Rentenbeitragszahler finanzieren den Staatshaushalt mit 30 Milliarden Euro / #Steuern #Renten #DRV #SchwarzeNull #Staatshaushalt #Staatsschulden #Rentenkasse #RentenRaub #Senioren #Beitragszahler #Steuerfinanzierung

Vor einiger Zeit hatten wir uns in dieser Beitragsreihe mit den Berliner Unis befasst und darüber berichtet, was wir von der „Exzellenzinitiative“ halten, nun gehen wir ans andere Ende des Lebenswegs Erwachsener und schauen darauf, was rauskommt, wenn man lange gearbeitet hat, vielleicht nach einem erfolgreichen Studium. Weil es die „große Presse“ angeblich verschweigt, verbreiten wir einen Beitrag, der in „Seniorenaufstand“ erstmals gezeigt wurde, einen orthografisch redigierte Version gibt es bei den Nachdenkseiten.

Wir werden uns beim Wahlberliner vermutlich nicht zu Rentenversicherungsspezialisten entwickeln, deswegen entfällt heute auch das Modul Recherche und wir kommentieren auch nur kurz. Der Artikel ist schlicht mit „Rentenbeitragszahler finanzieren den Staatshaushalt mit 30 Milliarden Euro“ betitelt und zeigt auf, wie die Schwarze Null im Staatshaushalt nach Ansicht der Autor*innen nur vorgetäuscht ist. Ob die Schwarze Null der Weisheit letzter Schluss bei der Erhaltung der Zukunftsfähigkeit des Landes ist und wie sie sich auf die Relationen in der EU auswirkt, darüber wird sowieso heftig gestritten, aber jetzt soll sie nicht einmal echt sein? Alles nur geklaut?

Soweit wir das verstehen, ist die Prämisse des Artikels, dass die sogenannten nicht beitragsgeckten Leistungen der DRV, der Deutschen Rentenversicherung, die sich mittlerweile auf 31 Milliarden Euro jährlich summieren, eigentlich über Steuern finanziert werden müssten, damit die Rentenkasse nicht geplündert bzw. keine Verschiebung von Ausgaben in ihren Bereich hinein und zulasten der Beitragszahler*innen vorgenommen wird. Demnach gäbe es also keine Schwarze Null, sondern ein Staatsdefizit von ca. 0,8 Prozent des gegenwärtigen BIP, wenn man gerechterweise so verfahren würde. Was sind aber die „nicht beitragsgedeckten“ bzw. „nicht beitragsfinanzierten“ Leistungen der DRV?

Als nicht beitragsgedeckt, oder versicherungsfremd, werden Leistungen bezeichnet, die der Rentenversicherung aus gesamtgesellschaftlichen sozial-, verteilungs- oder familienpolitischen Gründen übertragen wurden. Das sind z.B. Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten, Kindererziehungszeiten vor 1992, Höherbewertung der Berufsausbildung, Renten nach Mindesteinkommen, West/Ost-Transfers, Mütterrenten, Kriegsfolgelasten, NS-Verfolgten-Renten, Waisenrenten, wird in dem Beitrag erklärt.

Eines fällt aber sofort auf: Würden diese Leistungen nicht aus der Rentenkasse bezahlt, müssten sie, wie oben erwähnt, durch Steuern finanziert werden. Steuerzahler und Rentenbeitragszahler sind nicht identisch, Rentenkassen-Einzahler sind eine Teilmenge der Steuerzahler, aber einen Hauptteil der Verschiebung würden wiederum dieselben Personen tragen, nämlich alle, die gleichzeitig Lohn- bzw. Einkommensteuern zahlen und gleichzeitig in der gesetzlichen Rentenkasse versichert sind.

Was aber für uns noch interessanter war: Dass der Anteil von Rentenzahlungen am BIP seit vielen Jahren stagniert, obwohl die Zahl der Rentner*innen um 40 Prozent zugenommen hat. Kann das nur bedeuten, dass die Renten pro Person nicht nur relativ zu den Einkommen, sondern vermutlich sogar nominal sinken, die Altersarmut stark auf dem Vormarsch ist? Bei dieser Lesart wäre auch der „Renten-Generationenkonflikt“ ein Witz. Wir sind auch dieser Ansicht, aber vor allem, weil wir sehen, von welchen kruden Charakteren dieser Konflikt geradezu animiert wird – die entweder das System nicht verstanden haben oder ihr eigenes Süppchen mit künstlichen Widersprüchen kochen.

Wir machen jetzt kein größeres Fass auf, indem wir über die Auswirkungen mangelnder Investitionen heute in die Infrastruktur von morgen auf die Rentenaussichten von übermorgen reflektieren, aber es wird enger werden für die meisten, so viel steht fest. Vor allem, wenn der Konjunktur endgültig der Atem ausgeht. Denn dann sinken nicht nur die Steuereinnahmen, sondern, wenn es zu größeren Entlassungswellen kommt, auch die Rentenbeitragszahlungen.

Warum glauben wir aber, dass die obige Darstellung mindestens ergänzungsbedürftig ist? Und warum es leider doch notwendig ist, weiterzurecherchieren? Vor allem, wenn man gerne etwas über Gerechtigkeit schreiben möchte, aber merkt, dass man dazu manche Gebiete erst einmal erschließen muss. Weil es einen weiteren Tatbestand gibt, den sie im bezogenen Beitrag einfach weggelassen haben.

Den 31 Milliarden Euro nichtbeitragsfinanzierter Leistungen, welche die Rentenkasse trägt, stehen mittlerweile über 90 Milliarden Euro an Steuern gegenüber, die in umgekehrter Richtung fließen, damit die Rentenbeitragssätze niedrig gehalten werden können und die Lohnnebenkosten nicht ansteigen. Würde man die „fremden Leistungen“ rausnehmen, bliebe immer noch ein Steuerfinanzierungsüberschuss von ca. 60 Milliarden Euro. Umso erstaunlicher, dass die Renten dennoch so niedrig sind.

Diese Feststellung bestärkt uns aber eher darin, dass es dringend erforderlich ist, dass das Rentensystem auf „alle zahlen ein“ umgestellt wird, auch wenn dies nur eine von mehreren Maßnahmen darstellt, welche die Zukunftsfähigkeit des Systems sichern sollen. Es wird wohl ohnehin auf längere Sicht zu einer noch stärkeren Steuerfinanzierung der Renten kommen müssen. Allein die sogenannte Grundrente, wenn sie denn kommt und die es z. B. in Österreich schon lange als Mindestrente gibt – und die dazu beiträgt, dass das dortige Gesamtrentenniveau viel höher ist -, wird das erforderlich machen.

TH

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