Willkommen im Club Optimierung: Politik und Konzerne definieren soziale Kontakte neu. Freundschaften sollen nun bestimmten Zwecken dienen? (William Davies, Der Freitag) / #Neoliberalism #Ökonomisierung #SocialNetwork #Beziehungen #SozialeBeziehungen #Gemeinwohl

 Auf dem Wanderweg entlang der Themenbeete dieser Zeit stoßen wir hin und wieder auf Fruchtbares oder auf Furchtbares, das uns persönlich betrifft und aus dem Abstrakten heraus wird das Konkrete prüfbar, wie etwa die Aussagen in dem Artikel „Optimierung – Willkommen im Club“, die unser Verhalten in sozialen Netzwerken und die Veränderungen in unserem sozialen Verhalten als Ganzes in den Blick nehmen.

Zugegeben, was der „Freitag“ da übersetzt hat, wirkt von der Gedankenführung her ein bisschen exzentrisch und eher wie eine Assoziationskette denn wie eine strukturierte Analyse dessen, wie wir heute auf soziale Beziehungen blicken und wie wir in sozialen Zusammenhängen handeln. Vor allem aber kam es uns beim Lesen immer wieder so vor, als sei alles gar nicht so viel anders als früher, sondern habe sich lediglich aus technischen Gründen neue Austragungsorte und Erscheinigungsformen gesucht.

Wir fassen uns im zweiten Empfehlungsbeitrag des Tages mit der Kommentierung kurz. Der Vorteil für unsere Leser*innen: Sie müssen nur einen etwas längeren Artikel lesen und nicht auch noch so viel von uns wie sonst manchmal. Und wir stellen heute eine Frage. Ist es so und ist es denkbar, dass es so kommt, dass das Soziale (noch mehr) neoliberal wird? Der Spin sollte nicht sein, dass gesund leben und weniger Kosten – weniger ökologische Folgekosten – verursachen, negativ sind, aber es geht  um die Ökonomisierung jedweder Beziehung.

Die Logik ist beinahe zwingend: Das Kapital schiebt sich in immer weitere Lebensbereiche vor, verleibt sich ein Element der Daseinsvorsorge nach dem anderen ein und wenn das alles auch nicht mehr zu angemessener Allokation führt, sind irgendwann auch die persönlichen Beziehungen der Menschen dran. Es gibt genügend dystopisches Material, das solche Entwicklungen beinhaltet.

Aber sind wir schon geistig so runtergefahren, dass das so einfach möglich ist? Manchmal geht uns Generalverweigerung ja auch auf die Nerven. In Berlin gibt es einige Menschen mit dieser Einstellung und sie hat bei vielen einen simplen Grund: Man misstraut den Angeboten des Kapitalismus grundsätzlich. Dass dabei auch mal Nützliches den Bach runtergeht, ist der Kollateralschaden einer Haltung, die darauf zielt, sich nicht vereinnahmen zu lassen. Ob das bei näherer Betrachtung immer standhält, ist die zweite Frage, angesichts der Tatsache, dass jeder moderne Technik nutzt. Außerdem hängt vieles davon ab, welche Meinung man in der Diskussion darüber vertritt, inwieweit Altruismus ethisch schön verpackten Egoismus darstellt. Wer dabei eher der zynischen Fraktion zuneigt, für den vollführt der Beitrag von William Davies in „Der Freitag“ ohnehin eine unsinnige Schleife oder geht von einer unzulässigen Prämisse aus.

Am Ende steht jedoch: Man kann sich in den sozialen Medien hemmungslos weiter in Richtung Egoismus und Narzissmus entwickeln – man kann sie aber auch für den Klassenkampf nutzen und der hat für die Angehörigen der unteren Klasse(n) selbstverständlich auch eine auf die eigene Situation bezogene Komponente.

Sofern Letzteres nicht verboten wird. Sollte das der Fall sein, wird sicher ein Untergrund entstehen und es wird zu Alternativen zu den vorhandenen Angeboten kommen. Vieles, was die Wirtschaft  sich so denkt, wie sie unsere sozialen Beziehungen in ihrem Sinn steuern möchte, ist in Wirklichkeit Verhandlungssache – also rein in den Streit!

TH

Dossier Kinder, Bildung, Erziehung, Wissenschaft

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