pearson aus gefolgt ist und ihn beseitigen wollte, war gar keiner von Pearsons Leuten sondern stand am Eingang, weil er Sanders wohl zuvor schon gefolgt war. Deshalb die lange Szene, in der Sanders durch das Gewimmel der Altstadt geht, mir fiel sein Verfolger aber dabei nicht auf.

Jetzt wird es noch rabiat. Weiß erschießt Pearson, klaut dessen Boot und Dr. Jung und verwendet sie auf dem Fluss als menschlichen Schutzschild, als Sanders sich mit seiner schnellen Polizeibarkasse nähert – und sich natürlich nicht zu schießen traut. Sie gehen an Land, Weiß will Dr. Jung an der Grenze zum Senegal freilassen. Naja. Und dann verirrt er sich tatsächlich, Sanders erreicht die beiden und springt Weiß an, weil er immer noch nicht schießen will, aus Angst, Dr. Jung zu gefährden. Irgendwie gerät Weiß auf der Flucht in eine Ecke, in der hungrige Flusskrokodile lauern und der Rest ist Zuschnappen, Schweigen und Verdauen. Nicht ganz.

Wir, das Publikum, müssen erst noch verdauen, dass es ein Happy-End für Sanders und Dr. Jung gibt. Sie will in Afrika bleiben und in der Klinik arbeiten und wer ist daran wohl auch schuld? Derjenige, dessen Nachname mit S beginnt. Am Schluss fliegt symbolisch eine Lufthansa-Boeing 707 über den Fluss hinweg. Kein Rückflugticket.

Kritik

So schlecht ist der Plot nicht und auch das Filming ist „normal“, jedenfalls kein Grund, den Film nur mit 4,8/10 zu bewerten, wie es die Nutzer der IMDb (wenn auch, wie bei solchen weniger bekannten Filmen üblich, auf der Basis weniger Stimmen) tun. Allerdings wird es bei uns ja nach unten auch eng, wir gehen selten unter 5, schon gar nicht unter 4, weil wir uns bemühen, keinen zu schlimmen Trash anzuschauen.

Allerdings gibt es auch einen Abstand zu den „Hauptfilmen“ der Reihe, die ich wegen ihrer Urigkeit teilweise ziemlich hoch bewertet habe. „Trommeln am großen Fluss“ ist viel konventioneller und es wurden eben sehr viele Filme dieser Art gemacht, aus denen er nicht herausragt. Natürlich hat uns auch die übliche Wallace-Besetzung gefehlt, Hauptdarsteller Richard Todd ist in Deutschland nun einmal nicht sehr bekannt – vor allem aber das Schräge, das dafür sorgt, dass die meisten Filme der Reihe, die bis ca. 1965 gedreht wurden, eine Art Kultkanon herausgebildet haben. Lediglich werden einige davon zu Unrecht zu selten gezeigt, während die anderen verlässlich mindestens einmal im Jahr auf die Bildschirme dürfen. Dass „Todestrommeln am großen Fluss“ hingegen nicht zum Kern der häufig wiederholten Krimis zählt, versteht sich gerade aus seiner „Normalität“ heraus.

62/100

© 2020 Der Wahlberliner, Thomas Hocke

  1. Angaben aus der Wikipedia

  2. Unsere bisherigen Rezension im Rahmen des „Special Edgar Wallace“:

Begleitartikel „Special Edgar Wallace“ (Update)
Filmfest News 1 (beinhaltet das 2. Update zum „Special Edgar Wallace“ – vorliegender Artikel)
Filmfest News 2 (aktueller Stand des „Special Edgar Wallace“ und weiterer Vortellungsrhythmus)
Filmfest News 3 (aktueller Stand des „Special Edgar Wallace“ und weitere Neuigkeiten)
FFA 61 Der Frosch mit der Maske
FFA 63 Der Rächer
FFA 65 Der grüne Bogenschütze
FFA 67 Die toten Augen von London
FFA 70 Der rote Kreis
FFA 72 Das Geheimnis der gelben Narzissen
FFA 74 Die seltsame Gräfin
FFA 76 Das Rätsel der roten Orchidee
FFA 78 Die Tür mit den sieben Schlössern
FFA 80 Das Gasthaus an der Themse
FFA 83 Die Bande des Schreckens
FFA 85 Der Zinker
FFA 88 Der schwarze Abt
FFA 91 Das indische Tuch
FFA 94 Der Hexer
FFA 97 Neues vom Hexer
FFA 102 Der Fälscher von London
FFA 107 Der unheimliche Mönch
FFA 112 Zimmer 13
FFA 117 Die Gruft mit dem Rätselschloss
FFA 122 Das Verrätertor
FFA 127 Der Fluch der gelben Schlange
FFA 132 Todestrommeln am großen Fluss (dieser Beitrag)
FFA 137 Sanders und das Schiff des Todes (Nachfolger von „Todestrommeln am großen Fluss“)

Regie Lawrence Huntington
Drehbuch Peter Welbeck,
Nicolas Roeg,
Kevin Kavanagh,
Lawrence Huntington
Produktion Harry Alan Towers
Musik Sidney Torch
Kamera Bob Huke
Schnitt Alan Morrison
Besetzung

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