Wir nehmen unser Nachdenken darüber wieder auf, wie die Arbeit der Zukunft aussehen könnte. Wir haben uns etwas gewundert, dass Katja Kipping von der LINKEn 30 Stunden Wochenarbeitszeit in den Vordergrund gestellt hat, wo doch in Arbeitskreisen, die sich mit organisierter Arbeit befassen, das 28-Stunden-Normalarbeitsverhältnis diskutiert wird.
Allerdings stammt der Artikel im „nd“ aus dem Juni 2017 und seitdem ist einiges geschehen – besonder Kippings Co-Vorsitzender Bernd Riexinger hat sich um die Definition eines neuen Normalarbeitsverhältnisses gekümmert – allerdings merkt man an der Art, wie darüber in der Partei diskutiert wird, dass alles mehr oder weniger auf diejenigen abgestellt ist, die noch den Vorzug genießen, in tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen tätig oder gar gewerkschaftlich organisiert zu sein.
„Ein Recht auf zwei Sabbaticals im Lauf der Lebensarbeitszeit setzt allerdings eine Handhabe voraus, die längerfristige Arbeitsverhältnisse umschließt und eine Regelung beinhalten muss, die heutige, oft kurzfristige Engagements bei einem Arbeitgeber berücksichtigen. Außerdem müsste es sich dabei um eine gesetzliche Regelung handeln, die auch für Arbeitnehmer gilt, welche nicht über gewerkschaftliches Ausverhandeln in deren Genuss kommen können – also die weit überwiegende Mehrheit der Arbeitenden in Berlin.“
Das war unser Gedankenmemo von gestern, aber genau darum geht es in der Studie – wie gesetzlich garantierte Sabbaticals in Arbeitszeitmodelle einfließen können. Die Studie bzw. das im nd-Beitrag erwähnte Diskussionspapier findet sich hier – bitte Zeit zum Lesen nehmen und selbst das Wichtigste oder das, was man für besonders gut zu vertreten erachtet, per Notizen extrahieren, denn das Ganze wird in einer staubtrockenen Optik ohne jedwede Zusammenfassung und ohne Grafiken zur schnellen Orientierung dargeboten.
Es gibt aber auch einen Redebeitrag von Kipping dazu. Den empfehlen wir vor allem zur Analyse der Partei DIE LINKE, denn er hat schon einen sehr bemerkenswerten Spin, der uns heute, zwei Jahre später, auch etwas darüber sagt, warum linke Konzepte so schwer vermittelbar sind, wenn sie aus dieser Partei heraus vermittelt werden sollen.
Dies ist aber nicht der Moment für Redetextanalyse, sondern für das Stichwort Zeitsouveränität, das zur Recht in der Epoche der Digitalisierung eine große Stellung im Nachdenken über Arbeit und Lebenszeit einnehmen sollte. Wir merken uns das also alle für die künftige Diskussion: Die heutige Technik erlaubt es, die schonende Ressourcenverwendung gebietet es, dass wir mehr Souveränität im Umgang mit unserer eigenen Lebenszeit von der Politik und den Arbeitgebern einfordern – und auch von uns selbst. Zu viele von uns sind noch gefangen in der Doktrin, ich arbeite, also bin ich. Ich arbeite zu viel, also bin ich mehr.
Allerdings steht uns eine Rezession ins Haus, die dazu führen könnte, auf diesem Weg voranzukommen: Wieder einmal muss eine sinkende Arbeitsstundenzahl unter etwa gleich vielen Menschen aufgeteilt werden. Deutschland hat übrigens bereits jetzt die geringste Zahl an offiziellen Arbeitsstunden pro Erwerbsperson in den OECD-Ländern. Spätestens seit den 1970ern sind die Arbeitszeiten bei uns kürzer als in vergleichbaren Ökonomien.
TH
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